Protokoll der Sitzung vom 24.03.2017

Nichtsdestotrotz haben wir auch in der Befassung mit den Zahlen gelernt, dass wir sicherlich in der nächsten Legislatur noch einmal umfänglicher an diese Frage herangehen müssen, uns die Frage stellen müssen: Wie bekommen wir es hin, dass hier Stimmengleichheit auch wirklich bestehen kann, dass hinter jedem Abgeordneten, der direkt gewählt sein wird, dann auch eine ähnliche – sicherlich ist es niemals identisch möglich – Anzahl der Wahlbevölkerung steht? Das wird die große Herausforderung sein.

Für diese Legislatur haben wir unsere Hausaufgaben gemacht. Dieses Gesetz schafft Rechtssicherheit, was insbesondere natürlich bei so einer Frage wie der Wahlgleichheit eine enorm wichtige oder große Bedeutung hat. Vielen Dank.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank. Damit sind jetzt aus allen Fraktionen Wortmeldungen erfolgt. Ich sehe auch keinen weiteren Bedarf – doch, Herr Brandner. Ich dachte, Sie hätten schon zu beiden gesprochen.

Nein, wir haben ja noch den Tagesordnungspunkt 4 b, da geht es um den Wahlkreiszuschnitt.

Meine Damen und Herren, die Plenarsitzung im Februar war ein Paradebeispiel dafür, wie auch hier die Altparteienpolitik aussah. Heimlich, still und leise sollten mit einem CDU-Gesetzentwurf lediglich die Wahlkreise Jena I und II neu zugeschnitten werden, ohne dass die zukünftig freiwilligen, nur theoretischen Direktwahlkandidaten des Herrn Mohring leiden sollten. Das ist der gleiche Herr Mohring, der diesen Gesetzentwurf eingebracht hat. Dieser Herr Mohring reagierte – jetzt guckt er auch schon wieder böse – überaus empfindlich, als wir öffentlich machten, dass vor allem er im Gesetzgebungsverfahren auf seinen privaten Vorteil hinwirkt.

(Abg. Marx)

(Zwischenruf Abg. Mohring, CDU: Überhaupt nicht! Du bist einfach nur ein Schwätzer! Darf ich das sagen? Ja!)

Seine peinliche Rede dazu vom letzten Plenum – die heute war ein bisschen besser – habe ich noch deutlich im Ohr.

Meine Damen und Herren, zur Erinnerung: Es handelte sich um einen im Hauruckverfahren unter Fristumgehungen und Fristverkürzungen eingebrachten Gesetzentwurf der CDU, der in irgendeinem Hinterzimmer am Morgen seiner Einbringung noch schnell von den rot-grünen Regenten abgesegnet und mit diesen ausgekungelt worden war.

(Beifall AfD)

Ohne die Möglichkeit der Opposition, also der AfD, sich mit dieser Materie auseinandersetzen zu können, wurde er von den Qualitätsdemokraten der Altparteien hopplahopp durchs Plenum und dann durch die Ausschüsse gewinkt. Wir von der AfD haben gleich und trotz der ungenügenden Vorbereitungszeit gesagt, dass es so nicht geht. Und wir hatten wieder einmal recht. Ich weiß gar nicht, warum ich das immer erwähne, das ist eigentlich fast immer so. Denn auch der Landeswahlleiter, Herr Krombholz, und dann auch die Landtagsverwaltung schlossen sich nach und nach unserer Auffassung an, sodass der schwarz-rot-grüne Demokratenblock gezwungen war, weitere Wahlkreise – inzwischen sind es zehn – neu zuzuschneiden. Diese zehn Wahlkreise werden mit großer Wahrscheinlichkeit von der zulässigen durchschnittlichen Bevölkerungszahl abweichen. Aber, oh Wunder, diese Wahlkreise fanden sich im Gesetzentwurf zunächst nicht. Warum? Ich sage es Ihnen.

Die CDU hatte nur die Wahlchancen ihres Herrn Mohring im Blick und das machte sie blind für den Rest. Ein politischer Tunnelblick also, der nicht gerade zum Vorteil der CDU war. Die ganz große Koalition hier im Hause, also CDU, SPD, Grüne, Linke, wollte alle übertölpeln und das Verfahren schnell abschließen. Die AfD war die einzige Fraktion, die verlangt hatte, sich ausreichend Zeit zu nehmen

(Zwischenruf Abg. Primas, CDU: Das ist schwach!)

und gründlich zu prüfen. Auch das war richtig, wie wir inzwischen alle wissen.

(Zwischenruf Abg. Adams, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Womit Sie eine verfassungsrecht- liche Hürde gerissen hätten!)

Noch mal kurz in die Vergangenheit – Stichwort: Infames Beispiel der CDU für politische Demenz. Es ist keine zwei Monate her, da hatten sich CDU und der ihr angehörige Landtagspräsident lautstark in der Presse beschwert, dass einige Wahlkreise neu zugeschnitten werden sollten, und sie an den Plä

nen des Innenministers nicht rechtzeitig und nicht umfassend beteiligt würden.

Ich zitiere den Landtagspräsidenten gemäß der Presse mit der Genehmigung des Landtagspräsidenten: „Es kann nicht sein, dass Innenminister Poppenhäger [...] eine Veränderung durchpeitschen will [...]“. Der Landtagspräsident verlangte eine fraktionsübergreifende Initiative und die CDU vermutete rot-grünes politisches Kalkül hinter den geplanten Wahlkreisänderungen. Die CDU befürchtete weiter, durch die neuen Wahlkreiszuschnitte enorm an struktureller Mehrheitsfähigkeit zu verlieren, und Frau Tasch von der CDU forderte gar eine breite Debatte im Zusammenhang mit der Gebietsreform. Das war alles politische Demenz, denn ganz schnell vergessen, es passierte nämlich auf dem kurzen Mohring-Hennig-Wellsowschen Dienstweg Folgendes: In klassischer Altparteienmanier wurde vorgestern Abend nach dem Plenum gegen 19.30 Uhr und nach knapp einer Stunde Wartezeit von der ganz großen Koalition aus den Altparteien unter Ausschluss der AfD eine 30-seitige Tischvorlage als Änderungsantrag in den Innenausschuss gezaubert, die vorher niemand von der Opposition, also von der AfD, zu Gesicht bekommen hatte. Das alles geschah in trauter Eintracht von links bis CDU. Linke und CDU schnitten sich also ihren vermeintlichen Wahlkreis so zu, wie es ihnen gefällt. Pippi Langstrumpf lässt grüßen. Welche Kommunen wohin zugeordnet werden, wurde in wenigen Minuten heruntergerattert.

Meine Damen und Herren, zur Erinnerung: Es geht hier nicht um irgendetwas, es geht um das Wahlrecht und das Wahlrecht ist der Kern, das Herzstück unserer Demokratie.

(Zwischenruf Abg. König, DIE LINKE: Das haben Sie ja nicht!)

Und so gehen Sie damit um!

(Beifall AfD)

Ein Änderungsantrag – ich erkläre Ihnen noch mal, wie Sie damit umgehen – wird in den späten Abendstunden durch die Ausschüsse gepeitscht und dann im Plenum heute zum Ende hin behandelt, damit es bloß keiner mitbekommt.

(Zwischenruf Abg. Adams, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Es waren 48 Stunden Zeit!)

Die Art und Weise erinnert doch sehr an unseren Antrag betreffend die Abgeordnetenrenten, mit dem ähnlich verfahren werden sollte.

(Zwischenruf Abg. Adams, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Nein, es war eine Zeitfrage!)

Am besten in die Nachtstunden, am besten die Rollläden runtermachen, die Kameras aus und das Publikum raus – und dann wird über diese Sachen hier gemauschelt.

Dieses Verfahren, meine Damen und Herren, wirft aus unserer Sicht auch verfassungsrechtliche Bedenken auf, denn diese plötzlich aufgetauchte 30-seitige Tischvorlage, überschrieben mit Änderungsantrag der Altparteien – also Altparteienfraktionen stand da nicht –, überschrieben mit Änderungsantrag Ihrer vier Fraktionen, erweckte den Eindruck, als wenn dieser Antrag tatsächlich aus Ihren Fraktionen kommt. Aber das war offensichtlich nicht der Fall. Denn am 17.03. findet sich in der Vorlage 6/2329 die Aufforderung der Koalitionsfraktionen, weitere Wahlkreise zuzuschneiden. Zu diesem Zeitpunkt war also offensichtlich noch kein Änderungsantrag vorhanden. Das war der Freitag der vergangenen Woche. Am letzten Samstag – wir haben das aufmerksam beobachtet – brannte in den Zimmern der Abgeordneten, insbesondere der Altparteien, kein Licht. Und am Mittwochabend legte die Koalition einen über 30-seitigen Änderungsantrag vor, der schlechterdings nicht von den paar Referenten der Koalition stammen kann.

(Zwischenruf Abg. Hennig-Wellsow, DIE LIN- KE: Du kannst nach Hause gehen, du kannst nach Hause gehen!)

Offensichtlich wurde dieser Änderungsantrag kurz vorher irgendwie zusammengezaubert, denn ansonsten würde sich ja die Wartezeit von einer Stunde im Innen- und Kommunalausschuss nicht erklären. – Frau Marx, Sie wollen mit der Geschäftsordnung werfen? Oder wollen Sie mir die nur zeigen? Ich dachte, Sie werfen damit.

(Unruhe SPD)

Die Landesregierung hatte dann auch eine umfassende „Formulierungshilfe“ geleistet. Der zuständige Staatssekretär zierte sich peinlich berührt im Ausschuss, Genaueres dazu zu sagen.

(Zwischenruf Abg. Rothe-Beinlich, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Sie waren peinlich!)

Als ich ihn gefragt habe, wurde er ganz rot, der Gute, und hat darauf nicht mehr geantwortet.

(Zwischenruf Abg. König, DIE LINKE: Ihr Mit- glied war noch nicht mal in der Lage, die Fra- ge zu formulieren!)

Er sagte nur, es wäre nachgeholfen oder mitgeholfen worden. Meine Damen und Herren, das muss man sich auf der Zunge zergehen lassen: eine Formulierungshilfe – 30 Seiten – aus dem zuständigen Ministerium für die vier faktischen Regierungsfraktionen hier im Hause, eine Formulierungshilfe, von der die Opposition nichts wusste. Auch deshalb lehnen wir dieses Vorgehen und dieses Vorhaben von Ihnen ab und werden es verfassungsrechtlich überprüfen lassen, sodass sich dann zeigen wird, ob Sie damit wirklich das erreichen, was Sie erreichen wollten.

(Heiterkeit SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

(Beifall AfD)

Sie wissen alle – ja, da kann man mal klatschen. Ihr gezwungenes Kichern, Herr Adams, das spricht doch Bände, oder?

(Zwischenruf Abg. Adams, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Es ist Lachen! Sie wissen gar nicht, wie sich das anhört, wenn ich kichere!)

Ich habe genau mit beiden Zeigefingern in die Wunden getroffen – und das ist Ihnen einfach peinlich. Deshalb kichern Sie hier rum und kriegen einen roten Kopf. Das spricht für sich!

Meine Damen und Herren, Sie kennen unsere Forderungen, was das Wahlrecht angeht. Wir brauchen keine einzelnen, politisch motivierten, Mohring-geförderten Neuzuschnitte von einigen Wahlkreisen, die Herrn Mohring und einige andere dann dazu in die Lage versetzen zu glauben, ihre Wahlkreise wären sicher. Wir brauchen vielmehr eine umfassende Reform des Wahlrechts und eine umfassende Reform der Wahlkreise. Wir fordern eine Verringerung der Wahlkreise und damit eine Verkleinerung des Parlaments – dies vor allem im Hinblick auf die Gebietsreform, Frau Tasch. Es soll statt der zurzeit 44 Wahlkreise zukünftig nur noch 31 Wahlkreise geben. Das gebe ich hiermit noch mal bekannt, das ist unser Wunsch und unser politisches Ziel. Leider werden solche Alternativen und Vorschläge von uns von Ihnen geächtet. Sie kämpfen damit gegen eine Verkleinerung des Parlaments, meine Damen und Herren, das ist sehr schade. Wir werden weiter dafür kämpfen. Vielen Dank.

(Beifall AfD)

Ich habe jetzt weitere Wortmeldungen aus den Reihen der Abgeordneten. Zunächst Abgeordneter Mohring, dann habe ich Herrn Abgeordneten Dittes und dann den Staatssekretär.

(Zwischenruf Abg. Brandner, AfD: Ich dachte, es wollte keiner mehr!)

Der Abgeordnete Mohring hat das Wort.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren, es gibt ja die Fake News im Internet, die man schnell weiterklicken kann. Es gibt auch die Fake News von Abgeordneten, die einfach wirres Zeug erzählen.

(Beifall CDU, DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Einer davon ist der, der dauernd dazwischenbrüllt.