Protokoll der Sitzung vom 04.05.2017

Ich eröffne die Beratung. Das Wort hat Abgeordneter Henke von der Fraktion der AfD.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. Werte Abgeordnete, werte Gäste, in der ersten Beratung hat insbesondere Herr Kuschel Fake News verbreitet, was unseren Gesetzentwurf angeht. Ich werde diese ungerechtfertigte Kritik jetzt Punkt für Punkt widerlegen.

Zunächst zu der von uns vorgeschlagenen Neuregelung der Stundung von einmaligen Beiträgen: Hier wurde behauptet, wir würden damit eine

(Vizepräsidentin Jung)

Schlechterstellung der Bürger erreichen. Das ist schlicht und einfach Unsinn. Dazu reicht es, den entsprechenden § 7 b des Thüringer Kommunalabgabengesetzes zu lesen. Dort heißt es in Absatz 1: „Einmalige Beiträge können auf Antrag des Beitragspflichtigen insoweit verzinslich gestundet werden, als die Beitragsschuld in bis zu fünf aufeinander folgenden Jahresraten beglichen wird.“ Absatz 2 führt dann noch weiter aus, dass einmalige Beiträge zur Vermeidung erheblicher Härten im Sinne des § 222 Satz 1 der Abgabenordnung im Einzelfall über die in Absatz 1 genannte Frist hinaus gestundet werden können. In diesem Fall soll der Beitrag in höchstens 20 Jahresraten entrichtet werden. Ich betone, in beiden Fällen ist das eine Kannregelung. Diese Regelung würde bei Annahme unseres Gesetzentwurfs so erhalten bleiben. Wir gehen allerdings einen Schritt weiter und führen einen neuen Satz 2 ein, in dem drinsteht, auf Antrag muss verpflichtend gestundet werden, wenn die Beiträge das 0,4-fache des Verkehrswerts übersteigen. Woran erkennen Sie hier eine Schlechterstellung der Bürger? Ganz im Gegenteil! Hier gibt es eindeutig eine Besserstellung. Wer lesen kann, ist klar im Vorteil.

Übrigens zum Verkehrswert: Herr Kuschel hat in der letzten Lesung die Behauptung aufgestellt, die Beitragserhebung an den Verkehrswert zu koppeln, sei nach ständiger Rechtsprechung unzulässig. Dazu kann man nur sagen, Sie lügen, ohne rot zu werden. Schauen Sie doch in das bayerische Kommunalabgabengesetz. Dort steht in Artikel 13 Abs. 7 Satz 1 Folgendes: „Die Gemeinden können durch Satzung bestimmen, dass Beiträge nach Art. 5 Abs. 1 Satz 3 im Einzelfall erlassen werden, soweit diese das 0,4-fache des Verkehrswerts des beitragspflichtigen Grundstücks überschreiten […].“ Das ist – ich betone – geltendes Recht.

Die Vierjahresfrist: Wenn eine Straßenausbaumaßnahme von mindestens vier Jahren abgeschlossen wurde, dann kann eine Gemeinde unter Beachtung ihrer finanziellen Nachhaltigkeit von der Beitragserhebung absehen. Eine Festsetzungsfrist von vier Jahren wie im Steuerrecht ist übrigens das, was die Thüringer Bürgerallianz gegen überhöhte Kommunalabgaben seit Jahren fordert. Wer es noch mal nachlesen will, kann es in der jüngsten Stellungnahme der Bürgerallianz zum Änderungsantrag der Koalitionsfraktionen tun. Sollten die Straßenausbaubeiträge nicht abgeschafft werden, sprechen wir uns für ein Gesetz zur Änderung des Thüringer Kommunalabgabengesetzes zur Begrenzung der Straßenausbaubeiträge aus, wobei die Festsetzungsfrist künftig gemäß Abgabenordnung vier Jahre beträgt. Wenn Herr Kuschel eben diese Festsetzungsfrist als rechtswidrig bezeichnet, dann widerspricht er in seiner Eigenschaft als Abgeordneter also sich selbst in seiner Eigenschaft als Schatzmeister der Bürgerallianz Thüringen gegen überhöhte

Kommunalabgaben. Wie können Sie das, was Sie in den Medien und im Landtag behaupten, vor den Mitgliedern Ihres eigenen Vereins rechtfertigen?

Die Verbreiter von alternativen Fakten wurden also widerlegt. Doch viel wichtiger als abstrakte Normen sind die konkreten Menschen, die dahinter stehen: die junge Familie mit einem kreditfinanzierten Neubau, die Rentnerin, die kaum über die Runden kommt und ein sanierungsbedürftiges Haus besitzt, der Mittelständler, der als einer der wenigen Arbeitsplätze vor Ort sichert. Sie alle haben eins gemeinsam: Sie zahlen horrende Straßenausbaubeiträge. Straßenausbaubeiträge sind das Gift für den ländlichen Raum. Sie sind sozial ungerecht und sie sind – und das vollkommen zu Recht – ein großes Ärgernis für unsere Bürger. Wir als Heimatpartei sind die einzige Kraft, die für die Entlastung der Familien, der Rentner, der Mittelständler gerade in den kleinen Gemeinden sorgt, ob bei den Straßenausbaubeiträgen oder bei Steuernachzahlungen. Vielen Dank.

(Beifall AfD)

Als nächster Redner hat Abgeordneter Kuschel, Fraktion Die Linke, das Wort.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, werte Gäste! Die Thüringer Bürgerallianz hat am vergangenen Samstag Vorstandswahlen durchgeführt und mich einstimmig im Amt bestätigt – das als Hinweis darauf, welche Position die Bürgerinitiativen zu meiner Person haben.

(Beifall DIE LINKE)

(Zwischenruf Abg. Brandner, AfD: 100 Pro- zent! Bravo, Herr Kuschel! Der Martin aus Thüringen!)

Es ist so.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir beschäftigen uns heute in zweiter Lesung mit dem Antrag der AfD, parallel dazu läuft innerhalb der Koalition ein Gesetzgebungsverfahren, das vor dem Abschluss steht. In der vergangenen Woche gab es dazu noch mal eine Anhörung. Wir müssen schon im Rahmen dieses Gesetzgebungsverfahrens bestimmte Dinge zur Kenntnis nehmen. Wir sind eine Koalition und haben uns im Koalitionsvertrag auf ein Ziel verständigt, die rückwirkende Erhebung der Beiträge zu begrenzen, und haben im Gesetzgebungsverfahren zur Kenntnis nehmen müssen, dass sowohl der Gemeinde- und Städtebund als auch Vertreter der Gerichte erhebliche Bedenken gegen diese beabsichtigte Stichtagsregelung haben. Deshalb standen wir vor der großen Herausforderung, wie wir dieses Problem lösen. Wir haben

(Abg. Henke)

jetzt einen Lösungsansatz gefunden, der für viel mehr Bürgerinnen und Bürger und für viel mehr Gemeinden zur Anwendung kommt und eine Lösung darstellt als die bisher angedachte Stichtagsregelung für die Begrenzung der rückwirkenden Erhebung. Um das noch mal zu erläutern: Ursprünglich hatte sich die Koalition darauf verständigt, den Gemeinden ein Ermessen zu eröffnen, für alle Maßnahmen, die vor 2006 fertiggestellt wurden, selbst zu entscheiden, ob sie Beiträge erheben oder nicht. Unter bestimmten Voraussetzungen hätten sie auch vereinnahmte Beiträge zurückzahlen können. Das hätten etwa – und das war an Bedingungen geknüpft, zum Beispiel keine Bedarfszuweisungen usw. – nur 60 Prozent der Gemeinden überhaupt in Anspruch nehmen können und es wären nur die Maßnahmen vor 2006 betroffen. Für alle Maßnahmen ab 2007 wäre es bei den jetzigen Regelungen zur Beitragspflicht geblieben. Jetzt hat sich die Koalition darauf verständigt, dass mit Inkrafttreten des Gesetzes – das ist jetzt absehbar, möglicherweise schon im Juni – die Gemeinden sofort Beiträge erheblich absenken können, und zwar nahezu 90 Prozent der Gemeinden, weil jetzt die Rahmenbedingungen, unter denen sie absenken können, entschärft wurden, indem zum Beispiel Bedarfszuweisungen nur noch für einen Zeitraum von drei Jahren Berücksichtigung finden. Es kann also auf bis zu 10 Prozent bei Hauptverkehrsstraßen abgesenkt werden – das ist also eine erhebliche Entlastung. Ab 01.01.2019, wenn die neuen Gemeinden gelten, können sie sogar auf die Erhebung verzichten – vollständig, und zwar dann, wenn sie leistungsfähig sind. Wir gehen davon aus, dass die meisten Gemeinden diese Kriterien zum 01.01.2019 erfüllen werden. Das ist dann eine dauerhafte Regelung für das Heute und für die Zukunft. Das ist nach meiner Überzeugung – und deshalb werbe ich für diesen Vorschlag – eine weitergehende Regelung als die bisherige. Ich kann natürlich verstehen, dass Betroffene, die von der rückwirkenden Erhebung betroffen waren, enttäuscht sind, dass wir dort keine Lösung gefunden haben. Andererseits hat der Gemeinde- und Städtebund bei der Anhörung in der vergangenen Woche gesagt, sie sind froh darüber, dass die Koalition hier reagiert hat.

Herr Abgeordneter Kuschel, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Henke?

Nein, nicht von rechts.

(Beifall DIE LINKE)

Der Gemeinde- und Städtebund als Interessenvertreter der Kommunen hat durchaus begrüßt, dass sich die Koalition eher darauf konzentriert, eine Lö

sung für heute und morgen zu finden als eine Lösung für die Vergangenheit, die eben rechtlich sehr umstritten ist, weil ich natürlich bei jeder Stichtagsregelung das Problem habe, dass einige Beitragspflichtige darunter fallen und andere, wenn die Einrichtung später fertiggestellt wurde, nicht darunter fallen. Insofern ist das ein weiterer Schritt, den wir machen, in Richtung Beitragsgerechtigkeit. Die Linke bleibt bei ihrer Forderung, dieses Finanzierungsinstrument infrage zu stellen und abzuschaffen. Dazu brauchen wir eine parlamentarische Mehrheit, die ist zurzeit nicht erkennbar, weil wir uns im Klaren sein müssen, wenn wir sie abschaffen, haben die Gemeinden einen Erstattungsanspruch gegenüber dem Land. Das müssen wir klären. Da geht es nach unseren groben Schätzungen um jährlich 15 Millionen Euro, die die Gemeinden von den Bürgerinnen und Bürgern für Straßenausbaubeiträge vereinnahmt haben. Das ist die Größenordnung, über die wir uns verständigen müssen. Es bleibt eine weitere politische Aufgabe für die Zukunft. Ich sage gleich: Jeder Schritt, der zu einer Verbesserung, zu mehr sozialem Ausgleich, Interessenausgleich zwischen den Gemeinden und Beitragspflichtigen führt, findet die Unterstützung der Linken und auch meine persönliche Unterstützung. Das schließt nicht aus – das gestatte ich auch Bürgerinitiativen und betroffenen Bürgern –, zu kritisieren, dass wir ursprüngliche Ziele dabei nicht eins zu eins umsetzen. Wir schaffen aber eine Verbesserung und deshalb wird das eine gute Regelung sein. Dafür haben wir lange gekämpft, auch die Bürgerinitiativen, und sie haben hoch anerkannt, dass sich alle drei Koalitionspartner darauf verständigt haben. Mein Dank gilt da insbesondere auch der SPD, weil ich weiß, dass die SPD dort andere Vorstellungen hat. Aber in einer Koalition verständigt man sich darauf und deshalb gilt der Dank der SPD, dass sie sich in dieser Hinsicht dann darauf eingelassen hat, dass wir eine Lösung finden, mit der wir alle leben können. Das, was die AfD vorgeschlagen hat, blendet all diese Probleme aus und wir würden wieder von vorn mit der Debatte beginnen. Das haben die Bürgerinnen und Bürger in diesem Land nicht verdient. Danke.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Als nächster Redner hat Abgeordneter Kellner, Fraktion der CDU, das Wort.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen, liebe Zuschauer auf der Tribüne, bevor ich zum Gesetzentwurf der AfD komme, muss ich noch ein paar Worte zum Vortrag von Herrn Kuschel verlieren. Ich habe erst gedacht, es geht um ein Gesetz

(Abg. Kuschel)

der Landesregierung bzw. es gibt einen Vorschlag der regierungstragenden Fraktionen. Den Eindruck habe ich jedenfalls gehabt. Auf das AfD-Gesetz sind Sie gar nicht eingegangen. Ich will mal kurz auf das eingehen, was Sie gerade gesagt haben. Sie haben gerade versucht, Ihren neuen Gesetzentwurf als wirklich weitreichend und bürgerentlastend zu verkaufen.

(Zwischenruf Abg. Kuschel, DIE LINKE: Sie haben 25 Jahre Zeit gehabt!)

Das verwundert mich schon. Herr Kuschel, von Ihnen bin ich an der Stelle auch nichts anderes gewöhnt. Sie verkaufen das alles, wie Sie es brauchen, ungeachtet dessen, ob das richtig oder falsch ist.

(Zwischenruf Abg. Korschewsky, DIE LINKE: Das würden Sie niemals tun!)

Weil sie den Gemeinde- und Städtebund angeführt haben, der das begrüßt hat, dass Sie sich auf den Weg gemacht haben, so ein Gesetz vorzubereiten bzw. zu erarbeiten: Ich hatte einen anderen Eindruck vom Gemeinde- und Städtebund. Der Gemeinde- und Städtebund hat da sehr kritisch angemerkt, dass uns dieses nicht weiterbringt, dass der größte Teil der Gemeinden genau mit dem überwiegenden Teil dieser Regelungen einverstanden sind, wie wir sie derzeit haben. Es verschärft die Spaltung in den Gemeinden. Wenn Sie sagen, wir können – bis zu 90 Prozent kann die Gemeinde den Anteil absenken – den Gemeindeanteil auf 90 Prozent erhöhen und den Bürgeranteil dann auf 10 Prozent senken bis gegen Null, da stellt sich immer die Frage: Wo kommt das Geld her? Wo kommt das Geld zusätzlich her? Was ich vom Bürger nicht nehme, muss ich aus dem Haushalt nehmen. Und die Gemeinden – da sind wir uns sicherlich einig – sind sicher nicht so bestückt, dass sie eine volle Kasse haben, dort reingreifen können und das war’s dann. Die haben nämlich auch noch andere Aufgaben zu erfüllen. An der Stelle geht nämlich die Rechnung so nicht auf. Das klingt zwar gut, die Gemeinden können das alles machen. Das klingt erst mal gut. Aber wer sind denn die Gemeinden? Die Gemeinden sind die Bürger und zum Schluss müssen sie es bezahlen. Über die Grundsteuern oder andere Erhebungen bzw. Abgaben werden sie dann letztendlich zur Kasse gebeten, denn das Geld ist ja nicht mehrfach, sondern nur einmal zum Ausgeben da. Deswegen erwecken Sie hier immer den Eindruck: Wir regeln das alles, die Kommunen müssen es nur machen. Hier gibt es eine Spaltung zwischen dem Bürgermeister, dem Gemeinderat und den Bürgern. Welcher Bürger würde es denn akzeptieren, wenn der Gemeinderat sagt: Wir sind nicht leistungsfähig genug, wir können uns das nicht leisten. Das akzeptiert doch kaum jemand, wenn er die Wahl hat, zu sagen: Ich möchte nicht bezahlen. Leistungsfähigkeit – das ist in der

Anhörung mehrfach angesprochen und auch vom OLG vorgetragen worden – ist natürlich ein Begriff, der beim Bürger, der nichts damit zu tun hat, viel suggeriert, der dann sagt: Bei uns läuft alles, ich habe noch nichts Negatives gehört, deswegen können wir uns das leisten. Leistungsfähigkeit ist aber eben eine ganze Menge mehr und die kann auch über Nacht weg sein, wenn ich an das Gewerbesteueraufkommen denke. An der Stelle wird etwas vorgegaukelt, was letztendlich kreuzgefährlich ist, weil die Spaltung damit auf den Weg gebracht wird, wenn es denn dazu kommt – auch zwischen den Gemeinden. Warum die eine Nachbargemeinde, die nur drei Kilometer weg ist, keine Straßenausbaubeiträge erhebt und die eigene Gemeinde sagt, wir müssen es machen. Da ist die Frage: Wenn die es können, warum können wir es nicht? An der Stelle verschiebt man letztendlich die Diskussion weg vom Land, weg von den Verantwortlichen hin zu den Kommunen und das, meine Damen und Herren, kann doch nicht unser Ziel sein. Die Kommunen brauchen Rechtssicherheit und die Kommunen müssen sich letztendlich auch darauf verlassen können, dass das Gesetz, was dann auf den Weg gebracht wird, auch umsetzbar ist und nicht den sozialen Frieden stört. An der Stelle wird der soziale Frieden erheblich gestört. Das nur als Anmerkungen zu Ihrem Beitrag, Herr Kuschel.

Jetzt komme ich zum AfD-Gesetz, da kann ich es ja relativ kurz fassen. Ich hatte in der letzten Sitzung schon mal darüber gesprochen, Sie nennen das Gesetz Bürgerentlastungsgesetz. Ich habe damals schon gesagt, ich nenne es Bürgertäuschungsgesetz, weil der Bürger getäuscht wird. Sie suggerieren – genauso wie der Kollege links, nur etwas schärfer –, dass wir das alles nicht brauchen und dass es alles guter Wille ist, wenn man das nur möchte, unabhängig davon, ob man es sich leisten kann oder nicht. Ich hätte erwartet, Herr Henke, dass Sie aus der Anhörung eine ganze Menge mit rausnehmen – Stichwort Gemeinde- und Städtebund. Das OLG, dessen Vertreterin da war, hat das ja nun wirklich sehr kritisch betrachtet. Leider haben Sie davon nichts aufgenommen. Ich hätte ja gedacht, dass sich die AfD-Fraktion nach der Anhörung noch einmal zusammensetzt und sagt: Vielleicht müssen wir das eine oder das andere ändern, denn so, wie wir es uns vorstellen, wird es in der Praxis – auch verfassungsrechtlich – nicht funktionieren. Das wurde dort mehrfach kundgetan.

An der Stelle hätte ich doch erwartet, dass die AfDFraktion noch mal in sich geht – so wie es die Regierungsfraktionen gemacht haben. Die haben nach der Anhörung – Herr Kuschel hat es gerade gesagt – festgestellt, dass das alles nicht so geht, wie sie sich das ausgedacht haben, und dass sie nachbessern müssen. Bei Ihnen habe ich den Eindruck, dass Sie nicht zugehört haben oder es nicht besser

machen wollen. Auf jeden Fall – es bleibt dabei – ist das für mich ein Bürgertäuschungsgesetz.

Ich möchte auch gleich noch ein paar Worte zu den Punkten verlieren, die Sie in Ihrer Rede angeführt haben, was Sie alles besser machen wollen. Da ist zum Beispiel die Stundungsmöglichkeit, die Sie neu erfinden wollen. Die Stundungsmöglichkeit gibt es schon lange, unabhängig vom Wert meines Grundstücks oder meiner Immobilie. Unabhängig davon kann jeder Bürger den Antrag auf Stundung stellen, wenn er die Leistung nicht erbringen kann. Sie sagen zwar, man kann mit Gutachten letztendlich eine Stundung beantragen, wenn die Beiträge den Wert um das 0,4-fache übersteigen. Dann steht aber nicht in Ihrem Gesetz, wer das Gutachten in Auftrag gibt. Macht das die Kommune? Macht das der Bürger? Wer gibt das Gutachten in Auftrag? Auch das kostet ja Geld. Ob das Gutachten hinterher von der anderen Partei anerkannt wird, steht ja noch auf einem ganz anderen Blatt. Dann gibt es vielleicht ein Gegengutachten. Das kann man natürlich bis ins Unendliche in die Länge ziehen. An der Stelle sehe ich wirklich keine Entlastung. Ganz im Gegenteil. Das ist eine klare Belastung der Bürger. Wenn eine zusätzliche Forderung aufgemacht wird, bedeutet das auch zusätzliches Geld.

Dann haben Sie noch reingebracht: Wenn Kommunen leistungsfähig sind, dann können sie letztendlich darauf verzichten. Ich habe gerade eben Herrn Kuschel schon erzählt, die Leistungsfähigkeit ist immer ein schmaler Grad. Die kann heute da sein, die kann morgen aber auch genau so schnell wieder weg sein. Ich denke, wenn die Kommunen verantwortungsvoll mit ihrem Einkommen bzw. mit ihrem Vermögen umgehen, dann werden sie erst mal auf die sichere Seite gehen und nicht irgendwelchen Forderungen nachgeben. Dann bin ich wieder beim sozialen Frieden, der dann auch in Gefahr gerät, nämlich nach bestem Wissen und Gewissen abzuwägen, was wirklich Leistungsfähigkeit beinhaltet. Das ist nicht die Straße, die gebaut oder nicht gebaut werden kann oder für die die Beiträge freigestellt werden oder nicht freigestellt werden, da hängt eine ganze Menge dran. Da hängen die Kindergärten dran und unter Umständen, wer Schulträger ist, sogar Schulen und, und, und. Es sind eine Vielzahl von Ausgaben in den Kommunen, die zu berücksichtigen sind. Sie beziehen das hier nur auf den Fall und sagen, wenn die Leistungsfähigkeit der Gemeinde es zulässt. Das muss man definieren. Auch das war ein Kritikpunkt. Auch in der letzten Anhörung war das ein Kritikpunkt. Was versteht man denn genau darunter? Man muss klar definieren, was Leistungsfähigkeit beinhaltet, wo es anfängt und wo es aufhört. Man muss aber auch die Folgejahre betrachten, was da noch kommen kann. Den Passus, den Sie hier angesprochen haben, haben Sie aus meiner Sicht nicht so erhellen können, dass ich wirklich was damit anfangen kann. Dieser

Spruch kommt ja immer, die Leistungsfähigkeit, aber keiner weiß so richtig, wie er damit umgehen kann. Auch die Vertreterin des OLG hat deutlich darauf hingewiesen, dass genau dieser Punkt der Leistungsfähigkeit klar definiert sein muss, natürlich auch im Interesse der Gerichte. Die Gerichte müssen ja dann darüber befinden und die haben schon an dem Gesetzentwurf von der Landesregierung, den Fraktionen, aber auch an Ihrem erhebliche Bedenken, ob das dann auch wirklich rechtssicher umsetzbar ist, was die Leistungsfähigkeit anbelangt.

Man könnte sich wahrscheinlich noch eine halbe Stunde darüber unterhalten, was hier alles nicht so richtig ist. Ich meine, davon abgesehen, dass Sie nicht kenntlich gemacht haben, was sich verändert oder nicht verändert. Dass das im Text einfach eingebaut wurde, sodass der Bürger oder der Leser erst mal überlegen muss, was es denn daran Neues gibt, das ist ja alles gleich geschrieben, hätten Sie es mal dicker gedruckt, hätten Sie es mal kursiv gesetzt oder was weiß ich. Jedenfalls kann hier keiner erkennen, was wirklich neu an der Sache sein soll oder nicht schon Gesetzesinhalt ist.

(Zwischenruf Abg. Möller, AfD: Ein bisschen anstrengen muss man sich schon!)

Man sollte vielleicht das nächste Mal darauf achten, aber nichtsdestotrotz, auch wenn Sie das gemacht hätten, hätte das am Inhalt nichts geändert, das hätte die Sache mit Sicherheit nicht besser gemacht. An der Stelle bleibt uns nach wie vor nichts anderes übrig, als diesen Gesetzentwurf abzulehnen. Vielen Dank!

(Beifall CDU)

Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat Abgeordneter Adams das Wort – das ist bei mir gemeldet. Das ist nicht der Fall. Dann hat sich Minister Poppenhäger zu Wort gemeldet.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, Frau Präsidentin, sehr verehrte Abgeordnete! Ich danke den beiden Vorrednern für die – wie ich finde – sehr qualifizierte Darstellung des sehr engagierten Sachstands der Diskussion im Innenausschuss. Es gab dazu bereits eine Anhörung mit vielen Experten und die Regierung, das Parlament macht sich auf den Weg, hier eine für den Bürger gute Lösung zu finden.

Auf der Tagesordnung steht heute nunmehr ein weiterer Gesetzentwurf der AfD zur Änderung des Thüringer Kommunalabgabengesetzes und dies sieht unter anderem ebenfalls Regelungsvorschlä

(Abg. Kellner)

ge zum Satzungserlass, zu den Informationspflichten sowie zur Erhebung von Straßenausbaubeiträgen für bereits abgeschlossene Maßnahmen vor. An den grundsätzlichen Ausführungen zum vorgelegten Gesetzentwurf in der ersten Beratung haben sich keine Neuerungen ergeben, vielmehr haben die Redebeiträge in der vergangenen Sitzung wie auch heute gezeigt, dass der Gesetzentwurf alles andere als geeignet ist, in der Debatte um das Straßenausbaubeitragsrecht voranzukommen. Hinzu kommt, dass sich sowohl die Landesregierung als auch der Thüringer Landtag wie bereits dargestellt in den vergangenen Monaten intensiv mit der Problematik befasst haben. Es wurden unterschiedliche Modelle erörtert, Anhörungen hierzu durchgeführt. Ziel dieser insgesamt sachlich und zielorientiert geführten Erörterung war es, einen ausgewogenen Gesetzentwurf zu erarbeiten, der die bestehenden Fragen einer Lösung zuführt und die verfassungsrechtlichen Vorgaben – auch das ist wichtig – beachtet. Dies alles ist der Fraktion der AfD auch bekannt. Die Änderungsvorschläge hätten daher auch im Rahmen dieser Erörterung eingebracht werden können. Von weiteren inhaltlichen Bewertungen möchte ich insofern Abstand nehmen, gerade auch vor dem Hintergrund des – auch das wurde bereits eben dargestellt – immer weiter fortschreitenden Gesetzgebungsverfahrens zu den vorliegenden Gesetzentwürfen der Landesregierung bzw. der Fraktionen Die Linke, SPD und Bündnis 90/Die Grünen. An dieser Stelle sollte der Gesetzentwurf der AfD daher abgelehnt werden. Vielen Dank.

(Beifall CDU, DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Es gibt eine weitere Wortmeldung; Abgeordneter Kuschel hat sich zu Wort gemeldet.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Dr. Poppenhäger, ich habe mich zu spät gemeldet, eigentlich hat der Minister in der Debatte hier das letzte Wort. Aber Herr Kellner hat ja ein paar Fragen gestellt und er hat ein Anrecht auf eine Antwort. Auch die Öffentlichkeit soll unsere Position mitnehmen, damit nicht irgendwelche Dinge in der Debatte offenbleiben.