Ich will auch noch einmal auf die Kosten zu sprechen kommen. Für den Freistaat wären das in diesem Jahr noch Mehrkosten von 25 Millionen Euro und ab nächstem Jahr von 60,6 Millionen Euro. Auch für die Kommunen beträgt das immerhin 2,8 Millionen Euro noch in diesem Jahr und 6,7 Millionen Euro im kommenden Jahr.
Ich beantrage die Überweisung des vorgelegten Gesetzentwurfs an den Haushalts- und Finanzausschuss. Im Rahmen des Anhörungsverfahrens – der Ausschuss hat ja schon einen Vorratsbeschluss gefasst, dass eine solche Anhörung erfolgen soll – werden wir dann, nachdem wir die Betroffenen – sowohl die Vertreter der Beamten als auch der kommunalen Seite – gehört haben, eine entsprechende Entscheidung treffen. Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.
Vielen Dank, Herr Abgeordneter. Als Nächster spricht Herr Abgeordneter Brandner, AfD-Fraktion. Herr Kießling, bei uns war Herr Brandner gemeldet,
Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, liebe Zuschauer auf der Tribüne, wie ist es eigentlich mit den Tarifabschlüssen, wenn sich mindestens zwei Vertragspartner einigen? Ich möchte Ihnen die Theorie zu den Tarifabschlüssen im öffentlichen Dienst zum Verständnis noch mal kurz darlegen: Die Tarifpartner für den öffentlichen Dienst der Länder haben sich am 17. Februar 2017 nach Verhandlungen auf einen Tarifvertrag mit einer zweijährigen Laufzeit vom 1. Januar 2017 bis 31. Dezember 2018 geeinigt. Der Tarifvertrag sieht eine lineare Entgelterhöhung in zwei Schritten vor. Laut Vereinbarung soll der Lohn rückwirkend – und das ist wichtig – zum 1. Januar 2017 um 2 Prozent, mindestens aber um 75 Euro je Monat, erhöht werden. Ab dem 1. Januar 2018 ist eine weitere Erhöhung um 2,35 Prozent vorgesehen. Hinzu kommen ergänzende Detailregelungen sowie Sonderregelungen für Auszubildende und Praktikanten. So weit die Theorie.
Kommen wir nun aber zur Thüringer Praxis, wie sie die rot-rot-grüne Landesregierung gern in dem hier vorgelegten Gesetzentwurf machen möchte und wie es entsprechend auch die Frau Ministerin Taubert schon ausgeführt hat. Es geht hier um einen ausgewogenen Vorschlag. Nach der Tarifeinigung vom 17. Februar 2017 werden die Tabellenentgelte ohne Berücksichtigung des pauschalen Erhöhungsbetrags von 75 Euro und ohne die neue Stufe 6 um 1,8 Prozent zum 1. April 2017 und weitere 2,35 Prozent zum 1. April 2018 steigen. Wie wir schon ein paar Mal in der Geschichte gehört und erlebt haben, geht Thüringen hier einen Sonderweg, denn offenbar ist dieser Tarifabschluss für die Thüringer Landesregierung alles andere als bindend, für die so sozialen Linken und für die angebliche Arbeiterpartei, die SPD, schon gar nicht. Anders ist es nicht zu erklären, wie dieses Stück Papier so den Weg ins Parlament gefunden hat. Wir hatten auch – das ist sehr verwunderlich – als AfDFraktion selbst einen Antrag gestellt, und zwar bereits am 15.03.2017, in dem wir auch gefordert hatten, hier diese Tarifanpassung umzusetzen. Der Antrag wird heute sogar behandelt, nach dem Gesetzentwurf, den Sie eingebracht haben, als TOP 14. Darin haben wir gefordert, dass unsere Polizeibeamten von dem Tarifabschluss des öffentlichen Dienstes zeitnah auch einen entsprechenden
Anstatt wie vereinbart die Tariferhöhung rückwirkend zum 1. Januar 2017 in Kraft zu setzen, möchte die Landesregierung diese Erhöhung für die Beamten erst rückwirkend zum 1. April 2017 genehmigen. Ich weiß nicht, wie es Ihnen geht, aber ich finde dieses Datum sehr passend zum Gesetz, denn der 1. April lässt grüßen.
Damit aber nicht genug, die zweite beschlossene Erhöhung für das Jahr 2018 tritt nicht etwa ebenfalls zum 1. Januar in Kraft, sondern auch hier zum 1. April 2018. Und um dem Ganzen dann noch einen allseits bekannten i-Punkt aufzusetzen, wird die minimale Erhöhung der Besoldung für Beamte bis 3.200 Euro monatlich von den beschlossenen 75 Euro auf 25 Euro reduziert. Hierzu kann ich nur sagen, als angeblich so soziale Landesregierung sollten Sie sich eigentlich schämen. Mit der Herabsetzung der minimalen Erhöhung von 75 Euro treffen Sie vor allem die Beamten, die ohnehin nicht viel verdienen. Das ist falsch. Sie treffen damit die unteren Besoldungsgruppen, denn auch diese Beamten haben einen gesetzlichen Anspruch auf Teilhabe an der Entwicklung der Gesamtwirtschaft und am Inflationsausgleich. Geradezu zynisch ist es, wenn man sich die im Gesetz beigelegten Beispielrechnungen ansieht. Sie vergleichen hier einen Beamten der Besoldungsstufe A 6, Erfahrungsstufe 1 mit dem sächlichen Existenzminimum. In diesem Fall hat das Bundesverfassungsgericht in seinem Urteil vom 24.11.1998 dargelegt, dass die Besoldung einen Mindestabstand zum Existenzminimum einhalten muss. Der ist geradeso gegeben. Als Beispiel wurde ein Beamter mit zwei Kindern aufgeführt, dessen Partner nicht berufstätig, zum Beispiel Student, ist. Hier stehen pünktlich am Ende eines jeden Monats der Familie 2.527,89 Euro netto zur Verfügung. Da hier aufgrund der Bedarfsgemeinschaft keine weiteren Einnahmen vorliegen und somit das Gehalt auf vier Personen aufgeteilt werden muss, liegt er damit immerhin rund 492 Euro über dem sächlichen Existenzminimum. Verzeihen Sie, wenn ich nun ein wenig zynisch werde und sage: Was für eine Leistung, sage und schreibe 492 Euro mehr dafür, dass der Beamte 40 Stunden die Woche auf Arbeit geht und zum Beispiel als Polizeibeamter teilweise seine Gesundheit aufs Spiel setzt. Was für eine Leistung.
Da muss auch die Frage erlaubt sein: Lohnt sich diese Arbeit noch? Führen wir uns jetzt noch einmal die Eingangskritik vor Augen. Sie verschieben die Anwendung der Tariferhöhung um drei Monate und reduzieren die minimale Erhöhung von den geforderten 75 Euro auf 25 Euro. Da kann ich nur eines sagen: Wenn das in Ihren Augen soziale Politik ist, dann weiß ich nicht, wo Sie heute leben. In meinen Augen ist dies ein Vorspiegeln falscher Tatsachen. Aus diesem Grund bin ich froh, dass wir als AfD
den Begriff des Sozialen pünktlich am Montag, dem 1. Mai 2017, neu definiert haben. Sicherlich haben das schon einige mitbekommen.
Zurück zum Thema: Ihr Gesetzentwurf, werte Landesregierung, ist in meinen Augen einfach nur unsozial und arbeitnehmerfeindlich. Das zeigen auch die Zahlen in den Stellungnahmen aus den verschiedenen Bereichen der deutschen Gesellschaft. Ich zitiere aus der Stellungnahme des DGB, die Sie vorhin, Frau Taubert, nicht gebracht hatten. Sie sagten, sie liege den Unterlagen bei. Ich würde gern mal daraus zitieren, damit auch die anderen wissen, was der DGB geschrieben hat, Zitat: „Wir kritisieren aufs Schärfste die zeitliche Verzögerung der Anpassung um jeweils drei Monate in 2017 und 2018 sowie die Nichtübernahme des Mindestbetrags von 75 Euro. Nach dem vorgelegten Gesetzentwurf bleibt die Erhöhung für die Beamtinnen und Beamten bis zur Besoldungsgruppe A 13, Erfahrungsstufe 4 unterhalb der 75 Euro. Besonders benachteiligt sind dadurch die unteren Besoldungsgruppen“ – Zitatende.
Auch sehr aussagekräftig ist die Stellungnahme des Vereins der Thüringer Verwaltungsrichter und Verwaltungsrichterinnen e. V., das hatten Sie auch nicht vorgetragen. Ich zitiere auch hier: „Ausgiebig wird allerdings auch im vorliegenden Gesetzentwurf erläutert, dass die Besoldungshöhe in Thüringen noch nicht das Niveau der Verfassungswidrigkeit erreicht hat. Dem liegt ein – wie wir annehmen – bewusstes Missverständnis der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes zugrunde. In seinen Entscheidungen zur Beamtenbesoldung hat das Bundesverfassungsgericht zum Schutz der Besoldungsempfänger eine absolute untere Grenze für die Besoldung festgelegt – das besoldungsrechtliche Existenzminimum. Diese Grenzziehung wird aber nun von der Thüringer Landesregierung als Maßstab für die anzustrebende Besoldungshöhe genutzt, so als ob das Bundesverfassungsgericht festgelegt habe, dass gerade nur dieses Existenzminimum gewährt werden solle“ – Zitatende.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, aus den mir hier vorliegenden Gründen werden wir als AfDFraktion dem Gesetzentwurf in dieser Form nicht zustimmen können
und ich beantrage auch hier die Überweisung an den Finanzausschuss. Frau Taubert, dann können wir auch gern dort noch einmal über den einen oder anderen Punkt reden. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Als Nächster hat Abgeordneter Müller, Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, das Wort. Keine Wortmeldung? Das ist aber so gemeldet. Dann rufe ich Frau Abgeordnete Floßmann von der CDU-Fraktion auf.
Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Besucher auf der Tribüne, hier im Haus und am Livestream, werte Kolleginnen und Kollegen! Mit dem Gesetzentwurf der Landesregierung zur Anpassung der Besoldung und Versorgung im Jahr 2017 und 2018 wird ein längst überfälliger Schritt getan. Dem Vorschlag nach soll die Anpassung aus der Tarifeinigung in den Tarifverhandlungen der Beschäftigten der Länder vom 17. Februar 2017 nun auf die Beamten angewendet werden. Konkret geht es dabei um 1,8 Prozent Erhöhung der Grundgehälter für das Jahr 2017 und 2,35 Prozent für das Jahr 2018. Doch orientiert sich der Entwurf der Landesregierung nur am Tarifabschluss für die Beschäftigten und übernimmt diesen nicht in Gänze. So wird für das Jahr 2017 der Betrag nur um 1,8 Prozent erhöht und nicht wie bei den Beschäftigten um 2 Prozent. Begründet wird dies mit der Zuführung von 0,2 Prozentpunkten in die Versorgungsrücklage. Diese Zuführung zum Pensionsfonds sollte dann mit dem Nachhaltigkeitsmodell der Landesregierung obsolet werden. Konsequenterweise haben Sie für 2018 die Zuführung vom Pensionsfonds bereits eingestellt. Mit dem Auslaufen der aktuellen Regelung – das haben wir schon gehört – Ende des Jahres 2017 müsste eine Zuführung zum Pensionsfonds entsprechend neu geregelt werden. Nun warten wir noch auf diese Neuregelung. In Anbetracht dessen, dass wir bereits Mai haben und der Landtag noch kein derartiges Gesetz vorliegen hat, sind Zweifel daran angebracht. Wenn die Rücklage für die Altersversorgung der Beamten anders geregelt werden soll, dann müsste der Gesetzgeber endlich einmal wissen, wie sich das Rot-Rot-Grün im Detail vorstellt.
Bedauerlich finden wir als CDU, dass die Übernahme des Tarifabschlusses für unsere Beamten erst zum 1. April in Kraft treten soll, also drei Monate später als für Tarifbeschäftigte. Auch die Anpassung im Jahr 2018 erfolgt drei Monate verspätet. Eine Anerkennung für die Dienste unserer Beamtinnen und Beamten sieht anders aus. Begründet wird diese verspätete Übernahme aber nicht. Zudem tritt an die Stelle der Erhöhung durch den Festbetrag von 75 Euro nur eine Erhöhung von 25 Euro für die Besoldungsgruppen A 6 bis A 8. Damit drückt sich die Landesregierung vor einer Anpassung der Besoldungsgruppen, die aufgrund des Abstandsgebots bei 75 Euro verfassungsrechtlich notwendig geworden wäre.
Besonders benachteiligt sind dadurch die Beamtinnen der unteren Besoldungsgruppen, dazu zählen weite Teile der Verwaltung, der Polizei und des Justizvollzugs. Dass andere Lösungen möglich sind, zeigt der Blick auf andere Bundesländer. Die Bundesländer Bayern, Brandenburg, RheinlandPfalz, Sachsen-Anhalt und Sachsen übernehmen die Tarifergebnisse zeit- und inhaltsgleich. Teilweise kommen hier auch noch Einmalzahlungen dazu wie in Bayern 500 Euro oder es werden andere Lösungen gefunden, um die Beamtinnen und Beamten nicht schlechterzustellen. Frau Taubert, ich glaube, da sollten wir uns nicht an denen, die es schlechter machen, orientieren, sondern an den Bundesländern, die es besser machen, um auch unseren Beamtinnen und Beamten die entsprechende Wertschätzung entgegenzubringen.
Gestützt wird die Argumentation auch vom Thüringer Beamtenbund, der gerade in Bezug auf die Wertschätzung der Beamten die Notwendigkeit sieht, das Tarifergebnis zeit- und inhaltsgleich zu übertragen, und kritisiert, Herr Präsident, ich zitiere mit Ihrer Erlaubnis den Thüringer Beamtenbund, „dass Beamte fast selbstverständlich Sonderbeiträge zur Haushaltskonsolidierung akzeptieren sollen“, oder aber „es ist nicht schlüssig, dass eine Statusgruppe des öffentlichen Dienstes in Thüringen Sonderopfer zur Entlastung des Landeshaushaltes bringen soll“. Der Verein der Thüringer Verwaltungsrichter und Verwaltungsrichterinnen hält den Entwurf aus juristischer Sicht für unzulässig und verweist noch einmal darauf, dass sich auch die Richterbesoldung an der allgemeinen Einkommensentwicklung zu orientieren hat. Er weist noch einmal darauf hin, dass jeweils der Tarifabschluss für die Beschäftigten des öffentlichen Dienstes als primärer Bezugsrahmen gilt.
Herr Kießling hat schon den DGB zitiert. Der DGB kritisiert aufs Schärfste die zeitliche Verzögerung der Anpassung in 2017 und 2018 jeweils um drei Monate sowie auch die Nichtübernahme des Mindestbetrags von 75 Euro. Der DGB akzeptiert das nicht nur nicht, sondern er ruft sogar die Parlamentarier dazu auf, diesem Entwurf nicht ihre Stimme zu geben, eben weil eine finanzielle Schlechterstellung gesehen wird. Gerade im Hinblick auf den Wettbewerb um die besten Köpfe ist es wichtig, dass unsere Beamtinnen und Beamten im Freistaat Thüringen auch eine Wertschätzung erfahren und ihren Arbeitgeber als attraktiv wahrnehmen. Dass das eben auch über die Besoldungsregelung möglich ist, zeigt der Blick auf viele andere Bundesländer, die es nun wirklich besser machen – wie schon angesprochen.
Man kann also gespannt sein, wie diese Widersprüche im Haushalts- und Finanzausschuss aufgelöst werden. Ich denke, Frau Taubert wird hier sicherlich auch noch mal dazu informieren. Wir stimmen
(Zwischenruf Abg. Wolf, DIE LINKE: Erklär‘ den Deppen von der AfD mal, was ein Gel- tungsbereich eines Tarifvertrags ist!)
Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Frau Finanzministerin Taubert, liebe Mitglieder der Landesregierung, Kolleginnen und Kollegen der demokratischen Fraktionen, sehr geehrte Besucher auf der Besuchertribüne, liebe Interessierte am Livestream, der Thüringer Landtag beschäftigt sich heute in erster Lesung mit dem Gesetz zur Anpassung der Besoldung und der Versorgung in den Jahren 2017 und 2018. Dieses Gesetz wird die Besoldung und die Versorgung der Beamtinnen und Beamten, der Richterinnen und Richter, der Versorgungsempfängerinnen und Versorgungsempfänger für die kommenden zwei Jahre und darüber hinaus regeln. Gestatten Sie mir aber zunächst einige grundsätzliche Bemerkungen, die in fast allen Wortbeiträgen meiner Vorredner gefehlt haben.
In diesen Tagen, Frau Floßmann, in diesen Monaten und in diesen Jahren erhalten wir die Quittung für die von der Bundesregierung durchgepeitschte Politik der schwarzen Null. Wir erleben die Auswirkungen auf die öffentliche Daseinsfürsorge auch im Hinblick auf die Attraktivität und die Leistungsfähigkeit des öffentlichen Dienstes. Wir erleben aber auch die Vernachlässigung der Verbesserung der materiellen Lebensverhältnisse aller Versorgungsempfängerinnen und Versorgungsempfänger infolge der geltenden gesetzlichen Regelungen, die durch Bundesregierung, Bundestag und Bundesrat beschlossen wurden. Dabei geht es um Beamte, unter anderem wegen des Erreichens der Altersgrenze, Erreichen der vorgezogenen Altersgrenze oder wegen vorzeitiger Pensionierung in den Ruhestand, es geht aber auch um die Versorgung von Hinterbliebenen. Natürlich können wir mit Blick auf die Landeskasse des Freistaats Thüringen einen Überschuss für das Jahr 2016 feststellen, der auf der ganzen Linie in ganz vielen Branchen Begehrlichkeiten weckt, so auch im öffentlichen Dienst. In der öffentlichen Debatte wird der Haushaltsüberschuss vorrangig der guten Konjunktur zugeschrieben. Es wird dabei völlig ausgeblendet, dass in allen deutschen Gebietskörperschaften seit Jahren die Politik der schwarzen Null dominiert. Ich will hier und heute nicht über Schuldenhöhe oder Schuldenabbau reden. Ich will Ihnen zunächst die ent
Der entscheidende Haken bei der Politik der schwarzen Null ist – neben einer völlig unzureichenden Finanzausstattung für die Sozialausgaben –, dass die Schuldenbremse durch Personalabbau und vor allem durch eine Reduzierung der öffentlichen Investitionen umgesetzt wurde und wird. Die Konsequenz daraus ist, dass Deutschland eines der Industrieländer mit den niedrigsten öffentlichen Investitionsquoten ist. Es wird im öffentlichen Dienst weiter gespart, anstatt den Investitionsrückstand durch eine intelligente Investitionspolitik zu kompensieren. Die Folgen jahrelanger Unterfinanzierung lassen sich nicht binnen weniger Jahre, binnen einer Wahlperiode beheben. Die Politik der schwarzen Null ist aber festgeschrieben, trotz ihrer vielen Nachteile. Einer davon ist, dass viele Menschen in den letzten Jahren von der wirtschaftlichen Belebung nicht profitiert haben. Selbst der offizielle Armuts- und Reichtumsbericht der Regierung weist aus, wir haben knapp 40 Prozent der deutschen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die heute geringere Reallöhne bekommen als noch vor 15 Jahren. Das heißt, die Kaufkraft ihrer Löhne, das, was sie sich damit leisten können, ist zurückgegangen.
Ein zweiter Punkt ist: In den letzten zwei Jahrzehnten ist die öffentliche Beschäftigung kontinuierlich zurückgefahren worden. Gerade die Kommunen haben unter Finanzdruck drastisch Personal reduziert. Zwischen 1991 und 2010 wurde in den Kommunalverwaltungen jede dritte Stelle abgebaut, die sich mit der Planung und Durchführung von Infrastrukturmaßnahmen befasste. Bis 2015 ging die Beschäftigtenzahl um weitere knapp 9 Prozent zurück. Selbst die Bundesregierung sieht inzwischen ein, dass die durch Personalabbau in den Ländern und Kommunen entstandene Lücke an Planungskapazitäten ein Hauptgrund dafür ist, dass selbst die ohnehin bescheidenen Fördertöpfe des Bundes für Investitionen von den Ländern und Kommunen nicht abgerufen werden.
Eine dritte Folge ergibt sich aus der in Deutschland dramatischen Investitionsschwäche auf öffentlicher und privater Seite. Natürlich kann der Staat fehlende Privatinvestitionen nicht ersetzen, aber wir müssen auch feststellen, dass deswegen private Investitionen ausbleiben. Die schwarze Null als Politikinstrument bedeutet automatisch, dass es uns in 10, 15, 20 Jahren schlechter gehen wird als heute. Schäuble und Co. nehmen also bewusst die Beschädigung der Zukunftsfähigkeit der Republik in Kauf und es gibt Ereignisse, bei denen offenbar wird, dass einzelne Ämter, Einzelbehörden nicht mehr aufgrund ihres organisatorischen Versagens, sondern einfach aufgrund ihrer personellen Auszehrung regelrecht kollabieren oder kollabieren werden. In der Regel kommt dann eine große Medienaufmerksamkeit zum Tragen. Es wird das Eh
renamt benötigt und spätestens hier wird endgültig offensichtlich, dass der personell entkernte öffentliche Dienst keine ärgerliche Servicewüste, sondern eine politisch gemachte Sollbruchstelle des Gemeinwesens geworden ist. Die Verantwortlichen dazu habe ich bereits genannt. Es entbrennt dann eine öffentliche Debatte, ob der radikale Stellenabbau im öffentlichen Dienst nicht ein großer Fehler war. In dieser Zeit leben wir heute und reden über ein Gesetz zur Anpassung der Besoldung und Versorgung im Freistaat Thüringen.
Die von der großen Koalition eingeleiteten Maßnahmen zur Wiederbelebung des öffentlichen Dienstes erfolgen nur einseitig. Bei der Sicherheit – Geheimdienst, Polizei, Justiz – wird hektisch und ohne Sinn und Verstand aufgerüstet. Andere Bereiche des öffentlichen Dienstes bleiben weiterhin auf der Strecke. Auf der einen Seite reden wir von der Aufstockung bei Stellenplänen, auf der anderen Seite von sinnfreien Gesetzen, die durch unsere linken Bundes- und Landtagsfraktionen schon hinreichend kritisiert worden sind.
reden wir von Personalmanagement und Stopp des Stellenabbaus, zum Beispiel bei der Polizei. Wir reden über Geld, welches wir nur einmal ausgeben können, und wir reden über Erwartungshaltungen von Gewerkschaften, die zu Recht ihre Forderungen an die Politik adressiert haben. Wie hängt nun diese Zustandsbeschreibung mit der Anpassung der Besoldung und Versorgung zusammen? Dieser kurze Problemanriss für den öffentlichen Dienst macht deutlich, dass es bei der Frage der Attraktivität und Leistungsfähigkeit des öffentlichen Dienstes nicht nur um Besoldung und Versorgung gehen kann, denn dazu gehört viel mehr. Dass die auf breiter Front zusammengekürzte öffentliche Verwaltung und die ausgezehrten Kommunalhaushalte die vielen tollen Ideen gar nicht mehr umsetzen können, wird geflissentlich ignoriert