Protokoll der Sitzung vom 31.05.2017

Abgeordneter Helmerich hat das Wort für die SPDFraktion.

(Zwischenruf Abg. Möller, AfD: Oskar, du warst ja richtig fleißig! Dreimal in der Woche eine Aktuelle Stunde!)

Sehr geehrter Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen Abgeordnete, sehr verehrte Zuschauer auf der Tribüne und am Livestream! Mit der SolarWorld AG hat nunmehr der letzte deutsche voll integrierte Produzent von Solarmodulen Insolvenz angemeldet. Dies ist eine schlechte Nachricht für den Solarstandort Deutschland, der in dieser Zukunftstechnologie zunehmend den Anschluss zu verlieren droht, und es ist bitter für die Mitarbeiter der Produktionsstätte in Arnstadt, die momentan um ihre Arbeitsplätze bangen müssen. Insbesondere diese Menschen brauchen eine Zukunftsperspektive. Wir begrüßen daher, dass Wirtschaftsminister Tiefensee schnell gehandelt hat und umgehend das Gespräch mit der Geschäftsführung, dem Betriebsrat des Arnstädter Werks und der IG Metall gesucht hat.

(Zwischenruf Abg. Möller, AfD: Das wird es bringen!)

Die Landesregierung hat Hilfe angeboten, um das Unternehmen im Rahmen des Beihilferechts und bei der Investorensuche zu unterstützen. Dies war ein wichtiges Signal. Die Produktionsstätten in Arnstadt zählen zu den modernsten Europas. Sie arbeiten hocheffizient und betreiben eigenständig Forschung und Entwicklung. Zudem kann ein neuer Investor auf einen Pool erfahrener und hoch qualifizierter Beschäftigter zurückgreifen. Wir sind daher optimistisch, dass sich aus der SolarWorld-Insolvenz Chancen ergeben können, die eine Weiterführung der Produktion in Arnstadt ermöglichen.

(Beifall DIE LINKE, SPD)

Das sollte aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass sich die Situation für die Solarbranche in Deutschland zuspitzt. Insbesondere in den neuen Bundesländern leidet man unter der Entwicklung, dass viele Arbeitsplätze in dieser Zukunftstechnologie verloren gegangen sind. Allein zwischen 2011 und 2015 sank die Zahl der Beschäftigten in der Solarindustrie deutschlandweit von 125.000 auf 42.000 Mitarbeiter. Die Gründe liegen insbesondere in der aggressiven Subventionspolitik Chinas und dem Preisdumping für Solarmodule, mit denen China gegen die Regeln der Welthandelsorganisation verstößt. Hier sind Bundesregierung und Europäische Union gefordert, für international faire Wettbe

werbsbedingungen zu sorgen und entschlossen gegen Preisdumping und ruinöse Subventionspolitik vorzugehen. Vielen Dank.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

(Zwischenruf Abg. Mohring, CDU: Deswegen habt ihr eine Aktuelle Stunde beantragt, we- gen dieser fünf Sätze? Ihr macht euch zum Spott!)

Als Nächster hat Abgeordneter Wirkner für die CDU Fraktion das Wort – den ich jetzt aber gar nicht sehe. Herrn Wirkner müssen wir offensichtlich später aufrufen. Dann rufe ich Herrn Abgeordneten Möller für die AfD-Fraktion auf.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, liebe Gäste! Die Fraktion der SPD stellt in ihrer Aktuellen Stunde eine klare und deutliche Frage: Will sich Europa und damit Thüringen von der Zukunftstechnologie Photovoltaik verabschieden und diese anderen überlassen? Nun, CDU, SPD und Grüne hatten mit den üblichen inhaltsleeren Phrasen vor Jahren die Entscheidung getroffen, die Photovoltaikindustrie in Deutschland durch massive Förderung auszubauen. Das ist ein klassisch planwirtschaftlicher Ansatz, indem Politiker meinen, besser als freie Unternehmer entscheiden zu können, welche Produkte auf dem Weltmarkt bestehen könnten. Und wie das bei planwirtschaftlichen Ansätzen so ist, sie scheitern.

(Beifall AfD)

Sie scheitern und das Ergebnis sind Unternehmenspleiten wie die von SolarWorld und diese Aktuelle Stunde ist auch ein Ergebnis dieser Politik. Mit intelligenter Wirtschaftspolitik, meine Damen und Herren, hat das nichts zu tun, davon sind diese schwarz-rot-grünen planwirtschaftlichen Experimente weit entfernt. Natürlich haben sie sich erst einmal gefreut, als die Photovoltaikbranche zunächst unglaublich wuchs. Mit nachhaltigem Wachstum hatte das allerdings nichts zu tun, schließlich haben sie diese Branche mit hunderten Milliarden Euro Subventionen über das Erneuerbare-Energien-Gesetz indirekt so unglaublich hoch gefördert wie vermutlich keinen weiteren Wirtschaftszweig in den letzten zehn oder 20 Jahren.

(Beifall AfD)

Es ist angesichts dieser Subventionshöhe hier in Deutschland schon ein Witz, wenn der Abgeordnete Helmerich gerade auf die Subventionen nach China zielt und damit die Chinesen anzinken möchte.

(Präsident Carius)

Zum Pech für die deutsche Photovoltaikbranche sind CDU, SPD und Grüne und mittlerweile sogar die Linken aber auch große Anhänger der Globalisierung. Jeder darf kommen und mitmischen, egal ob es passt. Das ist Ihnen wesentlich wichtiger als die Belange unserer Gesellschaft und natürlich ist es Ihnen auch wesentlich wichtiger als deutsche und Thüringer Arbeitsplätze.

(Beifall AfD)

Wir reden hier also von einer zum Kopfschütteln dummen Mischung aus gigantischer Subventionspolitik einerseits und freiem Marktzugang für Hersteller aus Billiglohnländern andererseits. Man könnte fast sagen, dass es zu den Grundprinzipien Ihrer Politik zählt, dem deutschen Bürger erst über Steuern und Zwangsabgaben das Geld aus der Tasche zu ziehen, dann daraus hoch attraktive Subventionen zu machen und schließlich der ganzen Welt darauf den Zugriff zu gewähren.

Das machen Sie in der Asylpolitik so, indem Sie auf Kosten des Steuerzahlers Armutsmigranten in den deutschen Sozialstaat einladen, und das machen Sie auch in der sogenannten Wirtschaftspolitik so, indem Sie die hoch subventionierte nationale Photovoltaikbranche auf dem Altar der Globalisierung geopfert haben.

(Beifall AfD)

Nun, Sie mögen das nicht zur Kenntnis nehmen wollen, aber der Weltmarkt, der hat es auf jeden Fall mitbekommen, dass man auf Kosten des deutschen Stromverbrauchers Milliarden verdienen kann. Deswegen ging es auch ganz schnell mit der Photovoltaikbranche bergab, denn in einer Welt, in der selbst komplizierte Handys in Billiglohnländern produziert werden können, gilt das natürlich auch für die Herstellung von Solarmodulen.

Ein Unternehmer, meine Damen und Herren, hätte das bedacht. Aber schwarz-rot-grüne Wirtschaftspolitik bekommt das eben nicht hin. Deswegen sollten Politiker, vor allem die ohne Berufsausbildung, besser die Finger von der Wirtschaft lassen.

(Beifall AfD)

Meine Damen und Herren, das zeigt auch das heutige Plenum: Sie haben nichts daraus gelernt, Sie haben nicht gelernt, dass staatliche Lenkungsentscheidungen für bestimmte Produkte – sei es nun die Photovoltaik oder Ihr neues Steckenpferd, die Elektromobilität – stets zu Pleiten führen, da die Produkte eben in der Regel nicht zwangsläufig marktfähig sind. Wenn durch hohe Subventionen so etwas wie Ökobranchenwachstum entsteht, dann ist das, meine Damen und Herren, so nachhaltig grün wie ein toter Frosch, der unter Stromstößen anfängt zu zucken.

(Zwischenruf Abg. Adams, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Das war jetzt ein Witz oder was?)

Wenn es Ihnen so gefällt, Herr Adams, dann widme ich diese Metapher Ihnen

(Zwischenruf Abg. Rothe-Beinlich, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Frösche unter Strom set- zen, so etwas Perfides passt zu Ihnen!)

und Ihnen, Frau Kollegin Rothe-Beinlich.

Es ist nicht Ihre Aufgabe zu lenken, meine Damen und Herren, welche Produkte hergestellt werden sollen oder welche Branchen wachsen sollen – das können Sie nämlich nicht. Es ist Ihre Aufgabe, Anreize für Unternehmensgründungen zu schaffen, zum Beispiel durch Steuersenkungen, durch Energiepreissenkungen, durch die Förderung naturwissenschaftlicher Bildung und Gewährleistung der inneren Sicherheit. Aber, meine Damen und Herren, hier versagen Sie – die einen im Bund, die anderen im Land und manche, die SPD, in beiden Fällen.

(Beifall AfD)

Kümmern Sie sich also lieber um die Menschen, denen dank Ihrer verantwortungslosen Wirtschaftspolitik nun die Arbeitslosigkeit und dank der verantwortungslosen Sozialpolitik nach einem Jahr sogar Hartz IV droht. Das wäre Ihre Pflicht, nicht, sinnfreie Fragen zu stellen, die der Markt längst beantwortet hat. Danke.

(Beifall AfD)

Als Nächster hat Abgeordneter Hausold für die Fraktion Die Linke das Wort.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren, die Fakten zu SolarWorld und damit auch der Unternehmenstochter in Arnstadt sind bekannt. Ja – und das sage ich ganz eindeutig –, im Mittelpunkt stehen 750 Beschäftigte in Thüringen, die gegenwärtig einer ungewissen Zukunft entgegensehen. Ich will aber auch mal deutlich sagen, so etwas als Replik auf meinen Vorredner: Mir ist nicht bekannt, dass SolarWorld ein staatliches Planwirtschaftsunternehmen ist. Hier geht es sehr wohl um unternehmerisches Handeln, um Unternehmertum. Die Aufgabe von Wirtschaftspolitik und überhaupt von Politik gegenüber Unternehmen in unserer Gesellschaft ist, gute und vernünftige Rahmenbedingungen dafür zu schaffen – auch für Zukunftsbranchen – und eine solche wird die Solarbranche nach unserer Überzeugung letztlich bleiben.

(Zwischenruf Abg. Möller, AfD: In China!)

Diese Verantwortung werden wir entsprechend, denke ich, auch in Thüringen, jedenfalls alle verantwortlichen Politiker, weiter wahrnehmen. Insofern muss ich noch einmal deutlich sagen: Es ist schon

(Abg. Möller)

sehr richtig und wichtig, dass die SPD-Fraktion heute dieses Thema hier auf die Tagesordnung des Landtags gesetzt hat.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich bin auch gespannt darauf, ob Herr Minister Tiefensee uns heute hier in dieser Aktuellen Stunde gegebenenfalls noch neuere Entwicklungen bekannt geben kann. Es ist schon genannt worden: Das Ministerium hat umgehend reagiert. Dass es dies getan hat, das ist natürlich ausgesprochen richtig und wird von mir eindeutig begrüßt. Herr Minister Tiefensee, das möchte ich hier noch einmal in aller Deutlichkeit sagen: Das ist mehr als nur Reden. Das ist verantwortliche Wirtschaftspolitik in diesem Land.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Natürlich haben wir die Fakten vorliegen. Es gibt ein stark verändertes Gesamtgefüge auf dem Weltmarkt. Es ist richtig, dass chinesische Großinvestitionen den Marktpreis für Solarzellen massiv gedrückt haben und dass natürlich auch ein solches Unternehmen wie SolarWorld dadurch erheblichen Druck hatte. Ich will auch nicht verschweigen, dass wir mit der Reform des Erneuerbare-Energien-Gesetzes durch die Bundesregierung nicht sehr glücklich sind. Wir sind der Auffassung, dadurch haben sich die Bedingungen für die Solarbranche in Deutschland durchaus verschlechtert. Das Zusammengehen dieser internationalen und nationalen Situation hat offensichtlich noch mal zu einer teilweisen Überforderung von SolarWorld geführt.

Das aber, meine Damen und Herren, bedeutet nicht – und wir sollten uns auch nicht in die Richtung verleiten lassen, wie es einige Kommentatoren behaupten – das Ende der Solarindustrie in Deutschland. Dies möchte ich wirklich ganz stark in Zweifel ziehen. Wir sind gefragt – das ist auch die Verantwortung der Politik –, uns auch künftig auf unsere Stärken, insbesondere auf das hohe Innovationsniveau, das wir besitzen, als wichtigen Marktfaktor in der Solarbranche zu beziehen. Auch die internationale Entwicklung zeigt, es gibt hier Bedarf. Es gibt zum Beispiel den Atomausstiegsbeschluss in der Schweiz am 21. Mai dieses Jahres, es gibt viele Projekte insbesondere in den Schwellenländern. Hier wird sehr eindeutig fokussiert, dass der Ausbau regenerativer Energien weiterhin im Mittelpunkt stehen muss. Da will ich natürlich sagen: Das berührt auch wieder unternehmerisches Agieren im Zusammenspiel mit Politik. Denn diese Stärken, auf die ich verwiesen habe, die müssen wir, glaube ich, in der Zukunft stärker ausspielen, um sozusagen am Markt wieder bessere Positionen einnehmen zu können. Trübsal blasen ist jedenfalls nicht angesagt, gerade auch deshalb, weil wir natürlich die Verantwortung gegenüber den 750 bereits genann

ten Beschäftigten deutlich wahrnehmen wollen und müssen, meine Damen und Herren.

Dieses Zusammenspiel zwischen unternehmerischer Initiative, zwischen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen, zwischen den regionalen Möglichkeiten, die wir hier insbesondere auch bei der Entwicklung des Energiesektors als rot-rot-grüne Koalition und auch die Landesregierung immer wieder in den Mittelpunkt stellen, sind die richtigen Antworten auf die zugegebenermaßen sehr komplizierte Situation. Wir sind aber bereit, uns dieser Situation zu stellen und nicht eine ganze Branche auf dem Rücken der Beschäftigen schlechtzureden und damit genau das Gegenteil zu tun, als sie zu stärken. Das wollen wir trotzdem.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Danke schön. Nun hat Abgeordneter Müller für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Besucherinnen und Besucher, sehr geehrte Damen und Herren, seit Jahren wenden wir Bündnis 90/Die Grünen uns an die Bundesregierung mit der Aussage: Zerstören Sie nicht die deutsche Solarindustrie, sondern fördern Sie Investitionen in diesem Bereich, damit wir uns auch weiterhin auf dem Weltmarkt behaupten können!

Wir mussten zur Kenntnis nehmen, dass die Solarhersteller als Teil der Energiewende in Deutschland aber nicht den gleichen Stellenwert einnehmen wie beispielsweise hoffnungslos veraltete Kohleindustrien.