Er reiste landauf und landab und verkündete immer, wie er die Straßenausbaubeiträge ändern will bzw. abschaffen will, wenn er in der Regierungsverantwortung ist. Darauf haben sich natürlich viele Bürger verlassen und haben die Hoffnung gehabt, dass das dann eintritt, was man ihnen versprochen hat. Aber wir werden feststellen oder haben festgestellt, was letztendlich daraus geworden ist.
Gerade im Bericht von Herrn Thamm wurde schon mitgeteilt, welche Resonanz die Anhörung an der Stelle zu diesen Gesetzentwürfen, die nun eingebracht wurden, hatte. Am 8. November des letzten Jahres ist ein Regierungsentwurf zum Thema in den Landtag eingebracht worden und dieser ist, wie auch mehrfach schon hier im Hause gesagt, in der Anhörung krachend gescheitert. Keiner der Anzuhörenden, wirklich nicht einer der Anzuhörenden hat sich hinter diesen Gesetzentwurf gestellt, sodass sich nach der Anhörung die Fraktionen RotRot-Grün genötigt sahen, hier eine Lösung vorzuschlagen bzw. einzubringen, ich will mal sagen, um die Kohlen aus dem Feuer zu holen, aber man wollte sich auch nicht so richtig verbrennen und hat dazu einen Änderungsantrag eingebracht, weil man festgestellt hat, dass das, was die Landesregierung vorgelegt hat, in keiner Weise Bestand haben wird, weder rechtlich noch der Bürger draußen es akzeptieren wird. Die kommunalen Spitzenverbände haben dies mehrfach und eindeutig in der Anhörung vorgetragen.
Aber wir oder Sie, die regierungstragenden Fraktionen, haben natürlich auch einen Experten sitzen, den ich schon benannt habe, den Kollegen Kuschel, der sich über viele Jahre intensiv mit der Straßenausbaubeitragsproblematik beschäftigt hat. Ich kann vielleicht mal kurz wiederholen, was er alles so gemacht hat, damit man das mal ein bisschen verdeutlicht, was wir für einen Experten da sitzen haben. Allein in der vierten Wahlperiode brachte es der Abgeordnete Kuschel zum Thema „Straßenausbaubeiträge“ auf stolze 682 Kleine Anfragen.
In der letzten Legislatur waren es dann immer noch 84 Kleine Anfragen zum Thema „Straßenausbaubeiträge“,
Jetzt denkt man, nach 766 Kleinen Anfragen, auf die Sie auch die entsprechenden Antworten bekommen haben, müsste irgendwo was hängen geblieben sein.
Das war die Hoffnung. Jetzt haben wir die Gesetzentwürfe gesehen und die Hoffnung schwand. Nicht nur bei mir, sondern bei allen, die sich letztendlich darauf verlassen haben, dass es doch jetzt was ganz anderes gibt.
Wir haben jetzt gerade über den Experten gesprochen, der nun Ihre Regierung beraten hat und auch Ihre Fraktion sicherlich federführend beraten hat, wie man Straßenausbaubeiträge zukünftig gestaltet. Man hat natürlich dann ein Änderungsgesetz gemacht, was ich eingangs gesagt habe. Die regierungstragenden Fraktionen haben sich auf den Weg gemacht und sagen, das wird mit dem Entwurf der Regierung nichts, wir machen selbst einen. Wir haben zu diesem Thema die Anhörung wiederholt und wir haben wieder feststellen müssen, dass sich wiederum von den Anzuhörenden keiner dazu berufen fühlte, zu sagen, wir können da wirklich etwas Gescheites entdecken – kein Anzuhörender. Auch der Gemeinde- und Städtebund hat mitgeteilt, dass er keinen Bedarf sieht. Auch die Kommunen haben das eindeutig gesagt, dass der Gesetzentwurf, den die Fraktionen auf den Weg gebracht haben, keine Verbesserung ist, sondern vielmehr Nachteile bringt, einmal was die finanzielle Ausstattung der Kommunen anbelangt, aber was noch viel wichtiger ist und was auch immer wieder durchgekommen ist, ist die Ungleichbehandlung der Bürger in den
einzelnen Gemeinden. Diese Ungleichbehandlung war auch schon Thema in der ersten Anhörung zum Regierungsentwurf und es setzte sich aber, obwohl Sie das noch mal überarbeitet haben, fort.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, es ist viel schlimmer, wenn wir eine Neiddiskussion in den Kommunen anzetteln, wenn wir eine Unzufriedenheit unter den Bürgern schaffen, wenn wir letztendlich den Bürger gegen die Bürgermeister, Gemeinderäte aufbringen. Genau das beinhaltet Ihr Gesetz, wenn wir das so umsetzen würden oder wenn wir das so mittragen würden. Dann passiert nämlich genau das. Es wurde auch vom Rechnungshof festgestellt, dass es hier eine massive Ungleichbehandlung gibt.
Es lässt sich nun schnell darstellen. Wenn im Prinzip jetzt, wie Ihr Entwurf das darstellt, die Gemeinden entscheiden können, ob sie Beiträge erheben oder nicht, Sie den Gemeinden freistellen, ob sie das machen wollen oder nicht, dann machen wir schon diese Unterteilung zwischen armen und reichen Gemeinden. Der Bürger kann aber in der Regel nichts dafür. Es hängt ja mit vielen Faktoren zusammen, warum eine Gemeinde mehr Geld hat und eine andere weniger. Das hat auch strukturelle Bedeutung, das hat etwas mit der Lage zu tun und, und, und, also sehr vielschichtig. Das lässt man alles außer Acht, indem man einfach sagt, den Kommunen ist freigestellt, ob sie Straßenausbaubeiträge erheben oder nicht, wenn denn die Leistungsfähigkeit gegeben ist.
Der Rechnungshof hat auch zu Recht darauf hingewiesen, er bezieht sich hier auf das OVG-Urteil von 2015, das eine möglichst gleichartige Behandlung aller Eigentümer in Thüringer Gemeinden anmahnt, wenn es um Beitragserhebung geht. Das hat der Rechnungshof noch mal angeführt und hat sich auf das OVG-Urteil von 2015 gestützt. An der Stelle sieht man auch, dass das, wenn der Rechnungshof das schon anmerkt, sicherlich nicht ganz aus der Luft gegriffen ist. Diese dauernde Leistungsfähigkeit, die hier angesprochen wurde, will man in einer Verordnung regeln. Auch hier hat das OVG gesagt: Das ist zu unbestimmt. Wenn, dann schreibt bitte in das Gesetz, was man unter dauernder Leistungsfähigkeit versteht. Das war die Anregung des OVG, weil sich das nämlich schnell ändern kann. Eine Gemeinde, die heute viel Geld hat, kann morgen eine Gewerbesteuerrückzahlung bekommen und auf
einmal nichts mehr haben. Das war jetzt keine Ausnahme, das ist öfter mal passiert oder mitunter sogar die Regel. Wie mache ich es denn dann oder bringe es den Bürgern bei? Letztes Jahr waren wir leistungsfähig, da haben wir auf Straßenausbaubeiträge verzichtet, haben die Straße gebaut und den Bürger nicht belastet. Zwei Jahre später müssen wir die Straße auch bauen, aber wir haben kein Geld mehr, weil es eben unter Umständen Forderungen oder Rückforderungen gegeben hat oder die Leistungsfähigkeit aus anderen Gründen nicht mehr da ist. Dann bezahlt der Bürger in der gleichen Gemeinde die Straße X und die Straße Y war vor zwei Jahren freigestellt, weil es mal gut ging. Damit – muss ich sagen – wird eins erreicht: Die Unzufriedenheit zwischen den Bürgern wird gefördert. Es gibt eine Neiddiskussion, der soziale Friede ist an der Stelle in Gefahr.
Nein. Das ist eine Neiddebatte, wenn letztendlich ich bezahlen muss, der andere nicht, das versteht doch kein Bürger. Jetzt kann ich sagen, wir haben vor zwei Jahren Geld gehabt, heute haben wir keins mehr. Wem will ich das denn erklären? Genau das ist doch das, was Sie damit verursachen, vielleicht auch wollen. Ich weiß es nicht. Ich würde es jedenfalls doch für sehr bedenklich halten, wenn man so ein Gesetz verabschiedet, wo genau das eintreten kann. Das ist nicht aus der Luft gegriffen, das haben die Spitzenverbände gesagt, das haben alle Beteiligten geäußert, auch die Kommunen, die wir beteiligt haben, die sich vor Ort damit beschäftigen und das umsetzen müssen.
Ich möchte mal kurz zusammenfassen, was bei diesem Gesetz letztendlich übrig geblieben ist: Es gibt keine Regelungsnotwendigkeit. Das haben die Spitzenverbände gesagt, aber auch die Kommunen, die angehört wurden. Es bestehen Zweifel hinsichtlich der Abgabegerechtigkeit und der Gleichbehandlung. Es fehlt an sich aus dem Gesetz heraus eine erklärende Definition, was dauernde Leistungsfähigkeit ist. Es bestehen Bedenken hinsichtlich der Einnahmebeschaffungsgrundsätze der Gemeinden. Und Sie erhöhen den Druck auf Bürgermeister und Gemeinderäte, indem Sie der Bevölkerung einreden, die Gemeinde könnte bei gutem Willen auf solche Gebühren verzichten. Es ist klar, ein möglicher Verzicht führt zu anderen Belastungen, dann zahlt nicht der Eigentümer, sondern die gesamte Gemeinde. Ich halte das für keine faire und gute Lösung. Das hatte ich auch schon eingangs gesagt.
Nun haben Sie lange gebraucht, sogar Ihre Experten drangesetzt und es ist trotzdem nichts Konstruktives daraus entstanden, wie wir letztendlich bei den Anhörungen auch erleben durften. Es ist
natürlich einfach, wenn man nicht in der Verantwortung ist, Wahlversprechen zu machen, aber irgendwann holt es einen dann ein, heute holt es nämlich Sie ein, das Versprechen abzugeben, die Beiträge abzuschaffen, und jetzt durch die Hintertür eine Lösung oder Regelung schaffen zu wollen, die nicht die Abschaffung im Blick hat, sondern letztendlich die Gemeinden in die Pflicht nimmt, dem nachzukommen, was Sie nicht machen wollen, nämlich die Beiträge abzuschaffen, sondern Sie stülpen das den Gemeinden über und die sollen das dann für Sie regeln. An der Stelle kann ich Ihnen gleich sagen, wir werden diesen Gesetzentwurf ablehnen.
Ich komme gleich zum Nächsten, zum Punkt b. Darin geht es um den zweiten Teil, zu dem ich auch eingangs gesagt habe, wozu wir den Änderungsantrag eingebracht haben, worüber wir dann getrennt abstimmen möchten. Es geht hier um den ÖPNV und die Tourismusabgabe, auch in zweiter Lesung. Auch hier muss ich wirklich sagen: Was die Regierung und die sie tragenden Fraktionen da machen, ist doch recht abenteuerlich, vor allem, was die Zeitschiene anbelangt. Herr Thamm hat es in seiner Begründung vorneweg gesagt, dass es doch schon sehr lange diskutiert wird, gerade wenn es um die ÖPNV-Abgabe für Kur-Gemeinden geht, dass es schon seit 2015 Thema ist, und es hat bis heute gedauert, bis wir überhaupt diesen Gesetzentwurf in der Beratung haben. Wir kennen das bei anderen Gesetzesvorhaben anders. Da möchte ich gleich mal die Gebietsreform aufgreifen, bei der ja wirklich mit Hochdruck versucht wird, sie durchzubringen. Hier wird aufs Gas gedrückt. Ich sage mal, wirklich in einem Schweinsgalopp versucht man, so ein Gesetz, was nicht nur die Kennzeichen ändert,
sondern das ganze Land Thüringen verändern wird, und nicht zum Positiven, durchzubringen, und bei einer anderen Gesetzesinitiative bzw. Regelung, worauf die Kommunen schon lange warten, lässt man sich mehr Zeit. Hier drückt man auf der einen Seite aufs Tempo und auf der anderen Seite wird gebremst. Jedenfalls hat man den Eindruck gehabt, wenn es um die ÖPNV-Abgabe geht, dann wurde sofort auf die Bremse getreten, als würde gerade ein Einhorn die Straße passieren, das Thema geht nämlich seit 2015 und heute sind wir endlich so weit.
Als wir gesagt haben, wir wollen beim ÖPNV für die Kurgemeinden auch die Möglichkeiten schaffen, dort die Einnahmen zu erschließen, hat die Landesregierung bzw. haben die regierungstragenden Fraktionen gesagt: Es ist nicht so eilig, wir verändern das ja, wir bringen da noch was zusätzlich rein. Und jetzt hat man probiert, irgendwas noch reinzubringen, ich halte das für – ich sage mal so – Nebelkerzenaktionen, was man da noch reingebracht hat, die Tourismusabgabe will man da näm
lich auch gleich mit regeln. Auch hier kann ich nur auf die Anhörung verweisen, auch auf die Spitzenverbände in beiden Punkten, einmal zur Tourismusabgabe, aber auch zum ÖPNV, dass man bei der Tourismusabgabe keinen Handlungsbedarf gesehen hat, ganz im Gegenteil. Hier wurde bei allen Anzuhörenden wieder deutlich, dass eine zusätzliche Belastung eintritt, dass der Bürger zusätzlich belastet wird, dass letztendlich die Gemeinden für ihre touristischen Aufgaben, für Infrastrukturmaßnahmen, die sie im Zusammenhang mit Tourismus durchführen, ja auch über die Grundsteuer, Gewerbesteuer, also Einkommensteuer mitfinanziert werden und es keiner zusätzlichen Abgabe bedarf. Es wurde noch mal ganz deutlich in der Anhörung, auch vonseiten der Spitzenverbände, dass an der Stelle kein Handlungsbedarf besteht.
Anders ist es bei der ÖPNV-Abgabe für die Kurorte. Hier ist man schon seit Jahren daran interessiert, eine vernünftige Regelung zu finden, damit die Gemeinden auch eine Rechtssicherheit bekommen. Ich kann dafür gute Beispiele nennen. Wir waren zum Beispiel bei der Landrätin Frau Enders im IlmKreis – Herrn Kuschel bestens bekannt, was da schon gemacht wird an der Stelle, nämlich ÖPNV über die Kurtaxe. Aber auch Friedrichroda macht das, Tabarz. Also hier gibt es ja einschlägige Erfahrungen und man möchte das natürlich auch rechtlich abgesichert haben. Deswegen auch dieser Vorstoß 2015, das auf ein rechtlich festes Fundament zu setzen, damit die Kommunen auch die Möglichkeit haben, das so zu erheben, dass es hinterher rechtssicher ist. Das ist ein Vorschlag gewesen, den wir 2015 als CDU-Fraktion eingebracht haben. Dieses Gesetz ist, wenn man so will, eins zu eins übernommen worden. Eine Begründung, warum man das damals nicht beschlossen hat, ist offengeblieben. Man hat die Hand nicht zur richtigen Zeit gehoben. Das ist natürlich hinterher schon peinlich, wenn man das eigentlich unbedingt haben will, was wir als Fraktion vorlegen, ich das aber nicht der CDU-Fraktion zugute schreiben will, also lehnt man es erst mal ab und kommt dann um die Ecke und sagt, ich kann das noch ein bisschen besser machen, indem ich die Tourismusabgabe mit einführe und damit haben wir was ganz Neues, wohl wissend, dass das letztendlich so nicht funktionieren wird. Man hätte das schon 2015 verabschieden können, die Kommunen hätte es gefreut, die hätten sich auch dafür bedankt. Jetzt hat es länger gedauert. Ich hoffe, dass wir heute zu einem Ergebnis kommen, damit wir letztendlich den Kommunen die Rechtssicherheit für ÖPNV in Kur- und Erholungsorten geben. Aus diesem Grund werden wir dem Gesetzentwurf zustimmen, aber alle anderen werden wir ablehnen. Vielen Dank.
Verehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Lieber Kollege Kellner, es ist immer wieder eine Herausforderung, unmittelbar nach Ihnen reden zu dürfen.
den ich mir zu dem Thema selbst gegeben habe, zu bleiben. Ich wollte mit einer Fragestellung beginnen: Ich weiß nicht, ob die Damen und Herren Abgeordneten den Unterschied zwischen Straßenausbaubeiträgen und Darmspiegelungen kennen. Kennt keiner. Die sind ungefähr gleich beliebt. Und dieser Beliebtheitsgrad bei den Straßenausbaubeiträgen dokumentiert sich nun schon in einer langen Zahl von Jahren, in denen es Proteste von Bürgerinnen und Bürgern gegeben hat über – ich sage jetzt bewusst – vermeintliche Ungerechtigkeiten bei dem Thema. Meine Damen und Herren, ich kann leider nicht anders, aber ich will an dieser Stelle der Hoffnung Ausdruck verleihen, dass dieses Thema für die nächsten Monate, vielleicht Jahre das Licht dieses Plenarsaals nicht wieder erblickt.
Ich will noch einen kleinen Exkurs in die Geschichte dieses Themas machen. Diese Ungerechtigkeiten, die ich angesprochen habe, existieren in der Tat. Vielleicht weiß das manch einer nicht mehr, hat es vergessen, bewusst oder auch unbewusst, manch einer kann es vielleicht auch nicht wissen: In den 90er-Jahren gab es eine Praxis staatlichen Handelns, die zu genau jenen Ungerechtigkeiten geführt hat. Diese staatliche Praxis bestand darin, dass man Kommunen durch Rechtsaufsichten gebilligt und durch Ministerien sanktioniert erlaubt hat, Investitionen im Straßenausbau zu tätigen, auch – nicht nur, aber im Wesentlichen – auf kreditfinanzierter Basis ohne die entsprechenden Gesetzlichkeiten, die schon seit dem August 1991 für Thüringen gegolten haben. Da wurde das Kommunale Abgabengesetz mit einer Pflicht zur Erhebung von Beiträgen bei Investitionen in Straßen verabschiedet. Ich lasse jetzt mal die leitungsgebundenen Einrichtungen der Kürze halber weg. Diese Inkonsequenz hat sich im Laufe der Jahre aufgebaut – man könnte auch sagen, aufgeschaukelt. Es gab Kommunen, die teilweise sehr eng beieinander lagen – damals war die Struktur auf der gemeindlichen Ebene noch deutlich kleinteiliger, als sie heute ist, die einen in dem einen Ort, in der einen Gemeinde mussten zahlen und die anderen eben nicht. Und