pharmazeutische Assistenzberufe spüren die zunehmende Konkurrenz um Auszubildende. Ohne Apothekerinnen und Apotheker keine Apotheke.
Lassen Sie mich daher eher den Fokus an dieser Stelle auf das Pharmaziestudium legen. Die Approbation als Apothekerin bzw. Apotheker kann nach Studium und praktischem Jahr und erfolgreich bestandener pharmazeutischer Prüfung – das sind drei Staatsexamina – beantragt werden. In Thüringen wird das Pharmaziestudium ausschließlich an der Friedrich-Schiller-Universität Jena, konkret an der Biologisch-Pharmazeutischen Fakultät angeboten. In den Jahren 2013 bis 2015 schlossen jährlich zwischen 62 und 72 Studierende das Pharmaziestudium ab. Es gibt derzeit keine belastbaren Zahlen über die berufliche Entwicklung der Absolventen des Pharmaziestudiums, zum Beispiel dem Verbleib in Thüringen, dem Einsatzort im originären oder fremden Berufsfeld. Der Freistaat kann keinen direkten Einfluss auf die konkrete Zahl der Absolvierenden in Pharmaziestudiengängen einnehmen.
Beim Studiengang „Pharmazie“ handelt es sich um einen bundesweiten und damit zentral zulassungsbeschränkten Studiengang. Die entsprechenden Ausbildungskapazitäten werden auf der Grundlage des Staatsvertrags über die Errichtung einer gemeinsamen Einrichtung für Hochschulzulassung und der Thüringer Vergabeordnung ermittelt. Gemäß Artikel 6 Abs. 2 und 3 des Staatsvertrags und § 36 ff. Thüringer Vergabeverordnung werden durch die Hochschule bei der Kapazitätsermittlung verschiedene Kriterien zugrunde gelegt, wobei neben dem zur Verfügung stehenden Lehrangebot und dem in der Approbationsordnung für Apotheker vorgegebenen Ausbildungsaufwand auch die räumlichen Gegebenheiten, bei den Pharmazeuten primär die Laborkapazitäten, bei der Ermittlung der Aufnahmekapazität zu berücksichtigen sind.
Auf dieser Grundlage hat die Friedrich-Schiller-Universität Jena im Rahmen ihrer Kapazitätsberechnung für den Studiengang „Pharmazie“ im Wintersemester 2016/2017 eine Aufnahmekapazität für 77 Studienanfänger im 1. Fachsemester ermittelt und nach Prüfung und Genehmigung durch das Wissenschaftsministerium die entsprechende Zulassungszahl festgesetzt. Unter Beachtung der vorgeschriebenen rechtlichen Bestimmungen zur Kapazitätsermittlung, die bundesweit einheitlich geregelt und durch die Rechtsprechung bestätigt sind, kommt eine Erhöhung der Zulassungszahl daher nicht in Betracht, auch wenn der Bedarf durch die Fachgesellschaften höher ausgewiesen werden sollte. Ich hatte es soeben bereits ausgeführt, die Attraktivität einer Niederlassung hängt maßgeblich von der auskömmlichen Finanzierung des Apothekenbetriebs ab. Die bloße Erhöhung von Studienplatzzahlen ist insofern und insoweit kein Garant für den Verbleib und die Niederlassung der Absolventen in Thüringen.
Lassen Sie mich an dieser Stelle noch einmal die Auffassung der Landesregierung zusammenfassen: Die Landesregierung steht zur inhabergeführten Apotheke als Garant für eine sichere Arzneimittelversorgung. Die Apothekenlandschaft in der derzeitigen Ausgestaltung ist für die Erfüllung der Kernaufgaben der Apotheken notwendig. Arzneimittelvergabe mit hochwertiger pharmazeutischer Beratung, auch im Notdienst, auch bei individuellen Verordnungen von Rezepturen, für eine kompetente wohnortnahe Versorgung der Bevölkerung mit Arzneimitteln bei transparenter Ausgestaltung der Honorierung sind die Aufgaben für die Zukunft und hierfür hat sich und wird sich die Landesregierung auch auf Bundesebene weiter einsetzen. Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.
Vielen Dank, Frau Staatssekretärin. Ich frage: Wer wünscht die Beratung zum Sofortbericht? Das sind die Fraktionen Bündnis 90/Die Grünen, CDU-Fraktion, AfD-Fraktion und – also doch alle. Dann eröffne ich auf Verlangen aller Fraktionen die Beratung zum Sofortbericht zu Nummer I des Antrags, gleichzeitig die Aussprache zu Nummer II des Antrags und zum Alternativantrag. Das Wort hat zunächst Frau Abgeordnete Pfefferlein für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.
Herr Präsident, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, sehr geehrte Gäste! Liebe CDU-Fraktion, ich war einigermaßen überrascht über Ihren Antrag. Bisher haben Sie als Oppositionsfraktion aus dem gesundheitspolitischen Bereich Anträge eingereicht, die wirkliche Probleme und Herausforderungen dargestellt haben. In Ihrem Antrag habe ich ein Sammelsurium aus Unsicherheiten
und Lösungsvorschlägen festgestellt. Zum Beispiel die Wettbewerbsfähigkeit der heimischen Apotheken – da habe ich für mich mal einen Vergleich gezogen, wie Sie das begründen, wenn zum Beispiel der heimische Bäcker, der heimische Buchladen oder die Kfz-Werkstatt schließen musste. Das einzig Gute an dem Antrag ist das Berichtsersuchen – das Ministerium hat ja auch berichtet –, denn es gibt derzeit viele Gerüchte und Befürchtungen, die kursieren, die aber durch keinerlei Zahlen belegt sind. Hier ist ja auch einiges berichtet worden, was das ein bisschen erleuchtet hat. Sie vermischen in Ihrem Antrag außerdem zwei Dinge: Die Studienplatzkapazitäten der Pharmazie an der FSU Jena und das Urteil des Europäischen Gerichtshofs, wo
Ihr Gesundheitsminister, Herr Hermann Gröhe, in seiner Koalition bisher keine Lösung herbeigeführt hat. Interessanterweise hätten Sie es ja besser wissen müssen, denn in der letzten Legislatur – ich habe mal nachgeschaut – hat die FDP einen ähnlichen Antrag eingereicht und diesen Antrag haben selbst Sie nicht an den Ausschuss überwiesen. Damals hat das Ministerium – das hieß noch anders – für Wissenschaft die Hochschulautonomie betont – das hat Frau Staatssekretärin Feierabend auch schon gesagt –, das heißt, die Hochschulen entscheiden selbst, wie viele Studienplätze vorgehalten werden. Ich möchte dennoch noch einmal kurz auf die Rolle der Apotheken eingehen, denn auch uns Grünen ist natürlich der ländliche Raum und dessen Versorgung sehr wichtig.
Ich komme da auch her. Ich wohne da, das ist mir sehr wichtig, das liegt mir sehr am Herzen. Das können Sie glauben.
Apotheken sind ein zentraler Ort für die Abgabe von Arzneimitteln und erhalten durch ihre Beratungs- und Informationsleistung einen sehr hohen Stellenwert. Dafür sorgen auch die steigenden Zahlen chronisch Kranker und das zunehmende Bedürfnis in der Bevölkerung, mehr für die eigene Gesundheit zu tun. Bundesweit haben wir circa 20.300 Apotheken mit circa 155.000 Beschäftigten, die täglich vier Millionen Patientinnen und Patienten versorgen. Der Gesamtumsatz der Apotheken in Deutschland hat sich in den Jahren 1995 bis 2015 mehr als verdoppelt – von 22,1 Milliarden auf 47,8 Milliarden. Thüringen liegt im Vergleich der Bundesländer an dritter Stelle in der Apothekendichte, gemeinsam mit Mecklenburg-Vorpommern und Rheinland Pfalz mit 26 Apotheken pro 100.000 Einwohnerinnen und Einwohner. Die Schließung von Apotheken nimmt ab und die Anzahl der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter steigt kontinuierlich. Sogar die Anzahl der Apothekerinnen und Apotheker stieg von 46.078 im Jahr 2000 auf 50.356 im Jahr 2015. Auch die Anzahl der Pharmaziestudenten in Deutschland in den Jahren 2002 bis 2015 ist stetig ansteigend. Wir liegen derzeit bei 15.268 Studierenden. Das sind statistische Anga
Aufgrund des demografischen Wandels müssen wir uns natürlich auch mit den Fragen der Versorgung und der Versorgungsstrukturen von Apotheken beschäftigen. Der demografische Wandel hat auch Auswirkungen auf die wirtschaftliche Grundlage der Apotheken. Das Patientinnen- und Patientenwohl steht für Bündnis 90/Die Grünen im Mittelpunkt einer umfassenden Gesundheitsversorgung.
Für eine größtmögliche Qualität der medizinischen Versorgung gilt es, die Kompetenzen der verschieden beteiligten Partnerinnen und Partner zu bündeln. Ich glaube, da sind wir uns alle einig, Heilberufe – und dazu gehören auch die Apothekerinnen und Apotheker – leisten einen wichtigen Beitrag zur Qualität des Gesundheitswesens. In der Debatte dürfen wir uns aber nicht von Panikmache leiten lassen, dass es in Deutschland zum Apothekensterben kommen wird. Ich möchte gar nicht bestreiten, dass viele ländliche Apotheken es mittlerweile äußerst schwer haben, sich über Wasser zu halten. Für den Apothekenmarkt gilt vor allem aber eine einfache Rechnung: Apotheken siedeln sich dort an, wo Ärztinnen und Ärzte sich niederlassen. In vielen meist ländlich geprägten Regionen sind wir aber bereits schon von einem Ärztemangel betroffen, sodass dies auch Auswirkungen auf die Apothekenlandschaft hat. „Fragen Sie Ihren Arzt oder Apotheker“ wird vielerorts zur Besonderheit. Wer jetzt aber denkt, die Entfernungen in Thüringen seien unüberwindbar, der täuscht.
Meiner Fraktion sind, was die Versorgung von Apotheken betrifft, drei Dinge wichtig und die möchte ich hier noch einmal nennen:
Erstens – Transparenz: Hier meinen wir eine transparente und nachvollziehbare Darstellung über ein flächendeckendes, regelmäßiges Monitoring des Apothekenmarkts und der bedarfsgerechten Arzneimittelversorgung in Deutschland.
Zweitens – Die Patientenorientierung: Wir sind für eine stärkere Einbindung der Apothekenlandschaft. Die Apothekerinnen und Apotheker sollen ihre Rolle als Fachleute für Arzneimittel noch stärker wahrnehmen können. Die Beratungsangebote müssen in der Apotheke weiter ausgebaut werden. Vor allem sollten sie stärker in die Arzneimitteltherapie eingebunden werden. Viele fehlerhafte Medikamentenanwendungen ließen sich so vermeiden.
Und drittens – die integrierte Versorgung: Wunsch vieler Apothekerinnen und Apotheker ist es, sich im Gesundheitswesen stärker zu beteiligen. Dazu wird eine enge Kooperation mit den Ärztinnen und Ärzten vor Ort erforderlich. Hier sei das Projekt „ARMIN“ ein gutes Beispiel.
Vielen Dank, Herr Präsident. Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Besucher auf der Tribüne und Zuschauer im Internet! In dem Antrag der CDU erkenne ich so ein bisschen Vergangenheitsbewältigung – ich will nicht sagen: Nachlassverwaltung. Die Christdemokraten hatten ja in Thüringen mehr als zwei Jahrzehnte die Verantwortung, auch für die ärztliche Versorgung und für die Versorgung mit Apotheken im ländlichen Raum. Es ist in dieser Zeit viel Gutes in Thüringen passiert, ganz ohne Zweifel, in den Ballungszentren, an den großen Magistralen, aber wenig bis nichts im ländlichen Raum, um den dort immer mehr heranwachsenden drängenden Problemen Rechnung zu tragen.
Alle anderen Fraktionen in diesem Haus haben daran natürlich auch ihren Anteil. Wenn man in die parlamentarischen Debatten der letzten Legislaturperioden blickt, wird einem diese Stasis bewusst. Sie wissen ja: Stase im Blutkreislauf wird irgendwann zur Thrombose, was dann einen lebensbedrohlichen Zustand darstellt. Der ländliche Raum ist auf dem Weg in eine solche Stasis mit drohender Thrombose. Auch die Apotheken haben in der Planung der Altparteien in den letzten Jahren und Jahrzehnten keine Rolle gespielt. Noch in der letzten Legislaturperiode hat Frau Taubert verkündet, Thüringen habe ein dichtes Netz an Apotheken, alles sei gut und auf dem besten Weg.
Leider ist dem nicht so, wie wir jetzt erstaunt feststellen. Seit Beginn dieser Legislaturperiode sind wir die einzige Fraktion hier im Landtag, die sich konsequent für die Stärkung des ländlichen Raums einsetzt
und sich als Heimatpartei begreift. Bei all unseren guten Vorschlägen wurde gemauert, und es wird mir von unseren Wählern, von der Bevölkerung, aber mittlerweile auch von einzelnen Medienvertretern zugetragen, dass die Bürger diese sinnlose parteipolitische Streiterei am Thema vorbei und ohne Sachargumente einfach leid haben.
Wir sind hier, um Probleme zu lösen, und nicht, um blödsinnige Zwischenrufe zu machen und irgendwelche sinnfreien Argumente ad personam auszutauschen.
Wir haben ein Programm für die Stärkung des ländlichen Raums in Bezug auf das Problem der Kläranlagen vorgelegt. Abgelehnt! Wir haben zuletzt über die Stärkung der Sparkassen und der Bargeldversorgung im ländlichen Raum gesprochen. Abgelehnt!
Wir begrüßen es ausdrücklich, dass die CDU sich nun mit dem Problem des ländlichen Raums ansatzweise befasst. Wir haben da vorgelegt, unter anderem mit unserem Elf-Punkte-Programm. Die Apotheken sind eng mit der medizinischen Versorgung verbunden und es gibt im ländlichen Raum bei der freiberuflichen Sicherstellung der Arzneimittelversorgung zunehmend Probleme.
Deutschlandweit ist die Anzahl der Apotheken in den letzten Jahren um 200 gesunken, etliche davon in Thüringen. Das Apothekengesetz lässt für besondere Problemlagen eine Ersatzversorgung durch die Gemeinde zu, die Apothekenversorgung ist über den Apothekennotstand des § 16 zu regeln und eine Option, um den Kommunen gewisse Mitwirkungsrechte einzuräumen. Dieser Vorschlag erinnert auch ganz stark an unser Elf-Punkte-Programm gegen den Ärztemangel im ländlichen Raum, wo dieses Konzept der Ersatzvornahme verstärkt von uns in den Fokus gerückt wurde. Warum die CDU das dann abgelehnt hat, können wir uns jetzt leider nicht erklären.
In dem Antrag steckt also ein Denkfehler, als dass der Apothekennotstand genutzt werden sollte, um strukturelle Probleme zu beheben. Wir reden hier aber nicht über befristete Mängelbehebung, sondern über ein langfristiges Konzept angesichts der demografischen Herausforderungen im ländlichen Raum. Die Leute werden auf den Dörfern nun mal für die nächsten zehn bis 20 Jahre nicht mehr, sondern tendenziell weniger, älter und kränker. Auch dem Letzten hier im Hause müsste klar sein, dass mit zunehmenden Alter das sogenannte Morbiditätsrisiko steigt, das heißt, die Gänge zur Apotheke werden häufiger und notwendiger. Wir reden über eine langfristige strukturelle Entwicklung und über neue Realitäten. Dafür brauchen wir neue Konzepte und neue Maßnahmen der Bundesgesetzgebung.
Eine reine Steigerung der Absolventenzahlen, wie in Ihrem Antrag vorgeschlagen, wird nicht zum Erfolg führen. Denn auch diese Absolventen werden im Zweifelsfall – wie die Absolventen der Medizin und der Zahnmedizin – entweder gleich in den Westen abwandern oder in den großen Städten in die lohnenderen Großpraxen gehen oder dort in die Einzelniederlassung, weil dort einfach das Geld sitzt. Hier sind die Zahlen interessant. Die 480 Apotheker in Thüringen führen 551 Apotheken, in denen noch einmal genauso viele Apotheker angestellt sind. Das heißt, die eigene Apotheke ist gar keine so interessante Option, die Anstellung ist es. Das haben wir in anderen Bereichen auch, auch im Bereich der Praxen, der Zahnmedizin, der Allgemeinmedizin. Das Thema haben wir hier schon hinlänglich diskutiert.