Und da sage ich Ihnen ganz im Ernst: Sich hier hinzustellen, uns einen Gesetzentwurf für die Meinungsfreiheit vorzulegen, zu erwarten, dass wir diesem auch nur im geringsten Zustimmung geben, gleichzeitig da, wo Meinungsfreiheit in Gefahr ist, nämlich sowohl hier in Deutschland durch konkrete Bedrohungen von Journalisten, durch konkrete Bedrohungen von Menschen, die sich nicht in Ihrer Ideologie äußern, da nicht entgegenzutreten, entlarvt Sie und zeigt ganz klar, worum es Ihnen geht. Es geht Ihnen darum, Rassismus zu legitimieren und zu legalisieren. Dafür bekommen Sie keine Zustimmung – von niemandem.
Aus den Reihen der Abgeordneten liegen jetzt keine weiteren Wortmeldungen vor. Für die Landesregierung hat Staatssekretär von Ammon das Wort.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, die Fraktion der AfD legt einen Gesetzentwurf zur Änderung der Verfassung des Freistaats Thüringen vor. Nach der Begründung des Gesetzentwurfs soll das verfassungsrechtlich verankerte Zensurverbot konkretisiert werden.
Ich möchte hier nicht über die Motive für eine solche Verfassungsänderung mutmaßen – stattdessen soll in der gebotenen Kürze zu den einzelnen Regelungsvorschlägen in rechtlicher Hinsicht Stellung genommen werden.
Nach Artikel 11 Abs. 1 der Thüringer Verfassung hat jeder das Recht, seine Meinung frei zu äußern und zu verbreiten sowie sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Diese Regelung soll durch Einführung eines zweiten Sat
zes wie folgt ergänzt werden: „Das gilt insbesondere auch für öffentlich zugängliche Datennetzwerke.“ Hierzu ist festzustellen: Der Kreis möglicher Informationsquellen ist durch den geltenden Verfassungstext bereits weit gefasst und umfasst insbesondere die Massenmedien, aber auch alle anderen Formen des Informationsaustauschs, soweit es sich um allgemein zugängliche Quellen handelt. Die Väter und Mütter der Thüringer Verfassung waren damit viel vorausschauender, als ihnen die AfDFraktion mit ihrem Gesetzentwurf unterstellt. Durch eine ausdrückliche Aufzählung der öffentlich zugänglichen Datennetzwerke würde die Frage aufgeworfen werden, weshalb nicht auch andere mögliche Informationsquellen genannt werden. Eine solche Regelung ist damit nicht nur überflüssig, sie würde auch zu Verwirrung und zu Rechtsunsicherheit führen.
Ebenso verhält es sich bei dem weiteren Regelungsvorschlag. Danach soll Artikel 11 Abs. 2 der Thüringer Verfassung, der die Freiheit der Presse, des Rundfunks, des Fernsehens, des Films und der anderen Medien gewährleistet, ergänzt werden, indem die sozialen Netzwerke gesondert genannt werden. Hierzu ist festzustellen: Die Thüringer Verfassung enthält bereits einen ausdrücklichen Hinweis auf die anderen Medien. Primär sind darunter die Betätigungen im Multimediabereich zu verstehen. Dies ist eine Besonderheit der Verfassung des Freistaats Thüringen. Damit ist die Norm gerade entwicklungsoffen, um weitere künftige Medienformen ohne Weiteres zu erfassen. Eine beispielhafte Konkretisierung dieses unbestimmten Rechtsbegriffs der anderen Medien würde dieser Gesetzessystematik widersprechen und wäre kontraproduktiv.
Zu guter Letzt schlägt die Fraktion der AfD vor, Artikel 11 der Verfassung des Freistaats Thüringen um einen vierten Absatz zu erweitern. Das Zensurverbot soll um ein Verbot von Buß- und Strafvorschriften und ein staatliches Finanzierungsverbot ergänzt werden. Gegen diesen Regelungsvorschlag sprechen wiederum grundsätzliche systematische Gründe: In den Grundrechtsteil der Verfassung gehören solche Einzelfallregelungen nicht, hierzu ist ja bereits ausgeführt worden.
Artikel 11 Abs. 3 der geltenden Thüringer Verfassung verfügt bereits über eine Schrankenregelung im Hinblick auf die Meinungs-, Informations- und Medienfreiheit. Danach finden diese Grundrechte ihre Schranken in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze, den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutz der Kinder und Jugendlichen und dem Recht der persönlichen Ehre. Diese Schrankenregelung, die im Wortlaut Artikel 5 Abs. 2 des Grund
Durch diese allgemeine Regelung sind die Schranken der Meinungs-, Informations- und Medienfreiheit klar geregelt. Sie gewährleisten den Schutz elementarer Grundrechte und sind Grundlage dafür, verschiedene Grundrechtspositionen in Einklang zu bringen. Die beabsichtigte Einzelfallregelung ist damit nicht nur überflüssig, sondern auch verfassungsrechtlich und systematisch verfehlt. Profitieren würde durch die vorgeschlagene Verfassungsänderung der, der ungestraft lügen, hetzen, verleumden will und die Persönlichkeitsrechte anderer Menschen missachtet.
Ich beende die Aussprache. Es ist keine Ausschussüberweisung beantragt worden, deswegen schließe ich für heute die Beratung.
Erstes Gesetz zur Änderung des Thüringer Gesetzes zur Umsetzung europarechtlicher Vorschriften betreffend die Beherrschung der Gefahren bei schweren Unfällen mit gefährlichen Stoffen Gesetzentwurf der Landesregierung - Drucksache 6/4054 ERSTE BERATUNG
Wünscht die Landesregierung das Wort zur Begründung? Frau Ministerin Siegesmund, Sie haben das Wort.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Manchmal sind ja Gesetzesbezeichnungen fast genauso lang wie der Gesetzentwurf selbst. Das haben wir mit der Änderung hier fast geschafft. Der von der Landesregierung eingebrachte Gesetzentwurf ist kurz. Er ändert das Thüringer Gesetz zur Umsetzung europarechtlicher Vorschriften betreffend die Beherrschung der Gefahren bei schweren Unfällen mit gefährlichen Stoffen nur an einem Punkt. Aber dies ist ein sehr relevanter Punkt, deswegen will ich das kurz darstellen. Worum geht es
also? Mit der sogenannten Seveso-III–Richtlinie will die Europäische Union möglichen Auswirkungen von Industrieunfällen auf Menschen und Umwelt noch besser als bisher begegnen.
Erinnern wir uns: Vor fast 41 Jahren kam es im norditalienischen Seveso zu einem der schlimmsten Industrieunfälle der europäischen Geschichte. Am 10. Juli 1976 platzte in einer Chemiefabrik bei der Herstellung eines Desinfektionsmittels ein Überdruckventil. Die Folgen für das norditalienische Städtchen Seveso und die umliegende Region waren verheerend. Neben anderen Stoffen entwichen große Mengen hochgiftiger Dioxinverbindungen. Der Wind verbreitete in den Gemeinden südöstlich der Fabrik auf rund 1.800 Hektar eine Giftwolke, in der rund zwei Kilogramm Dioxin enthalten waren. Kinder erlitten Hautverätzungen und erkrankten an Chlorakne, Schwangeren wurde empfohlen abzutreiben, Tiere starben oder mussten notgeschlachtet werden. Die Bilder gingen um die Welt.
Aufgrund dieses Unfalls und anderer schwerer Chemieunfälle in den 70er- und 80er-Jahren, zum Beispiel im indischen Bhopal, wurden Politik und Öffentlichkeit sensibilisiert. Als Folge daraus wurde 1980 als zwölfte Verordnung zum Bundes-Immissionsschutzgesetz die Deutsche Störfall-Verordnung in Kraft gesetzt. Diese war dann Vorbild für die am 24. Juni 1982 erlassene sogenannte Seveso-Richtlinie in der damaligen Europäischen Gemeinschaft. Im Fokus der Richtlinie damals stand schon die Senkung des hohen Gefahrenpotenzials bestimmter industrieller Tätigkeiten. 1986 wurde die Seveso-Richtlinie durch die Seveso-II-Richtlinie bearbeitet und die dritte Seveso-Richtlinie konkretisiert nun die Anforderungen an die Errichtung und den Betrieb von sogenannten Störfallanlagen weiter.
Warum müssen wir das tun? – Weil die Überarbeitung jetzt seitens der EU eingefordert wird. Der Bund hat umfangreiche Änderungen des BundesImmissionsschutzgesetzes und der Störfall-Verordnung vorgenommen. Im nicht gewerblichen Bereich, also im Wesentlichen im Wissenschafts- und Forschungsbereich, fehlt dem Bund aber die Gesetzgebungskompetenz, denn es handelt sich bei derartigen Einrichtungen um Anlagen, die nicht gewerblichen Zwecken dienen und die nicht im Rahmen wirtschaftlicher Unternehmungen Verwendung finden. Zudem verfolgen die zu treffenden Regelungen nicht den Schutz vor Luftverunreinigung oder Geräuschen, sondern vor sonstigen Gefahren. Deswegen muss der Landesgesetzgeber tätig werden – und das tun wir.
Was machen wir also in Thüringen? In Thüringen werden die Forderungen der Seveso-III-Richtlinie je nach Rechtsbereich, soweit getroffen, umgesetzt – einerseits durch das UVP-Gesetz, andererseits durch die Thüringer Bauordnung, drittens durch das Thüringer Brand- und Katastrophenschutzgesetz
und viertens eben durch die Überarbeitung der Seveso-III-Richtlinie. Der Bund hat wesentliche Elemente für eine Umsetzung des EU-Rechts bereits hinlänglich durch Änderung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes im Dezember 2016 und durch Änderung der Störfall-Verordnung im Januar 2017 geregelt.
Hinsichtlich der Anlagen, die nicht gewerblichen Zwecken dienen und nicht im Rahmen wirtschaftlicher Unternehmungen Verwendung finden, bestehen keine Besonderheiten gegenüber sonstigen Anlagen. Deswegen reicht eine Aktualisierung des Verweises auf die bundesrechtlichen Bestimmungen aus. Das behalten wir bei. Die Seveso-III-Richtlinie war bis zum 31. Mai 2015 in nationales Recht umzusetzen. Gegen die Bundesrepublik läuft im Übrigen bereits ein Vertragsverletzungsverfahren. Der Bund hat nun mit Wirkung vom 14. Januar seinen Teil umgesetzt. Wir setzen jetzt mit unserer landesrechtlichen Änderung darauf auf. Damit wird die Novelle vollständig. Ich hoffe auf gute Beratungen. Vielen Dank.
Ich beantrage die Überweisung des Gesetzentwurfs an den Ausschuss für Umwelt, Energie und Naturschutz. Danke.
Dann schließe ich die Beratung. Es ist Ausschussüberweisung an den Ausschuss für Umwelt, Energie und Naturschutz beantragt worden. Wer dem zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. Das sind die Stimmen aus allen Fraktionen und des fraktionslosen Abgeordneten Gentele. Damit ist die Ausschussüberweisung beschlossen und ich schließe diesen Tagesordnungspunkt.
Für eine angemessene Verzinsung von Steuernachzahlungen und Steuererstattungen Antrag der Fraktion der AfD - Drucksache 6/3795 dazu: Zinsen auf Steuernachzahlungen und Steuererstattungen halbieren Alternativantrag der Fraktion der CDU - Drucksache 6/4012
Wünscht die Fraktion der AfD das Wort zur Begründung? Herr Abgeordneter Brandner, Sie haben das Wort.
Meine Damen und Herren, liebe Besucher, das ist wieder ein wichtiges Thema, das die AfD aufgreift, ein wichtiges wirtschafts- oder finanzpolitisches Thema und es ist an der Zeit, tätig zu werden. Wenn schon der Bundestag nichts tut und Herr Schäuble auch dieses wichtige Thema in den Eurowirren verschläft, dann sollten wenigstens wir hier im Thüringer Landtag wach werden und vorangehen und ein deutliches Zeichen setzen.
Mit unserem Antrag fordern wir endlich eine Anpassung des Zinssatzes bei Steuernachzahlungen und Steuererstattungen. Nach nunmehr 56 Jahren insgesamt und mehreren Jahren Nullzinspolitik und damit Enteignungspolitik der Europäischen Union, unterstützt durch alle Altparteien, ist es an der Zeit, an die Steuerzahler und an jedes Unternehmen draußen im Lande ein klares Signal zu senden.
Wir wollen nicht, dass sich der Staat durch Zinszahlungen in immenser Höhe bereichert. Wir wollen nicht, dass aus Steuergeldern finanzierte Zinsen in erheblicher Höhe ausbezahlt und Steuererstattungen womöglich als rentable Geldanlage gesehen werden. Wie Sie alle wissen, befinden sich die Zinsen in der Eurozone im Minusbereich, ungeachtet dessen befindet sich der Zinssatz bei Steuererstattungen und Steuernachzahlungen in Deutschland bei 6 Prozent im Jahr und damit in einer nicht ansatzweise nachvollziehbaren oder auch nur verständlichen Höhe. Dieser Zinssatz ist auch gänzlich marktfern. Es gibt keinen einzigen Grund, an diesem starren Zinssatz festzuhalten. Auch angesichts aktueller EDV-Möglichkeiten würde das Argument aus den 50er- oder 60er-Jahren, das Argument der Verfahrensvereinfachung, heute nicht mehr gelten. Wie Fachliteratur und viele Experten wollen wir einen dynamischen Zinssatz, der Zinsschwankungen abfangen und ausgleichen kann. Wir wollen, dass das Gesetz einmal modernisiert und zukunftsfest gemacht wird. In Zukunft wird es auch keiner Änderungen mehr bedürfen. Deshalb werden wir den CDU-Antrag als solchen auch nicht unterstützen, da der Änderungsantrag weiterhin starre Zinshöhen vorsieht.
Wir wollen, dass der Zinssatz für Steuernachzahlungen und Steuererstattungen an den Basiszinssatz, § 247 BGB, gekoppelt wird. Das funktioniert im Zivilrecht seit vielen Jahren problemlos. Vor allem in der aktuellen Niedrigzins- oder Nullzinssituation, die gerade die deutschen Steuerzahler und Sparer teuer zu stehen kam und auch noch sehr teuer zu stehen kommen wird, wäre das eine deutli
Allein im Jahr 2016 hat der deutsche Fiskus dem Steuerbürger 670 Millionen Euro Nachzahlungszinsen abgeknöpft. 670 Millionen Euro, meine Damen und Herren, die ganz klar zulasten der Steuerzahler gingen, die ganz klar auch zulasten der kleinen Unternehmen gingen. Deshalb warten wir nicht ab, bis die Gerichte entscheiden, dass der Zinssatz rechtswidrig und unzulässig ist, warten wir nicht auf ein Urteil des Bundesfinanzhofs oder ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts, das uns dann wieder mal vor Augen führt, dass die Politik versagt hat. Handeln wir als Politiker, handeln wir vorausschauend und handeln wir jetzt! Vielen Dank.
Wünscht die Fraktion der CDU das Wort zur Begründung? Das kann ich nicht erkennen. Dann eröffne ich die Beratung und das Wort hat Abgeordnete Schulze, Fraktion der CDU.
Sehr geehrte Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, liebe Besucher auf der Tribüne! Worum geht es in dem Antrag bzw. in unserem Antrag? Es geht in unserem Alternativantrag darum, Zinsen auf Steuernachzahlungen und Steuererstattungen zu halbieren. Steuern? In einem Gemeinwesen gibt es viele Aufgaben, die ein Einzelner oder eine Einzelne nicht lösen kann. Bildung, öffentliche Infrastruktur, Gesundheitswesen, soziale Absicherung, innere und äußere Sicherheit gehören beispielsweise auch dazu. Hier wird der Staat für uns alle tätig. Seine Leistungen finanziert er mit den Steuereinnahmen. Sie sind eine der wichtigsten Einnahmequellen. Ohne diese Gelder könnte er seinen gestalterischen Aufgaben überhaupt nicht nachkommen. Und wer Steuern zu spät zahlt, der zahlt Zinsen auf den Betrag. Und wer zu viel Steuern bezahlt hat, erhält Zinsen auf die Rückzahlung. Die Verzinsung von Steuernachzahlungen und Steuererstattungen soll ein Ausgleich dafür sein, dass die Steuern bei den einzelnen Steuerpflichtigen zwar jeweils spätestens am Jahresende entstehen, aber zu unterschiedlichen Zeiten festgesetzt und fällig werden. Durch Verzinsung von Steuernachzahlungen sollen Vorteile abgeschöpft werden, die der Steuerpflichtige dadurch erlangt, dass er das Geld nutzen konnte, das dem Fiskus zusteht. Die eingenommenen Zinsen wiederum sollen die Nachteile für den Staat ausgleichen, da er das Geld nicht schon zu einem früheren Zeitpunkt nutzen konnte. Bei den Steuererstattungen dagegen entgehen dem Steuerpflichtigen potenzielle Zinserträge, weil er das ihm zustehende Geld nicht zu einem früheren Zeitpunkt anlegen konnte. Hier geht es
Sehr geehrte Damen und Herren, nachdem die Zinsen am Markt ein historisches Tief erreicht haben, sehen auch wir hier Handlungsbedarf. Nun ist die Abgabenordnung – unser Mantelgesetz zum Steuerrecht – eine Angelegenheit in Bundesentscheidung. Eine Änderung der Höhe der Zinsen von Steuererstattungen und Steuerforderungen ist schon seit 2016 ein Diskussionsthema unter den Unionspolitikern. Deshalb fordern wir die Landesregierung in unserem Antrag auf, sich im Rahmen einer Bundesratsinitiative für die Senkung der Zinsen auf Steuernachzahlungen und Steuererstattungen nach § 238 Abgabenordnung einzusetzen. Wir fordern hier eine Halbierung von einhalb auf ein viertel Prozent pro Monat, damit die Zinshöhe nur noch maximal 3 Prozent pro Jahr beträgt.