wenn Sie heute in Thüringen als Verbraucher oder als Weiterverarbeiter Eier einkaufen, dann können Sie das guten Gewissens tun. Von der Thüringer Landwirtschaft wissen Sie, wo kommen die her,
wann sind sie produziert worden und Sie können diese guten Gewissens nach außen geben. Letztendlich liegt es immer wieder am Konsumenten, am Verbraucher und am Weiterverarbeiter.
Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, in Thüringen hatten wir das Glück, dass die Fipronil-Belastung von Eiern kein großes Ausmaß angenommen hat und die Kontrollen, die in den Thüringer Betrieben durchgeführt wurden, keine Belastung gezeigt haben. Deshalb könnte eigentlich Entwarnung gegeben werden. Warum also heute die Aktuelle Stunde? Im Endeffekt – und das haben die Vorausführungen auch gezeigt – finde ich diese Debatte gut, weil es dadurch möglich wird, die Diskussion in die richtige Richtung zu lenken und falsche Schlussfolgerungen zu verhindern – zum Schutz der Thüringer Landwirtschaft, aber natürlich der Landwirtschaft und der Verbraucher insgesamt.
Denn richtig ist, dass die Ermittlungen zum FipronilSkandal noch andauern. Meines Wissens gibt es bislang auch noch keine eröffneten oder durchgeführten Strafverfahren, die aber dringend notwendig wären. Fipronil ist ein Insektizid. Es wird zum Beispiel von BASF produziert und in der Landwirtschaft eingesetzt, um die Pflanzen vor Insektenbefall zu schützen. Es darf auch gegen Flöhe bei Haushunden und Hauskatzen eingesetzt werden. Verboten ist, Fipronil bei Tieren zu nutzen, die Lebensmittel liefern, die gegessen werden. Für die Desinfizierung von Hühnerställen ist Fipronil also streng verboten. Tatsache ist, dass dort aber Fipronil in die Nahrungskette gelangte. Bekannt wurde, dass über Beimischungen in Reinigungsmitteln in Belgien dieses Gift zur Desinfektion in Hühnerställen zum Einsatz kam. Die Hennen haben diesen Giftstoff und möglicherweise auch andere Giftstoffe über die Haut, über Einatmen, beim Herumpicken in ihre Körper aufgenommen und in die Eier, insbesondere die Eidotter transferiert. Inzwischen wurden fast in allen deutschen Bundesländern belastete Eier und Geflügelprodukte nachgewiesen. Millionen Eier mussten vernichtet werden – auch schlimm.
Offenbar haben viele Landwirte in Belgien und den Niederlanden und auch eine Handvoll Betriebe in Niedersachsen ein wirksames Mittel eingesetzt, selbst oder über Reinigungsfirmen, allerdings wohl, ohne zu wissen, dass es das Insektenmittel Fipronil enthält. Denn wie aus den Medien zu erfahren war, verwendeten sie ein Mittel, das „Dega 16“ heißt, ein homöopathisches Mittel aus ätherischen Ölen, das gegen einen problematischen Parasiten helfen soll, nämlich die rote Vogelmilbe. Ich kann Ihnen aus eigener Erfahrung sagen, die rote Vogelmilbe ist ein unangenehmer Parasit, er befällt die Hühner in der Nacht, saugt ihnen das Blut aus und versteckt sich am Tag in den Ritzen im Stall und an der Unterseite der Sitzstangen. Die rote Vogelmilbe vermehrt sich explosionsartig, und zwar in großen und in kleinen Ställen. Das Auftreten dieses Parasiten ist unabhängig von der Stallgröße. Es ist äußerst schwierig, die rote Vogelmilbe – wie übrigens auch andere Milben – zu bekämpfen. Abflammen des Inventars wäre eine Möglichkeit, aber wenn der Stall aus Holz besteht oder mit Einstreu betrieben wird, dann ist das keine Option.
Wenn sich also dann ein offiziell homöopathisches Mittel wie „Dega 16“ als hochwirksam gegen die rote Vogelmilbe zeigt, dann ist doch klar, dass Landwirte zum vermeintlichen Wundermittel greifen. Die Tierhalter, wie wir alle, müssen sich doch darauf verlassen können, was auf der Packung steht.
Und wenn dort steht „pflanzliches Produkt“ oder „homöopathisches Produkt“ und es stellt sich dann heraus, dass dieses Mittel mit einem verbotenen
Giftstoff gepanscht ist, dann ist das hochgradig kriminell. Die Verursacher müssen verfolgt und bestraft werden
Aus diesem wie auch den anderen Lebensmittelskandalen ergeben sich folgende Forderungen an die EU und auch an Deutschland – am 5. September treffen sich die EU-Agrarminister, da könnten solche Maßnahmen beschlossen werden –:
Erstens: Zulassungen für besonders gesundheitsschädliche Pestizide müssen entzogen oder nicht mehr verlängert werden – auch Fipronil steht vor der Verlängerung – und es muss dafür gesorgt werden, dass die Produktion und der Einsatz solcher giftigen Pestizide verringert werden.
Zweitens: Kontrollen müssen intensiviert werden, und zwar bei allen Produkten und Produktionsabläufen.
Viertens: Länderübergreifend muss die Strafverfolgung und Verurteilung von den Verursachern solcher Lebensmittelskandale durchgeführt werden. Denn: Vergiftung von Lebensmitteln ist kein Kavaliersdelikt. Danke.
Sehr geehrtes Präsidium, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, werte Gäste! Bitte entschuldigen Sie, aber als ich das Thema das erste Mal gehört habe, habe ich mir ernsthafte Sorgen um den Gesundheitszustand des Verfassers gemacht. „Ist die Thüringer Landwirtschaft vor dem illegalen Einsatz von Fipronil geschützt?“ – nun, man kann die Frage kurz und knapp beantworten: Nein, ist sie nicht. Wie Sie selber festgestellt haben, ist Fipronil illegal. Das heißt, die Verwendung ist in Deutschland nicht erlaubt. Aber – um auf Ihre Frage zurückzukommen – wenn ein Geflügelhalter sich nun entschieden hat, Fipronil illegal zu verwenden, dann kann ihn in diesem Moment keiner daran hindern.
Was jedoch möglich ist, ist, dass durch die umfangreichen Kontrollen in unserem Freistaat diese illegale Anwendung schneller auffliegt und der Geflügelhalter umgehend strafrechtliche Konsequenzen zu spüren bekommt.
Der eigentliche Skandal ist eigentlich ein ganz anderer: Wie kann es sein, dass eine Staatsanwaltschaft bereits vier Wochen vor der offiziellen Schlagzeile über die belasteten Eier Bescheid wusste, aber die Bevölkerung nicht informierte und damit gesundheitliche Gefährdung billigend in Kauf nahm?
Hier gilt es, auch den Ermittlungsbehörden zu zeigen, dass ihr Handeln falsch war. Die Behauptung der Staatsanwaltschaft, dass man aus ermittlungstaktischen Gründen das nicht eher benennen konnte, empfinden sowohl ich als auch meine ganze Fraktion als eine Schutzbehauptung.
Sehr geehrter Herr Adams, vielleicht sollten Sie Ihre Frage nicht an den Thüringer Landtag stellen, sondern vielmehr an Ihre Kollegen in Brüssel. Denn offenbar gibt es hier erheblichen Gesprächsbedarf, wie man solche Skandale in Zukunft verhindern kann. Und wenn Sie schon einmal dabei sind, dann sollten Sie auch gleich danach fragen, wie es denn sein kann, dass Eier aus den Niederlanden in Verpackungen sind, die als aus Deutschland kommend deklariert sind. Ich für meinen Teil kann nur sagen, dass ich der hiesigen Landwirtschaft voll und ganz vertraue und meine Eier weiterhin aus der Region beziehen werde. Vielen Dank.
Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Malsch, nach Ihrer Rede musste ich mich doch noch mal kurz melden. Eigentlich bin ich Ihnen sehr dankbar für die Rede, weil sie klargemacht hat, warum es die Grünen braucht. Denn das, was Sie jetzt gerade gemacht haben, ist, dass Sie dazu aufrufen, wegzuschauen, sich wegzuducken, zu beschwichtigen und nicht die Ursache zu bekämpfen wenn die Verbraucher getäuscht werden, wenn die Verbraucher belastet werden. Das ist Ihre Strategie! Da sagen wir als Grüne: Das geht so überhaupt nicht. Wenn Sie jetzt zum Beispiel mit Ihren Kindern über Eierproduktion sprechen oder wie sie Eier gern essen wollen, dann gehen Sie doch mit Ihren Kindern sicherlich nicht in einen Betrieb mit 10.000 Hühnern, sondern vielleicht zum Biobauern und zeigen, die
essen Gras, die haben Auslauf und werden nicht in engen Ställen zusammengepfercht. Das wollen wir doch als Grüne präventiv machen. Natürlich kann es jeder Hersteller so halten, wie er möchte. Aber wir müssen doch als Politik nicht ein System fördern oder noch verstärkt fördern, nach dem es notwendig ist, überhaupt Ställe auszuspritzen und wo im Übrigen als Kontrollinstanz ein Mitarbeiter, sehr geehrte Damen und Herren – ein Mitarbeiter! –, zuständig ist für 5.000 Schweine und 10.000 Hühner. Jetzt können Sie sich ja vorstellen – egal, welche Mittel eingesetzt werden –, wie dort die Möglichkeit ist, zu kontrollieren und für den Verbraucher zu gewährleisten, dass dort tiergerechte und gesunde Lebensmittel produziert werden. Das kann gut gehen, aber die Wahrscheinlichkeit ist natürlich geringer als im Biobetrieb oder im Betrieb mit Freilandhaltung.
Deswegen wollen wir das System stärken und uns dafür einsetzen, nicht für solche großen Ställe, die anfällig sind. Vielen Dank.
Danke schön. Weitere Wortmeldungen aus den Reihen der Abgeordneten liegen mir nicht vor. Frau Ministerin Werner hat für die Landesregierung das Wort.
Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, die Debatte hat gezeigt, dass man sich aus verschiedenen Perspektiven mit dem Thema beschäftigen kann. Ich möchte für die Landesregierung, aber vor allem aus Sicht der Kontrollbehörden auf diese Debatte antworten.
Lassen Sie mich gleich zu Beginn meiner Ausführungen klar sagen, dass die Politik für den Schutz der Landwirtschaft vor dem Einsatz illegaler Mittel nur die gesetzlichen Rahmenbedingungen schaffen kann. Landwirte können sich vor dem Einsatz illegaler Mittel schützen, indem sie nur für den jeweiligen Zweck zugelassene Mittel und diese nur nach den damit verbundenen Anwendungshinweisen benutzen.
Lassen Sie mich das weiter ausführen: Bei Fipronil handelt es sich um einen Wirkstoff, der in Tierarzneimitteln gegen Flöhe, Haarlinge, Zecken, Milben
eingesetzt wird. Seine Anwendung in Pflanzenschutzmitteln ist in der EU grundsätzlich nicht zugelassen. Jedoch kann er in Ausnahmesituationen unter hohen Auflagen gegen Ackerschädlinge eingesetzt werden. Darüber hinaus sind bestimmte Produkte mit dem Inhaltsstoff Fipronil für die Schädlingsbekämpfung in Privathaushalten zugelassen, zum Beispiel in den Ihnen sicherlich bekannten Ameisenköderboxen. Eine Zulassung als Arzneimittel besitzt Fipronil nur für den Bereich der Ektoparasitenbehandlung bei Hunden und Katzen. Hier wird es als Spot-on-Präparat bzw. Spray äußerlich angewendet. Eine Gefährdung des Anwenders, Tierbesitzers ist bei ordnungsgemäßem Einsatz nicht gegeben. Der Einsatz von Fipronil als Arzneimittel ist bei Lebensmittel liefernden Tieren verboten. Im Rahmen von veterinärrechtlichen Kontrollen wird in den landwirtschaftlichen Betrieben der ordnungsgemäße Bezug, die den tierärztlichen Behandlungsanweisungen entsprechende Anwendung sowie die arzneimittelrechtlich vorgeschriebene Dokumentation des Einsatzes von Tierarzneimitteln durch die zuständigen Veterinärbehörden geprüft. Feststellungen und Hinweise, die einen unsachgemäßen Einsatz von zugelassenen Arzneimitteln bzw. den Einsatz von illegalen Arzneimitteln befürchten lassen, werden geahndet. Pflanzenschutzmittel mit dem Wirkstoff Fipronil sind in der deutschen Landwirtschaft nicht zugelassen. Es besteht somit ein Anwendungsverbot.
Die letzte Zulassung eines fipronilhaltigen Pflanzenschutzmittels – erteilt aufgrund einer Notfallsituation für 120 Tage – endete im Juni 2015 und betraf die Bekämpfung von Drahtwürmern in Kartoffeln. Der Einsatz des notfallzugelassenen Mittels durfte von den Landwirten nur unter Einhaltung strenger Anwendungsvorschriften erfolgen. Verstöße bei der stark reglementierten Anwendung des Mittels in Deutschland sind nicht bekannt geworden.
Fipronil wird gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1451 1/2007 als Wirkstoff, der in Biozidprodukten verwendet werden darf, für die Produktart 18 im Sinne von Anhang 5 der Verordnung (EG) Nr. 528/2012 – die sogenannte Biozidverordnung – bewertet. Die EU-Genehmigung gilt mit einer Befristung bis zum 30. September 2023 bereits seit dem 1. Oktober 2013. Diese Biozidverordnung harmonisiert die Vorschriften für die Bereitstellung auf dem Markt und die Verwendung von Biozidprodukten in Europa. Diese Verordnung regelt die Erstellung einer auf Unionsebene gültigen Liste von Wirkstoffen, die in Biozidprodukten verwendet werden dürfen, die Zulassung von Biozidprodukten, die gegenseitige Anerkennung von Zulassungen in der Union und die Verwendung von Biozidprodukten. Für die Zulassung von Bioziden ist in Deutschland die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin verantwortlich. Die Zulassung erfolgt unter Vergabe einer Zulassungsnummer. Durch die Zulassungspflicht
und die damit verbundenen Anwendungsregeln wird ein hohes Schutzniveau für die Gesundheit von Mensch und Tier sowie für die Umwelt gewährleistet.
Als Biozidprodukt gelten neben Produkten, die direkt auf Schadorganismen wirken, wie Desinfektionsmittel, Insektizide und Holzschutzmittel, auch solche Produkte, die Schädlingen vorbeugen sollen, wie Lockmittel und Vergrämungsmittel. Die Einsatzmöglichkeiten von Biozidprodukten können also sehr vielfältig sein. Das bedeutet, wenn Biozide in landwirtschaftlichen Betrieben eingesetzt werden sollen, bedürfen sie einer entsprechenden Zulassung für den beabsichtigten Zweck. Einsatz und Anwendung dürfen immer nur in dem für diese Mittel festgelegten Einsatzbereich erfolgen. Auch für dein Einsatz von fipronilhaltigen Bioziden sind spezielle Anwendungsbestimmungen festgelegt worden. Sie schließen eine Anwendung bei Lebensmittel liefernden Tieren aus.
Die Verordnung (EG) Nr. 852/2004 enthält Hygienevorschriften für die Primärproduktion von Lebensmitteln. Sie verpflichtet den Landwirt, die Primärerzeugnisse – dazu gehören auch Eier – vor Kontamination zu schützen und zu diesem Zweck geeignete Maßnahmen zu treffen. Die Maßnahmen umfassen unter anderem auch die Sicherstellung einer korrekten Anwendung von Tierarzneimitteln und Bioziden sowie die ordnungsgemäße Lagerung von Bioziden und sonstigen gefährlichen Stoffen. Die Einhaltung der Anforderungen der Verordnung wird durch die Veterinär- und Lebensmittelüberwachungsämter stichprobenweise überprüft. Die Kontrollen erfolgen überwiegend im Rahmen der Überprüfung der Einhaltung bestimmter Grundanforderungen des Fachrechts, zu denen die Empfänger von Direktzahlungen verpflichtet sind.
Sowohl die ordnungsgemäße Lagerung von Bioziden und sonstigen gefährlichen Stoffen als auch die Maßnahme zur korrekten Anwendung von Tierarzneimitteln und Bioziden sind Prüfpunkte dieser Kontrollen in landwirtschaftlichen Betrieben. In diesen Kontrollen wird nicht zwischen dem Einsatz von Bioziden durch externe Dienstleister oder durch die Landwirte unterschieden. Der Eindruck, dass externe Dienstleister ein besonderes Risiko darstellen, ist aber bisher nicht entstanden.