Herr Gruhner, das 5-Prozent-Ziel ist überhaupt nicht infrage gestellt. Das 5-Prozent-Ziel ist in dieser Koalition so was von unumstritten,
Das ist der Weg, den wir noch gemeinsam gehen müssen. Aber ich sage Ihnen: Wir sind jetzt schon weiter als in der letzten Legislatur, als uns Herr
Wir werden auch für das 5-Prozent-Ziel Lösungen finden, da brauchen Sie bei der Koalition keine Angst zu haben. Streit um die Sache, um des Erfolgs willen ist doch nicht schlecht. Das hilft uns allen voranzukommen. Nur muss es ein sachlicher Streit sein, es muss auf einer Ebene sein, wo man sich hinterher noch in die Augen schauen kann. Ich glaube, da sind wir gerade auf einem guten Weg und brauchen Ihre Belehrungen nicht.
Aber sonst – das haben Sie ja sogar mal zugegeben –, bei den Natura-2000-Ausweisungen und den -Managementplänen, da brauchen wir nicht darüber zu reden, was sich die CDU da geleistet hat – ist nur am Rande: Da haben wir auch schon mächtig aufgeholt und da sind wir auch vorangekommen. Deshalb will ich es jetzt auch dabei belassen. Ich freue mich auf die Zusammenarbeit in den nächsten Jahren und alle Naturschützer an unserer Seite, egal welcher Partei und wem sie angehören. Wir brauchen jeden und wir brauchen viele. Ich hoffe auf guten Zuspruch. Danke.
Vielen Dank, Frau Becker. Als Nächster hat Abgeordneter Kobelt für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen das Wort.
Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Herr Gruhner, ich möchte Ihnen – das erwarten vielleicht nicht viele – für Ihre Rede danken, für Ihre – zugegebenermaßen – aufgeputschte Lobbyrede. Aber eines ist deutlich geworden:
Sie haben gleich am Anfang gesagt, Sie stehen als Lobbyist für eine Tierhaltung, die in Tierfabriken 10.000 Tiere mit einer Arbeitskraft versorgt. Sie stehen für eine Agrarpolitik, die die Tierhaltung mit Gen-Soja aus Übersee versorgt, und Sie stehen dafür, dass diese dann auch noch die Luft im ländlichen Raum verpestet.
Umweltministerium eine Lobby der Menschen sind, die gute Luft wollen, die sauberes Wasser und eine intakte Natur wünschen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Natur braucht uns nicht, aber wir brauchen die Natur. Damit haben die Grünen der ersten Stunde seit den 1980er-Jahren das Thema Naturschutz schrittweise auf die Tagesordnung der Politik in Deutschland gebracht. Aber was bedeutet „Wir brauchen die Natur“? Brauchen wir die Natur als Rohstoffquelle? Brauchen wir die Natur, um die Böden auszulaugen und zu versiegeln? Brauchen wir die Meere als Müllkippe? Brauchen wir die Flüsse, um sie mit Düngemitteln zu verschmutzen, oder brauchen wir die Atmosphäre, um sie mit Stickoxiden und CO2 zu verschmutzen? Ich denke nicht.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, wenn Sie mit einem Wort Ihre Beziehung zur Natur beschreiben müssten, welches Wort würden Sie dann nehmen? Würden Sie „Ausnutzung“, „Zerstörung“, „Ausbeutung“ nehmen? Mir fällt ein viel schöneres Wort ein. Ich würde „Liebe“ verwenden.
Ist es nicht die Liebe zur Natur, die uns berührt und uns glücklich macht? Immerhin gehört für 94 Prozent der Bürgerinnen und Bürger Natur zu einem guten Leben dazu. 92 Prozent schätzen ihre Vielfalt und verbinden Natur mit Gesundheit und Erholung. Sie finden es wichtig, Kindern die Natur nahezubringen. Die Deutschen wollen viel Zeit in der Natur verbringen. Die überwiegende Mehrheit der Bevölkerung versucht, so oft wie möglich in der Natur zu sein. Was ganz wichtig ist: Viele Deutsche haben eine Vorliebe für unberührte Natur, denn 54 Prozent gefällt Natur umso besser, je wilder und ursprünglicher sie ist.
Ist es nicht dann auch wunderbar, wenn wir wilde Natur sehen wollen, nicht erst in den Yellowstone Nationalpark fliegen zu müssen, sondern unseren Kindern zum Beispiel im Hainich wilde Natur zeigen können? Im Hainich ist auch sichtbar, wie Naturschutz, Umweltbildung und touristische Entwicklung Hand in Hand gegangen sind. Unübersehbar ist die Entwicklung rund um den Nationalpark seit seiner Gründung 1997: herausgeputzte Dörfer, angebotene Gastronomie, Übernachtung, Natur erleben mit Rangern, Nationalparkführung und Baumkronenpfad, Wildkatzendorf. Das ist ein Bild, das sich aus den Reihen des Naturschutzes kaum jemand vorstellen konnte. Genau das sehe ich: dass Naturschutz und partielle Wildnisgebiete keine Arbeitsplätze gefährden, sondern gerade umgekehrt Perspektiven und Erwerbsmöglichkeiten im ländlichen Raum bieten.
Durch das Zusammenspiel von Naturschutz und Tourismus wollen wir in Nordthüringen einen einmaligen Wald-Wildnis-Pfad vom Hainich über die Hainleite, den Possen, den Kyffhäuser bis zur Hohen Schrecke entwickeln. Naturschutz für Artenvielfalt und regionale Entwicklung im ländlichen Raum sollen Hand in Hand gehen.
Ist das nicht eine Chance, wo Sie auch als CDU zum Beispiel sagen müssten: Es ist eine Chance, die parteiübergreifende Unterstützung verdient. Ich denke schon. Denn wir können in unseren Wäldern naturnah wirtschaften und wir können einen Teil von 5 Prozent der natürlichen Entwicklung überlassen. Da sind wir uns als Koalition von SPD, Linken und Grünen einig. Wenn Sie, Herr Gruhner, ein Bild der Zerstrittenheit skizzieren wollen, sage ich Ihnen ganz eindeutig: Wir sind zu einem Großteil der Flächen schon übereingekommen. Es ist doch vollkommen logisch, dass wir uns in einer Sachfrage auch Zeit nehmen, was Waldnutzgebiete und Forstwirtschaft auch in kleinen Flächen betrifft, um länger zu diskutieren und mit den Menschen ins Gespräch zu kommen. Genau bei solchen Gesprächen spüren wir auch, was wir auch für Gemeinsamkeiten haben. Unterhalten Sie sich doch mal mit Förstern und laufen Sie mit ihnen in der Natur! Die sind doch genauso stolz auf ihre Wälder und gehen genauso mit ihren Kindern in die Natur und nutzen die Natur wie wir es tun. Deswegen werden wir uns einigen und werden einen schnellen Kompromiss erzielen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, eine Regierungserklärung zum Naturschutz bedeutet auch eine enorme Wertschätzung von geleisteter Arbeit im staatlichen Naturschutz, ganz besonders im ehrenamtlichen Naturschutz. Denn was wären all unsere Bemühungen ohne die Menschen, die Kröten über die Straße tragen und die sich in ihrer Freizeit um die Bestände von Vögeln, Insekten oder Orchideen kümmern? Es ist diese Idee vom Bewahren und dem Schutz, der die Entwicklung, den Erfolg von Umwelt- und Naturschutzverbänden ermöglicht hat. In einer Linie dazu steht in der Folge die Etablierung einer fachlich bedeutenden Naturschutz- und Umweltverwaltung.
Auch wenn wir es geschafft haben, die Geschwindigkeit bei einem wirkungsvollen Naturschutz zu erhöhen: Wir brauchen noch einen langen Atem, um negative Einflüsse auf die Natur zu drosseln. Wir wollen die Grundlagen für eine echte Trendwende beim Rückgang von Arten und Lebensräumen legen, denn die Ausgangslage ist nach wie vor dramatisch. Wir beklagen Naturzerstörung weltweit, aber auch hier, sozusagen vor der eigenen Haustür, warten erhebliche Aufgaben.
Schutzgebiet Natura 2000 vollzogen. Mit der Ausweisung der Natura-2000-Gebiete ist die Verpflichtung verbunden, die für einen günstigen Erhaltungszustand der Arten und Lebensformtypen erforderlichen Schutz- und Entwicklungsmaßnahmen auf Dauer sichtbar zu machen. Hier besteht in Thüringen ein erheblicher Handlungsbedarf. Beim Indikatorenbericht zur Nachhaltigkeit in Thüringen vom Juni 2017 wird ebenfalls deutlich, wo wir handeln müssen. So liefert der Indikator repräsentative Informationen zur Artenvielfalt, zur Landschaftsqualität und zur Nachhaltigkeit der Landnutzung.
Die Bestandsentwicklung ausgewählter Vogelarten zeigt – stellvertretend für viele andere Tierarten – die Qualität der Lebensräume und somit auch den Grad der Nachhaltigkeit der Flächennutzung an. Dabei schneidet der Hauptlebensraumtyp Agrarlandschaft – Acker, Grünland – gegenüber Wald, Siedlung und Binnengewässern besonders schlecht ab. Ebenso dokumentiert der Indikatorbericht gerade bei der Entwicklung der Siedlungs- und Verkehrsflächen einen negativen Trend. Der Thüringer Indikator orientiert sich am Bundesindikator und gibt den Zuwachs an Siedlungs- und Verkehrsflächen in Hektar pro Tag für Thüringen wieder. Im Berichtszeitraum bis 2014 ist der Flächenverbrauch in Thüringen auf 8,3 Hektar pro Tag gestiegen. Wir sagen als Grüne ganz eindeutig: Dieser Trend muss umgekehrt werden. Wir wollen langfristig, dass überall dort, wo Fläche versiegelt wird, an anderer Stelle entsiegelt wird. Wir können das auch mit einem Instrument des Flächenpools gut umsetzen und dafür wollen wir uns in nächsten verbleibenden Jahren der Legislatur starkmachen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Natura-2000-Stationen, auf die heute schon erheblich eingegangen wurde, sind ein guter Schritt für mehr Artenvielfalt, denn gerade die Offenlandbiotope sind in ihrer Vielfalt einmalig. Aber durch die fehlende Wirtschaftlichkeit – insbesondere der Schaf- und Ziegenhaltung – drohen gerade diese Lebensräume unwiderruflich verloren zu gehen. Aber die Probleme – Pflege und Erhaltung – sind nur mit einer passenden Agrarpolitik zu bewältigen und die können wir nicht alleine aus Thüringen heraus steuern. Die Schaf- und Ziegenhaltung und andere Grünlandhaltungen gehören zu den naturnahen und wunderbarsten, umweltverträglichsten Formen moderner Nutztierhaltung.
Die Erhaltung naturschutzfachlich bedeutender Offenlandflächen und damit eines Teils der biologischen Vielfalt ist von der Haltung von Schafen und Ziegen abhängig. Dagegen rangiert die Wirtschaftlichkeit der Schaf- und Ziegenhaltung am untersten Limit aller landwirtschaftlichen Betriebszweige. Dieser Missstand ist das Ergebnis einer verfehlten Agrarpolitik der letzten Jahre, vor allen Dingen auf
Bundesebene, welche die besonderen Leistungen der Schaf- und Ziegenhaltung nicht ausreichend honoriert und Fördertatbestände wie die Mutterschafprämie abgeschafft hat. Die eigentlichen Probleme sind die geringe wirtschaftliche Attraktivität des Schäferberufs und fehlende landwirtschaftliche Flächen. Weiteren Einfluss haben die Herdenfruchtbarkeit, die erzielten Aufzuchtergebnisse und die zu geringen Marktpreise für Lämmer. Dem kann nur mit einer besseren Vermarktung regionaler Produkte/Schafund Ziegenprodukte entgegengewirkt werden, aber – ich sage es auch ganz eindeutig – vor allem einer Landwirtschaftspolitik, die mehr auf Freilandhaltung und weniger auf Massentierhaltung in großen Tierfabriken setzt.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, zur Artenvielfalt gehört für uns aber auch ein Tier, welches in letzter Zeit durch das neuerliche Ansiedeln teils Ängste ausgelöst hat. Daher erlauben Sie mir, kurz auf den Wolf einzugehen. Der Wolf ist für uns ein Indikator für ein intaktes Ökosystem. Was im Yellowstone-Nationalpark der Bär ist, ist für uns in Europa der Wolf. Wölfe erfüllen als großer Beutegreifer eine wichtige Funktion im Ökosystem. Beute und Beutegreifer haben sich abhängig voneinander in der Evolution entwickelt. Durch die Ausrottung des Wolfes entstand eine Lücke, die eingespielte Wechselbeziehungen innerhalb des Ökosystems beeinträchtigt haben. Nicht zu Unrecht wird der Wolf als Gesundheitspolizei des Waldes bezeichnet, da er häufig auch kranke und schwache Tiere frisst und somit den Bestand seiner Beutetiere gesund hält. Der Wolf ist durch internationale und nationale Gesetze streng geschützt. Auf Bundesebene ist der Wolf durch das Bundesnaturschutzgesetz streng unter Schutz gestellt. Er hat damit den höchstmöglichen Schutzstatus. Das ist nicht etwa ein Nachteil, sondern das ist auch ein Wert von aktiver Naturschutzpolitik. Für uns ist es aber auch wichtig, dass die Schäfer und die Leidtragenden von Rissen einen Ausgleich bekommen. Deshalb gilt für uns als Grüne: Kein Schäfer soll durch den Wolf schlechtergestellt werden. Und deshalb gibt es eine Förderung vom Umweltministerium für Zaunverstärkung, für Akkus, für Ladegeräte, für die Zäune und für die Ausbildung von Herdenschutzhunden.
Gerade gestern wurden diese Maßnahmen in gemeinsamen Gesprächen mit den Schafhaltern noch mal verstärkt. Es werden intensiv mehr Schutzmaßnahmen bereitgestellt und durch das Wolfkompetenzzentrum des Bundes empfohlene Schutzeinzäunungen verstärkt. Es wird die Entschädigung ausgebaut und das Monitoring mit Wildkameras verbessert. Zusätzlich erfolgt eine personelle Verstärkung bei der TLUG für Beratung, Monitoring und Rissbegutachtung. Und gerade im Bereich Go
Vielen Dank an das Umweltministerium für diese Maßnahmen, die auch schnell zusammen erarbeitet wurden. Wir werden uns gemeinsam, denke ich, mit SPD und Linken dafür einsetzen, dass auch im Haushalt dafür genügend Mittel bereitgestellt werden.
Erlauben Sie mir, meine sehr geehrten Damen und Herren, auf eine andere Art einzugehen, die uns Sorgen macht. Lassen Sie uns kurz über die Bienen sprechen. Immerhin zwei Drittel der Bevölkerung in Deutschland glauben, dass der Bestand an Bienen zurückgegangen ist. Für uns sind Bienen auch ein Indikator für eine intakte Natur. Und die Menschen liegen gefühlt richtig. Das Bundesumweltministerium warnt vor einem fortschreitenden Insektensterben in Deutschland. In Teilen des Landes habe sich der Bestand von Insekten seit dem Jahr 1982 um bis zu 80 Prozent verringert. Aber warum kommt es zu einem Bienensterben? Immerhin ein Drittel von dem, was wir essen, gäbe es ohne die Bienen nicht. Sie haben eine wichtige Funktion. Ihre Bestäubung ist viele Milliarden Euro wert, ihre Nutzung für das Leben auf dieser Erde unschätzbar.
Sehr geehrte Damen und Herren, vielleicht sind Sie selbst Honigliebhaber. Deutsche sind Honigweltmeister. Immerhin essen wir 1 Kilo Honig pro Kopf im Jahr.
Das Problem ist: 70 Prozent der Menschen wollen Honig aus ihrer Region, aus ihrem Gebiet, aus ihrer Heimat essen. Aber leider reicht der Honig in Deutschland nicht aus und 80 Prozent des hier verzehrten Honigs kommen aus Mexiko, Argentinien und Rumänien. Das zeigt doch auch, dass ein Problem des Naturschutzes auch ein Problem der regionalen Wertschöpfung und der Wirtschaft ist.
Aber, meine sehr geehrten Damen und Herren, warum kommt es zum Bienensterben? Natürlich sind Monokulturen ein Problem. Insekten, Bienen finden nichts Blühendes, wenn Raps oder Ähnliches verblüht sind. Sie hungern, es fehlen ungenutzte Flächen und eine Artenvielfalt. Der Verdacht, warum das so ist, fällt außerdem auf Pestizide. Naturschutzverbände machen erheblichen Einfluss von Pestiziden, also Pflanzenschutzmitteln, verantwortlich. Gift zur Blütezeit – das ist letztendlich das Ende für viele unserer geliebten Bienen.