Protokoll der Sitzung vom 29.09.2017

werden. Deswegen bin ich der Überzeugung, mit dem Gutachten des Landtagspräsidenten/der Landtagsverwaltung ist hier Klarheit geschaffen worden, was geht und was nicht geht. Wenn ich jetzt mal diese rechtliche Position verlasse und auf den Alltag zurückgehe, kann ich Ihnen sagen, dass der Vorabdruck, den die Anzuhörenden zum 23. August bekommen hatten, mit dem identisch ist, was jetzt die korrigierte Fassung vom 27. September ist. Das eine ist das Formale und das andere ist das Inhaltliche. Ich glaube, die Anzuhörenden beschäftigen sich genau mit den Inhalten und nicht mit den Abläufen. Daher sollten wir wieder zu den Inhalten zurückkehren, um dann auch tatsächlich zu entsprechenden Ergebnissen zu kommen.

Was wir heute machen, ist ein wichtiger Schritt, ist aber noch nicht das Ende des Gesetzgebungsverfahrens. Natürlich kann man kritisieren, dass das Gesetz jetzt aufgesplittet wird. Aber das haben die Rednerinnen und Redner aus den Koalitionsfraktionen ja formuliert. Wenn es also darum geht, den 01.01.2018 zu erreichen, dann brauchen wir eine gute Datengrundlage. Und, Herr Emde, das ist eben einfach so, da muss ich in das Jahr 2016 zurückgehen und die Kinder zusammenzählen, die in den Genuss der Beitragsfreiheit gekommen wären, sogenannte Zählkinder. Und das ist genau der Ansatz, der hier also auch gewählt wird, und das ist auch genau das, was in diesem Paragrafen, über den wir hier sprechen, steht.

Als ich kam, habe ich gefragt: Warum brauchen wir eine gesetzliche Grundlage, man kann doch die Kommunen bitten, die entsprechenden Daten zu geben? Da wurde ich belehrt, es wurde mir gesagt, ohne gesetzliche Grundlage funktioniert das in Thüringen nicht. Gut, machen wir eine gesetzliche Grundlage. Die gesetzliche Grundlage brauchen wir rechtzeitig, auch parallel zu dem Haushalt, um dann auch ab 01.01.2018 die Beitragsfreiheit zu garantieren, denn dann müssen auch die Kommunen die Ausgleichszahlungen bekommen. Darum geht es doch. Das eine ist die Beitragsfreiheit, das andere ist die Kompensation für das, was also dann tatsächlich bei den Kommunen auch ansteht. Der Schritt wird heute gegangen, und deswegen ist für das, was die Koalitionsfraktionen, aber auch einige Vertreterinnen und Vertreter der Opposition gesagt haben, heute noch gar nicht die Zeit, die inhaltliche Debatte zu führen. Über den großen Teil, den großen anderen Teil des Gesetzes, wo es dann um die Beitragsfreiheit als solches und weitere Veränderungen geht, darüber kann man reden, aber darüber sollten wir dann auch in den nächsten Beratungen des Ausschusses und des Parlaments hier sprechen.

Ich will Ihnen in Bezug auf das, was die CDU gestern eingebracht und Herr Tischner heute noch mal wiederholt hat, noch mal Folgendes zur Kenntnis geben: Der Gemeinde- und Städtebund hat am

8. Februar 2017 an das Thüringer Ministerium für Bildung, Jugend und Sport eine Mail geschrieben und hat – ich lese jetzt mal zwei, drei Sätze vor – um Folgendes gebeten, was also die Erfassung der Kinder betrifft, die da gezählt werden, damit das beitragsfreie Kita-Jahr kommt. Hier heißt es – Zitat –: Der zweite Punkt betrifft die Kinder, die bislang bis zur Einschulung keinen Kindergarten besucht haben. Es wird vorgetragen, dass Einzelfälle bekannt sind, in denen Eltern ihre Kinder aus finanziellen Gründen nicht in einem Kindergarten betreuen lassen. Letztlich ist es ja das große Ziel des Gesetzentwurfs, diese Kinder zu erreichen. Diese Kinder werden jedoch im März noch gar nicht da sein, sondern erst im August kommen. Zu dem letzten Punkt sollte daher im Gesetzentwurf die Möglichkeit einer Nachmeldung der Kinder, die im letzten Kindergartenjahr erstmals betreut werden, geschaffen werden. Dies werden nur einige Einzelfälle sein und könnte über eine nachträgliche, namentliche Liste erfolgen. Gleichwohl sehe ich in einer solchen Regelung bei den betroffenen Kommunen ein hohes Befriedigungspotenzial. – Das ist vom Gemeindeund Städtebund damals formuliert worden.

Genau das ist mit dem Paragrafen jetzt auch gemacht worden und auf diese Bitte wurde sowohl Artikel 1 § 30 Abs. 4 Nr. 3 als auch Artikel 2 § 20a Abs. 1 Nr. 3 aufgenommen. Wenn die Kommunen jetzt im Sommer sagen, diesen Artikel brauchen wir nicht, dann muss sich der Gemeinde- und Städtebund mal entscheiden, was er will. Ich will bloß darauf aufmerksam machen: Wir sind der Bitte der kommunalen Spitzenverbände gefolgt. Jetzt schreiben diese uns eine Stellungnahme – und, Herr Tischner, Sie haben sich darauf bezogen, das ist Ihr Recht, das ist gar nicht mein Punkt, dass ich das jetzt kritisiere, ich will bloß darauf aufmerksam machen, dass wir die Bitte der kommunalen Spitzenverbände aufgenommen haben. Deswegen wundert mich das etwas, und das ist genau das, was Kollege Kuschel hier zum Ausdruck gebracht hat: Es handelt sich um Einzelfälle, und das kann man sehr schnell erfassen. Also wenn Sie das Konnexitätsprinzip, was ich ausdrücklich unterstütze, anführen: Na selbstverständlich ist das Konnexitätsprinzip geltend und wichtig, aber wir müssen auch mal darüber sprechen, über wie viel Geld wir dann eigentlich reden, und das hat Herr Kuschel hier ausgeführt. Deswegen ist das, was wir heute machen, wichtig, damit wir die Datengrundlage haben.

Parallel zu der Erhebung der Daten werden wir, werden Sie mit uns gemeinsam als Regierung die Diskussion zum Gesetz weiterführen. Ich bin mir sicher, dieses Gesetz wird Ende des Jahres hier im Parlament verabschiedet werden, auch mit dem Doppelhaushalt. Und Sie, werte Kolleginnen und Kollegen der CDU, müssen sich fragen, ob Sie dabei sein wollen, dass Eltern entlastet werden, dass

(Minister für Bildung, Jugend und Sport Holter)

Kinder gut aufgehoben sind in der Kita, oder ob Sie sich verweigern wollen. Da bitte ich Sie, sich mal zu überlegen, welche Position Sie einnehmen. Ich danke für die Aufmerksamkeit.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Gibt es weitere Wortmeldungen? Das sehe ich nicht.

(Zwischenruf Abg. Meißner, CDU: Doch, Herr Fiedler!)

Doch. Herr Kollege Fiedler.

(Zwischenruf Abg. Harzer, DIE LINKE: Du bist heute der Trauerredner, oder wie?)

(Zwischenruf Abg. Fiedler, CDU: Für gute Diäten muss man auch etwas tun!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, der Minister Holter ist ja noch nicht so lange bei uns, das ist ja klar. Aber ich will noch mal darauf verweisen, weil Sie auch jetzt gesagt haben, die Kommunen warten darauf usw.: Es ist überhaupt noch nichts klar. Wenn natürlich jetzt entsprechend auch die Beiträge angehoben werden oder ähnliche Dinge – es ist noch gar nichts klar. Weil Sie vorhin von der Datenlage gesprochen haben, will ich mal daran erinnern – da können Sie nicht dafür, da waren Sie noch gar nicht da, da war der Kollege Matschie noch der zuständige Minister, ich entsinne mich ganz genau, weil wir in unserer Fraktion sehr lange und oft darüber diskutiert haben –: Wir haben eine Anfrage gestellt und wollten entsprechende Daten haben und sie wurden uns glatt verweigert. Nicht mal der damalige Finanzminister war in der Lage, die Daten zu bekommen. Nur um das noch mal klarzustellen: Wir wollten nämlich die Daten haben – es ist nicht gekommen. Es ging um die Spitzabrechnungen und ähnliche Dinge. Wegen der Datenerfassung sage ich das nur noch mal: Wenn man fair miteinander umgeht, ob in der Koalition oder jetzt andersrum, dann muss man auch die Daten auf den Tisch legen, damit man weiß, was los ist.

(Zwischenruf Abg. Wolf, DIE LINKE: Darum geht es doch!)

Denn am Ende stehen immer erst mal die Kommunen ganz unten. Und wenn die Kommune nichts mehr hat und nichts hinlegen kann, dann sind die Eltern dran. Deswegen muss man schon bei dem Ganzen genau hinschauen, was kommt da noch, was kommt nicht. Dass Abwehrreaktionen von den Kommunen kommen, ist klar: Wenn sie mal ein beitragsfreies Jahr hatten, gibt es das auf einmal nicht

mehr, weil sie darauf setzen, dass dann das Geld vom Land kommt und solche Dinge. Ich will Sie trotz alledem noch mal darauf verweisen, Herr Holter, das wissen Sie vielleicht nicht, dass das Familiengeld in Thüringen wegrationalisiert wurde.

(Zwischenruf Holter, Minister für Bildung, Ju- gend und Sport: Das ist auch gut so!)

Das mögen Sie so sehen. Wir sehen das nicht so, dass es gut so ist. Sie wollen wie immer zentralistisch bestimmen, dass alle in den Kindergarten zu gehen haben. Wir sagen, das sollen die Eltern selbst entscheiden, ob die Kinder in die Kita gehen oder ob sie ihr Kind zu Hause behalten.

(Zwischenruf Abg. Harzer, DIE LINKE: Herd- prämie!)

Herdprämie, wenn ich so was höre, da platzt mir aber auch der Kragen. Das sind solche alten Dinger von vor 30 Jahren, die in der alten Bundesrepublik geführt wurden. Alles dummer Quatsch, was hier erzählt wird.

(Unruhe DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich kann nur von meiner Tochter reden, die jetzt mittlerweile drei kleine Kinder hat. Sie war heilfroh, dass es das Familiengeld vom Land und vom Bund gab, damit sie zu Hause bleiben konnte und ihre drei kleinen Kinder dort erziehen und auf das Leben vorbereiten konnte.

(Beifall CDU)

Wenn Sie Ahnung hätten, Herr Kollege, wüssten Sie, …

(Zwischenruf Abg. Harzer, DIE LINKE: Ich habe vier Kinder!)

Ja, das macht ja nichts, das ist aber schon länger her. Da muss man ja mit der Zeit mitgehen. Das sagen alle Leute, die Ahnung haben, die Gutachten und ähnliches darüber erstellen, dass gerade die frühkindliche Bildung sehr wichtig ist.

(Zwischenruf Abg. Rothe-Beinlich, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Ja!)

Ja, aber die kann ich doch auch zu Hause machen. Warum wollen wir immer alles vorschreiben, dass da andere besser sind? Das ist doch der Punkt. Und da ist natürlich auch einiges Geld mit eingeflossen. Das ist ein richtig schönes Thema, da werden alle munter kurz vor fünf oder sechs.

(Zwischenruf Abg. Kuschel, DIE LINKE: Es ist um fünf!)

Mir geht es darum, dass man nicht alles so zentralistisch macht, sondern dass man auch die Eltern einbezieht. Ich erinnere Sie an Ihre eigene Koalitionsvereinbarung, darin haben Sie vom ersten Jahr gesprochen. Das wollen Sie nicht mehr hören und

(Minister für Bildung, Jugend und Sport Holter)

nicht mehr wissen, weil Sie dann festgestellt haben, dass das erste Jahr natürlich viel zu teuer ist und dass das viel mehr Geld kostet. Und dann haben Sie nach langem Hin und Her das dritte Jahr genommen.

(Zwischenruf Abg. Jung, DIE LINKE: Das letzte haben wir genommen!)

Ich will Sie nur daran erinnern, was Sie damals mal geschrieben und gefordert haben. Herr Holter, das stimmt nämlich auch nicht, was Sie gesagt haben, dass das jetzt die Armen usw. bekommen. Nein, die Prekären und die Armen bekommen sowieso ihr Geld vom Amt. Die haben sowieso nichts von der ganzen Geschichte. Deswegen lassen wir mal die Kirche im Dorf.

Was Sie richtig erkannt haben, Herr Minister Holter, ich schätze Sie ja als Person, aber wie Sie gestern …

Gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Nein. Wie Sie gestern hier das Parlament angegangen sind – heute waren Sie ja wieder gemäßigter und freundlicher. Wir können uns ja ruhig beharken, aber ein Minister muss hier schon noch Contenance bewahren.

Es kommt der Wunsch nach einer weiteren Zwischenfrage vom Kollegen Wolf.

Nein, ich rede jetzt mit dem Minister und mit dem Restparlament, nicht mit den Fachleuten, die alle Minuten wieder irgendwas ausgraben, was noch hin- und hergeht.

Hier geht es darum, dass genügend Zeit ist, damit auch die Betroffenen mit einbezogen werden. Und sich jetzt hierherzustellen: Die Kommunen müssen sich mal entscheiden, was sie wollen. Also eines sage ich Ihnen, ich rede ja ständig mit den Spitzenverbänden: Jetzt, wo die mal aus Goodwill – aus meiner Sicht verkehrt, denn in sechs Tagen können die so was nicht entscheiden, die müssen nämlich ihre Mitgliedsgemeinden fragen – hier Ja sagen und dann wird es Ihnen auch noch vorgeworfen, da kann ich Ihnen nur sagen, dass so einfach die Welt auch nicht geht. Da können Sie sich darüber ärgern oder auch nicht, da waren Sie noch nicht hier, aber das Verfassungsgericht hat bei den Fragen Gebietsreform dort klipp und klar was festgeschrieben und daran haben wir uns alle zu halten. Ob das vor zehn Jahren noch andere Zustände waren in dem

Hause hier, mag ja sein. Da gab es noch viel kollegialeren Umgang, aber es ist halt so, wie es ist. Da muss man einfach festhalten, manche Dinge verändern sich auch, nicht immer nur zum Guten. Hier geht es darum – jedenfalls was die Innenleute und hoffentlich auch andere, wir sind die Hüter der kommunalen Familie –, dass sie auch ordentlich ihr Geld kriegen, die Kommunen zurzeit auch unterstützt werden,

(Beifall CDU)

ihnen das Geld nicht einfach weggenommen wird. Das wollte ich dem neuen Minister noch mal mit auf den Weg geben. Er kann ja nicht wissen, wie so manches hier gelaufen ist.

(Beifall CDU)

(Zwischenruf Abg. Dr. Lukin, DIE LINKE: Na, er war ja schon mal Minister!)

Herr Minister Holter hat noch mal um das Wort gebeten. Bitte, Herr Minister.

Frau Präsidentin! Lieber Herr Fiedler, ich bin für eine lebendige parlamentarische Debatte und das war mein Verständnis und es ist auch mein Verständnis und dabei wird es auch bleiben. Es gibt einfach Dinge, die kann man ganz ruhig und nüchtern diskutieren. Ich will Ihnen aber eines sagen: Wissen Sie, was Sie gerade gemacht haben? Sie haben ein starkes Argument für Ihre Fraktion geliefert, dem heutigen Gesetzentwurf zuzustimmen.