Alice Ströver
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Herr Strieder! Ganz konkret die Frage, die Herr Gaebler etwas umschrieben hat: Wie hoch sind die Einnahmen, die die Stiftung Denkmalschutz mit der Werbung am Brandenburger Tor hat gegenüber den nun zu erwartenden Kosten der Sanierung des Tores? Wenn ich mir noch eine Nebenfrage erlauben darf: Ist inzwischen die Entscheidung, mit welcher Farbe das Brandenburger Tor gestrichen werden soll, gefällt, und wie lautet das Ergebnis?
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist tatsächlich so: Seit 1992 wird darüber debattiert, ob unter den Bebelplatz eine Tiefgarage gelegt werden soll. Jetzt ist diese Planung so weit fortgeschritten, dass diese Baumaßnahme realisiert werden soll. Man hat nach langem Hin und Her einen Investor gefunden und das Ganze so konstruiert, dass es sich lohnt, obwohl wir alle wissen, dass sich Tiefgaragen in Stadtkernen überhaupt nicht lohnen – und in Berlin schon gar nicht. interjection: [Beifall bei den Grünen]
Der Konflikt mit dem Kunstwerk zur Bücherverbrennung war absehbar, nun ist er da. Es ist eine extrem missliche Situation, wie leider oft in solchen Fällen, dass wir sehr spät uns dieses Konfliktes bewusst werden, der hier angelegt ist: ein existierendes Kunstwerk – Herr Goetze, nicht eines, das entsteht, sondern schon da ist – steht gegen eine Bauplanung, die dort am Ort vorgesehen ist. Wir haben hier ein typisches Beispiel für mangelnde Sensibilität – übrigens auch des Bezirksamt, hier steht leider,
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Herr Brauer, die PDS, das Bezirksamt Mitte, in keiner Weise besser da in der Verantwortung als die Senatsverwaltung. Hier können sich alle an die Nase fassen, dass es ihnen in der Vergangenheit nicht gelungen ist, die Sensibilität dieses Themas verstanden zu haben, es insofern verabsäumt haben, all diese Fragen des Umgangs mit dem Kunstwerk an diesem Ort adäquat zu beraten. Jetzt drängt die Zeit. Ich kann nur sagen, wir hätten den ganzen Konflikt nicht, wenn wir dort darauf verzichten würden, eine Tiefgarage zu bauen.
Weder städtebaulich noch verkehrspolitisch ist diese Tiefgarage an diesem Ort notwendig.
Das weiß jeder, und mein Kollege Cramer sagt es mir natürlich immer wieder. Aber ich sage es Ihnen aus meiner ganz subjektiven Sicht. Diejenigen die mich kennen, wissen, dass ich eine Autofahrerin bin, und sie wissen alle, dass ich auch sehr häufig die Staatsoper besuche. Ich kann Ihnen sagen, es ist nicht nötig, zur Staatsoper mit dem Auto zu fahren.
Und wenn Sie fahren, meine Damen und Herren, sind wirklich in der Umgebung genügend Parkhäuser,
von denen Sie innerhalb von 10 Minuten die Staatsoper erreichen. Sie werden keinen Opernbesuch verpassen, weil Sie etwa keinen Parkplatz finden, wenn Sie schon mit dem Auto fahren wollen. Es fördert schließlich auch unser lokales Taxigewerbe. Es ist überhaupt kein Problem, die Staatsoper lebt seit anno dunnemal damit, dass es dort keine große Zahl von Parkorten gibt, ich finde, damit können wir wunderbar weiterleben.
Dann hätten wir diesen Konflikt nicht, dann könnten wir darauf verzichten, uns in womöglich sogar internationale Konflikte um die Arbeit eines israelischen Künstlers zu begeben. Wir müssen hier auf die besondere geschichtliche Verantwortung für den gesamten Platz hinweisen, das gilt nicht nur für das Denkmal von Micha Ullman; der ganze Platz war der Ort der Bücherverbrennung vom 10. Mai 1933. Es ist kein gutes Symbol, wenn wir diesen Platz umwandeln zur Abdeckplatte für eine Tiefgarage.
Ich glaube schon, Herr Goetze, und da habe ich eine ganz andere Wahrnehmung als Sie, dass, wenn wir dort eine Tiefgarage haben, die Ein- und Ausfahrten braucht, die Ablüftungsschächte hat etc. auch wenn Rücksicht genommen wird auf das vorhandene Kunstwerk, es nicht gut ist, wenn wir die Gesamtsymbolik dieses Kunstwerkes, das sich einbezieht in den Ort, zerstören. Ich könnte gut auf die geplante Entwicklung verzichten, denn man muss sagen, Herr Goetze, – er hört mir sowieso nicht zu, aber vielleicht die anderen Kollegen – –
Ja! – hier ist ein authentischer Ort, weil es eben nicht an jedem Ort in dieser Stadt Bücherverbrennungen gegeben hat. Mit dieser Bücherverbrennung verbindet sich eine besondere martialische, bestialische Art der Ignoranz der Nazis, mit dem geistigen Eigentum anderer umzugehen. Deswegen finde ich, kann man hier besondere Sensibilität von den Stadtplanern und Bauplanern in Berlin erwarten. Ich hätte mir gewünscht, dass das schon viel früher geschehen wäre, und kann nur hoffen, dass es uns jetzt noch gelingt, hier alle Beteiligten zur Einsicht zu bringen und Abstand zu nehmen von den bisherigen Planungen.
Ja, das ist mein letzter Satz, Herr Präsident! – Ich glaube, dass es uns gelingen sollte, auf die Tiefgarage zu verzichten. Wenn das nicht der Fall ist, weil ja davon die Rede ist, dass schon solche Verträge geschlossen worden sind, dass womöglich Regressansprüche der Investoren vorhanden sind, ehe man die ganzen sensiblen Fragen geklärt hat, dann ist es allerdings höchste Zeit, jeden Schritt, der jetzt getan wird, abzustimmen mit dem Künstler und entsprechende Beratungen vorzunehmen. Denn wir können nicht hinterher einen protestierenden Künstler haben in Berlin, der sich nicht mehr mit seinem eigenen Kunstwerk und dem Denkmal am Ort der Bücherverbrennung identifizieren kann.
Herr Senator Stölzl, ganz so rosig, wie Sie es geschildert haben, ist die Situation nicht, wie wir alle wissen, vor allem hinsichtlich der aufgelaufenen Schulden, der Defizite, die wir in den Theatern und Musiktheatern haben. Um die jetzt nur noch übrig gebliebene Minireform zu finanzieren, ist die Entschuldung und auch die GmbH-Gründung und vieles andere zu finanzieren, ungefähr in einer Größenordnung von 40 Millionen DM. Dazu sollten Liegenschaftsgrundstücke der Kultur veräußert werden. Vor diesem Hintergrund frage ich Sie: Wie viele Grundstücke sind Sie schon losgeworden? Wie viel Ertrag hat sich daraus ergeben, so dass Sie ihre Reform, wie sie jetzt noch dasteht, tatsächlich durchführen können?
Man muss schon die Tatsachen nennen, wie sie sind. Es pfeifen die Spatzen von den Dächern, dass die Philharmoniker, wenn Sie die neue Leitung inthronisiert haben, das Haus an den besten Tagen in der Woche bespielen wollen, sowohl den großen Saal als auch den Kammermusiksaal. Herr Stölzl, es geht nicht nur um die kleinen kommerziellen Veranstalter, die die Philharmonie mieten wollen, sondern es geht auch darum, dem DSO und dem RSB Auftrittsmöglichkeiten zu geben. Ich frage, ob Sie davon Kenntnis haben, dass die Wochenenden quasi schon vergeben sind und sich die anderen Orchester damit begnügen müssen, die Säle an den weniger einnahmeträchtigen Tagen zu bekommen. Als Schlussfolgerung frage ich noch, ob Sie nicht auch sehen, dass wir dann mit der Philharmonie und dem Konzerthaussaal am Gendarmenmarkt zu wenig Konzertsäle in Berlin haben. Wie gefällt Ihnen die Idee von Herrn Barenboim, zu sagen, der Saal im Flughafen Tempelhof eigne sich als konzertanter Saal? Wäre das nicht im Sinne unseres Vorschlages, auch die Love-Parade auf den Flughafen Tempelhof zu verlegen, ein idealer Punkt im Sinne von „Classic meets Techno“?
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich frage den Senat:
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1. Warum hat der Senat ohne jegliche öffentliche Ausschreibung das Metropol-Theater und den Admiralspalast in der Friedrichstrasse für einen Euro verkauft?
2. Wieso behauptet der Senat, keine Betreiber der Immobilie für eine Nutzung als Operettenhaus gefunden zu haben, wenn er gar nicht danach gesucht hat?
Können Sie mir mal sagen, da Sie zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht im Amt waren und jedenfalls damalige Nachfragen an Ihren Vorvorgänger, Herrn Radunksi, gerade das nicht erbracht haben, dass weltweit öffentlich gesucht worden ist, welches Verfahren gewählt worden ist, um für den Betrieb als Operettenhaus nach Interessenten zu suchen? Hat es da Briefwechsel gegeben? Wenn es keine Ausschreibung gegeben hat, auf welche Form hin ist es dann erfolgt?
Herr Senator! Da Sie nun gerade gesagt haben, dass Sie keinen Operettenbetreiber gefunden haben, haben Sie offensichtlich nach einem Musicalbetreiber gesucht. Davon gibt es aber mehr als einen, mit dem Sie dann verhandelt haben. Deswegen frage ich Sie noch einmal, warum Sie nicht wenigstens eine Ausschreibung gemacht haben, die dann so gefasst war, dass es auch weltweite Musicalbetreiber einbezieht. Ich stelle diese Frage vor dem Hintergrund, dass nach vorliegenden Informationen sich das Investitionsvolumen von 60 Millionen DM ergeben hat, das der jetzige Betreiber zahlen will. Das ist dann aber sehr preiswert, wenn man sieht, dass er dabei nur 180 Spieltage mit 60-prozentiger Auslastung zu Grunde gelegt hat. Da gibt es sicherlich weltweit wirtschaftlich potente Betreiber, die dies auf einer höheren Größenordnung veranschlagt und deshalb auch mehr bezahlt hätten, um dieses Haus mit Musicals attraktiv zu bespielen. Warum haben Sie nicht weltweit nach Musicalbetreibern gesucht?
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Anders als es Herr Girnus dargestellt hat, bin ich überhaupt keine Vertreterin einer Debatte über die bezirkliche Kulturarbeit hier im Plenum. Man sieht, dass die geringe Aufmerksamkeit dem Thema nicht gerecht wird. Wir hätten besser daran getan, zum Thema des Berichts über die aktuelle Situation der bezirklichen Kulturarbeit ausführlich im Kulturausschuss zu verhandeln. Dann wäre diesem Thema die Aufmerksamkeit zugute gekommen, die ihm zusteht. Aber ich bitte Sie deswegen herzlich darum, wenigstens an dieser Stelle – und weil es heute unsere letzte Rederunde ist – noch einmal zuzuhören. Es steht uns auch gut an, an dieser Stelle den Bezirken für diesen Bericht einmal herzlich zu danken. Es ist der fünfte Bericht, den sie uns Jahr für Jahr immer in mühevoll und dezidiert ausformulierter Art und Weise zur Verfügung stellen und uns schildern, wie sich die Entwicklung der bezirklichen Kulturarbeit in den einzelnen Bezirken darstellt.
Erstmals im Jahr 2000 – und das haben die Vorredner aus den anderen Fraktionen schon gesagt – hat es den zentralen Landestopf von 1 Million DM gegeben. Man kann so eindeutig, wie es jetzt Frau Kasten getan hat, nicht sagen, es ist alles bestens gewesen, wie das Geld in den Bezirken verwendet worden ist. Nein! Es ist zum Teil sehr gut gewesen, weil man sagen konnte, es wurden wirklich neue Projekte, einzelne kleine Projekte in den Bezirken finanziert zusätzlich zu den allgemeinen Aufgaben der Kulturarbeit dort. Aber in anderen Bezirken ist es so, dass das Geld dazu genommen worden ist, den ursprünglichen bezirklichen Topf zu verringern und einfach die Mittel zu ersetzen. Das kann wohl nicht im Sinne des Erfinders sein. Hier ist von allen Fraktionen zu appellieren, darauf Wert zu legen, dass dieses Geld als zusätzliche Mittel verwendet werden.
Ja, man kann hier auch Ross und Reiter nennen. Im Jahr 2000, um Ihnen das nur einmal in den Zahlen, die uns hier in dem wunderbaren Bericht vorgelegt worden sind, zu sagen, gibt es eine ziemliche Spannbreite, wieviel Geld pro Bürger für die Kultur in den Bezirken ausgegeben wurde. Und die Spannbreite liegt zwischen 96 Pfennig pro Bürger und Jahr und 12,67 DM. 96 Pfennig pro Bürger und Jahr wurden im Jahr 2000 im Bezirk Tempelhof ausgegeben.
Das ist bei einem mit überbezirklichen Kulturinstitutionen so schwach ausgestatteten Bezirk wie Tempelhof ein ausgemachtes schwaches Bild.
Es kann nicht sein, dass die Gelder, die wir zentral geben, jetzt für die Tempelhofer Frühlingsfeste verwendet werden und nicht für ernste und seriöse und qualifizierte bezirkliche Kultur.
Die Spannbreite ist groß. Man muss auch positiv benennen, dass im Prinzip noch in den östlichen Bezirken erheblich mehr Mittel für die Kultur und im Personalbereich aufgewendet werden. Das wird sich sicher in den nächsten Jahren weiter ändern, denn man kann sagen: Insgesamt gehen alle Zahlen zurück. – Das ist eigentlich das Tragische an diesem Bericht, dass man sagen
kann: die Entwicklung, so wie sie sich momentan abspielt, zeigt – ob in den Kulturämtern, ob in den Bibliotheken, ob in den Musikschulen oder Volkshochschulen –, überall werden die Etats gekürzt, und zwar drastisch. Schon wieder ist der Bezirk Tempelhof ein schlechtes Beispiel, weil dort, im fusionierten Tempelhof-Schöneberger Bezirk, jetzt zwei Bibliotheksstandorte geschlossen werden sollen. Das kann nicht der Sinn der Sache sein.
Es ist tatsächlich so, dass diese 1 Million DM zentraler Mittel nur ein Tropfen auf den heißen Stein sind. So gut eine Vernetzung mit neuen Technologien zwischen den Bezirken ist, aber wenn die Bezirke kein Geld mehr haben, um neue Medien, Bücher und anderes anzuschaffen, die die Leute dann zentral abrufen, dann sind wir an einem Punkt angelangt, wo wir uns überlegen müssen: Wie können wir an dieser Situation etwas ändern? – Ich will mich hier der Äußerung von Herrn Girnus ausdrücklich anschließen. So wie es mit der Globalbudgetierung momentan in den Bezirken läuft, ist vollkommen klar, es geht zu Lasten der freiwilligen Bereiche, weil die Pflichtbereiche das ganze Geld schlucken. Das kann es aber nicht sein, schon gar nicht dann, wenn man der Auffassung ist, dass die Stadt sich kulturell präsentieren will. Das Image, die Atmosphäre dieser Stadt sind geprägt durch die Kultur, nicht nur durch die Kultur, aber auch durch die Kultur. Dann ist das eine Pflichtaufgabe, die in den Bezirken anfängt. Ich hätte schon längst unser altes Gesetz reaktiviert, wenn es von Seiten der anderen Fraktionen ein Signal gäbe, dass man sagt: Ja, wir sehen diese desaströse Entwicklung, und wir würden versuchen, durch ein Landeskulturgesetz, das die Bezirke verpflichtet, eine Art von Mindestausstattung doch beizubehalten. Das unterstützen wir, weil wir wollen, dass da, wo die Ausstrahlung der Stadt als Ganzes beginnt – und das ist in den Bezirken –, die Kultur weiter erhalten, weiter entwickelt wird.
Es geht gar nicht darum, von außen in die Bezirke hineinzuwirken und zu indoktrinieren. Es geht wirklich darum, so etwas wie eine Breite herbeizuführen, die den Zugang für alle ermöglicht, an den bezirklichen Kulturangeboten teilzuhaben.
Es kann auch nicht angehen, dass – wie es sich jetzt darstellt – die Bezirksstrukturen nach der Bezirksfusion im Bereich Kultur vollkommen chaotisch sind. Sie finden die Kulturämter zum Teil bei der Bildung ressortiert, sie finden die Kulturämter zum Teil – mit Sport zusammen, und und und. Ich finde, hier ist eine Chance vertan worden. Ich würde mich sehr freuen, wenn man da, wo die Strukturen in den fusionierten Bezirken noch nicht festgelegt worden sind, die Kulturinstitutionen einheitlich zusammenfasst. Das hätte nämlich zur Folge, dass man da gemeinsam und kooperativ zwischen den Bezirken wirken kann. Dann hätten wir eine Kraft für die bezirkliche Kultur, die der ganzen Stadt nütze wäre. – Vielen Dank!
Meine Frage richtet sich an Herrn Senator Stölzl: Am 18. Februar dieses Jahres wird die „Galerie der Romantik“ im Schloss Charlottenburg endgültig geschlossen. Können und werden Sie verhindern, dass die drei
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berühmten Bilder von Caspar David Friedrich, über deren Eigentum zwischen der Stiftung Schlösser und Gärten und dem Preußischen Kulturbesitz seit Jahren heftig gestritten wird, dauerhaft das Schloss Charlottenburg verlassen oder gar im Depot landen?
Offensichtlich hat einmal ein beharrendes Nachfragen eine Wirkung und ein erfreuliches Ergebnis gebracht. Mich interessiert noch, welche Haltung Sie zu diesem Streit einnehmen. Gehören die Bilder an ihren angestammten Platz im Schloss oder in das Museum auf die Museumsinsel?
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich halte eine förmliche Entschuldigung von mir und von Herrn Lehmann-Brauns für angemessen – er wird es sicherlich gleich selbst tun –, weil wir hier zum Aufruf des Tagesordnungspunktes nicht ordnungsgemäß anwesend waren. Herr LehmannBrauns wird sofort bestätigen können, dass es tatsächlichen einen großen Berg kulturpolitischer Probleme und Themen gibt, mit denen wir jeden Tag in großer Menge befasst sind. Es kommt dann manchmal leider vor, nicht pünktlich zu einem Sonderthema zu erscheinen. Ich bitte darum, uns zu vergeben!
Bitte, bitte! – Niemand von uns, Herr Radebold, und ich am allerwenigsten, hat das Interesse, das Thema Wachturm zum wiederholten Mal auf die Tagesordnung zu setzen. Ihr nochmaliger Hinweis war aber gut, dass in den Hintergrundgesprächen der letzten Parlamentssitzung von Seiten der Bauverwaltung und der Stadtentwicklungsverwaltung keine ordnungsgemäße Auskunft über den wirklichen Standort des Wachturms gegeben worden ist. Die Fraktionen haben im Nachhinein gesehen, dass die Nichtzustimmung zu unserem damaligen Antrag tatsächlich ein Fehler gewesen ist.
Vor diesem Hintergrund müssen wir heute, weil die Zeit drängt, dieses Thema noch einmal auf die Tagesordnung setzen. Dies geschieht erst recht angesichts des frevlerischen Abrisses des letzten Wachturms, der sich am Checkpoint Charlie befunden hat. Nun fahren die Reisebusse daran vorbei und finden gar nichts mehr!
Das ist eine Zumutung! Es wird unverhohlen damit fortgefahren, die letzten Spuren der unmenschlichen Teilung der Stadt zu eliminieren. Bei allem Interesse an Neukonstruktionen und Hochglanz in dieser Stadt gehören die Spuren der Teilung zu der ganz komplizierten Vergangenheit Berlins dazu. Diese kann man eben nicht durch Glasbausteine tilgen. Es ist unsere Pflicht und Schuldigkeit, diese wirklich letzten verbleibenden Reste der Teilung hier auch kenntlich zu halten.
Ich habe gerade im Deutsche-Welle-Fernsehen einen Bericht gesehen, in dem noch einmal der Besuch von 130 000 amerikanischen Touristen in Berlin im vergangenen Jahr gelobt wurde.
Es ist eine enorme Steigerung gegenüber den Vorjahren. Diese Menschen haben zu 100 % als Berlinbesucher artikuliert, dass sie in erster Linie herkommen, um die Spuren der Teilung und die Entwicklung der Stadt als wiedervereinigte Stadt zu sehen. Das ist ihr ursprüngliches und originäres Interesse. Vielleicht sollte das als Argument Herrn Strieder und seine Verwaltung überzeugen, diesen Wachturm als wirklich letztes Rudiment in dieser Stadtmitte zu erhalten.
Wir haben unserem Antrag – deswegen ist es leider so kompliziert – noch einmal diese Skizze, die wir aus der Bauverwaltung bekommen haben, angehängt. Aus dieser wird deutlich, dass das, was bei der letzten Sitzung noch galt: eine Tiefgarageneinfahrt braucht eine schräge Zufahrt, nun nicht mehr gilt. Das ist merkwürdig! Investoren haben damals gesagt, dass eine Tiefgarageneinfahrt schräg sein müsse, damit auch Lastwagen hineinfahren könnten. Komischerweise ist die Bauplanung – das sieht man jetzt – zwischenzeitlich geändert worden. Die Einfahrt ist nun nicht mehr schräg. Die Variante 2 aus der Bauverwaltung sieht nun plötzlich eine gerade Einfahrt zur Tiefgarage vor. Just diese gerade Einfahrt ist aber nun nach genauen Vermessungen diejenige, die – weil das eine entsprechende Straßenpflasterung erfordert – auf Grund der Straßenpflasterung dem Wachturm im Wege wäre.
Man wird den Verdacht nicht los, dass dieser Verwaltung als Argument nichts dämlich genug ist, um diesen Wachturm dort wegzubekommen. Deswegen werde ich auch etwas zickig, weil es auch den Investoren gut anstünde, offensiv mit ihrer Baumaßnahme an diesem Standort zu werben und diesen Wachturm als eine Dokumentation des historischen Erbes dieser Stadt bewusst und prägend vor ihr Gebäude zu stellen.
Ich finde es ausgesprochen schade, dass dieser Änderungsantrag der Koalition, der offensichtlich auf Initiative der SPD entstanden ist, wieder nur einen Prüfauftrag enthält und wieder die Möglichkeit des Umsetzens oder Abtragens beinhaltet. Vielleicht können Sie doch unserem Antrag folgen, damit wir uns nicht erneut auf einen solch weichen Änderungsantrag verständigen müssen. Das hielte die Stadtentwicklungsverwaltung doch nicht in ihrem Verfahren auf. – Vielen Dank!
So sehr wir uns über das wirklich freudige Ereignis freuen und uns beim Bund herzlich bedanken, dass er die Hälfte des Risikos trägt, möchte ich Sie, Herr Regierender Bürgermeister, doch fragen, welche verbindlichen Zusagen Sie bei den Verhandlungen machen können, dass das Geschäft auch tatsächlich stattfinden wird und Berlin für die Hälfte der aufzubringenden Summe, nämlich 200 Millionen DM, in die Verantwortung treten wird. Welche Signale gibt es als verifizierbare
Signale aus der Wirtschaft, von privaten Spendern oder von dem Berliner Finanzsenator, dass diese Mittel in absehbarer Zeit aufgebracht werden?
Herr Regierender Bürgermeister! Jetzt bin ich doch etwas stutzig geworden, denn der Leihvertrag ist gerade erst bis zum Jahr 2016 verlängert worden. Vor diesem Hintergrund möchte ich Sie noch einmal fragen: Handelt es sich bei den jetzigen Verkaufsverhandlungen um echte Verkaufsverhandlungen, oder handelt es sich gar um so etwas wie Dauerleihgabefinanzierungen – also Leihgebühren? Ist mit der Summe von 400 Millionen DM, die jetzt im Raum steht, das ganze Prozedere dann auch finanziell gedeckelt?
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich frage den Senat:
1. Welche Gründe sind für die Verzögerung des Umzugs des Landesarchivs Berlin in die Räume am Standort Eichborndamm verantwortlich, und warum muss deswegen das Landesarchiv vom 1. Dezember 2000 bis zum Herbst 2001 geschlossen werden?
2. Wie beurteilt der Senat die Tatsache, dass durch diese Schließung für mindestens neun Monate u. a. die Claims Conference und die Stiftungsinitiative der deutschen Wirtschaft zur Zwangsarbeiterentschädigung fundamental an der Wahrnehmung ihrer gesetzlichen Aufgaben gehindert sind?
Herr Senator Stölzl! Können Sie mir sagen, warum der Vertrag für die Nutzung des Standorts Eichborndamm erst im Sommer 2000 unterzeichnet wurde, obwohl alle wussten, dass der dortige Investor ein Jahr Vorlaufzeit braucht, um das Haus benutzungsfähig zu machen? Warum hat man nicht sofort versucht, Ersatzflächen zu finden, um diese Übergangssituation der Schließung zu überbrücken? Diese wird nicht im Juni 2001 beendet sein, sondern eine Wiedereröffnung des Landesarchivs wird frühestens am 1. Oktober oder 1. November des Jahres 2001 zu erwarten sein.
Offensichtlich fühlen Sie sich nicht für Ihre Verwaltung verantwortlich oder zuständig. Das Ganze kommt einem Schildbürgerstreich gleich. Glauben Sie wirklich, dass bei einem Aktenbestand von 30 km die Nutzung in einem Depot im Westhafen denkbar ist, um die Arbeit von Standesämtern, Gerichten, Claims Conference und Zwangsarbeiterstiftung weiterhin sicherzustellen?
Herr Stölzl! Da es sich bei einem Landesarchiv nicht um ein Museum, sondern um eine Institution handelt, die gesetzliche Aufgaben zu erfüllen hat, frage ich Sie noch einmal nach dem konkreten Wiedereröffnungstermin. Wann wird die direkte Nutzung durch die Interessenten und nicht nur die Auskunft durch die Mitarbeiter des Landesarchivs tatsächlich möglich sein? Wenn Sie mit der Jewish Claims Conference gesprochen hätten, wüssten Sie, dass diese es ganz anders sehen. Sie sagen nämlich: Wir müssen die Originalakten selbst einsehen, um unsere Arbeit adäquat leisten zu können.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es wäre klasse, Herr Rogall und die große Koalition, wenn Sie auch zu diesem Tagesordnungspunkt wirklich Geschlossenheit gemeinsam mit der Opposition und noch besser mit und zu unserem inhaltlichen Antrag zeigen würden. Es ist leider immer noch so, dass wir uns mit den letzten verbleibenden Resten der Grenzanlagen der DDR beschäftigen müssen. Und ich halte es ehrlich gesagt für einen relativ bedauerlichen Zustand, dass es uns bis heute nicht geglückt ist, die wenigen noch verbleibenden Reste vollständig unter Denkmalschutz zu stellen. interjection: [Unruhe – Glocke des Präsidenten]
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Ich denke, das wäre eigentlich das Gebot der Stunde gewesen: Wir stellen den Denkmalschutz her für die verbleibenden Mauerreste und für die verbleibenden Wachtürme. Dann müssten wir uns nicht ständig wieder über Einzelfragen hier im Parlament auseinandersetzen.
Sie werden sich vielleicht fragen, um welchen Wachturm es sich handelt, und ich wette, die Hälfte von Ihnen weiß nicht, um welches Objekt es sich handelt, obwohl es ein Objekt ist, das nur 50 Meter von uns hier entfernt steht auf einem bisher noch nicht entwickelten Gelände. Und es ist tatsächlich so, dass dieser Wachturm nur deswegen noch steht, weil er im Verborgenen stand, weil er noch von Grün umwuchert war und weil sich deswegen niemand um ihn gekümmert und für ihn interessiert hat außer einer Person, und das ist der Eigentümer des Wachturms, Erich Stanke. Nun hat sich seit anderthalb Jahren dort eine Entwicklung vollzogen, dass Investoren gesucht werden und in dem Gelände eine Erschließungsstraße zum Bundesrat gebaut werden soll. Schon damals, im April 1999, standen wir vor Ort am Potsdamer Platz, um zu verhindern, dass dort die Mauerstücke abgerissen würden. Es ist uns nicht geglückt. Schon damals konnten wir bedauerlicherweise die große Koalition nicht überzeugen, dass es wichtig ist, die ganz wenigen unmittelbar in der Stadtmitte noch vorhandenen Mauerreste in Gänze zu sichern. Ein kleines Stück steht noch, und was eben auch noch steht ist der dahintergesetzte Wachturm. Nun ist die Situation entwickelter, jetzt soll diese Erschließungsstraße gebaut werden. Es ist so, dass damals der damalige Bausenator Klemann übrigens unserer Auffassung gefolgt ist und den Wachturm nicht angerührt hat.
Wir sind darüber sehr froh. Umso trauriger ist es, dass nun heute der SPD-Senator Strieder wieder sich an den Wachturm heranmacht und diesen Wachturm abreißen will.
Dabei muss man sich die Argumente, die in den letzten Wochen von Herrn Strieder gekommen sind, um diesen Abriss zu legitimieren, einmal ganz genau vor Augen führen. Das erste Argument war, städtebaulich sei der Wachturm der städtebaulichen Planung für das Oktogon des Leipziger Platzes im Wege. Ich kann Ihnen sagen: Es stimmt nicht, weil das Oktogon überhaupt nicht betroffen ist. Die unmittelbare Bebauung des Leipziger Platzes spielt keine Rolle. Das zweite Argument, das Herr Strieder gebracht hat, war, die Erschließungsstraße sei betroffen, sie sei so breit, dass der Wachturm im Wege stehe. Auch das ist ein Argument, das nicht zieht. Der Wachturm steht überhaupt nicht auf der Straße. Er steht auf dem Gehweg, und er steht so auf dem Gehweg, dass rechts und links der gesetzlich vorgeschriebene Platz ist, um zum Beispiel mit Kinderwagen oder mit einem Rollstuhl daran vorbei zu fahren. Also auch dieses Argument zieht nicht. Das dritte Argument war die Investorenbebauung auf der Fläche, wo der Wachturm steht. Dort würde eine Tiefgarage gebaut, und der Wachturm stünde der Ausfahrt der Tiefgarage im Wege. Ich habe die Bebauungsunterlagen des Investors mitgebracht; die Firma Walter-Bau hat uns die Unterlagen zur Verfügung gestellt. Dort sehen Sie, die Ausfahrt ist neben dem Wachturm. Auch hier kein Argument für den Abriss dieses Wachturms.
Offensichtlich stören Herrn Strieder oder die Bauverwaltung allein ästhetische Gesichtspunkte und sonst nichts. Ästhetik steht hier gegen den Erhalt eines Dokuments der baulichen Trennung Berlins. Hier ist staatsbürgerliche Pflicht gefragt und kein Herumlavieren, und ich bitte Sie, meine Damen und Herren von der großen Koalition: Lassen Sie nicht mit Ihrem Antrag alle Möglichkeiten offen und erst recht keine
Disneylandlösung, etwa die Umsetzung dieses Turms vor unser Abgeordnetenhaus. Stimmen Sie dem Denkmalschutz und stimmen Sie dem Erhalt dieses Wachturms zu!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Frau Neef! Sie müssen mir wirklich erklären, wie Ihr Antrag zu verstehen ist. Wenn da steht: Das Abgeordnetenhaus fordert den Senat auf, den Wachturm der DDR-Grenztruppen auf dem Gelände zwischen Stresemannstraße, Leipziger Platz, Bundesrat und Abgeordnetenhaus von Berlin im Straßenbild dieses Areals zu erhalten –, dann ist das die Lizenz zum Abräumen. interjection: [Landowsky (CDU): Ach Quatsch!]
Und zwar heißt das, der Wachturm wird von dort weggebracht und wird innerhalb dieses Areals umgesetzt. Die Pläne von Herrn Strieder bestehen darin, ihn hier vor das Abgeordnetenhaus zu setzen oder vielleicht will er ihn auch an den Leipziger Platz, in die Mitte des Oktogons stellen, wer weiß es schon?
Ja, das ist so. Es gab damals so Verrückte, die haben so etwas gekauft.
Dies bedeutet, dass man die Zustimmung des Eigentümers braucht, um den Wachturm woanders hinzusetzen. Das bedeutet, wir verlieren hier das von Herrn Lehmann-Brauns und Frau Neef gerade benannte wichtige Zeugnis über die Teilung der Stadt an einem zentralen Ort. – Vielen Dank!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Verehrter Herr Wowereit! Es freut mich, dass Sie wenigstens den Vorschlägen des Kultursenators Aufmerksamkeit schenken und Folge leisten wollen, denn auf Ihre eigenen Vorstellungen warte ich ja bis heute. Ich habe jedenfalls in den vielen Gremien, in denen wir zusammen sitzen, von Ihnen noch keinen Vorschlag gehört.
Berlin gibt einmal mehr kein gutes Bild ab in der aktuellen Debatte um die Kulturentwicklung. Es zeichnet sich ein düsteres Bild ab: Es ist keine echte finanzielle Konsolidierung des Kulturetats in Sicht. Der Haushalt ist zum Skelett zusammengekürzt. Finanzielle Variablen gibt es keine mehr. – Die finanzielle Unterdeckung des Kulturetats macht deutlich, dass die Kulturpolitik von der Mehrheit in diesem Hause nicht geliebt, sondern allenfalls für mehr oder weniger repräsentative Vorstellungen geduldet ist.
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Wer über Kultur in Berlin diskutiert, der muss wissen – und das sehe ich wie die vielen Redner vor mir –, welchen Schatz die Kulturpolitik zu betreuen hat. Es geht eben nicht nur um drei Opernhäuser und vier staatliche Theater und zwei Landesorchester, sondern um den gesamten Kulturbereich der Stadt.
Wenn wir über die Berliner Kulturlandschaft sprechen, dann müssen wir auf die große und reichhaltige kulturelle Vielfalt der Stadt verweisen. Doch leider zeichnet sich hier Schlimmes ab. Der Kultursenator vernachlässigt viele kleinere kulturelle Projekte und Institutionen und die Förderung einzelner Künstlerinnen und Künstler und kürzt die wenigen disponiblen Mittel zu minimalen Alibititeln zusammen. Hier hat die Kulturpolitik genauso viel versäumt wie im Bereich der großen Institutionen. Klar ist, wenn es so weitergeht, haben wir demnächst keine freie Künstlerförderung mehr in Berlin, dann haben wir keine Atelierförderung mehr in Berlin, Herr Wowereit, dann ist die Kulturpolitik degradiert zu einem Weiterfinanzieren des Bestehenden auf niedrigem Niveau. Dann müssen wir den Anspruch, finanzielle Hilfe für junge, innovative Kunst bereitzustellen, aufgeben.
Wir haben Senator Stölzl aufgefordert, die Bestandsaufnahme der Berliner Bühnensituation zu liefern, und wir haben sie als Grundlage akzeptiert. Akzeptiert für die daraus abzuleitenden Konsequenzen, doch was daraus geworden ist, ist nur ein herzloses Bürokratenpapier.
Herr Senator Stölzl! Ich mache Ihnen einen Vorschlag: Werfen Sie dieses sogenannte Bühnenstrukturkonzept in den Papierkorb und fangen Sie von vorn an.
Versammeln Sie Kritiker und Berufene, auch die Pöstchengeier, und echte Experten an einem runden Tisch. Laden Sie Betroffene, Gewerkschaften und Staatsminister Naumann dazu ein,
am Besten gleich noch den Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestages und lassen Sie all diese Personen gemeinsam, vielleicht auch mit uns, beraten. Decken Sie die Finanzmisere schonungslos auf, leisten Sie den finanziellen Offenbarungseid, lassen Sie uns gemeinsam beraten, was Berlin an kultureller Substanz braucht und wie diese geschaffen beziehungsweise erhalten werden kann. Eine solche konzertierte Aktion Kultur, Herr Senator Stölzl, ist das einzige, was Sie noch retten kann.
Herr Stölzl! Sie sind jetzt 200 Tage im Amt. Nach 100 Tagen hat man mich kritisch gefragt, ob ich nicht meine negative Kommentierung zu Beginn Ihrer Amtszeit revidieren müsse. Ich habe damals gesagt: 200 Tage Amtszeit werden die Marge sein, nach der man sagen kann, ob das, was Sie tun, Erfolg versprechend ist oder nicht. – Ich habe Recht behalten.
dass Sie gar nicht hingehört haben, was Ihre glücklose Vorgängerin zu ihrem raschen Abgang erklärt hat. Jetzt ist guter Rat
teuer. Deshalb sage ich: Leisten wir uns dieses Moratorium, damit am Schluss ein substantielles Konzept steht, was von allen mitverantwortet werden kann.
Allzuviel Zeit haben wir dennoch nicht. Wir haben als Parlamentarier die Pflicht, jetzt die Voraussetzungen für echte Strukturreformen zu schaffen. Ein Abfindungsfonds und ein Personalüberhangpool müssen zügig eingerichtet werden. Hier könnten die Herren Stölzl, Kurth und Wowereit endlich einmal Mut und Handlungsbereitschaft beweisen. Doch noch steht kein Abfindungsfondsetat im Haushalt und auch kein Überhangpersonalpool. Das muss sich schleunigst ändern.
Schon hört man, das muss ich hier wirklich weitergeben – ich hoffe, das wird hier gleich dementiert von Herrn Senator Stölzl –, vom geplanten Verkauf der Werkstätten und anderer Funktionsgebäude der Staatsoper in der Französischen Straße, weil alles nach Ihrem Konzept an die Deutsche Oper verlegt werden soll. Das wäre der Gipfel der Perversion. Staatsoper-Gebäude werden verkauft, um die eigene Abwicklung zu finanzieren. Man hat den Eindruck, Sie opfern die Staatsoper auf dem Altar des Sparens. Das aber werden wir nicht zulassen!
Die Staatsoper Unter den Linden so mir nichts dir nichts zur Abwicklung freizugeben, zeugt von einem hohen Maß an Ignoranz gegenüber der Tradition und der heutigen Leistung dieses Hauses. Wer bei den beiden Orchestern 77 Stellen kürzen will, ohne exakt zu sagen, wie viele in welchem Orchester, der will die Staatskapelle in den Graben versenken. Das ist aber das Ende der Staatskapelle als Konzert- und Opernorchester. Wie absurd das ist, zeigt ein Blick auf die Zahlen, denn die Staatsoper hat die höchsten eigenen Einnahmen in ihrem Etat und darauf wollen Sie jetzt verzichten, also ist dieses Modell doppelt unsinnig.
Das Modell Berlin-Ballett ist tot, ehe es überhaupt begonnen wurde. Schon wurden den Ballett-Mitgliedern an der Komischen Oper gekündigt. Das Rumpfmodell eines Ballettes, das Sie jetzt in das Spiel bringen, wird dazu führen, dass Sie mit einem 88-Personen-Ensemble drei Opernhäuser weder mit einem eigenständigen Ballett werden bespielen können noch die Ballette zu den klassischen Opern tanzen können. Das ist Ballettruinierung, nicht Ballettentwicklung.
Das alles für eine Einsparung in Höhe von 10 Millionen DM insgesamt, unter der Voraussetzung von Tarifausgleichsystemen durch den Landeshaushalt. Ich habe weder von den Vorrednern – nicht von Herrn Wowereit, auch nicht von den anderen Kollegen – auch nicht von Ihnen Herr Stölzl, etwas darüber gehört, ob der Senat und die große Koalition überhaupt willens sind, die jährlichen Tariferhöhungen beizubringen. Wenn nicht, dann wird mit Ihrem Papier nur zerstört, aber nichts gerettet. Hätten wir den Tarifausgleich für die Häuser bereits heute, dann wären ja bereits heute die größten Finanzprobleme gelöst.
Meine Damen und Herren! Niemandem in dieser Stadt ist damit gedient, dass Gerüchte über antisemitische Äußerungen kursieren, ohne dass diese belegt werden. Ich erwarte von jedem, der so gravierende Äußerungen im Zusammenhang mit der Anwesenheit von Daniel Barenboim in Berlin verbreitet, diese zu belegen. Wenn das nicht geschieht, kann ich diese Äußerungen nur als üble Denunziation zurückweisen.
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Sollte eine Person, die sich in einer öffentlichen Position befindet, diese Äußerung tatsächlich getan haben, dann gehört diese Person schnellstens aus dem öffentlichen Dienst und aus dieser Position entfernt. Das ist eine politische Entscheidung, die wir einfordern. Ohne Beweise kann ich jedoch Herrn Roloff-Momin nur nachdrücklich zum Schweigen auffordern.
Eine peinliche Rolle hat auch der CDU-Fraktionsvorsitzende gespielt, als er nach anfänglichen Dementis zugegeben hat, dass er vom Gegensatz des Jung-Karajans Thielemann zum Juden Barenboim geredet hat.
Das ist schlimm. Das ist primitiv und das ist dämlich, denn Daniel Barenboims künstlerische Arbeit in Berlin hat nichts mit seiner Religion zu tun. Herr Landowsky, ich fordere Sie nachdrücklich auf: Hören Sie auf damit, die Religion einer Person zur Beschreibung und Bewertung ihrer Arbeit heranzuziehen.
Mit solchen Äußerungen schaden Sie der Politik, der Kultur und der ganzen Stadt.
Wir haben gestern Daniel Barenboim besucht, weil wir es nicht unwidersprochen lassen wollten, wie dieser Künstler hier in Berlin abgefertigt wird. Er hat es nun wirklich nicht nötig, in Berlin um einen Posten zu betteln.
Der Umgang mit Daniel Barenboim ist skandalös
und hat mit einer seriösen künstlerischen Diskussion um die Zukunft der Berliner Opern nichts zu tun. Deswegen raten wir allen Beteiligten dringend, zu einer sachgerechten Diskussion zurückzukehren, weil alles andere Berlin und seine Politik endgültig in Verruf bringt.
[Beifall bei den Grünen – Landowsky (CDU): Na, so eine furchtbare Rede! – Dr. Steffel (CDU): Das war schwach! – Landowsky (CDU): Das war ja noch flacher als Girnus!]
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Grütters! Es zahlt sich nicht aus, wenn man als Opposition konstruktiv mitarbeitet. Wir haben erlebt, wie Herr Wowereit argumentiert hat, wie Herr Lehmann-Brauns argumentiert hat, wie Sie selbst argumentiert haben. Aber es ist gut, dass Sie selber sagen, dass Sie es besser wissen. Auch der Kultursenator weiß, dass wir Vorschläge unterbreitet haben, wie man das Problem in den Griff bekommen könnte. Ich kann sie hier gerne noch einmal wiederholen, denn es ist unstrittig, dass wir diese Strukturreform benötigen. Wir brauchen diese Reform, weil sie 10 Jahre versäumt worden ist, nicht etwa, weil wir die Verantwortung hatten, sondern die gleichen, die heute diese Strukturreform als unbedingt notwendig erklären. Sie haben dieses Dilemma zu verantworten und nicht wir.
Vor diesem Hintergrund, Herr Stölzl, bedaure ich, dass Sie – im Gegensatz zu mir, die ich meine Reden immer selber schreiben muss – Ihre Rede nicht selber schreiben konnten. Ihre selbst geschriebenen Reden sind wirklich viel besser gewesen. Aber diese heutige Rede habe ich schon von Herrn Radunski gehört, über die Vielfalt der Berliner Kultur, es war sozusagen eine Rede 08/15, wie wir sie schon aus anderem Munde gehört haben.
Bei Roloff-Momin war ich noch nicht hier im Hause, aber es ist wohl so.
Das Hauptproblem ist, Frau Grütters, – das hat auch den Unmut der Betroffenen, der Experten ausgelöst – dass man so ein Strukturpapier nicht als Bürokratenvorlage der Verwaltung verbreitet. Man lässt so ein Papier vielleicht aus der Verwaltung erarbeiten, stellt es aber natürlich dann als Entwurf echten Experten und Betroffenen erst einmal zur Diskussion und geht damit erst nach dieser Beteiligung an die Öffentlichkeit. Hier hat der Senator einen gravierenden strukturellen Fehler im Verfahren gemacht. Dass Sie taktisch so unklug gehandelt haben, Herr Stölzl – Sie sind doch immer ein so ausgewiesen ausgeglichener Mann –, macht dann eben doch deutlich, dass Sie vom politischen Geschäft noch nicht so viel verstanden haben. Es wäre viel besser gewesen, Sie hätten die Gewerkschaft und alle Beteiligten so früh ins Boot geholt, um dann vielleicht ein konstruktives Ergebnis am Ende zu erreichen.
Unsere Vorschläge laufen vor allem darauf hinaus, als Kriterien für die Struktur der drei Opernhäuser die künstlerische Autonomie ins Zentrum zu stellen. Das heißt dann ganz klar, dass die drei Opernhäuser weiter bestehen bleiben müssen. Vor diesem Hintergrund können Sie sich, Herr Wowereit, Herr Stölzl und Herr Lehmann-Brauns, einmal auf die Sprachregelung der großen Koalition zu dieser Frage einigen. Herr Wowereit spricht von einer „Fusion“, die anderen sprechen irgendwie von einer „Art Kooperation“. Wir müssen uns wohl darauf einrichten, es wird auf eine Fusion hinauslaufen, was dann bedeutet, dass die künstlerische Frage in den Hintergrund tritt. Die künstlerische Autonomie von drei Opernhäusern wird in Berlin aufgegeben. Und das ohne Not, denn ich habe hier von Ihnen noch nicht gehört – ich würde mich sehr darüber freuen –, ob der ersten Prämisse gefolgt wird, die in diesem Papier formuliert ist, nämlich dass künftig die Tarife gezahlt werden. Können Sie es für die nächsten 5 oder 10 Jahre zusagen? Niemand hat mir in dieser ganzen Debatte die Frage bisher beantwortet. Vor diesem Hintergrund stellt sich natürlich die ganze Absurdität des Verfahrens noch viel stärker heraus, denn hätten wir in den letzten drei Haushaltsjahren die Tarifangleichungen gehabt, wären wir mit den Staatsbühnen heute nicht in dieser katastrophalen Situation,
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sondern könnten uns einzig und allein um die künstlerischen Fragen, um die Personalien und um die Qualität für Berlin in den drei Häusern kümmern.
Ich möchte noch einen Aspekt zur Sprache bringen, auf den bisher viel zuwenig eingegangen worden ist. Es gibt das Riesenproblem, dass wir bei den bisherigen Personalabbaumaßnahmen in den Häusern – in den Opern wie in den Landestheatern – tatsächlich bisher zu 90 % künstlerisches Personal abgebaut haben. Personalabbau ist – das wissen wir – immer furchtbar, aber dass das so ungleich verteilt wird, zeigt doch, dass wir uns um die künstlerische und kulturelle Substanz der Häuser Sorgen machen müssen. Hier muss man Konzepte entwickeln, um eine künstlerische Autonomie zu erhalten, über die dann ein gemeinsames Dach gebaut wird, ob als Holding, als GmbH oder in einer anderen Rechtsform. Über diese Rechtsform kann man dann immer noch trefflich streiten. Aber wir müssen im nichtkünstlerischen Bereich optimieren, um die optimale Kunst am Ende zu haben. – Vielen Dank!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich frage den Senat:
1. Warum missachtet der Senat das frühere Versprechen gegenüber Vertretern der Sinti und Roma, an zentraler Stelle in Berlin ein Denkmal für die während des Nationalsozialismus ermordeten Sinti und Roma zu errichten und damit einer Verantwortung für die Erinnerung an eine oft vergessene Opfergruppe nachzukommen? 2. Wird der Senat dem konstruktiven Verhalten des Bezirksamtes Tiergarten folgen und auf der vom Bezirk bereit gestellten Fläche im Tiergarten südlich des Reichstages für die Errichtung eines Denkmals sorgen, oder hält er diese Opfergruppe für unbedeutend, so dass weiterhin nichts passiert?
Herr Senator Stölzl! Sie können sich vorstellen, dass ich mit dieser Antwort nicht zufrieden bin. Vor allen Dinge höre ich heraus – und deswegen möchte ich nachfragen: Gehen Sie davon aus, dass es unterschiedliche Qualitäten – wenn ich das so sagen darf – von Opfergruppen gibt, insbesondere im Vergleich von Juden und Sinti und Roma?
Wie wollen Sie denn den Zustand der jetzt sechs Jahre dauernden Stagnation zu diesem Thema der Sinti und Roma als Opfergruppe aufheben? Gibt es von Seiten des Senats die Bereitschaft, an dem Gesamtkonzept für Denkmale oder Erinnerungsformen für alle Opfergruppen mitzuwirken, und wenn ja, wie sieht diese Bereitschaft aus?
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Herr Senator Stölzl! Man hört ja – und das klang auch in Ihrer Antwort ein bisschen durch –, dass sich offensichtlich die zuständige PDS-Stadträtin in Mitte mit ihrer Kündigung etwas verrannt hat. Man hört auch, dass die Mehrheit im Bezirksamt inzwischen etwas anders zu der Nutzung der Räume steht und das Schulmuseum doch vorerst in den Räumen belassen möchte. Können Sie Ihrerseits vielleicht auf dem formlosen Weg dazu beitragen, dass der Bürgermeister von Mitte der Stiftung Stadtmuseum schriftlich eine Zusage gibt, dass das Schulmuseum bis auf weiteres – d. h. bis eine echte, qualitative Verbesserung eintritt – in den Räumen verbleiben darf?
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Von Metropole reden, Herr Lehmann-Brauns, das ist immer gut. Aber was ist eine Metropole? – Eine Großstadt mit internationalem Flair, mit einem weltoffenen Ambiente, mit einer Gastfreundlichkeit, die es jedem, der in diese Stadt kommt, möglich macht, zu bleiben.
In den zwanziger Jahren des gerade vergangenen Jahrhunderts war Berlin eine solche Metropole. Damals war sie Magnet für Künstlerinnen und Künstler und auch für Wissenschaftler aus aller Welt. Daran sollte sich Kulturpolitik messen lassen. Welche echte Metropole würde es sich erlauben, die Mittel für internationalen Kulturaustausch oder Kultur für ausländische Mitbürger zu kürzen, wie es diese Koalition tut? – Das hat nichts mit Weltoffenheit zu tun. Das zeugt von provinziellem Kleingeist.
So wird Berlin nicht zur Drehscheibe in Europa und zum Tor nach Osteuropa.
Ich habe in den vergangenen Wochen häufig den Eindruck, dass die Reduzierung auf Finanz- und Strukturdebatten in der Kulturfrage den Blick verstellt für die Bedeutung, die die Kultur für eine Stadt wie Berlin als einen elementaren Lebensbestandteil hat und ein Zentrum der Lebensqualität selbst ist.
Dieser Senat stellt jeden Senator – und mag er auch so eloquent sein wie Herr Stölzl – angesichts der problematischen finanziellen Lage vor die gleichen Schwierigkeiten wie seine geflohene Vorgängerin, denn den großen Worten folgt eben
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keine auskömmliche Kultur- und Wissenschaftsfinanzierung. Herr Lehmann-Brauns, Sie haben gerade ein beredtes Beispiel dafür gegeben: Alles soll der Bund machen, aber wir machen nichts! – Sie geben an, Weltstadt sein zu wollen, aber wo gibt es weltstädtische Visionen in dieser Koalition?
Nach dem, was Sie gesagt haben, hat man eher das Gefühl, man ist in Posemuckel.
Die Haushaltsberatungen, an denen Sie nicht teilgenommen haben, Herr Lehmann-Brauns, waren in diesem Jahr für den Bereich Kultur zunächst einmal richtig spannend, und zwar deshalb, weil es erstmals eine breite öffentliche Diskussion über die finanzielle Lage der Berliner Kultur gegeben hat. Die öffentlichen Sitzungen des Unterausschusses Theater haben hierbei eine durchschlagende Wirkung entfaltet. Die Zeit des Verschiebens von Geldtöpfen von der einen in die andere Ecke ist hoffentlich ein für allemal vorbei.
Mit den 20 Millionen DM, Herr Stölzl, die jetzt von Herrn Diepgen aus Lottomitteln versprochen werden, können auch Sie die Probleme nur sehr oberflächlich vertuschen. 8 % mehr gibt es gar nicht im Haushalt Kultur, sondern es gibt zwar mehr – wie der Regierende Bürgermeister heute gesagt hat –, aber das sind die Mittel, die zusätzlich vom Bund kommen. Es handelt sich also nicht etwa um selbsterbrachte Steigerungen aus dem Land Berlin.
Ich höre hier allenthalben von Konzepten und Strukturkonzepten, aber wo ist das konkrete Konzept, Herr Lehmann-Brauns, das Sie vorlegen – und mit Ihnen die große Koalition? – Es gibt bisher immer noch keinen Pool für den Personalüberhang. Wo ist der Abfindungsfonds, von dem Sie immer reden und bei dem wir Sie sehr gern unterstützen würden? Wann haben die Gesprächsrunden mit den Berliner Kultureinrichtungen, den Intendanten und Personalvertretungen, dem Deutschen Bühnenverein und den Gewerkschaften stattgefunden? – Die Häuser allein zu lassen – mit Tariferhöhungen, mit aufgehäuften Defiziten und mit dem Personal, für das es keinen sinnvollen Einsatz gibt –, das ist kein Konzept.
Die Entschuldung von Staatsbühnen, wie sie jetzt manchmal in das Gespräch gebracht wird, kann eine Möglichkeit sein, aber es ist von der Struktur her ungerecht, weil diejenigen, die gespart haben, doppelt bestraft werden, während die anderen, die sich nicht bewegt haben, keinen Nachteil erfahren. Aber dennoch ist die Frage berechtigt, ob man nicht versuchen sollte, jetzt einen neuen Anfang zu machen. Das ist aber nur möglich, wenn sich die Häuser zu echten Strukturreformen bekannt haben und wir so weit sind, dass wir wissen, was von den Häusern kommt.
Dem leichtfertigen Ton, mit dem jetzt aus manchen Ecken in der Kulturszene das Wort von den Privatisierungen kommt, kann ich nicht folgen. Die Privatisierung ist kein geeigneter Vorschlag, denn nach den Erfahrungen mit dem Metropol-Theater muss man sich fragen, welcher Beschäftigte des öffentlichen Dienstes freiwillig einen Betriebsübergang in eine private GmbH mitmachen würde. Ich glaube, wir werden uns noch sehr umgukken, wenn wir solche Vorschläge machen werden.
Ihre Vorgänger, Herr Stölzl, sind gescheitert
an der mangelnden Unterstützung durch den Senat. Nehmen Sie also schnellstens die Dinge in die Hand, denn ein „Weiter so“ zerstört die Kultur! Zuerst wird übrigens die freie Kulturszene zerstört. Hier wird ohne Tarifverträge mit winzigen Produktionsetats interessante, spannende und wichtige Kunst gemacht. Seit Jahren werden für diesen Bereich die Projektmittel im Etat gekürzt. Das ist einfach. Ich erwarte hier eine Solidarität, und ich
hoffe, Sie werden dafür sorgen, dass es eine Umverteilung gibt, damit nicht so viele Mittel fest gebunden, sondern im Kulturetat wieder mehr Mittel für die freie Projektförderung im Bereich dieser Szene frei sind.
Herr Stölzl! Vor dem Hintergrund, wie diese Einrichtungen arbeiten, ist der Satz, den Sie zu uns in der Fraktionssitzung gesagt haben – und das war das einzige, was ich mir aufgeschrieben habe –, wonach auskömmliche Armut produktiv für diese Kultur sei, aus meiner Sicht eher zynisch. Das kann sehr schnell auf Sie selbst zurückfallen, wenn Sie das nächste Mal mit Ihren Kollegen über die Mittel für den Kultur- und Wissenschaftsetat reden müssen.
Wir müssen auch stärker Kulturinstitutionen in die Verantwortung des Bundes geben, weil sie von Berlin langfristig nicht getragen werden können. Ich wünsche mir dazu eine ernsthafte und sachgerechte Diskussion. Unsere Vorschläge liegen seit 1996 auf dem Tisch. Wir haben damals gesagt, die Institutionen des preußischen Erbes – die Staatsoper und das Konzerthaus – sowie das Deutsche Theater, das sich selbst von seiner konzeptionellen Ansatz her als Nationaltheater versteht, sind geeignete Vorschläge. Das Jüdische Museum kann auch dazu gehören, weil das Jüdische Museum von Berlin mit einem großen finanziellen Engagement gebaut worden ist – da sind viele Leistungen von Berlin eingegangen – und insofern eine gemeinsame Trägerschaft von Bund und Land denkbar ist. Dabei müsste das Land Berlin zunächst einmal entlastet werden, weil es die Vorleistungen gebracht hat, und das wäre ein richtiges Zeichen.
Die verstärkte Bundesförderung für Berlin wird derzeit als Legitimation für eine Art Schlussstrichdebatte zu der verfassungsmäßigen Zuständigkeit der Länder für Kultur- und Bildungsfragen verstanden. Diese leichtfertige Aufgabe des Föderalismusprinzips halte ich allgemein für nicht gerechtfertigt – weder für Berlin noch für ein anderes Land in Deutschland. Gerade die föderalen Strukturen in Deutschland haben die wunderbare und breite Palette des Kulturangebots in der ganzen Republik ermöglicht. In dieser Hinsicht stehen wir eben besser da als Großbritannien oder Frankreich.
Verheerend ist die Situation um die Ausstellung „Topographie des Terrors“. Sie werden verstehen, dass ich das noch einmal ansprechen muss. Sie haben es jetzt nicht gesagt, aber es wird von allen möglichen Stimmen aus der Ecke des Senats vertreten: Wenn wir jetzt dieses Bauprojekt an den Bund gäben, würde das bedeuten, dass sich dieser Senat und diese große Koalition aus der Verantwortung stiehlt. Das möchten wir nicht. Wir möchten weiter als Land Berlin in der Verantwortung für dieses Projekt stehen. Wir können dafür nicht jeden Preis bezahlen, aber wir möchten, dass wir dieses ambitionierte Bauprojekt mit der Stiftung Topographie des Terrors für Berlin erhalten. Wir wollen dafür sorgen, dass dieses Gebäude gebaut wird, und wir kommen nicht weiter, indem wir sagen: Der Bund muss jetzt alles übernehmen. –, sondern nur, indem wir sehr seriös mit dem Bund in eine Diskussion zu seiner Mitverantwortung in der Frage der Erinnerung gehen. Ich wünsche mir sehr, Herr Stölzl, dass Sie nicht dieser Linie verfallen, einfach zu sagen: Alles dem Zentralstaat!
Einen Satz möchte ich noch zur Finanzierung der Museumsinsel sagen: Das war ein echtes Piratenstück – das muss man zugeben –, wie Sie dem Herrn Branoner die 25 Millionen DM abgeknapst haben, obwohl er sie schon längst anderweitig für seine Wirtschaftsförderung verplant und ausgegeben hatte. Vom Ergebnis her kann ich ja zufrieden sein,
aber das zeigt auch, wie diese Politik gemacht wird. Im Stiftungsrat der Stiftung Preußischer Kulturbesitz wird gesagt: „Wir, das Land Berlin, tragen die Beschleunigung des Ausbaus der Museumsinsel mit.“ – Wir müssen dann aber jedes Jahr 25 Millio
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nen DM mehr aufbringen. Und woher wir diese 25 Millionen DM nehmen sollen, das wird erst hinterher gefragt. Ich hoffe sehr, Herr Stölzl, dass Sie mit dieser Art Politik Schluss machen.
Immerhin ist es uns noch gelungen, Mittel für die nötigen Sanierungen bei der Volksbühne und dem Maxim-Gorki-Theater aufzubringen. Ich hoffe sehr, dass Sie noch unserem Antrag zustimmen, damit auch für die Schaubühne und die Komische Oper entsprechende Mittel zur Verfügung gestellt werden.
Wir haben offen über den Kulturetat geredet, aber – und das haben meine Vorredner schon gesagt – sehr viel größere finanzielle Dimensionen hat der Wissenschaftsetat in diesem Haushalt. Dieses Mal ist der Wissenschaftsetat in den Verhandlungen noch relativ ruhig über die Bühne gegangen, aber Sie können sicher sein, dass der Wissenschaftsetat den Titel: „Ruhe vor dem Sturm“ trägt.
Bei den Berliner Hochschulen geht es um völlig andere finanzielle Dimensionen. Die Hochschulen haben Verträge, wie Sie wissen. Dass diese Verträge nur von Seiten der Hochschulen, jedoch nicht von Seiten des Senats eingehalten werden, haben uns diese Haushaltsberatungen bewiesen. Der Brief der Rektoren und Präsidenten der Berliner Hochschulen vom gestrigen Tag weist uns noch einmal eindrücklich darauf hin, dass mit den Verträgen die Mittel für die Hochschulen um ein Drittel gekürzt wurden. Jetzt werden erneut vor Ende der Laufzeit der Verträge den Hochschulen 27 Millionen DM aus dem Überbrückungsfonds für Grundstücksveräußerungen weggenommen. Das ist Vertragsbruch und beweist einmal mehr, dass der Senat sich an Verträge nicht gebunden fühlt. Vor dem Hintergrund ist es übrigens ein großes Risiko, wenn man sagt, auch die Kultureinrichtungen müssten Verträge haben, denn es ist auch da nicht sicher, dass diese Verträge dann gehalten werden. Aber darüber können wir noch in Ruhe diskutieren.
Es zeigt sich einmal mehr am Beispiel der Kürzungen im Wissenschaftsbereich, dass der Senat Kultur und Wissenschaft eben nicht den großen Stellenwert beimisst. Andernfalls müsste er dafür sorgen, dass die 85 000 Studienplätze in Berlin ausfinanziert sind. Aber auch das ist nicht der Fall. Somit muss man das Schreiben aller Hochschulrektoren höchst ernst nehmen.
In diesen Haushaltsberatungen wollte der Senat auch noch die wissenschaftliche Nachwuchsförderung kappen. Zum Glück haben offensichtlich alle Parlamentarier in den zuständigen Gremien dafür gesorgt, dass dieser Schildbürgerstreich nicht durchgeführt wird.
Wir geben Herrn Stölzl 100 Tage Bewährungsfrist, das steht fest. Doch werden wir bis zu deren Ablauf die Haushaltsvorgaben für das Jahr 2001 festgelegt haben müssen. Herr Stölzl muss also sofort beginnen, Reformen umzusetzen. Wir haben in den letzten 10 Jahren, also während der Dauer der großen Koalition, in der Kultur genug Opfer gebracht, Herr Lehmann-Brauns, von denen Sie nichts mehr wissen wollen. Denken Sie an das internationale Institut für traditionelle Musik, keine Kunsthalle, die Berliner Kammerspiele weg, die Freie Volksbühne weg, das Schiller-Theater weg, das Metropol-Theater weg. Wenn Sie so weitermachen, dann können Sie von dem Kultur- und Wissenschaftsstandort Berlin nur noch reden. Ich kann Ihnen nur sagen: Strengen Sie sich an! Strukturreformen Ja, aber Schließungen mit uns nicht mehr! – Vielen Dank!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Na, Herr Landowsky, so langsam kommt die Zeit, wo nichts mehr im Griff auf dem sinkenden Schiff ist.
Karneval ist vorbei, und ich habe gehört, dass in diesem Jahr die komödiantischen Haushaltsabschlussreden ausfallen – wahr
scheinlich wollen Sie sie hier schon einmal halten. Es hat aber wirklich nichts, aber auch gar nichts zu tun mit dem Thema, mit dem wir uns hier heute befassen.
Endlich ist sie auf dem Tisch, die Misere um die Finanzierung des Kulturetats. Der Rücktritt von Frau Thoben belegt, das Finanzierungssystem für die Berliner Kultur stimmt hinten und vorne nicht. Dass dies so ist, ist nicht das Verschulden von Frau Thoben, Herr Landowsky, es ist die Hinterlassenschaft von Kultursenator Radunski aus der letzten Legislaturperiode. Die Gesamtverantwortung für das Dilemma haben Sie, Herr Regierender Bürgermeister.
Deshalb erwarten wir von Ihnen, dass Sie sich dieser Verantwortung für das Haushaltsdebakel stellen, über das wir heute auch insgesamt reden.
Nach Radunski, der nach einer Legislaturperiode des Zukleisterns von Problemen und Schönredens rasch das Weite gesucht hat, ist Frau Thoben nach nur 100 Tagen Amtszeit als Kultursenatorin gegangen. Das ist nicht gerade ein Ruhmesblatt, da haben Sie Recht, Herr Landowsky. Das sei hier schon noch einmal angemerkt, zumal die öffentlichen Mystifizierungen des Handelns von Frau Thoben immer größere Ausmaße annehmen.
Wer mit einem weltläufigen – so sollte man meinen – politischen Erfahrungshintergrund wie Frau Thoben nach Berlin kommt, der oder die muss eigentlich wissen, was sie hier erwartet. Wie konnte Frau Thoben nur so blauäugig sein und ohne Kenntnisse über die Situation der Berliner Kultur und ohne sich genau über die Finanzierungslöcher bei der Kultur informiert zu haben, hier überhaupt antreten? Im Nachhinein erweist sich dieser Schritt als Beweis von besonderer politischer Naivität. Ein Abgang a` la Oskar, Frau Thoben, das ist kein starker Abgang!
Aber, meine Damen und Herren von der großen Koalition, Sie haben diese Senatorin ins offene Messer laufen lassen. Sie haben sie nicht beraten und nicht dafür gesorgt, dass sie die Unterstützung bekommen hat, die eine Kultursenatorin braucht, um den radunskischen Augiasstall auszumisten.
Dass Frau Thoben ausgerechnet Herrn von Rohr zum Kulturstaatssekretär gemacht hat, lässt allerdings auch tief blicken: ein Fehlgriff auf ganzer Linie. Hier hat die Senatorin einen Bock zum Gärtner gemacht. Einer, der als Operndirektor in der Deutschen Oper natürlich mit verantwortlich war für das 19-MillionenDM-Defizit, wurde geholt, um als angeblicher Kenner der Berliner Kulturszene dort selbst aufzuräumen – ein geradezu lächerlicher Vorschlag.
Wer hat diese Kultursenatorin bei dieser fatalen Personalentscheidung beraten? – Offenbar niemand, oder Böswillige aus den eigenen Reihen.
Und dass dieser Herr von Rohr kurz vor dem Abgang der Senatorin auch noch zum Beamten auf Lebenszeit gemacht wurde, ist geradezu eine Unverschämtheit und bestätigt wieder einmal alle diejenigen, die von der Selbstbedienungsmentalität der Politik reden.
Frau Thoben hat das Handtuch schon in der ersten Runde der Haushaltsberatungen 2000 geschmissen mit der Begründung, es fehle an auskömmlicher Finanzierung für den Kulturetat und es mangele am fähigen Personal. Wen mochte sie beim Personal wohl gemeint haben? – Nun, ihren unglückseligen Staatssekretär haben wir schon benannt. Aber was ist das für eine Ver
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waltung, die Vorschläge macht, dem Berliner Ensemble 2,4 Millionen DM vertraglich zugesagter Zuwendungen wegzunehmen und sie dann dem defizitären Deutschen Theater zuzuschustern? Was ist das für eine Verwaltung, die eine Senatorin so unvorbereitet in Haushaltsberatungen in den Unterausschuss Theater schickt, dass selbst uns als Oppositionsfraktion das Mitgefühl überfällt angesichts der Unkenntnis zu einzelnen Vorgängen, deren Hintergrund sie schließlich von uns Parlamentariern erfahren musste? – Wie kann es nur möglich sein, dass einem potenten Sponsor in Berlin quasi untersagt wird, sich selbst auszusuchen, welches Kulturprojekt, welche Operninszenierung er unterstützt? – Das alles ist so absurd. Ich kann nur sagen, wir brauchen für Berlin an allen Ecken und Enden Menschen, die die Kultur fördern, private Unterstützung. Wir dürfen nicht solche Leute vergraulen und ihnen signalisieren: Euer Geld brauchen wir nicht.
Besonders krass war in den letzten Tagen der Amtszeit von Frau Thoben die Finanzierungsdebatte um den Ausbau der Museumsinsel. Da wurde die Beschleunigung der Sanierung beschlossen. Doch niemand hat sich darum gekümmert, woher die zusätzlichen 25 Millionen DM im Berliner Haushalt beschafft werden sollen. Dann hieß es: Das machen wir mit EU-Fördermitteln. Tatsächlich ging dann auch die schriftliche Zusage aus der Finanzverwaltung ein: 25 Millionen DM sind da. Zwei Tage später hieß es: April, April! – Dem Unterausschuss Theater wurde mitgeteilt, dem Hauptausschuss auch: Wirtschaftssenator Branoner hat selbst 120 Millionen DM Miese in seinem Etat, also hat er auch keine Möglichkeit, 25 Millionen DM für die Museumsinsel bereitzustellen. Und nun – Branoner ist ja in den USA – hören wir gestern Abend vom Regierenden: Es ist jetzt doch wieder da. – Wo mögen sie vom Himmel gefallen sein? Wenn Herr Branoner aus den USA zurückkommt, werden wir wahrscheinlich das Geld wieder suchen.
Ja, für Frau Thoben war kein Metropol-Topf mehr da. Und auch der Bund gibt nichts mehr, und schon gar nicht, wenn Sie sich so aufführen wie Sie, Herr Landowsky. Ich kann Ihnen nur sagen, wir brauchen den Bund. So, wie Sie sich hier aufführen, wird er uns am ausgestreckten Arm verhungern lassen und nicht mehr geben, obwohl wir uns sehr wünschen, dass er uns mehr gibt.
Gut, Frau Thoben hatte keinen Metropol-Topf, und auch der Bund gibt nicht mehr die 60 Millionen DM zusätzlich wie 1999 als Wahlkampfgeschenk an die große Koalition. Hauptstadtförderung, da müssen wir sehen, ob wir langfristig mehr kriegen als die zugesagten 100 Millionen DM. Aber auch der Lottotopf, Ihr Lottotopf, kann nicht für jedes Ressort als Nottopf herhalten.
Es ist absolut klar, das hat auch zu tun mit der öffentlichen Sitzung des Unterausschusses Theater, diese kreativen Tage der Haushaltsführung, die sind allemal vorbei. Und das ist gut so.
Jetzt liegt das alles offen auf dem Tisch, und wir müssen allesamt verantworten wie es weitergeht. An die Intendanten gerichtet will ich sagen, dass wir von ihnen auch einen realistischen Blick auf die Lage des Landeshaushalts erwarten und nicht mehr, wie bei vielen, ein bloßes Mehr, Mehr, Mehr. Wir müssen mit ihnen gemeinsam und ohne Tabus die Haushaltslage durchgehen und nicht länger denen, die davonlaufen, attestieren, sie seien gute Politiker.
Herrn Wowereit möchte ich sagen: Es sollte auch für Sie gelten, dass Berlin es sich nicht leisten kann, per Zeitungsinterview große Künstler aus der Stadt zu verjagen.
Wir als Opposition stellen uns der Verantwortung, und wir stellen uns hinter die Berliner Kultur, weil wir ganz genau wissen, dass das, was in den großen und den kleinen Kultureinrichtungen Tag für Tag geboten wird, das ist, was diese Stadt interessant und lebenswert macht. Das wollen wir erhalten. Deswegen haben wir hier in der gesamten Haushaltsberatung, und wir machen es heute noch mal, konstruktive Vorschläge gemacht. Wir legen heute einen Antrag vor, um das endlich aufzuholen, was Sie in der großen Koalition in den letzten vier Jahren, was Radunski versäumt hat, und was dazu geführt hat, dass wir jetzt, wenn wir nicht handeln, wirklich mit sehenden Augen die Kultur dieser Stadt vor die Wand fahren.
Unsere Vorschläge kurz benannt: Wir schlagen vor einen gemeinsamen Kulturpersonalpool, an dem sich die Einrichtungen nur noch zur Hälfte beteiligen. Das ausgelagerte Personal entlastet die Etats der Häuser und ist an anderer Stelle unter Aussparung teurer Aushilfen einsetzbar.
Viele Einrichtungen könnten sparen, wenn sie die Chance zu vorheriger Investition hätten. Hier wollen wir einen Bürgschaftsfonds schaffen. Bauinvestitionen wie die bei der Volksbühne müssen sein. Denn wir wollen nicht eine Schließung auf schleichendem Wege, wo wir denn womöglich die Baupolizei ins Haus schicken und die dann sagt: Ende, aus! Das ist dann die Methode Metropol-Theater; das nicht mit uns.
Wir haben Vorschläge gemacht, damit die Mittel durch Umschichtung bereitgestellt werden können, genauso wie bei der Schaubühne, der man nicht erst eine neue künstlerische Aufgabe geben kann mit einem Tanz- und einem Theaterensemble, um dann zu sagen: kein Geld da. Das geht nicht.
Wir wollen den Bund auch stärker in die Verantwortung nehmen. Dabei wissen wir, dass die rot-grüne Bundesregierung schon mehr für die Berliner Kultur gemacht hat. Herr Landowsky, da hat Ihnen Ihr Redenschreiber etwas Falsches aufgeschrieben. Jetzt bekommen wir 100 Millionen DM, unter Kohl gab es 60 und keinen Pfennig mehr, um das noch einmal deutlich zu sagen.
Aber wir brauchen eine klar definierte Aufgabenteilung zwischen der Bundeskulturförderung und dem Land. Das bedeutet Schluss mit dem Gießkannenprinzip, wo Bundesfördermittel in den Haushaltslöchern verschwinden und klare Verantwortlichkeiten für überregionale repräsentative Kultureinrichtungen dann eben nicht übernommen werden. Wir wollen das aber gerne. Wir wollen, dass der Bund diese repräsentative Kultur übernimmt.
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Wir wollen, dass der Bund die Staatsoper, das Deutsche Theater und das Konzerthaus als ehemalige preußische Kulturstätten mehrheitlich übernimmt und dafür auch die Verantwortung trägt. Dann bekommen wir auch die Abgrenzung hin, was laut Definition Hauptstadtkultur ist und was föderale Aufgabe bleiben soll.
Herr Wolf, aus meiner Sicht ist es fatal, dass Sie in einem inhaltlichen Bogenschlag zur CDU sagen, Gedenkstättenkultur sei Bundessache. Nein, es ist nicht zentrale staatliche Aufgabe. Es ist nicht aus der Geschichte gewachsen, die Erinnerungsund Gedenkstättenarbeit zu zentralisieren. Das muss weiter in den Regionen vor Ort finanziert werden. Die Verantwortung muss vor Ort bleiben. Es geht nicht, dass wir das zentralistisch in die Hand des Bundes geben.
Ein Punkt, an dem sich Frau Thoben verhoben hat – sie war Senatorin für Wissenschaft und Kultur – war das Problem mit dem Personal der Charite´. Wir erwarten von der Charite´, dass sie sich am Personalmanagement des Landes beteiligt, indem sie Personal an den Gesamtüberhang im Krankenhausbereich abgibt.
Wir erwarten, dass der Hauptausschuss, der heute tagt, unsere konkreten Vorschläge als Not- und Sofortmaßnahmen noch in diesem Haushalt berücksichtigt. Herr Landowsky, wir können das nicht mehr verschieben. Die Lage ist so dramatisch, dass es im Haushalt 2001 zu spät ist. Wir müssen jetzt beginnen.
Nur so kann es uns gelingen, Kultur- und Wissenschaftsfinanzierung wieder in ein ruhigeres Fahrwasser zu bringen.
Wir brauchen einen Runden Tisch für die Kultur, an dem die Kultureinrichtungen ebenso sitzen wie die Gewerkschaften und der Deutsche Bühnenverein. Daran muss das Parlament und der Senat beteiligt werden. Wir wollen nicht länger hinnehmen, dass unter der Führung von Bürgermeister Diepgen eine dilettantische Regierung dieser Stadt zum Gespött der gesamten Republik wird und es uns nicht gelingt, eine repräsentative Persönlichkeit zu finden, die gewillt ist, den Kultursenat seriös zu führen. Wir werden niemanden finden, der ernsthaft bereit ist, Kulturund Wissenschaftssenator zu werden, wenn Sie nicht gewillt sind, Strukturvorschläge zu unterstützen. Ich hoffe, dass Sie nicht mehr „Augen zu und durch“ machen, sondern bereit sind, jemand zu suchen, ihn zu unterstützen und nicht wie Frau Thoben gegen die Wand fahren lassen. – Vielen Dank!
Hintergrund der Frage richtet sich auch den Regierenden Bürgermeister, und ich möchte ihn auch vor den heutigen Pressemeldungen fragen: Wie lange wollen Sie sich noch um die medienpolitischen Zuständigkeiten und das Kompetenzgerangel in Ihrer Regierung streiten, das dazu führt, dass selbst der Ihnen politisch sehr nahe stehende Sender
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SAT1 mit seinem Programmchef Fred Kogel mit einem Weggang aus Berlin droht, und warum lehnen Sie laut Ihres Sprechers Butz, anders, als eben aus Ihrer Beantwortung hervorging, einen gemeinsamen Medienbeauftragten zwischen Berlin und Brandenburg, der die Region stärken würde, ab?
Es ist schon etwas absurd, jetzt den Standort Hamburg mit einzubeziehen, aber ich würde Sie noch etwas anderes fragen.
Auch aus der heutigen Presse geht hervor, dass es offensichtlich mehrere Kandidaten gibt, die sich durch das Verhalten der Berliner Regierung regelrecht abgeschreckt fühlen für diese Funktion –
– mit den entsprechenden unklaren Aufgabenzuweisungen bereitzustehen. Deshalb meine Frage: Wie viele kompetente Kandidatinnen und Kandidaten wollen Sie für diese Aufgabe noch verschleißen?
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Seit mehr als drei Jahren – es ist wirklich so lange – diskutieren wir in diesem Haus über den Vierten Rundfunkänderungsstaatsvertrag. Die Entwicklung der Medientechnologie und der Medienlandschaft insgesamt geht währenddessen in rasantem Tempo weiter und vorwärts; die Politik aber verschläft. Sie verschläft es, zu regeln, was in dieser Entwicklung regelungsbedürftig ist. Wir laufen einem Zug hinterher, der schon vor Jahren abgefahren ist.
Nach wie vor fehlen Regelungen im Bereich der Medienpolitik für die Entwicklung der digitalen Medien – digitaler Hörfunk, digitales Fernsehen – genauso wie für das Internet. Bei der weiteren Entwicklung des Internets brauchen wir einen internationalen Verhaltenskodex, der sowohl Rechtsverstöße anprangert wie auch den diskriminierungsfreien Zugang ins Netz sichert. Längst sind im Internet Informationen eben nicht mehr frei zugänglich, sondern kosten sehr viel Geld. Hier ist medienpolitischer Handlungsbedarf, hier muss etwas getan werden – auf Landesebene, auf Bundesebene, aber auch international.
In Berlin jedoch und auch in den einzelnen Bundesländern langweilen wir uns mit dem Vierten Rundfunkänderungsstaatsvertrag, und auf der Landesebene haben wir weiterhin offenbar
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nichts anderes zu tun, als das kleinste medienpolitische Pflänzchen, den Offenen Kanal, zu zerstören. Es ist nachgerade peinlich, dass sich die große Koalition mit diesem Thema als einem zentralen medienpolitischen Thema profilieren will.
Wer heute diesem Rundfunkstaatsvertrag zustimmt, muss sich vergegenwärtigen, dass es sich um ein Beispiel missratener Medienpolitik handelt. Ich will Ihnen kurz die zentralen Punkte andeuten, die hier zur Verhandlung stehen, damit Sie sich später, nach der Verabschiedung des Rundfunkstaatsvertrags, nicht wundern, was sich im Mediensystem alles geändert hat.
Nehmen wir das Beispiel Sport. Künftig sind nur noch die Olympischen Spiele – Sommer- und Winterspiele – frei zu empfangen, die europäischen Meisterschaften im Fußball; und Weltmeisterschaften sind künftig nur dann frei zu empfangen, wenn sie mit deutscher Beteiligung stattfinden. Alle anderen Spiele können in das Bezahlfernsehen eingestellt werden, und dann müssen eben die Leute wie jetzt bei Premiere World im Monat 40 DM zusätzlich zahlen, um ein einziges Spiel davon zu sehen.
An alle Fußballfans – da soll es auch unter Politikern eine ganze Reihe geben –
Nächster Punkt in diesem Staatsvertrag – das ist fast noch schlimmer – ist die komplette Deregulierung der Werbung. Künftig wird es in einzelnen Sendeelementen nicht nur ein Mehr an Werbung, sondern auch zersplitterte Werbung geben; es wird keine Werbeblocks mehr geben. Das heißt, Sie können nicht mehr hinausgehen und sich ein Bier oder eine Cola holen, sondern Sie werden künftig durch Werbespots in Programmen unterbrochen werden. Ob es ein Spielfilm oder Sportveranstaltungen sind, jede Sendung, mit Ausnahme von Informationssendungen, kann künftig unterbrochen werden, wann immer es die Werbetreibenden im privaten Rundfunk wollen. Ich kann Ihnen nur sagen, Sie werden sich noch wundern, denn es sind noch schlimmere als amerikanische Verhältnisse, die uns dann erwarten werden.
Als Letztes: Die CDU-geführten Bundesländer haben immer gesagt, wir deregulieren den Werbesektor zu Gunsten der privaten Medienwirtschaft, und dafür können wir für die Sicherung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks ein wenig darangeben. Was ist nun passiert? – Auch die rot-grünen Länder haben zu meinem Leidwesen gänzlich darauf verzichtet, eine Koppelung zwischen der Sicherung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks und des Finanzausgleichs zwischen großen und kleinen öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten und der Deregulierung der
Werbung im privaten Sektor herzustellen. Die Antwort wird sein: Wir erwarten demnächst den nächsten Rundfunkstaatsvertrag, und wir von Berliner Seite aus haben nicht einmal einen gesicherten Finanzausgleich für den SFB, wir haben keine gesicherte Gebührenperspektive für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk, wir haben aber dafür Werbung an allen Ecken und Enden des privaten Mediensystems.