Susann Engert

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich muss gestehen, als ich die Prioritäten der heutigen Sitzung sah, war ich zunächst einigermaßen überrascht. Denn schließlich haben wir erst vor wenigen Wochen über die Bundesratsinitiative debattiert und diese auch beschlossen. Die Argumente, die für die Änderung des Artikels 3 des Grundgesetzes sprechen, haben wir bereits beim letzten Mal ausgetauscht und sind auch von Herrn Lederer noch einmal dargestellt worden.
Die Position der CDU war auch beim letzten Mal deutlich geworden, ist aber heute mit der Argumentation nicht richtiger geworden. Deshalb verzichte ich auf eine nochmalige Wiederholung der Argumente.
Da ich nicht das Gleiche sagen will wie in meiner letzten Rede vor ein paar Wochen, habe ich nach Zeitungsartikeln aus der letzten Zeit geschaut, die ich für meine Rede verwenden könnte.
Beim Lesen der Artikel habe ich es schon fast bereut, dass wir das Thema nicht als Aktuelle Stunde beraten, denn bei dem Thema kann man die Aktualität besser begründen, als das manche Abgeordnete hier tun, die sich manchmal nicht einmal Mühe geben, die Aktualität wirklich zu rechtfertigen.
Warum ist das Thema aktuell, und warum ist es wichtig, dass wir darüber als Priorität sprechen? – Morgen steht der „Gesetzesantrag zur Änderung des Grundgesetzes“ der Länder Berlin, Bremen und Hamburg auf der Tagesordnung des Bundesrates. Das ist natürlich der offensichtlichste Grund für die Behandlung heute im Plenum – und ein erfreulicher obendrein. Aber nicht nur hier im Abgeordnetenhaus sind Homophobie und Diskriminierung von Homosexuellen Thema, sondern auch beim Deutschen Fußballbund. Im Internet fand ich einen Artikel vom Dienstag mit dem Titel: „Fußball-Länderspiel mit HomoWohlfühlfaktor“. Ich zitiere aus dem Beitrag:
Beim Länderspiel der Männernationalelf am morgigen Mittwoch gegen Finnland wird hinter den Fernsehkulissen gegen Homophobie gearbeitet.... Am Spielnachmittag wird es in Hamburg einen Runden Tisch zwischen Vertretern des Fan Clubs Nationalmannschaft und schwul-lesbischer Organisationen geben. Theo Zwanziger ist zum Teil anwesend. Der Fan Club unterzeichnet außerdem im Anschluss die von der European Gay and Lesbian Sportsfederation verfasste Deklaration „Gegen Homophobie im Fußball“.
In der „Süddeutschen Zeitung“ fand ich einen Artikel von Ende September zur Gründung eines schwul-lesbischen Netzwerks bei Daimler. In dem Artikel war von einer Studie die Rede, die belegt, dass 80 Prozent der befragten Lesben und Schwulen Diskriminierung am Arbeitsplatz erfahren. Besonders besorgniserregend ist, dass es auch in Berlin immer wieder homophobe Angriffe gibt. Der letzte Angriff, über den berichtet wurde, war vor drei Wochen am Volkspark Friedrichshain. Dabei wurden drei homosexuelle Männer von einer Gruppe Jugendlicher angegriffen.
Das sind ganz unterschiedliche Beispiele, die zeigen, warum es richtig ist, dass wir hier im Plenum über Homophobie und Diskriminierung sprechen. Diese Beispiele zeigen aber auch, dass die bestehenden Regelungen – wie das Antidiskriminierungsgesetz –, die als Argument ge
gen die Grundgesetzänderung angeführt werden, nicht ausreichend vor Diskriminierung schützen. Die Zeit ist mehr als reif für die Aufnahme des Merkmals der sexuellen Identität in Artikel 3 des Grundgesetzes.
Das haben auch CDU und FDP in Hamburg erkannt. Dort wurde ein entsprechender Antrag einstimmig von der gesamten Bürgerschaft angenommen. Schade, dass CDU und FDP in Berlin noch nicht so weit sind!
Dabei liest sich gerade das Programm der FDP zur letzten Bundestagswahl sehr fortschrittlich. Ich zitiere:
In unserer Menschenrechtspolitik wenden wir uns gegen Verfolgung und Ausgrenzung aufgrund von Herkunft, ethnischer Zugehörigkeit, Religion oder sexueller Orientierung. Deshalb setzt sich die FDP für Gleichberechtigung und Toleranz ein und richtet ihre politischen Maßnahmen im In- und Ausland an menschenrechtlichen Leitlinien aus.
Nein! –
An anderer Stelle heißt es:
Für Liberale sind alle Lebensgemeinschaften wertvoll, in denen Menschen Verantwortung füreinander übernehmen. Verantwortungsgemeinschaften dürfen nicht diskriminiert werden. Wer gleiche Pflichten hat, verdient auch gleiche Rechte. Lebenspartnerschaften müssen mit der Ehe gleichgestellt werden,
insbesondere im Steuerrecht, bei Adoptionen und im Beamtenrecht.
In diesem Sinn möchte ich an die FDP appellieren, dann auch konsequent zu sein und im Bundesrat der Änderung des Grundgesetzes zuzustimmen! Wenn sich die FDP auch in diesem Punkt nicht gegenüber ihrem künftigen Koalitionspartner, der Union, durchsetzen kann, sollte sie fragen, welchen Sinn das Bündnis überhaupt hat.
Herr Lindner ist jetzt nicht im Raum, aber ich möchte ihm dennoch einen Tipp für seine neue Arbeit im Bundestag mitgeben. Hier könnte er seinen überbordenden Eifer
wenigstens einmal nutzbringend einsetzen! – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit!
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! In diesem Jahr, dem 60. Gründungsjahr der Bundesrepublik, wird unser Grundgesetz zu Recht viel gefeiert und gelobt. Ich habe keinen Anlass, mich diesem Lob zu verweigern, aber auch das Grundgesetz muss immer wieder geprüft und an neue Erfordernisse angepasst werden. Gesellschaften befinden sich in stetem Wandel. Grundlage positiver Veränderungen ist immer die Auseinandersetzung mit bestehenden Mängeln. Deshalb ist unser heutiges Grundgesetz eben nicht mehr genau das, was vor 60 Jahren in Kraft trat. Es gab auch in der jüngeren Vergangenheit zahlreiche Änderungen. Nicht alle davon halte ich für gleichermaßen sinnvoll.
Gerade Artikel 3 des Grundgesetzes, um den es im heutigen Antrag geht, war bereits in seiner Geburtsstunde um
stritten. So ist es keine Selbstverständlichkeit, dass wir heute den Satz „Männer und Frauen sind gleichberechtigt“ als einen zentralen Kern unseres Werteverständnisses begreifen. Es ist Elisabeth Selbert von der SPD zu verdanken, dass verfassungsrechtliche Wirklichkeit geworden ist, was heute aus unserem Selbstverständnis nicht mehr wegzudenken ist.
Dennoch, auch bei Artikel 3 musste nachgebessert werden. 1994 gab es zwei Änderungen. Die Gleichberechtigung zwischen Männern und Frauen war und ist noch immer in vielen gesellschaftlichen Bereichen trotz der Verankerung im Grundgesetz nicht durchgesetzt. Deshalb wurde der Artikel 3 dahingehend ergänzt, dass der Staat sich auch für die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung einsetzen muss. Die zweite Änderung war das Verbot der Benachteiligung von behinderten Menschen. Auch dem ging ein langer Kampf der Behindertenbewegung voraus. Bis heute aber ist eine Gruppe in Artikel 3 nicht genannt und kann sich somit auch nicht auf ein explizites Benachteiligungsverbot im Grundgesetz berufen, und zwar diejenigen, deren sexuelle Identität von der wie und von wem auch immer definierten Mehrheit unserer Gesellschaft abweicht. Homo-, Trans- oder Intersexuelle finden in Artikel 3 keine Berücksichtigung. Das darf nicht so bleiben!
Die tatsächliche Wirksamkeit der im Grundgesetz verankerten Rechte lebt von der Möglichkeit, diese einzuklagen und somit überhaupt erst im Alltag lebendig werden zu lassen. Das ist für Homosexuelle erst dann möglich, wenn auch sie sich direkt auf das Grundgesetz berufen können, wie die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts selbst gezeigt hat. Und da gebe ich Herrn Gram nicht recht; Sie haben aus meiner Sicht falsche Urteile des Bundesverfassungsgerichts zitiert. Ich empfehle Ihnen, dazu die Begründung unseres Antrags wirklich gründlich zu lesen.
Uns Symbolpolitik vorzuwerfen, ist unredlich, denn wir haben erst vor wenigen Monaten einen sehr ehrgeizigen Antrag verabschiedet, in dem explizit die rechtliche Gleichstellung berücksichtigt ist. Wir wollten mit diesem Antrag eben nicht nur schöne Worte verabschieden, sondern haben uns selbst dazu verpflichtet, diesen Worten auch Taten folgen zu lassen. Deshalb ist die Verabschiedung der Bundesratsinitiative nur eine logische Konsequenz. Es ist überfällig, endlich ins Grundgesetz aufzunehmen, was auf europäischer Ebene lange Konsens ist. Auch in unserer Landesverfassung heißt es, dass niemand wegen seiner sexuellen Identität benachteiligt werden darf. Das sage ich als Hinweis an Herrn Kluckert von der FDP, der heute im „Tagesspiegel“ Homosexuelle mit Sodomisten und Pädophilen in einem Atemzug genannt hat. Ich dachte, wir wären längst weiter.
Andreas Gram
Dass dem offensichtlich nicht so ist, ist das beste Argument für den vorliegenden Antrag. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit!
Herr Kluckert! Der Zusammenhang steht so im „Tagesspiegel“. Ich kann es Ihnen gerne einmal vorlesen, was da steht:
Außerdem sei der Begriff „sexuelle Identität“ nicht eindeutig definiert,
wie Sie es gerade auch gesagt haben –,
kritisiert FDP-Politiker Sebastian Kluckert. Darunter könnten schließlich auch Sodomisten oder Pädophile fallen.
Und nichts anderes habe ich gerade in meinem Redebeitrag gesagt. Wenn Sie mit dem Begriff so unzufrieden sind, dann kann ich Ihnen empfehlen, gegen unsere eigene Landesverfassung eine Klage einzureichen, denn genau an der Stelle steht es auch drin, exakt mit diesem Begriff.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die mediale Debatte über Gewalt gegen Homosexuelle im letzten Jahr beschränkte sich darauf, Homophobie als Migrantenproblem abzutun. Angeheizt durch fahrlässige Äußerungen von Sascha Steuer, der uns zwar mit seiner Abwesenheit beehrt, den ich aber trotzdem zitieren möchte:
Homosexualität, aber auch Gleichberechtigung von Frauen und Männern sind in Berlin selbstverständlich; wenn ihr euch damit anfreundet, ist es gut – wenn nicht, solltet ihr euch entscheiden zu gehen.
Das sagte Sascha Steuer im „Tagesspiegel“, gemeint waren, glaube ich, Migranten. Ich frage mich, ob Herr Steuer einmal überlegt hat, wer dann alles gehen müsste. Wohin mit den fast 50 Prozent der in der Simon-Studie befragten männlichen deutschen Jugendlichen, die es abstoßend finden, wenn sich Männer auf der Straße küssen? Wohin sollen die Unternehmer gehen, die die Gleichberechtigung zwischen Männern und Frauen nicht akzeptieren und Frauen immer noch deutlich weniger Gehalt zahlen? Wohin mit den Schulleitern, die Aufklärungsprojekten die Arbeit an ihren Schulen nicht gestatten, und das mit dem Hinweis: Ihr wollt doch nur für Homosexualität werben! Oder wohin mit der älteren Dame, die mir ihre Sorge geschrieben hat, dass künftig die Kinder und Jugendlichen in Berlins Kindergärten und Schulen manipuliert werden und aus einer Minderheitsmeinung eine Mehrheitsmeinung gemacht werden soll? Wenn Herr Steuer alle ausweisen wollte, die sich nicht
damit anfreunden können, dass Homosexualität und Gleichberechtigung zwischen Männern und Frauen in Berlin selbstverständlich sind, dann müssten nicht wenige Menschen Berlin verlassen.
Ich halte es für äußerst fahrlässig, dass Herr Steuer das Thema Homophobie nutzt, um Ressentiments gegen Migranten zu schüren.
Wir wollen einen anderen Weg gehen und haben deshalb einen sehr weitgehenden und differenzierten Änderungsantrag eingebracht. In der Diskussion in den Ausschüssen wurde uns immer wieder vorgeworfen, wir würden Homophobie bei Migranten nicht klar benennen und vernachlässigen. Dazu zwei Hinweise. Erstens verweise ich auf das Plenarprotokoll der letzten Sitzung vor Weihnachten, als wir über den Antrag der Grünen an dieser Stelle debattiert haben.
Und zweitens: Wer unseren Antrag aufmerksam liest, findet an mehreren Stellen auch einen Bezug zu Migranten. So wird im Kapitel „Bildung und Aufklärung stärken“ der Senat aufgefordert, niedrigschwelliges, zielgruppenspezifisches Material und Unterrichtsmethoden zu entwickeln. Im Kapitel „Den Dialog fördern“ ist auch vom Dialog mit Religionsverbänden die Rede, aber eben nicht nur.
Wir haben in unserem Änderungsantrag bewusst einen breiten Ansatz gewählt, der in der gesamten Gesellschaft für die Akzeptanz unterschiedlicher sexueller Orientierungen wirbt. Deshalb geht es uns nicht nur um den Austausch mit Migrantenverbänden, sondern auch um den mit Vertretern aus dem Sport und aus der Musikszene.
Dieser Dialog bedarf einer gewissen Sensibilität und nicht des Holzhammers oder des erhobenen Zeigefingers, wie er sich auch im Ursprungsantrag der Grünen findet.
Es geht um ein friedliches und tolerantes Miteinander in der gesamten Gesellschaft. Bis sich Einstellungen ändern, braucht es viel Zeit und einen langen Atem. Für uns stehen Aufklärung und Bildung deshalb im Mittelpunkt des Antrags.
Bevor ich zum Schluss komme, möchte ich noch kurz ein paar Worte zur aktuellen Kampagne des LSVD „Zeig Respekt“ sagen, die der Regierende Bürgermeister kürzlich vorgestellt hat. Die Plakatkampagne wird durch eine recht informative deutsch-türkische Homepage begleitet. Etwas Ähnliches schwebte uns vor, als wir den Antrag geschrieben haben. Was auf der Seite aber nicht zu finden ist, sind Links zu anderen Projekten. Gerade für Jugendliche ist es wichtig, dass sie eine Übersicht bekommen,
Thomas Birk
wohin sie sich wenden können, wenn sie z. B. Hilfe beim Coming-out suchen. Wenn aber jedes Projekt seins macht, müssen sich die Jugendlichen die nötigen Informationen überall erst zusammensuchen. Das aber widerspricht dem Ansatz der Niedrigschwelligkeit. Deshalb ist uns die Kooperation der Projekte sehr wichtig.
Mit unserem Änderungsantrag setzen wir ein starkes Signal gegen homophobe Gewalt. Wir belassen es aber nicht beim Signal, sondern schieben eine Vielzahl von Maßnahmen an, die dieses gesamtgesellschaftliche Problem an seiner Wurzel bekämpfen. Lassen Sie uns diesen Weg gemeinsam und fraktionsübergreifend gehen, aber leider jetzt ohne die CDU! – Vielen Dank!
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Anlass des Antrags sind die in den letzten Monaten aufgetretenen brutalen Übergriffe auf Lesben und Schwule sowie die vor einem Jahr vorgelegte sogenannte SimonStudie, die auch in der Begründung des Antrags zitiert ist. In der Studie wurde festgestellt, dass homophobe Einstellungen besonders stark bei Jugendlichen mit Migrationshintergrund vertreten sind. In einem in Berlin erscheinenden arabisch-deutschen Magazin steht – ich zitiere –:
Der Prophet bekräftigte in mehreren Haditen, dass homosexuelle Männer zu töten sind.
Wenn so etwas zu lesen ist, muss man das auch thematisieren.
Es steht fest, dass Homosexualität in vielen arabischen Staaten strafrechtlich verfolgt wird. Das war übrigens in Deutschland bis in die 70er-Jahre des letzten Jahrhunderts auch der Fall. In der Türkei kommt es häufig zu brutalen Übergriffen auf Schwule bis hin zu Mord, wie erst kürzlich in „Kulturzeit“, dem „3sat“-Magazin, berichtet wurde. Dass sollte sachlich angesprochen werden, ohne dass man sich wechselseitig Homophobie oder Rassismus vorwirft.
Dieser Dialog hat erst begonnen. Er sollte nicht durch forsche Forderungen schon im Keim erstickt werden.
Die Simon-Studie gibt auch Hinweise auf die Ursachen von homophoben Einstellungen. Zwei der nachgewiesenen Zusammenhänge möchte ich kurz zitieren. Aus ihnen ist auch ein Handlungsbedarf für die Mehrheitsgesellschaft abzuleiten. Erstens: Je integrierter sich die befragten jungen Migranten fühlen, desto weniger homosexuellenfeindlich sind sie. – Zweitens: Je mehr sie sich diskriminiert fühlen, desto homosexuellenfeindlicher sind sie.
Kurz gesagt: Es geht um ein friedliches und tolerantes Miteinander in der gesamten Gesellschaft.
Doch wir machten es uns zu leicht, wenn wir Homophobie als Migrantenproblem abtäten. In der Simon-Studie gaben immerhin 47,7 Prozent der befragten männlichen deutschen Jugendlichen an, dass sie es abstoßend finden, wenn sich Männer auf der Straße küssen. „Schwule Sau“ ist leider überall in Deutschland ein weitverbreitetes Schimpfwort auf allen Schulhöfen. Das ist der Ort, wo viel stärker als bisher Präventionsarbeit geleistet werden muss.
Es ist aber nicht so, dass bisher nichts gemacht wurde. Das Thema Homosexualität ist in den Lehrplänen in verschiedenen Fächern in allen Schulformen verankert. Weiterbildungen zu dem Thema werden angeboten, aber leider nicht genügend wahrgenommen. Ein bekannter Grünen-Bundespolitiker schreibt auf seiner Homepage:
Wir brauchen Lehrer, die beim Thema Homosexualität nicht gleich rot werden.
Wie man Erröten verhindern kann, weiß ich nicht genau. Es bedarf aber der Offenheit der Lehrer, sich von außen Unterstützung zu holen, wenn sie sich selbst nicht zutrauen, das Thema zu behandeln. Es gibt in Berlin mehrere Projekte, die in die Schulklassen gehen und wo dann junge Schwule und Lesben mit den Jugendlichen über das Thema sprechen. In vielen Bereichen, die im Antrag der
Grünen aufgelistet werden, wird bereits einiges getan. Beispielsweise gibt es spezielle Fortbildungsangebote für Lehrer und Erzieher. Der Senat fördert mehrere Projekte, die sehr gute Aufklärungs- und Beratungsarbeit leisten – beispielsweise ABqueer, Gladt oder Maneo.
In der Jugendhilfe gibt es die Leitlinien zur Verankerung geschlechtsbewusster Ansätze in der pädagogischen Arbeit mit Mädchen und Jungen. Auch die Polizei unternimmt vertrauensbildende Maßnahmen, sei es das Hissen der Regenbogenflagge oder die Ausstellung von Maneo über die Opfer homophober Gewalt in der Lobby des Polizeipräsidiums. Berlin war auch das erste Bundesland, in dem es bei der Polizei einen eigenen Ansprechpartner für gleichgeschlechtliche Lebensweisen gibt. Der Verein lesbischer und schwuler Polizeibediensteter hat auf dem Motzstraßenfest eine Befragung zur Sicherheit von Lesben und Schwulen durchgeführt. Aber auch die Lesben- und Schwulenorganisationen müssen für Vertrauen in die Polizei werben. Vertrauen ist immer zweiseitig.
Selbstverständlich kann und muss noch mehr gegen Homophobie unternommen werden. Aber man muss auch anerkennen, dass Berlin schon eine ganze Menge macht. Über die Frage, ob ein Aktionsplan die Arbeit gegen Homophobie verbessert, werden wir in den Ausschüssen diskutieren. Ein Aktionsplan darf nicht den Eindruck erwecken, die Politik könne es schon richten. Hier ist die gesamte Gesellschaft gefragt.
Da ein Bezug zum Fußball im politischen Reden meist nicht fehlen darf, möchte ich meine Rede mit einem Zitat von Philipp Lahm beenden. Das Zitat stammt aus seiner Dankesrede anlässlich der Übergabe des ToleranziaPreises von Maneo. Ich zitiere:
Schon in unserem Grundgesetz stehen die Rechte des Menschen und seine Würde an erster Stelle. Dies ist für mich eine Selbstverständlichkeit, denn Würde ist unabhängig von Rasse, Religion, Geschlecht oder auch sexueller Orientierung. Ich lebe gerne in einer liberalen, offenen Gesellschaft, in der ein tolerantes Miteinander ohne diskriminierende Vorurteile möglich ist.
Dem ist nichts hinzuzufügen. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.