Claus Gerloff
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Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich darf für den Wirtschaftsausschuss die Einbringung der Beschlussempfehlung vornehmen.
Zunächst ein paar Sätze zur Entstehung der vorliegenden Beschlussempfehlung:
In dem interfraktionellen Antrag auf Drucksache 3/2638,
das ist die Umsetzung der Schweriner Erklärung zur Bahnpolitik vom 9. Januar 2001, heißt es in der Ziffer 4: „Der Landtag ist Willens, einen vertieften abstimmenden Konsultationsprozess mit anderen Länderparlamenten durchzuführen“. Konkreter haben wir als Wirtschaftsausschuss den Handlungsauftrag dann mit dem interfraktionellen Antrag auf Drucksache 3/2946 vom Landtag erhalten, nämlich dass der Wirtschaftsausschuss die erforderlichen Schritte zur Umsetzung der Ziffer 4 des oben angeführten Landtagsbeschlusses ergreifen möge. Beide interfraktionellen Anträge wurden übrigens einstimmig vom Landtag beschlossen.
Mit der vorliegenden, ebenfalls einstimmig im Wirtschaftsausschuss erarbeiteten Beschlussempfehlung erledigt der Wirtschaftsausschuss den Auftrag aus dem Beschluss zur Drucksache 3/2946 und bringt die Beschlüsse aus der Potsdamer Erklärung in den Landtag ein. Dieser Inhalt kommt mit Ziffer 1 der Beschlussempfehlung zum Ausdruck. In Ziffer 2 trägt der Wirtschaftsausschuss dem Umstand Rechnung, dass zwischenzeitlich – während der Potsdamer Beratung lief noch das Gesetzgebungsverfahren – die Verständigung zum Regionalisierungsgesetz abschließend vonstatten gegangen ist.
Weiterhin empfehlen wir in unserer Beschlussempfehlung ausdrücklich, dass diese länderübergreifende interfraktionelle Zusammenarbeit möglichst fortgesetzt werden möge. Wir haben den Eindruck gewonnen, dass wir mit diesem gemeinsamen Vorgehen sehr ernst genommen wurden und dass man uns wohl gehört hat. Das hat auch deutlich die bessere Teilnahme bei unserer zweiten Konferenz in Potsdam gezeigt. Mit Teilnahme meine ich, dass die Deutsche Bahn AG sehr kompetent und auch das Bundesverkehrsministerium zumindest vertreten war.
Zu den Besonderheiten der Beschlussempfehlung:
Wir legen heute wie gesagt ein weiteres Ergebnis unserer länderübergreifenden Zusammenarbeit vor. Wir haben entgegen der Schweriner Beratung diesmal in Potsdam ebenfalls noch Vertreter aus Berlin mit einbinden können.
Wir haben gemeinsam den Appell, das sagte ich, zur Fortführung einer derartigen Arbeit verabschiedet.
Ein Wort zum Hintergrund unseres gemeinsamen Handelns, welches ja bekanntlich auf Initiative unseres Landtages zustande gekommen ist, zum Regionalisierungsgesetz.
Mit dem Regionalisierungsgesetz weist der Bund den Ländern Gelder zu, die diese für den öffentlichen Personennahverkehr und insbesondere den Schienenpersonennahverkehr ausgeben sollen. Das Regionalisierungsgesetz in seiner ursprünglichen Form stammt aus dem Jahre ’93. Die dadurch gewährten Geldleistungen stellen eine Kompensation des Bundes für die damals im Bundesrat durch die Länder erteilte Zustimmung zur Aufgabenübertragung des Schienenpersonennahverkehrs auf die Länder dar und sind praktisch die Finanzierungsgrundlage.
Das Regionalisierungsgesetz war in der alten Fassung an das Wachstum der Umsatzsteuer gebunden. Herr Wirtschaftsminister Ebnet hat das schon dargelegt, das muss ich jetzt hier nicht wiederholen. Ende des Jahres 2001 traten zwei Probleme auf, dass nämlich das Umsatzsteueraufkommen rückläufig war und dass gleichzeitig der Bund die Regionalisierungsmittel weiter abzusenken beabsichtigte. Zum Zweiten mussten, und das war schon im Paragraphen 5 des Regionalisierungsgesetzes festgeschrieben, ab dem Jahre 2002 die künftige Steigerungsrate dieser Mittel neu festgemacht und die Finanzierbarkeit hinsichtlich der Steuerquelle neu definiert werden. In der Folgezeit legte der Bund einen Gesetzentwurf vor, der im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens zwar immer noch weniger Mittel für Mecklenburg-Vorpommern als nach der alten Rechtslage vorsieht, diese wurden jedoch um 10 Millionen Euro im Vergleich zum ursprünglichen Entwurf aufgestockt. Dieses nunmehr beschlossene neue Regionalisierungsgesetz sieht gleichzeitig eine feste Dynamisierung der Mittel um jährlich 1,5 Prozent vor.
Wir als Wirtschaftsausschuss maßen uns nicht an, dieses Ergebnis maßgeblich herbeigeführt zu haben, aber ich denke mir, am Rande wird man auch unsere Positionen bei den gleichzeitig laufenden Verhandlungen sehr deutlich zur Kenntnis genommen haben. Und insofern freuen wir uns in diesem Fall nun wirklich, dass wir die Position unserer Landesregierung doch etwas stärken konnten.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren!
Herr Dr. Born, ich möchte mich bemühen, dass ich meine Rede so halte, wie ich es vorgehabt habe, unabhängig von dem, was Sie vorerst zu meiner Person gesagt haben.
Das Konzept des Wirtschaftsministers „Verkehr in Mecklenburg-Vorpommern“ hat den Untertitel „Grundlagen und Fakten – Konzept für die Zukunft“. Und da bin ich im Grunde genau bei Herrn Ritter. Ich sehe das ganz genauso. Es ist in dem Konzept unheimlich fleißig, umfangreich und ordentlich aufgelistet worden, was es alles an Grundlagen für eine Verkehrspolitik in unserem Land gibt. Das geht von der Vergangenheit bis in die Gegenwart hinein und zu dem kleinen Stück Zukunft, die eigentlich schon festgeschrieben ist, teilweise sogar in Bundesgesetzen und dergleichen, nämlich was alles bis 2005 passiert. Aber dann, wenn es wirklich um die Zukunft geht, dann gibt es außer sehr richtigen, lehrbuchreifen Aussagen, die auch eine Orientierung sein müssen für die Zukunft, aber wenig Konkretes.
Das zeigt deutlich, die Umsetzung ist der schwierigste Part.
Im Vorwort heißt es, es geht um eine „Anpassung... an die heutigen Erfordernisse“ und „die Aufgabe, die Weichen für eine zukunftsorientierte Verkehrspolitik zu stellen“. Was ich nicht immer erkannt habe: Wie aber soll diese Verkehrspolitik der Zukunft konkret in MecklenburgVorpommern aussehen und was tun wir dafür? Und das gerade muss ich vor der Weichenstellung wissen. Ich komme auf diese Fragestellung später noch mit Einzelheiten zurück.
Zunächst aber ein erläuterndes Wort. Wegen der knappen Zeit kann ich natürlich nicht im Proporz alles Positive auflisten, was in dem Gutachten drin ist, wenn ich andererseits auch mal was kritisieren möchte. Das geht nicht. Das möchte man beachten und nicht sagen, ich hätte einer Schieflage das Wort geredet.
Aber zunächst mal ein Wort zur Verkehrssicherheit, wo ich als Allererstes allen danken möchte, die in den zurückliegenden Jahren sich um mehr Verkehrssicherheit in diesem Land gekümmert haben. Und es sind sehr viele und es sind viele, viele ehrenamtliche Menschen. Ich kann auch feststellen, dass wir das schreckliche Bild von 624 im Verkehr Getöteten aus dem Jahr 1991 zumindest auf die mildere Form von 296 Verstorbenen im Jahr 2001 haben bringen können. Nichtsdestotrotz sind wir damit immer noch in der Spitzenposition in ganz Deutschland, nämlich mit 167 Getöteten je einer Million Einwohner. NordrheinWestfalen zum Beispiel liegt nur bei 56. Das heißt also, obwohl wir alles Mögliche getan haben bisher, technische Maßnahmen an den Straßen, verkehrsorganisatorische Maßnahmen, wir haben Angebote unterbreitet wie das Fifty-fifty-Taxi oder den Disco-Bus, das Problem ist ebenso wichtig wie von Anfang an.
Bei der Verknüpfung der Verkehrspolitik mit anderen Politikbereichen haben wir hinsichtlich der Raumordnung die Aufgabenstellung zu integrieren, dass wir die Teilhabe für alle an der Mobilität gewährleisten können. Wir müssen das Funktionieren der umfassenden europäischen Integration verkehrsseitig sichern.
Aus der Umweltsicht ist die wichtigste Aufgabe, Schadstoffemissionen ständig zu senken. Was hier fehlt, ist wirklich eine vorurteilsfreie Variantenuntersuchung zwischen Bus und Bahn und zwischen Lkw und Bahn. Es ist nicht von vornherein immer die Bahn, die das umweltfreundliche Verkehrsmittel ist, wenn die Auslastung nicht stimmt, wenn niemand drinsitzt oder wenn eine Lokomotive mit zwei Güterwagen durch die Gegend fährt. Eine andere Sache, die man inzwischen begriffen hat in Deutschland, etwa alle fünf Jahre gibt es eine neue Generation von schadstoffärmeren Dieselmotoren. Busse werden spätestens nach zehn Jahren investiv erneuert und damit auf den neuesten technischen Stand gebracht, die Eisenbahnen in Deutschland erfahrungsgemäß erst nach zwanzig, dreißig, vierzig Jahren. Das heißt also, Eisenbahnen fahren selten mit den technisch neuesten Motoren durch die Gegend und sind deshalb nicht grundsätzlich ein umweltfreundliches Verkehrsmittel.
67 Prozent der Lkw-Flotte, die modernen Busse sowieso, die sich durch das Land bewegen, sind dagegen schadstoffarm.
Ein Wort zur EU-Osterweiterung. Zu den Fakten: Der Seeverkehr der deutschen Ostseehäfen wird sich bis 2015 um 61 Prozent im Güterverkehr erhöhen, davon der Fähr- und Ro-ro-Verkehr mit den baltischen Staaten und mit Russland um bis zu 292 Prozent. Sagenhafte Entwicklungen!
These: Die Landesregierung ist selbstverständlich auch für bessere Grenzpassagen zu Polen. Wir auch als Landtag, wir haben immer viel dafür getan. Es steht in dem Konzept, durch Öffnung weiterer Grenzübergänge kann die regionale Wirtschaft Erleichterungen erfahren. Bisher haben wir zu wenig erreicht. Gestern haben wir gehört, dass jetzt der Bundesfinanzminister sich für schnellstmögliche konkrete Besserung einsetzen will. Ich vermisse in diesem Papier der Landesregierung konkret terminisierte, verbindliche Aussagen, wann kommen wir zu weiteren Grenzübergängen. Nirgendwo eine konkrete Aussage.
Meine Damen und Herren, das Weißbuch der Europäischen Kommission zur europäischen Verkehrspolitik bis 2010, „Weichenstellungen für die Zukunft“ genannt, plädiert für den Ausbau von Hochgeschwindigkeitsseewegen. 41 Prozent des Güterverkehrs in der Gemeinschaft entfallen auf den Kurzstreckenseeverkehr. Und das ist nicht Seeverkehr von Europa zu anderen Kontinenten, sondern Warenaustausch zwischen europäischen Ländern. Dieser Seeverkehr stellt eine wirklich wettbewerbsfähige Alternative zum problembelasteten Landverkehr dar. Ich denke dabei natürlich in erster Linie an den Ostseeraum. Hier leben über 50 Millionen Einwohner. Und dabei spielt die Situation nach der Osterweiterung der EU eine besondere Rolle. Es fehlt eine moderne Infrastruktur an Straßen- und Schienenwegen von Norddeutschland über Polen nach Russland und zu den baltischen Republiken. Der Verkehrsbedarf wird sich erfahrungsgemäß sehr schnell entwickeln. Mit der Infrastruktur kommt man nicht nach. Selbst wir haben unter Rekordzeit an der A 20 jetzt erste Abschnitte und nach fünfzehn Jahren die Autobahn fertig. Die Lösung sehe ich, weil man so lange auf die Entwicklung der Verkehrsinfrastruktur nicht warten kann und weil man diese auch kurzfristig nicht bezahlen könnte, sehe ich eindeutig mit den Seewegen. Deshalb müssen künftig Hochgeschwindigkeitsseewege genauso zum transeuropäischen Verkehrsnetz gehören wie die Autobahnen oder die Schienenwege.
Und wenn ich da die Nachmeldungen des Landes zum transeuropäischen Verkehrsnetz lese, dann wurden Straßen und Flughäfen nachgemeldet, nicht aber der Schienenweg Hamburg –Stettin für den Abschnitt Bützow –Neubrandenburg–Stettin,
aber auch keine Vorhaben für Hochgeschwindigkeitsseewege. Ich denke, dieses Weißbuch der Europäischen Kommission zur künftigen europäischen Verkehrspolitik müsste man noch mal gründlich auswerten
und dann in unser Verkehrskonzept integrieren.
Zu den Aufgaben und Zielen der Verkehrspolitik ist viel Positives zu lesen. Aufgabe ist es: Sicherung und Schaffung von Arbeitsplätzen, Sicherung einer verantwortbaren Mobilität, Frage der Nachhaltigkeit. Als Beispiel wird
genannt eine bessere Fahrzeugausnutzung. Fahrgemeinschaften von Berufspendlern sollen gebildet werden. Richtig, alles richtig. Aber die Schlussfolgerungen? Wo ist festgeschrieben, dass wir künftig verstärkt Park-and-rideAnlagen dort bauen, wo nämlich die Fahrgemeinschaften zusammentreffen, wo sie sich finden, wo sie ihre Autos abstellen, damit sie mit einem Fahrzeug weiterfahren? Park-and-ride-Anlagen brauchen wir ganz zielgerichtet an diesen Treffs, wenn wir auch für die Umsetzung solch wichtiger Thesen etwas tun wollen.
Zum Handlungsrahmen, wie wir ihn im Konzept vorfinden: Zunächst zur Straße – und das ist nicht falsch, dass es zunächst um die Straße geht. Schließlich 94 Prozent aller Personenverkehrsleistungen und 75 Prozent der Güterverkehrsleistungen werden auf der Straße erbracht. Die Straße dominiert. Deshalb steht der Ausbau und der Erhalt der Straßeninfrastruktur an erster Stelle. Bei dieser Position gibt es unter uns eine mehrheitliche Kontinuität in diesem Hohen Hause über zwölf Jahre und über alle bisherigen Landesregierungen hinweg. Auch die PDS hat dazugelernt, nicht nur bei der A 20 vor geraumer Zeit, auch in jüngster Zeit zur A 14.
Und deswegen enthält das Verkehrskonzept dieser Landesregierung auch eine überzeugende Argumentation zur A 14.
Mittendrin aber in der umfangreichen Straßenpassage – u nd das ist wahrscheinlich ideologisch irgendwie dann doch immer noch als selbst auferlegte Verpflichtung zu verstehen – das kleine Feigenblatt mit der Aussage: „Trotz der angestrebten und erwarteten Verlagerungen im Personen- und im Güterverkehr auf andere Verkehrsträger, insbesondere die Eisenbahn“ und so weiter. Danach aber nichts, nichts was für die Verlagerungen getan wurde oder was dort bisher erzielt wurde. Es finden sich im Konzept keine Beweise dafür, dass das auch so passiert. Ganz im Gegenteil, alle Leistungsdaten im Personenfern- und im Güterverkehr auf der Schiene sind rückläufig. Erfolge haben wir nur beim Schienenpersonennahverkehr.
Gerade deshalb, weil dies bisher so ist, ist die Ertüchtigung der Schieneninfrastruktur notwendiger als je zuvor. Aber sie erfolgt nicht umfassend genug und sie kommt zu langsam voran. Wir haben von 250 Bahnhöfen in unserem Land bisher 43 einigermaßen saniert. Das ist aber auch wirklich manchmal der Minimalaufwand mit so einem kleinen Blech über dem Kopf als Wartehalle. Von sanitären Anlagen ist nicht immer was zu sehen. Und wir haben leider feststellen müssen, das Verkehrsprojekt Deutsche Einheit Nummer 1 ist nicht 1997 fertig geworden, sondern es soll jetzt 2006 fertig werden. Und so ist es leider fast immer. Wenn die Schiene endlich kommt, dann ist die Straße schon lange da
und alle haben sich auf die Straße orientiert.
Beim Schienenpersonenfernverkehr glaube ich ebenso wie der Minister, dass wir die Talsohle des Niedergangs erreicht haben, und es gibt erste positive Anzeichen und Wiederbelebungen. Zum Beispiel die alte Eisenbahnverbindung von Rostock – Schwerin nach
Dresden über Leipzig, die ab Dezember dann auch täglich bis Rostock führt – eine erfreuliche Wiederbelebung vormaliger Angebote. Auch der IC-Regelhalt in Ludwigslust auf der Strecke zwischen Hamburg und Berlin ist ein Erfolg. Und dass wir ab Dezember 2002 eine direkte Intercity-Verbindung haben von Stralsund über Hamburg, Frankfurt, Karlsruhe und damit den ungebrochenen Anschluss an Südwestdeutschland haben, das ist auch ein Erfolg für den Schienenfernverkehr.
Zum Schienenpersonennahverkehr: Ein sehr erfolgreiches Arbeitsgebiet, zumal der SPNV auch Aufgabe des Landes ist. Wir haben hier unsere Bestellquote erhöhen können von ehemals 15,09 Millionen Zugkilometer auf 16,66 Zugkilometer, auch wenn darin ungewollt Rostock – Berlin enthalten ist. Aber wenn ich im Verkehrskonzept lese: „Vor dem Hintergrund der begrenzten Regionalisierungsmittel sind Ausweitungen von Zugleistungen des SPNV in Mecklenburg-Vorpommern in größerem Umfang nicht möglich. Zusatzleistungen müssen daher großteils durch Reduzierungen an anderer Stelle kompensiert werden“, dann fehlt mir echt das Verständnis. Wir alle wissen – i ch habe es hier mehrmals gesagt –, dass Jahr für Jahr unsere Finanzministerin, die hier leider jetzt fehlt, sich aus den Regionalisierungsmitteln mit 23 bis 26 Millionen Euro bedient
und damit zweckentfremdet gesetzliche Leistungen im Ausbildungsverkehr finanziert.
Also wenn wir mehr Schienenverkehr künftig bestellen wollen, dann heißt das nicht, dass wir woanders was totmachen müssen, sondern dass die Finanzministerin das Geld mal wieder rausrücken muss.
Die Trassen- und Stationsgebühren der DB AG sind überteuert. Das liegt an der Struktur des Direktionsbereiches Netz, der Netz AG. Diese Struktur passt nicht zu Mecklenburg-Vorpommern. Entweder schaffen wir endlich eine Landesinfrastrukturgesellschaft oder wir müssen die Auftragsverwaltung durch regionale Strukturen organisieren, damit wir das kostengünstiger hinbekommen. Das Land hat ja eine derartige Studie in Auftrag gegeben. Das ist ganz in Ordnung. Und wir brauchen mehr Wettbewerb bei der Ausschreibung von SPNV-Leistungen. Bisher haben wir 18 Prozent der Leistungen ausgeschrieben und wir haben dabei Einsparungen von 10 bis 15 Prozent erzielt. Das sind bei diesen Millionen-Euro-Größen beträchtliche Summen.
Also das Ziel – das ist hier auch formuliert – der Landesregierung ist es jetzt, das ganze Netz auszuschreiben. Bisher wollte man das so nicht. Ich frage mich in dem Fall, weiß das der Wirtschaftsminister. Ich hoffe, ja, wenn er das weiß und dringelassen hat, dann ist das in Ordnung. Ein Politikwechsel ist im Schienenpersonennahverkehr unumgänglich überfällig. Wir müssen uns befreien von der Diktatur des Monopolisten DB AG.
Zum sonstigen ÖPNV in aller Kürze. Der ÖPNV auf der Straße, das wird das spannendste Arbeitsgebiet verkehrspolitischen Handelns der nächsten Jahre werden.
Wir alle wissen, den ÖPNV in den Landkreisen gibt es eigentlich nur, weil die Schüler zur Schule gefahren werden müssen. 80 Prozent aller Linienverkehre und auch 80 bis 90 Prozent aller Einnahmen der Verkehrsunternehmen resultieren aus dieser Pflichtaufgabe. Jetzt wissen wir aber alle, wie drastisch die Schülerzahlen zurückgehen. Aber trotzdem müssen die Schüler aus jedem Dorf abgeholt werden, es werden immer ein paar weniger sein. Das heißt, die gleiche Anzahl von Bussen muss die gleiche Anzahl von Kilometern fahren,
aber die Einnahmen fehlen. Es entsteht ein riesiges Loch in der Finanzierung des ÖPNV in den nächsten Jahren, genannt ist hier rund ein Drittel in diesem Gutachten. Ich denke, es wird noch mehr werden. Das Land weist darauf hin, verweist aber gleichzeitig an die Aufgabenträger, nämlich die Landkreise und kreisfreien Städte. Ich denke, das wird künftig nicht reichen mit diesem Hinweis. Das Land kann dabei nicht draußen vor stehen. Auch hier brauchen wir Konzepte, die dieses Problem lösen, und nicht nur den Hinweis, dass es in den nächsten Jahren so sein wird. Das wissen wir längst alle.
Ein Wort noch – ich habe noch zwei Minuten, denke ich mir – zu den neuen Technologien, Magnetschwebetechnik. Ja, ich habe die kleine Passage dort auch so gelesen als Nachruf auf den Transrapid und Wille zur Beobachtung des Eurorapid. Ich bin sicher, ein Beobachten und Prüfen wird nicht ausreichen, wenn man künftig dabei sein möchte. Man muss sich dafür auch engagieren.
Sonst beobachten wir nämlich, dass dieses Gefährt Eurorapid, wenn es von den Niederlanden dann mal über Berlin nach Prag und Budapest schweben sollte, einfach an uns vorbeirauscht. Ohne eine Anbindung Schwerins hätten die Macher es leichter und ohne Bremser sind sie sicherer bei der Planung einer solchen Zukunftsinvestition.
So, auf der letzten und vorletzten Seite – das habe ich genau so gelesen wie Herr Dr. Born –, da kommt es endlich: „Verkehrspolitik der Zukunft“. Anderthalb Seiten – aber nicht dass das Verkehrspolitik der Zukunft ist. Da steht nämlich alles noch einmal drin, was bis 2005 ohnehin passiert. Das ist doch schon reale Gegenwart, das ist doch nicht Zukunft!
Ja, ich frage mich schließlich: Ist das wirklich dieses integrierte, moderne, den Anforderungen der Nachhaltigkeit und der Zukunft entsprechende Verkehrssystem für Mecklenburg-Vorpommern, haben wir es schon im Visier? Ich sehe zwar schon wichtige Konturen, ich sehe eine Menge an Erkenntnissen, aber das eigentliche Ziel sehe ich doch in manchen Teilen noch recht unscharf und zu wenig durch konkretes Handeln untersetzt.
Meine Damen und Herren, die rote Lampe wird jeden Moment aufleuchten. Ein Jegliches hat seine Zeit, sagt der Prediger. Meine Zeit ist abgelaufen, was diesen Ort und dieses Pult betrifft. Ich denke auch, zwölf Jahre reichen, und ich sage einfach als Mecklenburger im besten Sinne: Tschüs denn!
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn man von Wismar, Schwerin oder allgemein von Westmecklenburg nach Stuttgart, München oder Südeuropa fahren möchte, dann muss man überlegen, ob man dazu über Hamburg fährt oder über Berlin. Aber da will man ja eigentlich gar nicht hin.
Das ist das Problem der fehlenden A 14.
Andererseits kommt man aber von Braunschweig und Wolfsburg auch heute schon ganz erstaunlich gut nach Hamburg, und zwar über Hannover. Das geht nach deren Meinung aber nicht. Es reicht dort auch nicht der Neubau einer leistungsfähigen Bundesfernstraße, wie es die Verkehrsuntersuchung Nordost in der Variante G vorschlägt. Nein, das müssen auch Autobahnen zusätzlich sein zu denen, die man schon hat. Dort gilt nämlich der Standard, der uns ganz utopisch erscheint, jeder Ort muss über 50 Kilometer Distanz von einer Autobahn aus erreichbar sein.
A 20 nur mit uns. Wer erinnert sich nicht daran? Die CDU nickt nicht, aber sie weiß es, das war mal Wahlkampfslogan
1994 zur A 20.
Heute muss ich eigentlich zu dem, was ich so von den anderen beiden Parteien dieses Hohen Hauses höre, als Sozialdemokrat sagen: A 14 nur mit uns.
Wir haben inzwischen bewiesen, dass die A 20 auch mit uns vorangekommen ist, und sie wird auch mit uns fertig werden.
Die PDS hat eine erstaunliche Wandlung durchgemacht in den letzten Jahren. Ich kann sie dazu nur beglückwünschen.
Ehemals noch an den Bäumen hängend,
im Sumpf der Peeneniederung, haben Sie jetzt endlich die A 20 akzeptiert, nutzen Sie diese jetzt auch und stellen vielleicht so wie ich fest, dass das Land durch die A 20 keinen wesentlichen Schaden genommen hat, sondern ganz im Gegenteil.
Und die PDS hat erst vor kurzer Zeit die A 14 vehement abgelehnt.
Ich erinnere mich daran, bis auf Frau Gramkow, die nicht so sehr, ist ja klar. Herr Holter hat die A 14 erst abgelehnt und wurde dann immer ruhiger. Er hat aber wenigstens die Fachleute in seinem Hause daran arbeiten lassen.
Das war schon was.
Lernfähig und anpassungsfähig, ja.
Herr Ritter, daran erinnert sich jeder, hat hier ganz fulminante Reden gehalten gegen die A 14 als völlig unnötig, zu teuer und schädlich. Herr Ritter ist auch im Anpassungsprozess.
Wer hat in den letzten Monaten noch was von Herrn Ritter zur A 14 gehört?
Er ist also jetzt in der Schweige- und Nachdenkensphase.
Okay.
Warum gerade das Konzept der A 14 in der Variante G? Der nordöstliche Raum Deutschlands, ganz grob gesagt im Dreieck zwischen Hamburg, Hannover und Berlin, also begrenzt durch die Autobahnen A 2, A 7, A 24 und A 10, hat ganz beträchtliche Defizite an Straßenerschließung und an bundesweiter Anbindung. Das beweist die VUNO. Nicht zufälligerweise ist in dem Raum auch die Wirtschaft extrem unterentwickelt. Sie befand sich vorher in Randlage zur innerdeutschen Grenze. Dieses Gebiet beinhaltet die schwachen Wirtschaftsregionen Altmark und Prignitz.
Wir sagen, nicht die A 14 allein ist es, sondern wir brauchen ein Gesamtkonzept für die Erschließung dieses Raumes und dieser Raum ist noch viel weiter zu ziehen, wenn man die Ost-West-Verbindungen sieht, nämlich bis nach Neubrandenburg. Und das weist die Variante G der VUNO ja auch schon aus, es wird eine Querverbindung entstehen, leistungsstark von Seehausen über Pritzwalk, Wittstock, Mirow, Neustrelitz und dann sind wir auf der B 96, die sowieso vierstreifig ausgebaut werden soll
und von uns entsprechend vorbereitet wird.
Die VUNO ist aktualisiert worden in letzter Zeit und das Ergebnis hat bewiesen, dass die betroffenen Räume wegen der fehlenden Infrastruktur eine Wirtschaftsstagnation haben. Sie haben Einwohnerverluste erlitten und die Verkehrsprognose ist um zehn Prozent zu mindern, weil dort die ehemals prognostizierten Entwicklungen einfach nicht stattgefunden haben. Das beweist, wie wirklich
dringend und kurzfristig hier die Infrastruktur nachzuholen ist.
Ein Wort zu Frau Gramkow. Also mit dem „zusätzlich“ kann ich mir das nicht so richtig vorstellen. Zusätzlich haben wir früher viel geleistet im Gegenplanangebot der Werktätigen als Initiativschichten. Aber so eine A 14 mit einem Bauvolumen von 2,2 Milliarden Euro zusätzlich finanzieren zu wollen, das halte ich für unmöglich, halte ich auch nicht für notwendig. Wie ich am Beispiel der VUNO mit Neuuntersuchungen belegt habe, gibt es auch bei allen anderen Anmeldungen von 1992 bis jetzt Entwicklungen, die neu zu bewerten und zu betrachten sind. Die eine oder andere Anmeldung von damals ist durch veränderte Verkehrsströme heute nicht mehr so prioritär. Insofern ist auch eine Neuuntersuchung all unserer Anmeldungen zu akzeptieren und wir müssen neue Prioritäten setzen. – Ich danke Ihnen.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren Abgeordnete! Da wir die Beratung dieses Antrages ohne eine Einbringung vollziehen, möchte ich doch noch ein Wort vorwegstellen, wie es dann zu diesem Antrag gekommen ist.
Am 9. Januar diesen Jahres haben sich in Schwerin 23 Parlamentarier aus vier norddeutschen Parlamenten zusammengefunden, um über aktuelle Fragen der Eisenbahnpolitik mit dem Schwerpunkt Regionalisierungsmittel zu beraten. Im Ergebnis dieser sehr offen und sachlich geführten Beratung ist die so genannte Schweriner Erklärung von allen Beteiligten aus allen möglichen Parteien einstimmig verabschiedet worden. Auf der Grundlage dieser Schweriner Erklärung haben sich die Fraktionen dieses Hohen Hauses einstimmig zur Formulierung und Einbringung des vorliegenden Antrages verständigt.
Meine Damen und Herren! Mit der Bahnstrukturreform und der Regionalisierung haben sich die Rahmenbedingungen für den Schienenverkehr grundlegend geändert, leider nicht nur zum Positiven, wie wir aus Sicht unseres Landes vom Schienenpersonenfernverkehr und auch vom Güterverkehr wissen.
Die Regionalisierung hat zunächst, wie es auch die Zielstellung war, einen ungeheuren Innovationsschub im
Schienenpersonennahverkehr ausgelöst, angefangen bei den Investitionen im Fahrzeugpark, teilweise in die Verkehrsanlagen – ich denke dabei besonders an die Strecke Wismar–Rostock–Tessin –, aber auch bei neuen Anbietern von Schienenverkehrsleistungen im Nahverkehrsbereich und schließlich beim Fahrplanangebot und im Service unterwegs. Der Erfolg blieb nicht aus, wir haben beträchtliche Fahrgastzuwächse von bis zu 50 Prozent, dort, wo solche Konzepte überzeugend umgesetzt worden sind.
Mit der Regionalisierung haben wir auch den Einstieg in den Wettbewerb auf der Schiene geschafft, gute Leistungen zu guten Preisen über Ausschreibungen. Der Gewohnheitsmonopolist Deutsche Bahn AG musste sich erst auf diesen Wettbewerb einstellen, vor Ort und in der Konzernspitze. Der Widerstand war nicht immer von der feinen Art. Wenn das Land sich daranmachte, Verkehrsleistungen ausschreiben zu wollen, dann gaben sich hier die Bahnvorstände die Klinke in die Hand, angefangen von Herrn Döll über Ludewig, Daubertshäuser bis zu Herrn Mehdorn. Und auch egal, bei wem sie sich dann angemeldet hatten, ob bei Herrn Seite, Herrn Ringstorff, Herrn Seidel oder Herrn Eggert, im Grunde ist unterm Strich nach einer gewissen Zeit aus diesen Beratungen für das Land nicht allzu viel übriggeblieben.
Es gab immer eine Menge Versprechungen – bezogen auf den Intercityhalt in Ludwigslust oder auf das Güterverkehrszentrum Rostock – oder andere Forderungen des Landes. In der Regel machte das Land dann Abstriche bei dem beabsichtigten Wettbewerb im Schienenpersonennahverkehr, sprich, es wurden nur relativ wenig Leistungen im SPNV-Bereich ausgeschrieben. In drei Stufen waren es ungefähr 20 Prozent der Leistungen. Aber Tatsache ist, dass wir bei etlichen dieser Ausschreibungen doch bedeutsame Preisvorteile für die bestellten Leistungen erzielt haben, die bis zu 25 Prozent gehen. Und 25 Prozent bei der Größenordnung von 270 Millionen DM – das ist das Gesamtvolumen SPNV so in etwa für die zu bestellenden Leistungen – sind eine ganze Menge.
Wir haben uns leider immer wieder von diesen Besuchen der Bahnvorstände beeindrucken lassen und sind nach meiner Meinung den Weg der konsequenten Ausschreibung von Teilleistungen im SPNV nicht konsequent genug weitergegangen.
Unter den Bundesländern gehört Mecklenburg-Vorpommern zu den am wenigsten lukrativen Märkten für ein Eisenbahnverkehrsunternehmen – niedrige Einwohnerdichte, also wenig Fahrgäste, schwache Wirtschaft, also geringes Güteraufkommen. Ein Verkehrskonzern wie die Deutsche Bahn AG möchte zwar auf die Rosinen in diesem ansonsten trockenen Schienenverkehrskuchen Mecklenburg-Vorpommern nicht verzichten, verschmäht aber zunehmend den Teig. Das soll heißen, um vom Land bestellte gut bezahlte Leistungen wie den SPNV wird seitens der DB AG mit allen Mitteln gekämpft, aber eigenwirtschaftlich im Fernverkehr zu erbringende Leistungen werden von Jahr zu Jahr abgebaut.
So einfach ein privatisiertes gewinnorientiertes Unternehmen wie die Deutsche Bahn AG dies auch tun kann,
anders sieht das für die Politik aus. Die Politik steht ihren Bürgern gegenüber in der Pflicht, die Politik muss handeln.
Da die Bundesregierung sich bis heute weigert, ihrer Verantwortung für den Fernverkehr – für den Güterverkehr übrigens auch – gemäß Grundgesetz Artikel 87 e Absatz 4 umfassend nachzukommen, musste das Land schadenverhütend einspringen. Ich meine hier die Strecke R o s t o ck –Berlin. Das birgt allerdings die Gefahr eines Dammbruchs in sich. Das Geld für den Fernverkehrersatz stammt bisher bereits aus den Regionalisierungsmitteln für den Schienenpersonennahverkehr. Und gerade diese Mittel will die Bundesregierung uns noch in diesem Jahr um bis zu 40 Millionen Euro reduzieren, wenn die einzelnen Gründe für diese Reduzierung dann alle eintreffen sollten.
Übrigens, das habe ich erst gestern erfahren, die Bundestagsfraktion der SPD lehnt eine Reduzierung des Gesamtvolumens an Regionalisierungsmitteln ab. Das bewahrt uns allerdings nicht davor, dass wir im Zuge der Neuverteilung dieses Kuchens unter den Bundesländern trotzdem gewaltige und neue Reduzierungen werden hinnehmen müssen. Wir sind dabei am stärksten betroffen. Und da nützt es auch nichts, wenn die Abstimmung über diese Neuverteilung mit 15 zu 1, also mit einer Gegenstimme unseres Landes erfolgt ist.
Zunächst noch einmal zurück zum Schienenfernverkehr. Der Bund sieht sich in einer nur halbherzigen Verantwortung. Bezogen auf Artikel 87 Grundgesetz vertritt er die Rechtsauffassung, dass er seiner Verpflichtung, das Wohl der Allgemeinheit zu gewährleisten, insbesondere den Verkehrsbedürfnissen beim Ausbau und Erhalt des Schienennetzes sowie bei den Verkehrsangeboten im Fern- und Güterverkehr ausreichend nachkommt, indem er Investitionen in das Netz der DB AG im Rahmen des Bundesschienenwegeausbaugesetzes mitfinanziert. Eine direkte finanzielle Beteiligung an den Fernverkehrsleistungen bis zu deren Bestellung, wenn es denn nicht anders gehen sollte und wie es entschieden die Länder fordern und auch selbst beim Schienennahverkehr praktizieren, lehnt der Bund kategorisch ab.
Ich habe Verständnis dafür, dass die Bundesregierung nicht auch noch eine Bundesverkehrsgesellschaft für den Schienenpersonenfernverkehr etablieren möchte. Das ist auch nicht nötig, denn die Länder könnten sich darüber verständigen, wie die Bestellerfunktion zu übernehmen wäre, aber die Finanzierung darf der Bund nicht einfach abschütteln.
Zusammenfassend kann ich aus der Situation im Schienenpersonenfernverkehr nur zu der Feststellung kommen, dass die Bundesregierung zwar eine Menge Geld in die Schienenwege investiert, aber dieses nicht zur Durchsetzung einer raumordnerisch orientierten und zukunftsfähigen Schienenverkehrspolitik nutzt. Noch konkreter: Seit der unternehmerischen Freilassung der Deutschen Bahn AG im Sinne der Privatisierung vermisse ich eine verkehrspolitische Konzeption für einen bundesweiten Schienenfernverkehr.
Doch jetzt einige Bemerkungen zum Schienenpersonennahverkehr und dessen künftiger Finanzierung. Die Länder haben mit der Aufgabenübernahme für den SPNV nach Paragraph 8 Absatz 1 Regionalisierungsgesetz vom Bund finanzielle Mittel erhalten, um die Zugkilometer nach dem Stand des Jahres 1993/94 aufrechterhalten zu kön
nen. Für Mecklenburg-Vorpommern waren dies ab 1997 jährlich 363,77 Millionen DM. Darüber hinaus haben wir gemäß Paragraph 8 Absatz 2 Regionalisierungsgesetz eine Quote von 3,3 Prozent von einem Sockelbetrag erhalten, der jährlich mit dem Wachstum der Umsatzsteuer angestiegen ist, und das ist die so genannte Dynamisierung der Regionalisierungsmittel. In der Summe haben wir in den letzten Jahren etwa 430 Millionen DM pro Jahr an Regionalisierungsmitteln erhalten. Das Finanzvolumen nach Paragraph 8 Absatz 2 steht den Ländern für ihre verkehrspolitischen Präferenzen im Sinne einer umfassenden Weiterentwicklung des SPNV zur Verfügung, also für Mehrleistungen, Bedienung zusätzlicher Strecken, Qualitätsverbesserungen oder Investitionen.
Ich muss daran erinnern, die eigentliche Zielstellung der Regionalisierung ist es, mehr Verkehr auf die Schiene zu bringen. Deshalb haben auch die Väter der Regionalisierung bereits mit der Gesetzgebung immer wieder die Länder gemahnt, nach dem Aufgaben- und Finanztransfer durch den Bund nicht ihre bisherigen eigenen Aufwendungen für den ÖPNV zu reduzieren. Aber gerade das hat Mecklenburg-Vorpommern gemacht, und zwar schon beginnend mit dem Haushaltsplan 1998. Wir haben in zunehmenden Schritten die Pflichtaufgabe des Landes nach Paragraph 45 a Personenbeförderungsgesetz, nämlich Ausgleichszahlungen für den subventionierten Ausbildungsverkehr auszugleichen, bezüglich der Landesmittel zurückgefahren und durch Regionalisierungsmittel ersetzt. In diesem Jahr werden für Ausgleichsleistungen nur noch 1,943 Millionen Euro Landesmittel, aber 26,178 Millionen Euro Regiomittel eingesetzt. Das sind in D-Mark gerechnet über 50 Millionen DM Regionalisierungsmittel, die hier verschwinden im Sinne einer Haushaltssanierung, und die dem eigentlichen Anliegen der Regionalisierung verloren gehen.
Wenn wir uns daran erinnern, wie es hierzu gekommen ist, dann klagen wir nicht den derzeitigen Wirtschaftsminister an, sondern es begann schon unter Jürgen Seidel als Wirtschaftsminister, vollzog sich dann weiter unter Herrn Eggert und bis heute hin. Diesen Ministern saß die ganze Zeit über die Finanzministerin Sigrid Keler natürlich mächtig im Nacken, aber auch wir Parlamentarier müssen uns in diesem Zusammenhang an unsere eigene Nase fassen. Ich selber muss das nicht so kräftig tun, denn ich habe immer wieder auf diesen Sachverhalt aufmerksam gemacht
und von einer missbräuchlichen Verwendung der Regiomittel gesprochen.
Ich habe aufgefordert, dagegen etwas zu tun. Es ist mir aber nicht gelungen, in diesem Hause zu meinem Anliegen wirkliche Mehrheiten zu finden. Und ich war dabei auch von der PDS-Fraktion etwas enttäuscht, wo uns der Herr Ritter hier immer ganz faszinierende Reden über einen zukünftigen ÖPNV vorgetragen hat.
Herr Ritter, aber Sie haben es nicht geschafft, auch Ihre Fraktion für einen entsprechenden Antrag zu mobilisieren.
Und die Opposition, muss ich mal sagen, hat als solche diesen vorgelegten Pass nicht genutzt. Sie hätte ihn aufgreifen müssen, Sie hätten einen Änderungsantrag lieber zum Haushalt einbringen müssen. Wenn Sie schon in der Opposition sind, dann muss man doch Alternativen aufweisen, was Sie auch nicht getan haben.
Insofern ist dieser Sachverhalt gemeinsames Handeln von Regierung und Parlament. Und ich habe mich jetzt im Grunde – na ja, so ein bisschen – mit allem Kritischen auseinander gesetzt, das ist ein eigenes Ding.
Wir waren uns im Grunde einig, aber es ist hier nichts dabei zustande gekommen.
Ja.
Jetzt zu einem Problem deshalb auch aus dieser Sicht hier mit dem vorliegenden Antrag auf Drucksache 3/2638. Im Punkt 1 fordern wir vom Bund eine ausreichende Finanzierung des SPNV bei der Novellierung des Regionalisierungsgesetzes. Wir wissen, dass wir bei der Neuverteilung auf die Länder mit Einbußen von 13 Millionen Euro zu rechnen haben. Es gibt auch noch Reduzierungen der Zuführung durch die negative Entwicklung der Mehrwertsteuer und natürlich durch die Androhung der Bundesregierung, die Mittel auf dem Stand des letzten Jahres einfrieren zu wollen. Alles in allem, wenn uns das alles trifft – das, hoffe ich, wird nicht in der Summe der Fall sein –, dann haben wir immer noch das Problem, wie wir dem Bund klar machen wollen, dass wir nicht ausreichend Regionalisierungsmittel von ihm erhalten, wenn wir über 26 Millionen Euro im Grunde so zweckentfremdet verwenden.
Noch eine Bemerkung, da ich anscheinend noch Redezeit habe, zum Punkt 3 unseres vorliegenden Antrages, zur Trennung von Netz und Betrieb, ein hier oft behandeltes Thema. Ich muss dabei nicht in die Tiefe gehen, ich muss nur sagen, die jetzige Lösung, die im Ergebnis der Beratungen der Bundesregierung zum Tragen kommt, dass man nämlich die Netzverwaltung weiterhin innerhalb des DB-Konzerns belässt, sie nur unternehmerisch trennt, kann nur ein Zwischenschritt sein. Und darüber hilft auch nicht hinweg, dass die Trassenagentur beim Eisenbahnbundesamt zunächst eingeordnet wird. Es bleibt der Sachverhalt, dass man also mit dem Zugriff und der Verwaltung des Netzes ganz hervorragend Unternehmenspolitik betreiben kann, was man mit dieser Konstruktion seitens der DB AG nicht ausschließen kann.
Ich will hier keine Globalkritik gegenüber der DB AG halten, keineswegs. Ich akzeptiere die tagtäglich enormen und nicht leicht zu erbringenden Leistungen der Mitarbeiter der DB. Ich akzeptiere, dass die Deutsche Bahn AG in Deutschland insgesamt Träger des eisenbahntechnischen Standes der Technik ist, dass es hier ganz ausgezeichnete Verkehrsleistungen in Deutschland gibt, dass es hier beispielsweise Hochgeschwindigkeitsverkehre auf der Rhein-Ruhr-Trasse künftig geben wird, die im
10-Minuten-Takt verkehren. Da braucht man gar keinen Fahrplan zu beachten, da geht man hin, steigt ein und erreicht mit 300 Kilometern pro Stunde das Ziel. Das sind absolute Spitzenleistungen, nur, ich sehe wehmütig in diesem Zusammenhang auf unser Land, dass dergleichen Spitzenleistungen hier nicht stattfinden und in absehbarer Zeit nicht stattfinden werden beziehungsweise wir hart darum kämpfen müssen, dass hier die eine oder andere Strecke mal wieder auf 160 Kilometern pro Stunde ertüchtigt wird und wir nicht vollständig im Grunde von der Entwicklung des Schienenverkehrs abgehängt werden. Das bringt auch unser gemeinsamer Antrag hier sorgenvoll zum Ausdruck.
Ein Satz noch. Ich wünsche mir, um die Belange unseres Landes in Sachen Infrastruktur künftig besser gestalten zu können, eine zweite Stufe der Regionalisierung, und zwar mit dem Inhalt der Regionalisierung auch von Infrastruktur in rein nahverkehrsmäßig betriebenen Netzbereichen. – Ich bitte um Zustimmung zu unserem gemeinsamen Antrag.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Man merkt es doch, Abschied nehmen fällt immer schwer. Alles Gute, Frau Kassner!
Eine Vorbemerkung an Herrn Vierkant: Alle bisherigen Wirtschaftsminister haben ihre Verkehrskonzepte zum Ende der Legislaturperiode vorgelegt:
Herr Lehment, F.D.P., im Juni 1994 und Herr Seidel, CDU, im Juli 1998.
Ziel unserer Verkehrspolitik muss es sein, die Voraussetzungen für die Mobilität für alle gesellschaftlichen Bereiche zu schaffen und zu erhalten. Unsere Gesellschaft lebt von der Mobilität. Mobilität müssen wir zwar wegen begrenzter Ressourcen mit Blick auf die nachfolgenden Generationen verantwortungsvoll gestalten, aber wir müssen sie vor allem gewährleisten.
Die Verkehrsträger haben sich in der Vergangenheit unkoordiniert nebeneinander her entwickelt, zum Teil sogar ideologisch bekämpft. In kurzen Zeitabständen wurden neue politische Schwerpunkte gesetzt und Haushaltsmittel dem jeweils bevorzugten Verkehrsträger zugewiesen.
Angesichts der begrenzten Leistungsfähigkeit der Verkehrssysteme und der zunehmenden Umweltbelastung ist ein Umdenken dringend geboten. Ziel einer neuen Verkehrspolitik muss es sein, die Integration der Verkehrssysteme unter Einbeziehung aller Verkehrsträger zu optimieren. Forderungen an die Verkehrspolitik sind deshalb:
Entwickeln langfristiger, von der jeweiligen Haushaltslage unabhängiger Finanzierungskonzepte als Grundlage für Verkehrsinfrastruktur und Verkehrsmanagementplanungen,
verbesserte Attraktivität und Leistungsfähigkeit des ÖPNV,
Gestalten der Verknüpfungspunkte der so genannten Schnittstellen und
Förderung von Park-and-ride-Anlangen.
Ein solcher Bedarf entsteht zunehmend an Autobahnanschlussstellen. Diese Verkehrsteilnehmer verhalten sich vernünftig – natürlich aus Kostengründen. Die Einführung der verkehrsmittelunabhängigen Entfernungspauschale ab 1. Januar diesen Jahres forciert diese Entwicklung. Wir sollten dies verkehrspolitisch fördern und den Bau oder die Nachrüstung von Fahrgemeinschaftsparkplätzen bei unseren Straßenplanungen berücksichtigen.
Doch jetzt einige Ausführungen zu den einzelnen Verkehrsträgern.
Der Verkehrsträger Straße hat, auf die Infrastruktur bezogen, mit Abstand die erfolgreichste Entwicklung genommen. Hierbei ist auch eine erstaunliche Kontinuität zwischen den bisherigen Konzepten und deren Umsetzung zu verzeichnen. Ob die Ost-West-Achse A 20, der Rügenzubringer oder die A 241, diese wichtigen Verkehrsachsen haben ihre gesicherte Einbindung in Planungs- und Realisierungsabläufe. Erste wichtige Abschnitte sind bereits in Betrieb oder stehen ganz kurz davor.
Ebenso erfolgreich zeigt sich der Ausbau des Bundesstraßennetzes. Hierbei wurde allerdings zu spät erkannt, dass zu einem komplexen Straßenausbau auch von Anfang an die notwendigen verkehrssicherheitstechnischen Vorkehrungen gehören. Die Korrektur ist inzwischen angegangen worden, was ein differenzierteres Geschwindigkeitsregime, Fahrbahnmarkierungen, eine sinnvolle Beschilderung und den Einbau von Leitplanken betrifft.
Rückstände haben wir nach wie vor bei den Landes- und Kommunalstraßen nicht nur bei deren Ausbau, sondern vor allem bei deren Unterhalt. Leider haben wir auch viel zu wenig Ortsumgehungen gebaut, wenn wir an den Bedarf von 45 Ortsumgehungen allein im vordringlichen Bedarf des Bundesverkehrswegeplanes denken, von denen bisher nicht mal ein Dutzend fertig ist. Aber für die Ortsumgehungen haben wir im letzten Jahr vom Bund einen Nachschlag erhalten im Ergebnis bestimmter positiver Ereignisse wie Zinsersparnisse durch den Verkauf von UMTS-Lizenzen, für das Steuerreformgesetz und mit dem Zukunftsinvestitionsprogramm der Bundesregierung.
Ein Wort zur A 14: Zweifellos ist für uns die A 14 das wichtigste Straßenbauvorhaben, welches wir in den vordringlichen Bedarf des nächsten Bundesverkehrswegeplanes bringen müssen.
Durch den Planungsraum zwischen Ludwigslust und Magdeburg – jetzt noch das größte Autobahnloch Deutschlands – rollen Verkehrsströme der europäischen Nord-Süd-Achse, die wir nicht an unsere Konkurrenz verlieren dürfen.
Ja, ein Loch muss nicht ein Loch bleiben. Das sollte hoffentlich bald allen klar sein.
Wenn wir heute ein neues Verkehrskonzept für Mecklenburg-Vorpommern fordern, dann ist es auch Zeit, Bilanz zu ziehen. Wie weit sind wir bisher in der Umsetzung bisheriger Konzepte gekommen und wie weit müssen wir unsere Vorstellungen auch korrigieren? Dies gilt ganz besonders für den Schienenverkehr, der seit Jahren unser Sorgenkind ist.
Um einmal auf andere Art das Problem zu verdeutlichen, wo wir mit diesem Verkehrsträger heute stehen, zwei kurze Zitate: Zunächst Wirtschaftsminister Lehment vom Juni 1994 aus dem erwähnten Konzept „Grundlagen und Perspektiven des Verkehrs Mecklenburg-Vorpommern“: „Der Wirtschaftsminister fordert zur Sicherung der Grundversorgung der Bevölkerung und zur Belebung des Wirtschafts- und des Ferienverkehrs einen niveauvollen Anschluß an das schnellbefahrene Netz durch die Weiterführung von IC-Linien, die bislang in Berlin enden, in den vorpommerschen Raum...“ Ende des Zitats. Das wäre aber doch gar nicht so schlecht gewesen. Doch jetzt eine Aussage vom 3. Februar 2000, damals quasi als Nachruf zum Transrapid aus meinem Mund: „Auch heute besteht die Gefahr, Hightech an Bahntechnik zu verpassen und bei dritt- oder viertklassigen Bahnen zu landen –“
„kein Transrapid im Land,“
„kein ICE, kein IC.... Uns bleiben einige wenige Interregioverbindungen.... ansonsten also nur Schienenpersonennahverkehrsangebote...“
Aber ich muss feststellen, so ganz verkehrt war das damals nicht gesagt.
Für den Schienenverkehr brauchen wir eine völlig neue Konzeption. An erster Stelle stehen dabei die Nord-SüdVerbindungen, und zwar in einer europäischen Dimension. Leider müssen wir kleine Brötchen backen, solange wir hierbei der Unternehmenspolitik der Deutschen Bahn AG ausgeliefert sind, was den Fernverkehr betrifft,
und die Bundesregierung uns im Grunde nicht ausreichend hilft, die jetzige nicht, aber auch die davor nicht.
Wir haben dies hier alles hintergründig diskutiert. Änderungen sind leider nicht in Sicht. Ausnahme ist das positive Signal der Verbindung Berlin –Rostock, aber das reicht nicht.
Bundesverkehrsminister Kurt Bodewig ist zwar hoffnungsvoll an den Start gegangen, aber jetzt selber zum Frosch geworden,
der nicht will, dass der Tümpel trockengelegt wird.
Kurzum, und Sie werden verstehen, warum ich das so sage, eine reale Trennung von Netz und Betrieb wird es leider so bald nicht geben.
Ausgenommen bleiben europäische Entwicklungen. Überraschungen von dort sind jederzeit möglich – positiv wie negativ –, wie die kürzlich erklärte Unterstützung für eine feste Fehmarnbeltquerung durch die EU.
Zum Schluss noch eine Bemerkung zum Luftverkehr, auch hierzu ein Zitat, Lehment, 1994, weil es amüsant ist: „Der Wirtschaftsminister fördert den Aufbau von Fluglinienverkehr, sonstigem gewerblichem Luftverkehr sowie Werks- und Geschäftsluftverkehr, um die Verbindung zwischen Bevölkerung-, Industrie- und Handelszentren in den Regionen des Landes mit Flugzielen im Inland wie im Ausland sicherzustellen.“ Ende des Zitats. Bisher hat das alles noch nicht so richtig geklappt. Ich frage mich: Warum fliegen die Leute bloß so wenig?
Mit dem Haushaltsentwurf 2002/2003 ist die Anschubfinanzierung einer Fluglinie vom Flughafen Rostock-Laage zu einem internationalen Verkehrsflughafen vorgesehen.
Ich hoffe, wir werden uns wenigstens über diesen ersten Schritt verständigen können.
Ich danke Ihnen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich darf jetzt das Schlusswort halten zu dieser Thematik. Wettbewerb im ÖPNV – Chancen und Risiken, ich betone ausdrücklich die Chancen. Ich denke, in jeder Hinsicht hat sich bisher bewiesen, dort, wo die europäische Politik für Liberalisierung gesorgt hat, das heißt Wettbewerb, haben in der Regel die Verbraucher etwas davon gehabt. Bei der Telekommunikation wissen wir das alle, beim Strom haben es noch nicht alle begriffen. Man kann Strom teuer oder man kann Strom auch preiswert einkaufen. Beim Güterverkehr wirkt in vielen Bereichen die Liberalisierung und zum Teil bei den Postdiensten. Die Reaktionen sind immer unterschiedlich, wenn etwas geändert werden soll. Das ist normal. Die Betreiber und die Aufgabenträger haben Bedenken, die Verbraucher erhoffen sich günstigere Bedingungen und sinkende Preise.
Natürlich treten die Anbieter von ÖPNV-Leistungen zunächst als Besitzstandswahrer auf, machen ein Mordsgeschrei, bringen die Verbände und die Gewerkschaften in Position und führen letztendlich zu einer allgemeinen Verunsicherung, die aber niemandem nützt. Die Politik in Europa, auf der Bundesebene, auf der Landesebene ist für den Wettbewerb in kontrollierter Form.
ÖPNV, das haben wir mehrfach gehört, ist eine Aufgabe der Daseinsvorsorge und hat zum Zweck, die Mobilitätsbedürfnisse der Bürgerinnen und Bürger zu sichern. Die Aufgabenträger – und das sind bei uns im Land bekanntlich die Kreise und kreisfreien Städte – sind in einer Zwickmühle. Sie sehen natürlich auch den Vorteil bei den bestehenden Finanznöten, die öffentlichen Verkehrsangebote kostengünstiger vorzuhalten. Sie haben auch die Pflicht, die gesetzlichen Vorgaben – europäisches Recht, künftige bundes- oder landesrechtliche Regelungen – umzusetzen. Aber sie sind in der Regel auch Eigentümer von Verkehrsunternehmen und stehen unter dem Druck, dort die Arbeitsplätze zu sichern und die Leute bei Laune zu halten. Sie müssen aber auch die Angebots- und Leistungsqualität im ÖPNV sichern.
Wir müssen unterscheiden zwischen eigenwirtschaftlichen und gemeinwirtschaftlichen Leistungen. Und da gibt es noch einen gewissen Dissens mit dem Entwurf der EUVerordnung, dass wir nämlich in Deutschland eigenwirtschaftliche Leistungen auch dann als solche ansehen, wenn aufgrund von gesetzlichen Regelungen Ausgleiche und Erstattungen gewährt werden, zum Beispiel im Ausbildungsverkehr oder nach dem Schwerbehindertengesetz. Im Grunde sind dies ja politische Entscheidungen. Wenn man will, dass Schwerbehinderte kostenfrei den ÖPNV nutzen sollen, dann darf das nicht zu Lasten der Unternehmen erfolgen,
sondern die müssen dafür auch einen Ausgleich bekommen. Ebenso, wenn man den Ausbildungsverkehr verbilligen will, dann brauchen die Verkehrsunternehmen eine sachgerechte Bezahlung ihrer Leistungen. Dafür gibt es bei uns Gesetze und das muss auch so bleiben.
Ich denke, diese Regelungen haben auch mit dem Wettbewerb nichts zu tun. Sie strangulieren nicht den Wettbewerb, weil jeder Wettbewerber unter gleichen Bedingungen diese Leistungen in Anspruch nehmen wird.
Was haben wir bisher für Erfahrungen gemacht in unserem Land mit Wettbewerb? Ich denke, beim Schienenpersonennahverkehr nur gute. Wir haben die Leistungen dort wesentlich günstiger einkaufen können. Wir haben im Ergebnis dieses Wettbewerbs und verbesserter öffentlicher Verkehrsangebote auf der Schiene auch wieder mehr Menschen in die Züge gebracht. Leider konnten wir nur etwa 20 Prozent der SPNV-Leistungen bisher öffentlich im Wettbewerb vergeben, weil der Druck seitens des bisherigen Monopolisten Deutsche Bahn AG so groß war, dass auch das Land dort nicht mit eigenen Positionen standhalten konnte.
Ja, das wird auf Dauer auch nicht so bleiben, denke ich mir, bei der Tatsache, dass ja die DB AG ihre Zukunft nicht gerade in unserem Land sieht.
Was fordert jetzt Europa mit diesem Verordnungsentwurf?
Erstens fordert es Transparenz über die finanziellen Hilfen bei gemeinwirtschaftlichen Leistungen. Transparenz bedeutet Wettbewerb, öffentliche Ausschreibung.
Zweitens. Es dürfen nach einem Qualitätsvergleich, nach einer Qualitätsbewertung Ausschließlichkeitsrechte auf Zeit erteilt werden, wenn es sich nicht um gemeinwirtschaftliche, sondern um kostendeckende Leistungen handelt.
Nach meiner Meinung ist aber der Zeitraum, die Rechte für fünf Jahre zu vergeben, nicht ausreichend. Jeder weiß, die modernen Busse laufen acht Jahre, zehn Jahre, entsprechend ist auch die betriebliche Abschreibung zu sehen. Mehr Sicherheit, das heißt, mindestens acht Jahre müssten Verkehrsunternehmen für ihre betriebswirtschaftlichen Planungen haben. Ausnahmen soll es geben für Metro- und Stadtbahnen, das ist auch richtig so, denn dort ist der Wettbewerb hinsichtlich der Bindung der Infrastruktur und der Komplexität der Verbundnetze nicht ohne weiteres einzuführen.
Und, das sehe ich durchaus auch positiv, die Verordnung sieht vor, dass die Vergabe nicht an den billigsten Bieter, sondern an den besten Bieter erfolgen kann. Und da spielt eben doch vieles mehr mit hinein als nur Preistreiberei.
Trotzdem, alles in allem wird diese europäische Richtlinie viele Konsequenzen haben für die 6.400 Verkehrsunternehmen mit den 250.000 Arbeitnehmern in Deutschland. Und damit sie positiv umgesetzt werden kann, macht es auch keinen Sinn mehr, eine Strategie der Rückwärtsverteidigung zu fahren, sondern man muss umdenken und sich auf den Wettbewerb vorbereiten.
Insofern halte ich nichts davon – wie es acht Kommunen getan haben, die sich den bekannten Verkehrsrechtler Professor Ronellenfitsch gechartert haben, und der hat das nun in einem Gutachten, sicherlich wie erwartet von den Aufgabenträgern, dargestellt –, zu meinen, dass sich an und für sich Europa gar nicht einmischen darf. Der ÖPNV sei eine Selbstverwaltungsaufgabe der Kommune. Es gelte der Grundsatz der Subsidiarität und was will da
Europa überhaupt. Ich denke, wenn man lange Zeit auf dieser Position verharrt, dann verspielt man nicht nur Zeit, sondern auch Chancen.
Andererseits bin ich schon der Meinung, dass die Organisation, die Kontrolle des ÖPNV auf jeden Fall eine Selbstverwaltungsaufgabe der Kommunen ist, aber nicht die politische Rahmengebung, in welcher Art und Weise der ÖPNV künftig in Europa zu gestalten ist. Inwieweit dann auch noch die Durchführung selber, das heißt das Erbringen der Verkehrsleistungen, auf Dauer eine Selbstverwaltungsaufgabe der Kommunen ist, möchte ich doch etwas in Frage stellen.
Ich würde das lieber am Schluss meiner Rede machen. Dann weiß ich, dass ich damit auch wirklich zu Ende gekommen bin.
Ich würde Wettbewerb in jedem Fall einfordern, auch bezüglich der kommunalen Unternehmen, die wir ja in der Mehrzahl haben. Kein Auftraggeber ist berechtigt, im Interesse seiner eigenen Unternehmen im kommunalen Bereich Steuergelder großzügig auszugeben. Steuergelder dürften eigentlich, soweit es irgendwie möglich ist, in diesen Bereichen nur über öffentliche Ausschreibungen vergeben werden. Aber Wettbewerb braucht Chancengleichheit, Chancengleichheit auch für die kommunalen Unternehmen. Und das heißt also, die Grenzen ihrer wirtschaftlichen Betätigung müssen aufgehoben werden,
in mehrerer Hinsicht, hinsichtlich des Territorialprinzips, aber auch hinsichtlich der Geschäftsfelder, die diese Unternehmen eröffnen möchten.
Ich denke, wir sind also gefordert, hier die Kommunalverfassung so schnell wie möglich dem künftigen europäischen Recht anzupassen.
Natürlich gehört zur Chancengleichheit auch ein gleicher Standard bei allen Anbietern bezüglich Sicherheit, Qualifikation und Technik, denn wir wollen ja in der Qualität nicht zurückgehen. Aber auch gleicher Standard bei Löhnen und Gehältern? Das haben wir jetzt ja auch nicht.
Insofern verstehe ich auch die Stellungnahme des Bundesrates nicht so ganz. Sie ist unpräzise, wenn gesagt wird, dass bei der Ausschreibung der regionale Tarif zugrunde zu legen ist. Den haben wir heute auch nicht. Wir haben zumindest immer drei regionale Tarife. Wir haben den Tarif der privaten Omnibusunternehmen, wir haben jede Menge Haustarife für unsere kommunalen Unternehmen und wir haben schließlich den Luxustarif BAT. Nun weiß ich nicht, welchen Tarif wir ansteuern sollen.
Doch sicher nicht den BAT! Also diese Problematik ist noch mal zu überdenken. Ich kann nur sagen aus meiner praktischen Erfahrung in mehreren Verkehrsunternehmen,
dass wir bisher mit den Betriebsräten, mit der Gewerkschaft, mit den Arbeitnehmern und den Geschäftsführungen mit unseren haustariflichen Regelungen sehr gut gefahren sind.
Ja, ich sagte es schon, Wettbewerb künftig auch für unsere kommunalen Unternehmen, die es vielfach ja noch gewohnt sind, dass sie einen Wirtschaftsplan erarbeiten, den an den Aufgabenträger weiterreichen und der ordnet dann die entsprechenden Zuschüsse, den Verlustausgleich, rechtzeitig in den Haushaltsplan mit ein. So etwas gibt es immer noch. Also Wettbewerb braucht Vorbereitung. Ich frage mich überhaupt, wieso es noch Aufgabenträger gibt, die sich Derartiges leisten, wie ich es eben gesagt habe, die es sich noch leisten können, in Größenordnungen mehrerer 100.000 DM mit eigenen kreislichen Mitteln ihre Unternehmen zu bezuschussen, obwohl es andererseits in unserem Land viele Unternehmen gibt, die sich schon fit gemacht haben für den Wettbewerb,
die heute schon …
Ich kenne die Zahlen, ich habe sie auch, Herr Böttger. Ich zeige sie Ihnen.
… ohne kreisliche Haushaltsmittel zurechtkommen.
Nein, sie zahlen nicht unter Tarif.
Die haben mit ver.di Haustarifvereinbarungen und die Arbeitnehmerzufriedenheit ist nicht gering in diesen Unternehmen.
Es gibt Unternehmen, die wesentlich ihr Preis-Leistungs-Verhältnis verbessert haben, die ihre Kosten von Jahr zu Jahr gesenkt haben – und nur so geht das –, die ihre Erlöse gesteigert haben, die kooperieren mit anderen Verkehrsunternehmen in der Region, die über Qualität, über Angebote aus einem Guss letztendlich mehr Fahrgäste gewonnen haben, und das ist schon hinsichtlich der geringen Erwerbsquote bei uns im Land recht beachtlich.
Ich möchte noch einen anderen Akzent kurz mal ansprechen, das sollten wir auch mal wissen und nicht die Augen davor verschließen. Wir sind bisher sehr stolz, dass wir einige Verkehrsverbünde in unserem Land haben. Vorbildlich ist durchaus der Warnow-Verkehrsverbund. In Westmecklenburg ist man noch nicht ganz so weit. Es gibt Ansätze, erste Regelungen. Aber es gibt auch teilweise im Land Tarifverbünde und damit meine ich jetzt nicht die Fahrtarife, sondern die Lohntarifverbünde. Und das sollten wir mal etwas kritisch sehen. Da weiß ich nämlich ganz konkret, dass es teilweise in diesen Lohntarifverbünden so ist, dass sich das Niveau der Fahrpreisgestaltung nach dem Schwächsten in diesem Verbund richtet. Und da alle die gleichen Fahrtarife haben, führt das im Grunde dazu, dass die schwächsten Unternehmen die Entwicklung bestimmen und die progressiven Unternehmen, die schon nahe an der Grenze der Wirtschaftlichkeit sind,
insofern, dass sie nur noch die FAG-Mittel vom Land benötigen, aber keine kreislichen Mittel, im Grunde durch diesen Tarifverbund mehr Geld vereinnahmen, als sie unbedingt brauchen. Und das ist nun nicht gerade ein Fitmachen auf den Wettbewerb, sondern das ist eine Bremse.
Und ein Gedanke noch: Das Erstaunliche für mich ist, dass zumindest bei den Unternehmen, von denen ich die Zahlen kenne, es nicht die kommunalen Unternehmen sind, die die höchsten Betriebskostenzuschüsse brauchen, sondern es sind die Privatunternehmen. Das verstehe ich nun überhaupt nicht, denn erstens haben diese die niedrigsten Lohntarife, zweitens gehen sie nicht gerade zimperlich mit ihren Leuten um, was Arbeitsleistung, Überstunden, Pausenregelung und Einsatzbedingungen betrifft, und drittens haben diese Unternehmen zu 90 Prozent oder mehr ihre betrieblichen Investitionen mit Fördergeldern bezahlt bekommen. Und dann bekommen sie teilweise noch das Doppelte an Betriebskostenzuschüssen pro Fahrplankilometer.
Also ich spreche das an und das ist eine Kritik und ein Hinweis, dass auf dem Gebiet noch etwas zu tun ist.
Jetzt bin ich mit meiner Rede am Ende, das heißt, das rote Licht zwingt mich dazu, Schluss zu machen.
Ich stehe zur Verfügung, wenn es noch eine Frage gibt.
Also natürlich ist das eine Privatisierung, wenn sich neue Verkehrsunternehmen gründen und auf den Markt wollen und sich an öffentlichen Ausschreibungen beteiligen. Punkt zwei: Diese Leute haben auf dem Arbeitskräftemarkt Mitarbeiter akquiriert. Sie haben in diesem Fall keine Mitarbeiter- oder Besitzstandswahrungsverpflichtungen übernommen von der DB AG. Sie haben also Leute neu eingestellt, und zwar zu den tariflichen Bedingungen, die in diesen Unternehmen gelten und die sicherlich, wie ich es von den anderen ÖPNV-Unternehmen kenne, auch mit der Gewerkschaft vereinbart worden sind. Zum anderen verdient man sich nicht dumm und dämlich bei den SPNV-Leistungen, sondern als Erstes ist festzustellen, dass das Land diese Leistungen zu 20 Prozent oder noch billiger einkaufen kann, als es das bisher getan hat bei der DB AG. Anders wiederum heißt das, das Land kann mit dem vorhandenen
Geld – und das sind ja Regionalisierungsmittel des Bundes – mehr Verkehrsleistungen einkaufen und dem Bürger anbieten als bisher und das ist genau das, was wir eigentlich mit der Bahnstrukturreform und dem Regionalisierungsgesetz wollten.
Was heißt zu Lasten der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer? Überhaupt nicht. Heute ist es ja nicht so,
dass man nach der Jugendweihe oder Konfirmation in ein Unternehmen geht und dort bis zur Rente bleibt, sondern man wechselt sehr oft seinen Arbeitsplatz und da kann es durchaus auch passieren, dass man in einem Unternehmen nicht mehr die gleiche Entlohnung bekommt, wie man sie vorher mal in einem anderen hatte.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Am 1. Februar 1993 war ich als Landespolitiker das erste Mal im Bahnbetriebswerk Stralsund, damals gemeinsam mit meinem Kollegen Dr. Klostermann. Der Anlass war, dass uns zu dem Zeitpunkt die Planungen der beiden deutschen Bahnen zur langfristigen Werkeordnung bekannt geworden waren. Diese langfristige Planung ist vom Oktober 1992. Im Februar 1993 hatte das Bahnbetriebswerk Stralsund noch 631 Mitarbeiter. Zehn Monate vorher waren es noch 923, nur damit wir mal wissen, worüber wir hier heute noch streiten und uns bemühen. In der langfristigen Werkeordnung war die Perspektive für den Standort Stralsund angegeben – Zukunft Betriebshof bis maximal fünf Mitarbeiter. Diese Situation ist also seit 1993 bekannt. In Neustrelitz hatten wir ehemals über 1.400 Mitarbeiter, die Zahlen von heute hat Minister Ebnet schon vorgetragen. Nach der langfristigen Werkeordnung sollte insgesamt bei den beiden deutschen Bahnen die Mitarbeiterzahl von 73.300 auf 39.800 reduziert werden, und zwar bis zum 01.01.2002.
Leider ist es bei den damaligen Zielgrößen für die Bahnbetriebswerke in Mecklenburg-Vorpommern noch nicht einmal geblieben. Der Abbau ist noch wesentlich schlimmer. Ich will nur an einige Werke kurz erinnern, über die heute kaum noch jemand spricht: Bahnbetriebswerk Hagenow-Land, Bahnbetriebswerk Güstrow, Wagenausbesserungsstelle Hagenow-Land, Bahnbetriebswerk Neubrandenburg, Außenstelle Parchim des Bahnbetriebswerkes Schwerin, Wagenausbesserungsstelle Pasewalk, Außenstelle Saßnitz und so weiter. Diese Aufstellung ist noch nicht mal vollzählig.
Was mir aber aufgefallen ist, als ich meine alten Unterlagen seit 1993 mal angesehen habe, ist Folgendes, was mich auch sehr ärgert: Der größte Teil dieser Unterlagen sind Pressemitteilungen, Zeitungsartikel von Landespolitikern, sind leere Versprechungen, sind fast alles heiße Luft im Zeitraum 1993/94 zur Wahl. Zum Beispiel Herr Seite verspricht den Bahnern in Neustrelitz 600 Arbeitsplätze, bei Herrn Caffier ist es in seiner Pressemitteilung ähnlich. Alle anderen Zeitungsartikel versprechen, versprechen. Und wie sieht es denn nun heute wirklich aus? Und warum unterhalten wir uns gerade heute wieder über diese Situa
tion? Seit 1993 ist dieser Crashkurs bekannt. Ja, wir unterhalten uns darüber, weil die Bürgermeisterwahlen angestanden haben und die CDU dann noch mal schnell ein bisschen Publicity damit machen wollte. Ich denke mir, das haben unsere Eisenbahner und die Werker nicht verdient, dass wir so mit ihnen umgehen.
Tatsache ist aber für diese Entwicklung – und das müssen wir auch einfach mal zur Kenntnis nehmen –, die Verkehrsleistungen der Bahn in unserem Land MecklenburgVorpommern betragen von ehemals rund 80 Prozent am Gesamtverkehr heute noch nicht mal 16 Prozent beim Güterverkehr, 7 Prozent im Fernreiseverkehr, 8 Prozent im ÖPNV insgesamt. Also diese trostlose Entwicklung hinsichtlich der Verkehrsleistungen, die heute abverlangt werden auf der Schiene, führt natürlich auch zu diesem Personalabbau.
Dazu kommt noch die technische Entwicklung, die Modernisierung der Fahrzeuge. Moderne Triebfahrzeuge müssen heute nur alle sechs Jahre durchgesehen werden, nicht jeden zweiten Tag wie früher, dazu der Abbau der Zuglängen von vier bis fünf Wagen auf heute zwei und drei, die Rationalisierung der Umläufe. Das sind alles objektive Voraussetzungen, die wir zur Kenntnis nehmen müssen. Und wir können einem Unternehmen, das enorm unter Druck steht, so dass es in schwarze Zahlen kommt, nun auch nicht vorschreiben, wo es seine Instandsetzungskapazitäten dann noch am Leben erhalten soll.
Der Rückgang, der noch aussteht, von den Fahrzeugen, die wir brauchen – von 330 auf künftig 142, bei gleicher Leistung 13 Millionen Zugkilometer –, macht doch endlich die Entwicklung der nächsten Zeit deutlich. Dass die Bahn das nun alles optimiert durchgerechnet hat und sagt, diese geringe Fahrzeugkapazität kann ich nur an einem Standort reparieren und kontrollieren, und der Standort, wo das Zentrum aller Verkehrsleistungen liegt, ist Rostock, das ist auch nicht unlogisch. Als Techniker würde ich das auch immer so sehen. Als Landespolitiker sieht man natürlich mehr. Standort Rostock deswegen, weil dort gerade die Hauptleistungen von der S-Bahn anfallen und erbracht werden, elf Wagenumläufe täglich bei der S-Bahn.
Welche Chancen haben wir mit weiteren Instandhaltungskapazitäten? Ich bin auch dafür, dass wir diese geringen Standorte mit den wenigen Arbeitsplätzen wenigstens noch versuchen zu halten. Ja, realistische Aussichten haben wir natürlich, Standort Rostock, Neustrelitz, wenn es gelingt, diesen Standort zu privatisieren und weitergehend zu nutzen auch für SPNV-Fahrzeugbestände anderer Bahnen als der OME. Über den Standort Schwerin hat noch keiner gesprochen. Der alte Standort geht zum Fahrplanwechsel des Bahnwerkes ein. Ganz klein, unscheinbar, kaum zur Kenntnis genommen ist aber ein neuer Standort in die Entwicklung gekommen, nämlich der Ausbau der bisherigen Straßenbahnwerkstatt zu einer Instandhaltungskapazität für den Schienenpersonennahverkehr. Das ist eine Kapazitätserweiterung am Standort Schwerin. Damit haben wir hier auch ein kleines kombiniertes Bahnwerk in Schwerin – Straßenbahn/Eisenbahn.
Was wir zumindest tun müssten – und darauf können wir Einfluss nehmen –, ist, dass wir bei künftigen Ausschreibungen und Vergaben an andere Anbieter von Schienenpersonennahverkehrsleistungen, als es die
DB AG ist, darauf bestehen und zum unverzichtbaren Bestandteil der abzuschließenden Verträge machen, dass die Fahrzeuge, die bei uns im Land Nahverkehrsleistungen erbringen, die wir bezahlen, und das nicht schlecht, wenigstens auch in unserem Land instand gehalten werden. – Danke schön.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die eigentliche Zielstellung der Bahnstrukturreform wurde nicht erreicht. Der Schienenverkehr sollte wieder in die Offensive gebracht werden. Die Bahnstrukturreform hat hierfür drei wesentliche Säulen:
1. die Privatisierung
2. den Wettbewerb
3. die Kostentrennung zwischen Fahrweg und Verkehr
Wir müssen feststellen, die Bahn ist weiter in der Defensive, und bedauerlicherweise sehr ausgeprägt in unserem Land Mecklenburg-Vorpommern. Uns nützen dann auch die Vorzeigeprojekte der DB AG fast gar nichts, so wie gestern, wo wir alle den ICE der dritten Generation im Fernsehen bewundern konnten. Ich denke, in absehbarer Zeit haben wir in unserem Land von dieser hochmodernen Technologie des Hochgeschwindigkeitsverkehrs leider gar nichts. Es ist auch nicht gelungen in dem eigentlichen Wettbewerb zwischen den Verkehrsträgern, nämlich zwischen dem Schienen- und dem Straßenverkehr, aber auch gegenüber den Verkehrsträgern auf dem Wasser oder in der Luft, die Bahn in den letzten sechs Jahren in Vorteilpositionen zu bringen. Die Bahn hat einen einerseits richtigen, aber andererseits nicht ausreichenden Auftrag bekommen mit der Bahnstrukturreform, nämlich den Auftrag der Wirtschaftlichkeit mit der Zielstellung, möglichst schnell an die Börse zu gehen und dort als attraktive Aktie, die auch Gewinne abwirft, gehandelt zu werden.
Unter diesem Druck des Gesetzgebers steht der Vorstand der Deutschen Bahn AG in Person von Herrn Mehdorn und er kann nicht anders, als die Wirtschaftlichkeit in dieser Situation dadurch anzuzielen, indem er Unwirtschaftlichkeiten abbaut. Unwirtschaftlichkeiten, die die Bahn zu vertreten hat, sind in unserem Land der Bereich des Schienengüterverkehrs und des Schienenpersonenfernverkehrs. Als Beispiel, wie uns das hier trifft, möchte ich mal auf die Situation im Raum Rostock eingehen. Eine Region kämpft dort um ihre Schienenanbindung. Egal ob der Oberbürgermeister der Hansestadt Rostock oder der Landrat des Kreises Bad Doberan oder ob Tourismusverbände, alle kämpfen sie seit Jahren verzweifelt darum, dass nicht Angebote abgebaut oder verschlechtert werden durch längere Fahrzeiten. Sie kämpfen ganz im Gegenteil dafür, dass man endlich die Zukunftsperspektive dieser Verbindung Berlin–R o s t o ck–Skandinavien erkennt und ihr durch entsprechendes Handeln nachkommt.
Aufgrund von vielen Schreiben, die an Herrn Mehdorn und andere Herren des Bahnvorstandes gerichtet worden sind, möchte ich nur einmal kurz darstellen, wie die Antworten aussehen, damit wir realistisch bleiben: Die DB AG kennt den ungenügenden Ausbauzustand dieser Trasse.