Matthias Gärtner

Sitzungen

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Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Sobetzko, ich habe gedacht, dass Sie den Wink mit dem Zaunpfahl in der Sitzung im Januar bei der Debatte über die Große Anfrage der PDS-Fraktion zur Europapolitik verstanden hätten und auf eine Aussprache über Ihre Anfrage in der heutigen Sitzung verzichten würden. Es ist nämlich so, dass zwei Drittel der Fragen, die Sie gestellt haben, mit den Fragen der PDS-Fraktion identisch sind, die allerdings schon Wochen vorher gestellt worden sind. Demzufolge ist es auch so, dass zwei Drittel der Antworten auf Ihre Fragen Zitate aus Antworten der Landesregierung auf die PDS-Anfrage sind.
Seit Januar hat sich auch nichts Wesentliches verändert, meine Damen und Herren. Aus diesem Grunde könnte ich meine damalige Rede noch einmal halten. Keine Angst, ich mache das nicht und verweise an dieser Stelle auf das Protokoll.
Eine Sache möchte ich allerdings noch zur Sprache bringen. Das sind Ihre Bemerkungen zu den Äußerungen des tschechischen Ministerpräsidenten Zeman in der „Mitteldeutschen Zeitung“, heute noch einmal wiederholt.
Ich darf aus der „Mitteldeutschen Zeitung“ vom 12. März 2002 zitieren, Herr Präsident - es handelt sich um einen Leserbrief unter der Überschrift „Benes-Dekrete - konkreter Beitrag erwartet“ -:
„Wer noch jetzt die so genannten Benes-Dekrete verteidigt und die Vertreibung der drei Millionen Sudetendeutschen und die Todesprogramme gegen sie bejubelt, stellt den Beitritt seines Landes infrage.“
Weiter:
„Ich allerdings frage mich: Wo bleibt der politische Aufschrei unserer verantwortlichen Politiker?“
Meine Damen und Herren! Man kann die Äußerung von Herrn Zeman in der Tat als unglücklich bezeichnen.
Ich sage Ihnen allerdings auch, wer insbesondere von deutscher Seite solche Drohszenarien aufbaut, den möchte ich an die deutsche Verantwortung erinnern, die wir an dieser Stelle haben. In dieser Weise Drohszenarien aufzubauen
halte ich für unverantwortlich und nicht für richtig. Dazu sage ich Ihnen: Genau das ist das, was unsere tschechischen und polnischen Nachbarn als problematisch empfinden, wenn solche scharfen Töne aus Deutschland kommen.
Und dazu sage ich Ihnen noch eines: Ich würde mir wünschen - wenn Sie den Aufschrei von Politikern fordern -, dass aus Ihren Reihen ein Aufschrei kommt, wenn immer wieder aus bestimmten Reihen, gerade aus denen der Vertriebenenverbände, revanchistische Töne kommen. Dann würde ich mir von Ihrer Seite einen Aufschrei wünschen. - Vielen Dank.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Namens meiner Fraktion möchte ich die zur Debatte stehende Beschlussempfehlung des Innenausschusses ausdrücklich begrüßen und dafür werben, sie heute anzunehmen. Der Verabschiedung ist ein langer Diskussionsprozess vorausgegangen, wie bereits in der Berichterstattung deutlich geworden ist.
Die heutige Verabschiedung ist ein gutes Signal an die Öffentlichkeit, an die Gemeinde, an den Landkreis und insbesondere an die Opferverbände, an die noch lebenden Opfer, die im KZ Schloss Lichtenburg gelitten haben, und deren Angehörige. Ihnen ist es vor allem zu verdanken, dass dieses Thema nicht einfach so vom grünen Tisch aus aufgrund bürokratischer Einschätzungen entschieden worden ist. Ich möchte mich für deren
Engagement an dieser Stelle ausdrücklich bedanken. Es ist eigentlich traurig, dass man dies tun muss.
Ich möchte aber auch der Landesregierung insofern ausdrücklich meinen Respekt aussprechen, als sie angesichts der erdrückenden Faktenlage letztlich doch noch umgeschwenkt ist. Diese lautet: Von 1933 bis 1939 befand sich in der Lichtenburg eines der frühen Kontraktionslager der Nazis. 1933 wurde dort ein so genanntes Sammellager für staatsfeindliche Elemente eingerichtet, in dem bis 1937 Männer, danach Frauen inhaftiert wurden.
Es waren überwiegend politische Häftlinge, aber auch Juden, Homosexuelle, Bibelforscher und weitere rassistisch Verfolgte. So waren unter anderem Friedrich Ebert jun., Wilhelm Leuschner, Carlo Mierendorf, Max Abraham, Alfred Kantorowicz, Wolfgang Langhoff, Hans Lorbeer, Lotti Huber, Olga Benario-Prestes, Ernst Reuter und viele andere in der Lichtenburg interniert.
Die männlichen Häftlinge wurden 1937 in die Konzentrationslager Buchenwald und Sachsenhausen verlegt. Die weiblichen Häftlinge wurden 1939 in das Konzentrationslager Ravensbrück überführt. Danach diente das Schloss bis 1945 als Zeugamt der SS.
Im Jahre 1965 wurde im Bunker des ehemaligen KZ eine Mahn- und Gedenkstätte eingerichtet, in der die Zellen im Originalzustand erhalten sind. 1974 erfolgte eine Erweiterung durch drei Ausstellungsräume.
Die Mahn- und Gedenkstätte befindet sich heute immer noch in der Trägerschaft des Landkreises Wittenberg. Dieser hat es Anfang der 90er-Jahre verabsäumt, auf Landes- und Bundesebene deutlich zu machen, dass dies eine Gedenkstätte mit überregionaler Bedeutung ist, was meines Erachtens angesichts der langen Liste der dort inhaftierten prominenten Leute unumstritten ist.
Das hat sich nunmehr geändert. Aus diesem Grunde begrüßt die PDS-Fraktion die während des im Januar durchgeführten Kolloquiums in Prettin von der Landesregierung vorgenommene Kurskorrektur hinsichtlich der Einstufung der Bedeutsamkeit des ehemaligen Konzentrationslagers Schloss Lichtenburg in Prettin. Während der Tagung verkündete der Vertreter des Innenministeriums, dass diesem Ort eine überregionale, wenn nicht sogar eine nationale Bedeutung zukomme.
Nunmehr geht es darum, dass dieses Bekenntnis konkret finanziell und konzeptionell seitens der Landesregierung und des Landtages untersetzt und zügig mit der Umgestaltung der Gedenkstätte begonnen wird. Möglich ist auch eine Veränderung hinsichtlich der Trägerschaft der Gedenkstätte. Diese hat zurzeit allein der Landkreis inne. Eine Beteiligung des Landes ist aus der Sicht der PDS vorstellbar.
Ich möchte an dieser Stelle an eine gemeinsame Erklärung von Opferverbänden zur weiteren Gestaltung der Mahn- und Gedenkstätte KZ Schloss Lichtenburg vom 9. März 2002 erinnern. In Punkt 7 dieser Erklärung heißt es, aufgrund der besonderen Bedeutung des authentischen Ortes KZ Lichtenburg seien die Opferverbände der Meinung, dass die Gedenkstätte in die Trägerschaft des Landes Sachsen-Anhalt und in die Gedenkstättenkonzeption der Bundesregierung aufgenommen werden müsse. Dies wird vonseiten der PDS-Fraktion ausdrücklich unterstützt.
Im Innenausschuss konnte ein guter Kompromiss gefunden werden, der sich auf die Gemeinsamkeiten der demokratischen Parteien in diesem Punkt konzentriert, die in den Beschlusspunkten gebündelt werden. Ich will aber trotzdem sagen und ausdrücklich betonen: Wir, die PDS-Fraktion, plädieren weiterhin dafür, den geplanten Verkauf des ehemaligen KZ Schloss Lichtenburg in Prettin zu stoppen. Es müssen endlich Alternativen auf den Tisch.
Letztlich weiß jeder und jede, der sich dieses Objekt angeschaut hat, dass es - der Minister hat es zumindest angedeutet - keinen seriösen Käufer, keine seriöse Käuferin dafür geben wird. Aus diesem Grund muss der Bund in Zusammenarbeit mit dem Land und dem Landkreis prüfen, inwiefern für das Schloss ein Gesamtkonzept erstellt wird, welches beispielsweise eine internationale Jugendbegegnungsstätte unter Einbeziehung des Gedenkstättencharakters beinhaltet.
Wir werden also auch in der kommenden Legislaturperiode darüber reden. Trotzdem bin ich froh, dass die Debatte letztlich in den uns heute vorliegenden Beschluss gemündet ist, und danke dafür ausdrücklich den beteiligten Abgeordneten, den Vertreterinnen und Vertretern des Innenministeriums, den an dem Gutachten beteiligten Wissenschaftlern sowie den Opferverbänden und bitte um Zustimmung zu der Beschlussempfehlung. - Vielen Dank.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Meinungen über das Schächten von Tieren gehen in der Öffentlichkeit auseinander. In einer Atmosphäre, in der das andere, das Fremde nicht angstbesetzt als Feindliches gesehen würde, wäre eine sachliche Debatte auch darüber möglich, inwieweit wir uns der Freiheit anderer Kulturen verpflichtet sehen.
Um eine solche Debatte allerdings geht es in der Tat der FDVP nicht. Mit dem vorliegenden Antrag verfolgt die FDVP vielmehr und nicht zum ersten Mal - Kollege Rothe hat es erwähnt - das Ziel, gerade anderes und Fremdes als Feindliches darzustellen, diesmal unter dem Mantel des Tierschutzes. Es entspricht der Strategie der FDVP, Tierschutz zu benutzen, um menschenfeindliche Ablehnung anderer Kulturen, um menschenfeindliche Ablehnung von anderem und Fremdem zu propagieren.
Aber was ist das für ein Tierschutz, der zu Menschenfeindlichkeit benutzt wird? Es geht der Rechtsaußenpartei nicht um eine sachliche Debatte zum Tierschutz, der im Übrigen auch die Tierschlachtungsmethoden der eigenen Kultur betrachten müsste.
Es geht der FDVP um Fremdenangst und Fremdenhass.
Meine Damen und Herren! Ich habe mich in den letzten vier Jahren mehrfach auch von dieser Stelle aus mit der Menschen verachtenden, kulturlosen Politik der DVU und der FDVP auseinander gesetzt. Das gilt auch für meine Fraktion wie auch für die anderen demokratischen Fraktionen in diesem Hause. Bei vielen Anträgen der Rechtsaußenfraktion war ich es gelegentlich schon leid, mich immer und immer wieder mit dieser Borniertheit, mit der Kulturlosigkeit und dem rassistischen Gelabere zu befassen.
Aber wir sind auch gewählt worden, um uns immer und immer wieder damit auseinander zu setzen, auch wenn diese Rechtsaußenfraktionen hier nicht mehr vertreten sein werden. Gerade weil es um Mitmenschlichkeit geht, weil es um politische Kultur und um demokratische Gestaltung geht, werden wir dieser Auseinandersetzung nicht ausweichen. Ich denke, darin sind wir uns einig.
Meine Damen und Herren! Es ist sicherlich das letzte Mal, dass ich von dieser Stelle aus zu einem Antrag der FDVP spreche.
Wie viele andere gehe auch ich davon aus, dass uns nach der Aprilwahl die Anwesenheit dieser Rechtsaußenfraktion erspart bleibt.
So wichtig dies ist, unser Einsatz für Zivilcourage, für demokratisches Miteinander statt rassistischer Ausgrenzung wird auch weiterhin notwendig sein, auch im Landtag der nächsten Legislaturperiode und auch im Wahlkampf.
Als am Wahlabend 1998 der Einzug der rechtsextremistischen DVU bekannt wurde, haben viele junge und alte Magdeburgerinnen und Magdeburger mit einer Spontandemonstration auf dem Domplatz reagiert. Sie trugen Plakate mit der Aufschrift „Nazis raus!“. Ich will zum Abschluss von dieser Stelle aus sagen: Wir bleiben bei dieser Forderung. - Vielen Dank.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Lieber Herr Kollege Becker, Sie wissen, dass ich Sie sehr schätze. Im Gegensatz zu Ihnen gehe ich nicht mit dem Minister Skatspielen oder Wandern. Ich muss Ihnen aber an dieser Stelle einfach sagen: Das war nicht Ihr Niveau, das war unterhalb Ihres Niveaus; denn Sie haben Behauptungen in den Raum gestellt, ohne dass Sie sie konkret belegt hätten.
Das kann nicht der Stil in diesem Hause sein.
Nachher.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Vorweg möchte ich trotzdem einige kritische Worte an die Landesregierung richten, und zwar im Hinblick auf Fristverlängerungen bei der Beantwortung von Kleinen Anfragen. Das, was sie sich in diesem Fall erlaubt hat, ist meines Erachtens ein ziemlich starkes Stück.
Wie in jedem Jahr habe ich Anfang Januar die Statistiken zu bestimmten Kriminalitätsbereichen abgefragt. Anfang Februar kam das Schreiben des Präsidenten auf den Tisch, in dem er die Bitte der Landesregierung um Fristverlängerung weiterleitete, weil Abstimmungen mit anderen Ressorts nötig seien. Schon bei meiner Zustimmung kamen mir Zweifel; denn Derartiges hat es bisher in keinem anderen Jahr gegeben. Dann flatterte die vom Innenminister gewünschte und von der SPD beantragte Aktuelle Debatte auf meinen Tisch. Damit war klar: Es musste einfach Zeit gewonnen werden.
Ich will Ihnen an dieser Stelle sehr deutlich sagen, dass ich der Bitte um Fristverlängerung unter anderen Voraussetzungen entsprochen habe. Ich werde mir künftig sehr genau überlegen, ob ich mich das nächste Mal wieder so verhalten werde.
Nun zum eigentlichen Thema, meine Damen und Herren. Die am Montag vorgestellte Kriminalitätsstatistik 2001 zeigt in Zahlen, dass Sachsen-Anhalt nicht der Hort der Kriminalität ist, sondern dass der Trend der letzten Jahre fortgesetzt werden konnte. Das heißt, dass auf der einen Seite die Zahl der Straftaten zurückgeht und auf der anderen Seite die Aufklärungsquote kontinuierlich steigt. Das müssen endlich auch die CDU und andere Kräfte in diesem Land zur Kenntnis nehmen, die immer wieder versuchen, mit den berechtigten Ängsten der Bürgerinnen und Bürger in diesem Land zu spielen.
Ich nehme Bezug auf eine Veranstaltung vom gestrigen Abend, wenn ich sage: Trotz aller Holpersteine haben SPD und PDS eine gute Sicherheitspolitik in diesem Land mitgestaltet.
Ich will an dieser Stelle gerade in Bezug auf den positiven Trend betonen: Das ist insbesondere dem engagierten Wirken von Polizistinnen und Polizisten zu verdanken. An dieser Stelle möchte ich den Kolleginnen und Kollegen den Dank meiner Fraktion aussprechen. Trotz zum Teil schwierigerer Arbeitsbedingungen und geringerer Entlohnung als in den alten Bundesländern ist dieses gute Ergebnis erreicht worden.
Bei aller Freude über diese Entwicklung muss dennoch gesagt werden: Jede Straftat ist eine Straftat zu viel. Es bedarf weiterer Anstrengungen, um die Zahl der Straftaten weiter zu verringern. Es ist immer noch so: Die beste Kriminalitätsbekämpfungspolitik ist eine gute Sozialpolitik. Ich will an dieser Stelle aber auch vor Wunschdenken warnen; denn es gibt keine kriminalitätsfreie Gesellschaft.
Diese kontinuierliche positive Entwicklung ist nicht zuletzt durch die Umsetzung der im Jahr 1995 durch SPD, Bündnis 90/Die Grünen und PDS beschlossenen Polizeistrukturreform und des Flächenpräsenzprogramms erwirkt worden. Aber auch die Tatsache, dass der Polizeihaushalt im Gegensatz zu anderen Haushalten in den letzten Jahren weitestgehend unangetastet blieb und im Jahr 2002 angesichts der schrecklichen Ereignisse am 11. September 2001 sogar einen nicht unerheblichen Aufwuchs erfuhr, spricht dafür, dass wir die Belange der öffentlichen Sicherheit in unserem Land ernst nehmen.
Das ist der entscheidende Fakt: Gute Statistiken können nicht darüber hinwegtäuschen, dass es einen großen Unterschied zwischen der objektiven Sicherheitslage und dem subjektiven Sicherheitsgefühl von Bürgerinnen und Bürgern gibt. Das müssen wir sehr ernst nehmen. Dem subjektiven Sicherheitsbedürfnis von Bürgerinnen und Bürgern muss mit Präsenz, präventiver Arbeit und weiterhin hoher Aufklärungsquote, mit Sicherheitspartnerschaften und Transparenz entsprochen werden. Dies bleibt eine dauerhafte Aufgabe.
In diesem Zusammenhang betone ich: Wer meint, mit der flächendeckenden Installierung von Kameras in den Innenstädten unseres Landes werde dem Sicherheitsbedürfnis entsprochen, der irrt meines Erachtens. Die Kamera kann nämlich nicht herunterkommen und den Straftäter stellen. Deshalb gehören die Polizisten, die vor den Bildschirmen sitzen und die Videoaufzeichnungen überwachen, nicht an diesen Platz, sondern auf die Straße, um Präsenz zu zeigen.
Das fordern Bürgerinnen und Bürger immer wieder. Das heißt, dass darauf gedrungen werden muss, dass Polizeibeamtinnen und -beamte noch mehr als bisher den Streifenwagen verlassen und als Fußstreifen Präsenz zeigen.
Zudem ist es ohnehin problematisch, wenn mittlerweile das Zentrum von Magdeburg einem großen Big-BrotherContainer ähnelt und Zigtausende unbescholtene Bürgerinnen und Bürger dadurch in das Visier der Polizei geraten. Ein vernünftiges Maß ist hier nicht mehr ge
währleistet. Zudem wird die Kriminalität damit nicht bekämpft, sondern nur in andere Stadtteile verdrängt, wie es sich bei der Auswertung des Modellprojektes in Halle gezeigt hat.
Ich will in sechs Punkten zusammenfassen, was aus der Sicht der PDS-Fraktion notwendig ist, um auch künftig die öffentliche Sicherheit im Land Sachsen-Anhalt zu gewährleisten bzw. zu erhöhen.
Erstens. Die Grundstruktur der Polizei des Landes hat sich bewährt. Im Zuge der anstehenden Gebietsreform muss sie an die neu entstehende kommunale Struktur effektiv angepasst werden. Dies scheint im Bereich der Polizei ohne große Probleme möglich. Ansprechpartner der Landratsämter sollten in jedem Fall die Polizeidirektionen sein.
Zweitens. Die Personaldichte der Polizei des Landes sollte sich entsprechend dem fortgeschriebenen Personalentwicklungskonzept entwickeln. Sie ist nicht isoliert von der demografischen Entwicklung zu betrachten. Wir sehen auch in der gegenwärtigen Sicherheitslage keine Notwendigkeit, von dieser Zielstellung abweichen.
Personalbedarf und Personalstruktur sollten entsprechend dem Personalentwicklungskonzept so gestaltet werden, dass Aufgaben im operativen Bereich Priorität behalten, dass sich also das Verhältnis von Vollzugsund Verwaltungsbereich zugunsten des Ersteren verschiebt. Für die Umsetzung des Personalentwicklungskonzeptes erachten wir eine Konsenssuche im Bündnis für Arbeit als den richtigen und unverzichtbaren Weg, der auch in der nächsten Legislaturperiode fortgeführt werden sollte.
Drittens. Die PDS-Fraktion war in dieser Legislaturperiode die Partei, die sich konsequent, auch mit Anträgen im Landtag, dem Ziel verpflichtet sah, einen verbindlichen Plan zur Angleichung der Dienstbezüge zu erreichen. Im Rahmen der Tarifgemeinschaft der Länder kann nach Auffassung der PDS-Fraktion ein solcher verbindlicher Plan zügig vereinbart und umgesetzt werden. Ein verbindlicher Plan kann allerdings nicht allein den Polizeibereich umfassen. Hierfür sind übergreifende Ansätze nötig.
Viertens. Die PDS-Fraktion tritt für die Beibehaltung der freien Heilfürsorge und der ungeminderten Versorgung für Polizeibeamtinnen und -beamte ein. Eine wichtige Forderung der PDS bleibt die Anerkennung der geleisteten Vordienstzeiten. Die Stellenbewertung im Bereich der Polizei muss in einem mittelfristigen und nachvollziehbaren Konzept erfolgen und so weitgehend fern von Zwängen und Zufällen der jährlichen Haushaltsdebatten gestaltet werden. Die PDS-Fraktion setzt sich für einen Stellenbewertungsplan für die Dauer der Legislaturperiode ein.
Fünftens. Die PDS-Fraktion lehnt Privatisierungen im Kernbereich der Polizei ab. Lediglich in wenigen klar umgrenzten Bereichen scheint nach gründlicher Prüfung eine Privatisierung möglich.
Auch in anderen Bereichen hat sich eine OutsourcingPolitik nicht als eine geeignete Einsparalternative erwiesen. Gerade im sensiblen Bereich der Gewährleistung der öffentlichen Sicherheit sind Skepsis und Vorsicht vor solchen Plänen geboten.
Sechstens. Wir halten die gesetzlichen Grundlagen im Polizeigesetz des Landes Sachsen-Anhalt, dem SOG,
für ausreichend und sehen uns nach den ersten Erfahrungen in unserer Kritik an den erweiterten Befugnissen zur Videografierung, zur Schleierfahndung und zum Aufenthaltsverbot bestätigt. Die Diskussion über ein Wegweisungsrecht in Fällen häuslicher Gewalt ist in der PDS noch nicht abgeschlossen. Allenfalls in diesem Punkt scheint eine Novellierung des SOG aus der Sicht der PDS vorstellbar.
Meine Damen und Herren! Herr Präsident! Zum Abschluss will ich es nicht versäumen, etwas zu dem grob fahrlässigen Verhalten von Bundesgrenzschutzbeamten nach dem brutalen, von polizeibekannten Nazi-Skinheads verübten fremdenfeindlichen Überfall auf einen Äthiopier am 31. Januar 2002 im Regionalexpress von Halle nach Eisenach zu sagen. Aus unserer Sicht ist das ein absolut nicht nachvollziehbares Verhalten, das personelle Konsequenzen nach sich ziehen muss. Die betreffenden Beamten müssen unverzüglich vom Dienst suspendiert werden. Es ist ein Skandal, dass die Täter, von denen einer mehrfach vorbestraft ist, nach dieser schweren, offensichtlich fremdenfeindlichen Tat laufen gelassen wurden.
Wir erwarten darüber eine umfangreiche Aufklärung und gehen davon aus, dass der Innenminister, auch wenn er nicht der direkte Dienstvorgesetzte ist, dafür Sorge tragen wird, dass alle Fakten auf den Tisch kommen und sich so etwas nicht noch einmal wiederholt. - Vielen Dank, meine Damen und Herren.
Das ist mir nicht entgangen, lieber Herr Kollege Becker.
Das Problem ist, dass Sie sagen, Sie haben von einem Polizeiführer gehört... Das ist so etwas wie: Ich habe von meiner Tante gehört, über Dritte gehört, dass...
Des Weiteren haben Sie gesagt: sollen hinübergeschoben worden sein. Dazu sage ich: Das ist nicht eine Frage, die auf dem „Bild“-Zeitungs-Niveau im Parlament diskutiert werden darf. Das gehört in den Innenaus
schuss und sollte dort nachgefragt oder auch als Kleine Anfrage an die Landesregierung gerichtet werden.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die CDU legte einen Gesetzentwurf mit einem sehr anspruchsvollen Titel vor: „Gesetz zum Schutz der Bevölkerung vor Terrorismus, Extremismus und organisier
ter Kriminalität“. So anspruchsvoll die Überschrift ist, müsste dieses Anliegen - der Schutz der Bevölkerung dieses Haus einigen. In der Tat hat sich der Landtag im Oktober 2001 ausführlich diesem Anliegen gewidmet. Die PDS hat eine Reihe von Maßnahmen nach dem 11. September 2001 mitgetragen, andere haben wir aber als überzogen und rechtlich bedenklich kritisiert.
Die CDU hat die Situation und das erhöhte Sicherheitsbedürfnis genutzt, um noch einmal in ihre Schubladen zu sehen, und präsentierte unter besagtem Gesetzestitel altbekannte Vorschläge. Das Ansinnen, die verdachtsunabhängigen Kontrollen auszuweiten, ist bereits in der Debatte zur Novellierung des SOG abgelehnt worden. Auch die Forderungen nach erleichterter Rasterfahndung und Erweiterung der Befugnisse des Verfassungsschutzes sind nicht neu.
Die Ausweitung verdachts- und ereignisunabhängiger Kontrollen auf den gesamten Verkehrsraum ist verfassungsrechtlich bedenklich. Ich verweise erneut auf das entsprechende Urteil des Verfassungsgerichtes Mecklenburg-Vorpommern - der Minister hat das bereits getan - und auf eine Reihe seit der SOG-Debatte vorliegender Gutachten. Die Ausweitung ist zudem unsinnig und unnötig. Es sollte auch den Kollegen der CDU zu denken geben, dass auch Vertreter der Gewerkschaft der Polizei dieses Instrument als nicht notwendig ansehen.
Bereits die Befugnis zur Schleierfahndung auf Bundesfernstraßen hat bis heute nicht die Erwartungen erfüllt, die die Befürworter in sie gesetzt haben. Sehr wohl kann durch solche Kontrollen eine Anzahl von Zufallstreffern erfolgen. Die Bedeutung für die Bekämpfung der organisierten und insbesondere der grenzüberschreitenden Kriminalität - dafür wurde dieses Instrumentarium geschaffen - ist nennenswert, aber bisher nicht nachgewiesen. Erst recht kann eine Zahl von Zufallstreffern nicht als Rechtfertigung dafür dienen, den Rechtsgrundsatz, dass ein Bürger durch sein Verhalten zunächst einen Anlass gegeben haben muss, bevor staatliches Handeln ihn treffen darf, weiter auszuhöhlen.
Meine Damen und Herren! Ebenso bedenklich erscheint das Instrument der Rasterfahndung, das die CDU wesentlich erweitern will. Die rechtliche Fragwürdigkeit ist jüngst durch Gerichtsurteile belegt worden. Bisher nicht belegt werden konnte hingegen die Effektivität dieser Befugnis. Es gibt daher keinen Grund, der vorgesehenen Erweiterung zuzustimmen.
Ausdrücklichen lehnen wir auch die Ausdehnung der Aufgaben des Verfassungsschutzes auf die Bekämpfung der organisierten Kriminalität ab. Die strikte Trennung polizeilicher und geheimdienstlicher Aufgaben und Befugnisse bleibt auch weiterhin unser Anliegen.
Zum letzten Punkt Ihres Gesetzentwurfs. Mir ist nicht einsichtig, welcher Effekt für die Bekämpfung von Extremismus dadurch erreicht werden soll, dass bereits 14Jährige in entsprechenden Dateien gespeichert werden können. Dem Problem extremistischer Szenen, zum Beispiel den zunehmenden Rekrutierungsversuchen der Naziszene unter Jüngeren, werden Sie durch die Beobachtung und Speicherung von Daten dieser Altersgruppen nicht begegnen können. Hierfür bedarf es zivilgesellschaftlicher Jugendkultur und nachhaltiger Demokratieerfahrung Heranwachsender, nicht jedoch erweiterter geheimdienstlicher Instrumente.
Meine Damen und Herren! Die PDS-Fraktion lehnt den CDU-Gesetzentwurf ab und wird der Beschlussempfehlung des Ausschusses zustimmen. - Vielen Dank.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Um es gleich am Anfang deutlich zu sagen: Die NPD ist eine rechtsextremistische Partei, die in den letzten Jahren durch ihre militanten Aufmärsche und durch klare antisemitische und das Naziregime verherrlichende Positionen in der Öffentlichkeit in Erscheinung getreten ist.
Aus diesem Grund hat die PDS immer betont, dass geprüft werden muss, ob diese Partei nicht gegen Artikel 21 des Grundgesetzes verstößt, und somit über die Frage der Verfassungswidrigkeit durch das Bundesverfassungsgericht entschieden werden muss. Aber das muss exakt und ohne Zeitdruck erfolgen. Wir haben immer gesagt, lieber zehnmal prüfen, als einmal vor dem Verfassungsgericht baden zu gehen.
Meine Damen und Herren! Wir alle erinnern uns noch an den Aufschrei, der im Sommer 2000 im Angesicht neuer brutaler rechtsextremistischer Überfälle durch die bundesrepublikanische Politiklandschaft gegangen ist. Bayerns Innenminister Beckstein war es, der als erster das NPD-Verbot auf die Agenda gesetzt hat. Bundesinnenminister Schily wollte nicht hinterherlaufen, schloss sich der Forderung an und strickte mit heißer Nadel an einem NPD-Verbotsantrag der Bundesregierung. Zeitgleich entwickelten Bundesrat und Bundestag eigene Verbotsanträge.
Am 10. November 2000 forderte meine Fraktion in diesem Haus mit einem Antrag, dass die Landesregierung im Ausschuss für Inneres über das für einen Verbotsantrag gegen die NPD zusammengetragene Material und die Ergebnisse der entsprechenden Konsultationen der Innenminister des Bundes und der Länder berichtet. Mit dem Verweis, die wesentlichen Informationen gebe es in der PKK, wurde das Ansinnen mehrheitlich abgelehnt.
Man zitiert sich selbst sehr ungern, aber ich tue es an dieser Stelle trotzdem. Ich habe schon damals gesagt ich zitiere -:
„Allerdings muss mit einem solchen Instrument, dem Verbot, außerordentlich behutsam umgegangen werden. Genaueste Prüfung ist die wichtigste Voraussetzung. Leider hatte die Vorbereitung des Verbotsantrages fast konspirativen Charakter. Inzwischen liegt zumindest ein 74-SeitenPapier vor; Kenntnis zumindest der wichtigsten Grundzüge des gesamten Verbotsantrages ist jedoch Voraussetzung für die Zustimmung. Ich darf daran erinnern, dass der Landtag am 14. September bei seinem erwähnten Beschluss noch keine Kenntnis von dem Material hatte und auch heute noch nicht hat. Inzwischen haben sich Politikerinnen und Politiker durchaus kontrovers zu dem Material geäußert. Die Landesregierung hat Zustimmung im Bundesrat signalisiert.“
Ich fühle mich in meiner damaligen Skepsis heute voll bestätigt. Ich sage Ihnen, wenn ich mir die V-MannEnthüllungen der letzten Tage anschaue - zehn sollen es wohl jetzt sein; vier davon, mit deren Aussagen wesentlich belegt werden soll, dass die Partei verfassungswidrig ist -, hat man den Eindruck, dass die antragstellenden Parteien, insbesondere ihre exponier
ten Vertreter - vorweg Otto Schily -, denken, dass es sich hierbei um das Verbot einer Demonstration von 100 Leuten handelt.
Nein, meine Damen und Herren, wir reden hierbei über einen Vorgang, nämlich über ein Parteiverbot, den es erst zweimal in der bundesrepublikanischen Geschichte gegeben hat. So, wie die Antragssteller agieren, kann man nur sagen: Das ist im höchsten Maße eine Veralberung des Bundesverfassungsgerichtes. Aber nicht nur das: Es ist auch eine Veralberung des Bundestages und der Landesparlamente.
Diese sollen zwar brav alles abnicken, aber die entscheidenden Informationen erhalten sie nicht. Schily und die Innenminister wollen darüber die Parlamente mit in Haftung nehmen. Das ist aus unserer Sicht unverantwortlich.
Ich bin der Auffassung, dass bei maßgeblichen Politikerinnen und Politikern - im Übrigen auch in meiner Partei; denn der Meinungsstreit geht quer durch die Parteien - zwei Dinge nicht voneinander unterschieden werden, nämlich die eigene politische Positionierung hinsichtlich der Rolle der NPD von der letztlich entscheidenden, nämlich der verfassungsrechtlichen Einordnung des Gesamtkomplexes.
Bezüglich des Letzteren sage ich: Hierbei wurden entscheidende Fehler begangen, die dazu führen müssen, dass man das Verfahren nicht einfach so weiterlaufen lassen kann, sondern es ist zumindest eine gründliche Überarbeitung der Anträge notwendig. So haben wir es im Punkt 1 unseres Antrages formuliert.
Die Verfassungsschutzbehörden von Bund und Ländern scheinen aber das NPD-Verbotsverfahren offensichtlich systematisch sabotieren zu wollen. Erst liefern die Ämter dem Prozessbevollmächtigten und den Verfassungsorganen Material für die Klageschriften, in denen jahrelang und jahrzehntelang geführte V-Leute des Verfassungsschutzes als namentliche Quelle genannt werden, ohne dass ihre V-Leute-Rolle für irgendwen außerhalb der VS-Ämter kenntlich ist. Wenn die Täuschung von Verfassungsorganen eine Straftat wäre, dann wäre schon deshalb eine ganze Reihe von amtierenden oder früheren Verfassungsschutzleitern fällig.
Dann wird das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe getäuscht, indem ihm bis zum Eröffnungsbeschluss nicht mitgeteilt wird, dass in den Klageschriften mehrere vom Verfassungsschutz bezahlte Zeugen genannt werden, Zeugen also, deren Aussagen von extrem zweifelhafter Qualität sind.
Dann erhalten alle Parteien des Bundestages einen Schriftsatz aller Prozessbevollmächtigten für Karlsruhe, in dem angeblich zu Verfassungsschutzspitzeln in den Klageschriften umfassend Stellung genommen wird. Gleichzeitig wird zum Schluss ominös erklärt, dass die V-Leute grundsätzlich Anspruch auf Schutz und Geheimhaltung hätten.
In der Anlage zu diesem Schriftsatz finden sich die Versicherungen aller Verfassungsschutzämter von Bund und Ländern, dass unter den für Karlsruhe benannten 14 Zeugen keine weiteren V-Leute seien.
Und nun? - Tage später erfährt die Presse - noch vor den Fraktionen des Bundestages, noch vor dem Innen
ausschuss und noch vor dem Prozessbevollmächtigten des Bundestages -, dass offenbar an all diesen Verfassungsorganen vorbei die Verfassungsschutzämter von Bund und Ländern einen neuen Schriftsatz nach Karlsruhe geschickt haben. In dem Schriftsatz wurden weitere vier V-Leute genannt und es wurde in Karlsruhe angefragt, wie diese V-Leute nun bitte geheim in das Verfahren eingeführt werden könnten.
Wie viel Halbwahrheiten, Täuschung, Lügen durch Weglassen und andere Tollheiten der Verfassungsschutzämter von Bund und Ländern kommen jetzt noch? Wollen die Verfassungsschutzämter das Verfahren jetzt offen sabotieren? Wann kommt der nächste Schuss aus dem Hinterhalt gegen das Verbotsverfahren zugunsten der NPD? Das Bundesinnenministerium muss sich vorwerfen lassen, dass es das Verfahren immer unseriöser und angreifbarer laufen lässt.
Es wird immer offensichtlicher: Das Netz der Verfassungsschutzleute in der NPD muss sofort und restlos offen gelegt werden, für Karlsruhe, für die Verfassungsorgane und für die Öffentlichkeit.
Es geht weiter. In der Sitzung des Innenausschusses des Bundestages am Mittwoch verweigerte Innenminister Schily die Auskunft zu folgenden Fragen: Wer sind die vier neuen V-Leute, die letzte Woche dem Verfassungsgericht in Karlsruhe ohne Namen gemeldet worden sind? Welche Funktion und welche Bedeutung haben diese V-Leute in den Klageschriften? Sind die nun bekannt gewordenen V-Leute das Ende der Fahnenstange oder sind weitere V-Leute, zum Beispiel der Polizei oder anderer Dienste, in der NPD aktiv?
Auch die Hinweise auf Rechtsverstöße der V-Leute und ihrer Führer in den Verfassungsschutzbehörden hat Schily bagatellisiert. Dazu gehört, dass der V-Mann Frenz während seiner Spitzeltätigkeit Artikel publizierte, die zu Razzien beim damaligen NPD-Vorsitzenden Deckert und anderen NPD-Mitgliedern und indirekt zur späteren Verurteilung Deckerts führten. Ferner gehört dazu, dass der V-Mann Holtmann ein vom Landgericht Berlin verbotenes antisemitisches Plakat mit dem Titel „Den Holocaust hat es nie gegeben!“ presserechtlich verantwortete.
Provokativ muss man irgendwann die Frage in den Raum stellen: Wer führt eigentlich diese NPD? Ist es der Staat am Ende vielleicht selbst?
Eine Kette von Widersprüchen, die endlich aufgeklärt werden müssen.
Aber in Sachsen-Anhalt besteht daran offensichtlich momentan kein Interesse. Die Einberufung einer Sondersitzung des Innenausschusses wurde ohne nachvollziehbare Begründung abgelehnt. Deshalb erfolgt nun die Antragstellung im Plenum. Wir hätten es uns hier gern erspart und hätten es in einer Sondersitzung geklärt haben wollen. Noch in der vorhin erwähnten Sitzung des Landtages am 10. November 2000 betonte Minister Dr. Püchel - ich zitiere -:
„Den Erkenntnissen der sachsen-anhaltischen Verfassungsschutzbehörde kommt dabei eine besondere Bedeutung zu. Denn obwohl der sachsen-anhaltische Landesverband der NPD über vergleichsweise nur wenige Mitglieder verfügt, gewinnen seine Aktivitäten aufgrund seiner inten
siven Zusammenarbeit mit neonazistischen Kräften, wie den so genannten Kameradschaften und den freien Nationalisten, eine besondere Bedeutung.“
Wenn das der Fall ist, dann hat das Parlament auch das Recht, in dieser vertrackten Situation endlich umfassend informiert zu werden. Das NPD-Verbotsverfahren muss aus den konspirativen Zirkeln heraus und hinein in ein transparentes parlamentarisches Verfahren. Das ist das Ziel unseres Antrages.
Letztlich müssen wir zu der eigentlichen Frage zurückkommen, wie Rechtsextremismus in diesem Land bekämpft werden kann. Eine Reduzierung der öffentlichen Debatte auf ein eventuelles Verbot der NPD ist deshalb aus mehreren Gründen unangebracht.
Zum einen reduziert sich der Blick auf eine institutionelle Wahrnehmung von Rechtsextremismus, ohne dass die Breite und Tiefe der Verwurzelung rechter und rassistischer Alltagskultur und die stillschweigende Duldung rassistischer Übergriffe thematisiert werden. Die Reduzierung der Debatte nährt zugleich die Illusion, dass staatliches und juristisches Handeln das wichtigste Mittel gegen Rechtsextremismus wäre - und dies in einer Zeit, in der es vor allem auf Zivilcourage und auf die mitmenschliche Solidarität jeder und jedes Einzelnen ankommt.
Einen viel wichtigeren Beitrag im Kampf gegen Rechtsextremismus und Rassismus könnten die Innenminister der Länder und des Bundes dadurch leisten, dass sie die Begriffe „Antifaschismus“ und „Antirassismus“ endlich aus dem Dunstkreis von Verfassungsschutzberichten herausnehmen. Diese Begriffe gehören nicht in diese Berichte, sondern in den Diskurs um die Zivilgesellschaft. Das muss der entscheidende Punkt in der Auseinandersetzung werden. - Vielen Dank.
Vielen Dank, Herr Präsident. - Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich habe den Eindruck, dass die Debatte ein wenig verschoben wird. Ich will einmal ganz deutlich sagen, dass wir nicht eine Debatte über die Existenz oder Nichtexistenz einer Verfassungsschutzbehörde führen. Wir führen hier eine Debatte darüber, ob das, was in dem NPD-Verbotsantrag enthalten ist, was vom Verfassungsschutz eingebracht wurde, etwas ist, das eigentlich das ganze Verbotsverfahren gefährdet.
Ich will ganz deutlich sagen: Sie haben schon mitbekommen, dass wir in irgendeiner Weise nicht nur diese Landesregierung, sondern mittlerweile auch den Verfassungsschutz tolerieren. Daher ist das nicht die Grundsatzfrage. Die Grundsatzfrage ist eine andere.
Ich zitiere aus einem unabhängigen Gutachten, welches jetzt zum Schreiben der Prozessbevollmächtigten eingebracht wurde, nämlich zu der Frage NPD und Verfassungsschutz. Darin heißt es unter der Überschrift „Wem ist was zuzurechnen?“ - ich darf zitieren -:
„Das V-Mann-Problem im NPD-Verfahren ist juristisch ein Problem der Zurechnung. Es muss die Frage entschieden werden, wem man die Äußerungen und Handlungen der V-Leute zuzurechnen hat, der NPD oder dem Staat. Nur wenn man Äußerungen und Handlungen der VLeute der NPD zurechnen kann, können sie Grundlage für ein Parteiverbot sein. Sind sie dem Staat zuzurechnen, kann daraus nichts für ein Parteiverbot abgeleitet werden.“
Das ist, glaube ich, die entscheidende Frage.
Deshalb denke ich, dass es jetzt nicht hilft, mit Polemik gegen die PDS vorzugehen; denn das ist ein parteiunabhängiges Problem. Das geht durch alle Parteien. Ich teile zum Beispiel nicht die Auffassung meines Kollegen und Genossen Gregor Gysi. Das ist genau das, wozu ich gesagt habe, hier werden die politische Positionierung und die eigentliche verfassungsrechtliche Frage miteinander vermischt.
Im Übrigen sage ich auch, dass ich als Teil einer Minderheit in meiner Partei diesem Verbotsverfahren schon immer sehr skeptisch gegenübergestanden und schon immer gesagt habe: Finger weg, das ist eine zu heiße Kiste. Das, was vorliegt, reicht nicht aus, um die NPD zu verbieten. Mit dieser Meinung bin ich allerdings in der Minderheit. Die Mehrheitsposition in der PDS ist eine andere. Dort steht man zu dem NPD-Verbotsverfahren.
Zum Schluss. Ich will noch meine Ausführungen zu Ende bringen.
Nun will ich noch etwas zur Frage Verfassungsschutz und Mitarbeit der PDS sagen. Es ist schon ganz hübsch, was Sie in diesem Haus veranstalten. Wir reden über die größte Pleite, die uns verfassungsrechtlich ins Haus kommen kann, verursacht durch Geheimdienstbehörden. Und was machen Sie? - Sie kritisieren uns, dass wir nicht in der PKK mitarbeiten. Sie flehen uns förmlich an, in dieser PKK mitzuarbeiten.
Dazu muss ich sagen: Bei mir ist eine große Skepsis angesagt, wenn eine solche Einladung erfolgt. Das Grundproblem ist Folgendes - - Ich darf aus dem Verfassungsschutzgesetz zitieren. In § 26 - Verfahrensweise - heißt es:
„Die Beratungen der Parlamentarischen Kontrollkommission sind geheim. Die Mitglieder und ihre Stellvertreter sind zur Geheimhaltung der Angele
genheiten verpflichtet, die ihnen bei ihrer Tätigkeit in der Parlamentarischen Kontrollkommission bekannt geworden sind.“
Wir sollen also einerseits mitmachen; andererseits darf man aber nicht darüber reden. Das Manöver ist durchsichtig. Sie wollen uns damit in Haftung nehmen. Dazu sage ich ganz deutlich: Man kann über eine Reform der Parlamentarischen Kontrollkommission reden. Dazu sind wir auch bereit.
Ich könnte mir unter der Voraussetzung, dass beispielsweise das Berliner Modell eines Verfassungsschutzausschusses in Sachsen-Anhalt Einzug nimmt, sehr gut vorstellen, dass die PDS-Fraktion künftig in einem solchen Ausschuss mitarbeitet. Das wäre eine Form, über die wir gern reden können, vielleicht in möglichen Koalitionsverhandlungen. - Vielen Dank. Ich bitte um eine getrennte Abstimmung über beide Punkte.
Das ist genau die Frage, die von der Gutachterin in dem Gutachten „Wem ist was zuzurechnen?“ gestellt wird. Das muss geklärt werden und das muss sauber geklärt werden.
Ich sage noch einmal Folgendes: Ich will zwei Dinge an dieser Stelle voneinander trennen. Logisch ist: Wenn es Geheimdienstbehörden wie den Verfassungsschutz gibt, dann arbeitet dieser mit nachrichtendienstlichen Mitteln und dann arbeitet er mit V-Leuten. Das ist keine Frage. Das ist bei Geheimdiensten eben so.
Das Problem ist jedoch: Auf der einen Seite haben wir die Quellenzeugnisse, und zwar dort, wo V-Leute berichten, was irgendwo gelaufen ist. Diesbezüglich sagen auch alle Juristen, dass das eine Möglichkeit ist, die auch in den Verbotsanträgen enthalten sein kann.
Auf der anderen Seite steht jedoch die Frage - und das ist die entscheidende Frage -: Es bekommen Leute jahrzehntelang Geld vom Staat und sind am Ende die entscheidenden Belege für die Verfassungswidrigkeit der NPD. Dazu sage ich: Das ist zu dünnes Eis; auf dieses sollte man sich nicht begeben; das muss herausgenommen werden; das muss überarbeitet werden. Die PDS fordert, dass eine solche Überarbeitung erfolgt,
damit wir ein ordentliches, verfassungsrechtlich sauberes Verfahren hinbekommen.
Ich gehe allerdings davon aus, dass das Bundesverfassungsgericht sich nicht politisch leiten lässt, sondern, wie es das auch in den letzten Jahren getan hat, juristisch entscheidet. Dann werden wir sehen, was dabei herauskommt. Ich hoffe, dass es nicht die größte Pleite wird. Es wäre die größte Katastrophe für dieses Land, wenn die NPD vor diesem Gericht gewinnt. Dann, muss ich sagen, gute Nacht.
In einem Schreiben im Zusammenhang mit der Förderung des zweiten Bauabschnittes des Investitionsvorhabens Ferropolis teilte das Ministerium für Wirtschaft und Technologie mit, dass vor der Beantragung und Umsetzung dieses Vorhabens eine Machbarkeitsstudie erstellt werden soll.
Ich frage die Landesregierung:
1. Welches konkrete Ziel soll mit dieser Machbarkeitsstudie verfolgt werden?
2. Zu welchen konkreten Themenfeldern werden Entscheidungsgrundlagen mit dieser Machbarkeitsstudie erwartet?
Frau Ministerin, eine Zusatzfrage. Wird in dem Fall, dass die Studie für dieses Vorhaben insgesamt eine negative Prognose aufzeigt, der zweite Bauabschnitt nicht realisiert werden?
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Auch ich kann es sehr kurz machen; denn meine beiden Vorredner haben das Wesentliche dazu bereits gesagt.
Mit dem in Rede stehenden Thema haben wir uns in den letzten Jahren immer wieder beschäftigt und auseinander gesetzt. Der derzeitige Zustand, dass ein so großer Teil der Bevölkerung des Landes Sachsen-Anhalt die Sendung „Sachsen-Anhalt heute“ nicht empfangen kann und sich somit nur die „Länderzeit“ ansehen kann, muss geändert werden. Die Auswahl der Themen bei der „Länderzeit“ ist - das wissen wir alle
sehr merkwürdig - vorsichtig formuliert. Ich möchte den betreffenden Redakteuren und Redakteurinnen nicht zu nahe treten. Aber in diesem Sinne halte ich das nicht mehr für tragbar.
Daher sollte ein entsprechender Beschluss gefasst werden. Ein Beschluss des Landtages kann in dieser Hinsicht nicht schaden; er kann in den Verhandlungen der Landesregierung unterstützend wirken. In diesem Sinne hoffe ich, dass eine baldige Änderung der Situation eintritt und dass alle die Sendung „SachsenAnhalt heute“ auch über Satellit empfangen können. Vielen Dank.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die PDS-Fraktion hat diese Große Anfrage gestellt, weil unser Land in den nächsten Jahren im Zuge der Erweiterung der Europäischen Union - insbesondere im Zuge der Osterweiterung der Europäischen Union - vor großen Herausforderungen, Umbruchprozessen und damit verbundenen Chancen und Risiken steht. Die Landesregierung und der Landtag stehen in der Verantwortung, diesen Prozess umfangreich vorzubereiten und zu begleiten und Bürgerinnen und Bürgern in diesen Zusammenhang aktiv einzubeziehen, um mögliche Vorurteile und Skepsis abzubauen; die Landesregierung hat es in ihrer Antwort auch zum Ausdruck gebracht.
Mit der Osterweiterung der Europäischen Union wird Sachsen-Anhalt seine Randlage in der heutigen EU verlieren. Das wird in zentralen Feldern zu erheblichen Auswirkungen führen. Skepsis und Vorurteile abzubauen ist insbesondere eine Aufgabe für die kommende Legislaturperiode.
Der gute und weitestgehend problemlos verlaufende Start des Euros in der Bundesrepublik und die binnen weniger Tage gestiegene Akzeptanz des Euros, die Tatsache, dass die D-Mark de facto auch bei den Bürgerinnen und Bürgern im Lande Geschichte ist, zeigt selbst den größten Euro-Skeptikern - ich gebe offen zu, dazu gehörten auch große Teile der PDS-Fraktion -, dass durch gute Vorbereitung und umfassende Aufklärung Akzeptanz für diesen Prozess gewonnen werden kann.
Diese Entwicklung sollte Vorbild für den weiteren Europäisierungsprozess sein. Das heißt in diesem Zusammenhang auch, die Sorgen und Ängste der Bürgerinnen und Bürger ernst zu nehmen und für eine umfangreiche Aufklärung zu sorgen. Ich werde am Ende meiner Ausführungen darauf eingehen, was das strukturell aus meiner Sicht für die Landespolitik zu bedeuten hat.
Zusammenfassend kann man die Große Anfrage auch unter die Überschrift stellen: Ist Sachsen-Anhalt fit für Europa? Dabei wurden so gut wie alle Bereiche einbezogen - von der Arbeitsmarkt- und Wirtschaftspolitik bis zur Verkehrspolitik, von der Finanzpolitik bis zur Landwirtschaftspolitik. Aber auch die Hochschulen und die Schulen und die Kommunen spielen hierbei eine wichtige Rolle. Nicht zu vergessen sind dabei die Auslandsvertretungen unseres Landes.
Die Landesregierung hat sich bemüht, umfänglich und detailliert zu antworten. Dafür sei ihr Dank gesagt, auch wenn es im Einzelnen natürlich Diskussionsbedarf gibt. Dabei stehen insbesondere wirtschafts- und arbeitsmarktpolitische Fragen im Vordergrund, die immer wieder strittig diskutiert werden.
In der Antwort auf die Frage nach den Konsequenzen der Arbeitnehmerfreizügigkeit hat die Landesregierung noch einmal unterstrichen, aus welchen Gründen die siebenjährige Übergangsfrist in diesem Punkt aus arbeitsmarktpolitischer Sicht zu unterstützen ist. Ich will nochmals - auch wenn die Entscheidung bereits gefällt ist - meine Skepsis zum Ausdruck bringen.
Auffällig ist, dass von allen Befürwortern von Übergangsfristen eingestanden wird, dass diese Fristen kein einziges soziales oder ökonomisches Problem lösen, geschweige denn anpacken.
Sie sind ausschließlich dazu geschaffen, Ängste in der Bevölkerung zu beruhigen. Niemand kann bislang auch nur eine konkrete inhaltliche Untersetzung einer Jahreszahl vornehmen.
Ich weiß, dass es in allen Parteien dazu unterschiedliche Positionen gibt. Ich gebe das auch für die PDS-Fraktion an dieser Stelle zu.
Im Übrigen verstoßen nach meiner Auffassung Übergangsfristen gegen die EU-Grundrechtecharta. So stellen Übergangsfristen eine Verletzung des Artikels 15 der Grundrechtecharta - Berufsfreiheit und Recht zu arbeiten - dar.
Die schnelle Einführung der Arbeitnehmerfreizügigkeit wäre aus meiner Sicht ökonomisch sinnvoll. Aufwendige und kostspielige Arbeitsgenehmigungsverfahren könnten vereinfacht werden oder ganz wegfallen. Die Einstellung qualifizierter Arbeitnehmer könnte unbürokratisch und schneller erfolgen.
Es bestehen keine rechtlichen Barrieren, die einer schnellen Einführung der Arbeitnehmerfreizügigkeit im Wege stehen. Vielmehr sollte darauf hingewirkt werden, dass die Schaffung eines grenzübergreifenden Sonderprogramms durch die Europäische Union erfolgt und dass, anknüpfend an erfolgreiche Projekte, eine umfangreiche Förderung des kulturellen und politischen Zusammenwachsens der Grenzregionen erfolgt.
Meine Damen und Herren! Im Rahmen der Erweiterung der Europäischen Union ist insbesondere für SachsenAnhalt als Transitland der Ausbau der Verkehrsinfrastruktur von großer Bedeutung. Dazu gehören der Erhalt und der Ausbau der Eisenbahnstrecken im Land und die weitere Qualifizierung des Straßennetzes in SachsenAnhalt. Zweifelhaft ist allerdings in diesem Zusammenhang, ob die Weiterführung der A 14 in Richtung Norden wirklich den Königsweg darstellt.
Im Übrigen möchte ich noch etwas zu dem Thema Märchenonkel sagen. Herr Merz ist der Meinung, dass in Sachsen-Anhalt endlich die A 14 zwischen Magdeburg und Halle gebaut werden müsste. Man sollte diesen Mann darauf aufmerksam machen, dass das bereits vor längerer Zeit geschehen ist und diese Strecke bereits existiert.
Die Landesregierung ist in ihrer Forderung an den Bund zu unterstützen, zusätzliche Investitionsmittel für den Ausbau der Verkehrsinfrastruktur bereitzustellen, um die für die EU-Osterweiterung wichtigen Projekte vordringlich zu realisieren. Dazu gehört im Zusammenhang mit der Fortschreibung des Bundesverkehrswegeplanes, spätestens bis 2003 ein umfassendes Konzept zur Anbindung der mittel- und osteuropäischen Staaten und zur Anpassung des deutschen Verkehrswegenetzes vorzulegen.
Das Konzept sollte auf eine möglichst umweltschonende Bewältigung des wachsenden Ost-West-Verkehrs ausgerichtet und mit den Planungen auf europäischer Ebene abgestimmt sein. Ferner sollte das Konzept in seiner zeitlichen Durchführung dem Wachstum der Verkehrsströme und dem Netzausbau in den Nachbarstaaten Rechnung tragen.
Eine kleine Anmerkung am Rande: Wenn bei den paneuropäischen Korridoren von Berlin, Dresden, Breslau, Krakau, Lemberg und Kiew gesprochen wird, dann vermisse ich zumindest die Nennung der jetzt geltenden Namen wie Wroclaw, Kraków und Lwow. Diese Sensibilität sollten wir schon an den Tag legen.
Meine Damen und Herren! In der Antwort auf Frage 1 stellt die Landesregierung richtigerweise fest, dass Sachsen-Anhalt mit den Beitrittstaaten traditionelle Kontakte und gemeinsame historische Erfahrungen verbinden. Dieses effektiv zu nutzen und daraus Möglichkeiten abzuleiten, um eine intensive und beiderseits nützliche Zusammenarbeit zu pflegen und auszubauen, muss das vorrangige Ziel von Landespolitik sein. Der Antwort auf die Große Anfrage ist zu entnehmen, dass hierzu mit den verschiedenen Beitrittsländern umfangreiche Kontakte geknüpft, Initiativen entwickelt und Austauschprogramme auf den verschiedenen Ebenen vollzogen worden sind.
Hervorzuheben ist hierbei die Entwicklung bi- und multilateraler Partnerschaften zu verschiedenen Regionen und Ländern in Mittel- und Osteuropa. Speziell sind hierzu die gemeinsamen Erklärungen über die Zusammenarbeit im Landwirtschafts- bzw. Wirtschaftsbereich mit Litauen, mit Ungarn und mit der Slowakei sowie der Aufbau eines Netzwerkes von Chemieregionen - vorzugsweise mit Polen und Tschechien - zu nennen. Wir haben darüber bereits vorhin in der Chemiedebatte gesprochen.
Ich halte das deshalb für so wichtig, weil damit in der Tat an traditionelle Kontakte und an traditionsreiche Produktionszweige auf allen Seiten angeknüpft wird. Dies erscheint mir mittlerweile - wenn man sich die in der Antwort auf die Große Anfrage aufgelisteten Projekte diesbezüglich anschaut - zunehmend gewährleistet. Dabei fällt die Republik Polen schon aus geografischer Sicht sofort in das Blickfeld eines jeden, der sich mit dieser Materie beschäftigt.
Es ist insbesondere - wie es auch der Antwort auf die Große Anfrage zu entnehmen ist - der deutsch-polnischen Gesellschaft Sachsen-Anhalt zu verdanken, dass diese Kontakte und Gespräche in den letzten Jahren
verstärkt worden sind. Genannt seien dabei die mit den Wojewodschaften Schlesien und Vorkarpaten geführten deutsch-polnischen Gespräche und die am 20. August 2001 paraphierte gemeinsame Erklärung über die Zusammenarbeit zwischen der Wojewodschaft Masowien und dem Land Sachsen-Anhalt. Nicht unerwähnt darf an dieser Stelle auch die Zusammenarbeit des Deutschen paritätischen Wohlfahrtsverbandes SachsenAnhalt mit dem polnischen Wohlfahrtsdachverband KRAFOS bleiben.
Mir erscheint es in der Konsequenz notwendig, dass die Zusammenarbeit mit der Republik Polen auf eine stabilere, professionellere Basis gesetzt wird. Das heißt nicht, dass das Land nun auch in Polen ein Büro etablieren soll. Nein, aber es wäre vorteilhaft, wenn das Land feste Ansprechpartner auch in Polen installierte. Hierzu wären vielleicht auch noch einmal Gespräche mit den Kammern unseres Landes notwendig.
Meine Damen und Herren! Nun einige Sätze zu den Kontaktbüros des Landes in Estland und Bulgarien. Ich möchte hierbei nicht den Grundsatz ihrer Installierung infrage stellen. Mir scheint es aber, dass in viel stärkerem Maße Öffentlichkeitsarbeit zu der Frage betrieben werden muss, welche Aktivitäten in welcher Form mit welchem Ergebnis konkret dort entwickelt werden. Um die Akzeptanz dieser Büros zu erhöhen, scheint mir das von immenser Bedeutung zu sein.
Nichtsdestotrotz möchte ich dennoch nicht verhehlen, dass ich natürlich ein wenig überrascht war, als ich von dem Büro in Tallinn erfahren habe. Hätten nicht zwei neue Länder miteinander besser kooperieren können? Denn in Vilnius in Litauen existiert seit Jahren ein Kontaktbüro des Landes Mecklenburg-Vorpommern. Für mich ist das zumindest eine offene Frage. Zwei kleine Länder - das sind wir nun einmal - leisten sich zwei große Büros mit Angestellten im Baltikum. Ein Dilemma, welches nicht nur an dieser Stelle existiert.
Insgesamt wäre ein besser koordiniertes Vorgehen der neuen Länder im Rahmen des EU-Beitrittsprozesses wünschenswert. Leider hat man immer wieder den Eindruck, dass die Egoismen der einzelnen Bundesländer vor einem gemeinsam koordinierten Vorgehen und daraus erwachsenden Synergieeffekten stehen.
Zum Brüsseler Kontaktbüro möchte ich kurz erwähnen, dass insbesondere der EU-Wochenspiegel für interessierte Fachkreise eine gute Wiedergabe des Geschehens auf EU-Ebene und des Wirkens des sachsen-anhaltischen Kontaktbüros insgesamt bietet. Dies gilt es weiterzuführen und zu qualifizieren.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Unabdingbar für den europäischen Einigungsprozess ist, dass insbesondere junge Leute aktiv in diesen Prozess einbezogen werden. Denn sie werden die Früchte des Einigungsprozesses letztlich ernten und sie sind es auch, die auf ihre Art und Weise Europa angenommen haben, indem sie bereits in unterschiedlicher Form kreuz und quer durch unseren Kontinent reisen. Das ist gut so und das muss in der Schule und in der Hochschule unterstützt und gefördert werden.
Dazu gehört auch der in der Antwort genannte Ausbau der trilateralen Schüleraustauschprogramme. In die 24 Schulpartnerschaften zwischen Polen und SachsenAnhalt sind - wie der Antwort zu entnehmen ist - sechs Schulen involviert, die Partnerschaften zwischen Polen, Sachsen-Anhalt und Frankreich unterhalten. Diese und andere Partnerschaften müssen von uns stärker in den
Mittelpunkt gerückt werden. Sie sind beispielgebend, bringen allen Seiten etwas und führen in der Konsequenz oftmals zu langjährigen persönlichen Kontakten und Beziehungen.
Ausdrücklich möchte ich hierbei auf das jährlich stattfindende Europacamp hinweisen, welches unbedingt weitergeführt werden muss und vom Land finanziell auch weiterhin Unterstützung erhalten sollte.
Meine Damen und Herren! Seit der Nizza-Konferenz ist einige Zeit vergangen und es gibt neue Entwicklungen. Der Europäische Rat in Laeken hat eines deutlich gemacht: Die EU muss demokratischer, effizienter und transparenter werden. Die Geheimdiplomatie der bisherigen Gipfel gehört der Vergangenheit an.
Der eingesetzte Konvent eröffnet das erste Mal in der Geschichte Europas die Möglichkeit für eine tiefgreifende Umgestaltung Europas. Nicht mehr die Verteidigung nationaler Besitzstände durch die Staats- und Regierungschefs wird die Debatte über die Zukunft Europas bestimmen, sondern mehrheitlich Parlamentarierinnen und Parlamentarier werden über eine neue Gestalt der EU diskutieren.
Dass bei der Wahl des Präsidenten des Konvents und auch bei der Wahl der beiden Stellvertreter auf ehemalige Regierungschefs zurückgegriffen wurde, wird hoffentlich als ein Relikt aus alten Zeiten in die europäischen Geschichtsbücher eingehen. Zu kritisieren bleibt die Dominanz der Regierungs- und Kommissionsvertreter im zwölfköpfigen Präsidium.
Die Menschen in Europa können für die europäische Idee nur gewonnen werden, wenn es nicht bei der Diskussion über die Institutionen bleibt, sondern neue Inhalte in den Mittelpunkt der europäischen Politik gerückt werden. Die Europäische Union ist noch weit davon entfernt, ein soziales, ökologisches und Frieden schaffendes Projekt zu sein.
Der in Laeken beschlossene Ausbau der europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik und das formulierte Ziel, immer anspruchsvollere und immer komplexere militärische Operationen durchzuführen, wird die Militarisierung der Union vorantreiben.
Einen Rüstungswettlauf mit den Vereinigten Staaten und den Aufbau europäischer Sicherheitsstrukturen ohne Russland lehnt die PDS ab. Ziel ihrer Politik ist eine gesamteuropäische Sicherheitsstruktur unter dem Dach der OSZE und eine gesamteuropäische Politik des weltweiten wirtschaftlichen und sozialen Interessenausgleichs als umfassende Krisenvorbeugung. Aufgrund der qualitativen Aufrüstung und Rüstungsmodernisierung der EU werden wichtige finanzielle Mittel, zum Beispiel für die Ost-Erweiterung, verschwendet.
Dennoch ist Laeken ein Ansatz. In dieser Hinsicht unterstützen wir ihn auch und deshalb unterstützen wir den Antrag der SPD-Fraktion unter dem folgenden Tagesordnungspunkt.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zusammenfassend bleibt aus unserer Sicht festzustellen:
Erstens. Mit der Antwort auf die Große Anfrage der PDS sind in Grundzügen der aktuelle Stand und die Perspektive des Landes Sachsen-Anhalt im Rahmen des europäischen Einigungsprozesses skizziert worden.
Zweitens. Daraus abgeleitet ist es nötig, dass im Rahmen des Erweiterungsprozesses der Europäischen Uni
on die Bürgerinnen und Bürger unseres Landes inhaltlicher und umfangreicher informiert und einbezogen werden.
Drittens. Um dieses möglichst effektiv zu nutzen, bedarf es künftig einer stärkeren Bündelung der europapolitischen Kompetenzen sowohl innerhalb der Landesregierung als auch im Landtag. Das heißt, in der kommenden Legislaturperiode ist die Wiederformierung eines Ausschusses für Bundes- und Europaangelegenheiten dringend erforderlich, sonst fährt der europäische Zug an diesem Parlament vorbei. Ich denke, das wollen wir nicht. Im Interesse der Bürgerinnen und Bürger dieses Landes ist dies nicht zu verantworten.
Von exekutiver Seite erwarte ich eine stärkere Bündelung europapolitischer Kompetenzen nach meinen Vorstellungen in der Staatskanzlei. Da läuft nach meiner Auffassung noch zu viel nebenher.
Ich komme zum Abschluss. Wir können wahrscheinlich bald wieder im Plenum eine Antwort auf eine Große Anfrage zur Europapolitik auswerten; denn die CDU hat zwar ein paar Wochen später, aber mit fast denselben Fragen - eine solche gestellt. Aber, meine Damen und Herren, über Europa sollte man hier im Plenum doch häufiger reden. - Vielen Dank.
Vielen Dank, Herr Präsident. Ich denke, ich werde die Redezeit nicht ausschöpfen, sodass wir die Zeitüberziehung wieder einholen können.
Kurz zu vier Punkten, die ich noch kritisch erwähnen will. Ich hatte vorhin in meinem Einstieg gesagt, dass wir mit einigen Antworten zu den Fragen nicht ganz zufrieden waren.
Ich will an dieser Stelle etwas zu Frage 30 - Landwirtschaftspolitik - sagen. Wir haben nach den Schwerpunkten gefragt, die die Landesregierung bei der Neuausrichtung der EU-Agrarpolitik setzt. Dazu hätten wir gern einige Aussagen zur Förderung von Wirtschafts- und Stoffkreisläufen, zu Wertschöpfungsketten, zur Erweiterung des Futterbaues und zu regionalen Vermarktungsketten zur Kenntnis genommen.
In diesem Zusammenhang ist aus unserer Sicht auch notwendig, die Verteilung der Tierbestände und zum Beispiel auch der Milchquoten in der gesamten Bundesrepublik auf den Prüfstand zu stellen. Wir verweisen auf den entsprechenden Expertenbericht von Professor Rost von der Martin-Luther-Universität in der Enquetekommission. Außerdem haben wir durchaus wohlwollend zur Kenntnis genommen, dass diese Frage am letzten Montag im Pressegespräch auf der Grünen Woche auch von Minister Keller thematisiert wurde. Wir vermissen aber in der vorliegenden Antwort auf die Große Anfrage ein klares Bekenntnis dazu.
Ein zweiter Komplex ist die Frage der Behindertenpolitik. Diesbezüglich wäre, denke ich, ein Blick in den Arbeitsmarkt- und Sozialbericht angezeigt gewesen; denn dieser ist im Gegensatz zur Antwort auf die Große Anfrage zu diesem Komplex in diesem Punkt konkreter und viel aussagekräftiger. Das wäre also eher die Antwort gewesen als das, was in der Antwort auf die Große Anfrage enthalten ist.
Diese Antwort ist nämlich - das muss man leider sagen durch ein starkes Ressortdenken geprägt. Wir haben den Eindruck, zumindest was die Antwort der Landesregierung auf die Große Anfrage betrifft, dass es sehr wenige eigene Vorstellungen gibt und dass der Gestaltungswille wenig ausgeprägt ist. Das ist allerdings durch den Arbeitsmarkt- und Sozialbericht in dem entsprechenden Schwerpunkt - Lebenssituation und Teilhabe von behinderten Menschen - geändert worden. Insofern können wir uns in diesem Punkt einverstanden erklären.
Ein dritter Punkt, den ich noch erwähnen möchte, betrifft die Frage der Bündelung von europapolitischer Kompetenz auf der exekutiven Seite. Damit ich nicht missverstanden werde, will ich ausdrücklich sagen, dass ich kein Plädoyer für ein eigenes Ministerium gehalten habe; ich bin vielmehr - wie das auch Herr Tögel gesagt hat für eine Bündelung zum Beispiel in der Staatskanzlei, auch mit einem eigenen Minister. Das hielte ich für den richtigen Weg.
Ein letzter Punkt. Insbesondere um in der ganzen Diskussion nicht den Stammtischen die Positionsbestimmung zu überlassen, müssen wir uns als Parlament intensiver dieser Frage zuwenden, muss sich auch in dieser Frage jeder einzelne Abgeordnete kompetent machen, müssen wir uns fit machen. In diesem Sinne halte ich das, was Tilman Tögel vorgeschlagen hat, zum Beispiel die Durchführung eines Seminars gemeinsam mit dem Ausschuss der Regionen zu dem Thema Landwirtschaftspolitik, das ja ein Zukunftsthema sein wird, für wichtig.
Ich will nicht unerwähnt lassen, dass Herr Tögel wahrscheinlich deshalb ein wenig länger geredet hat, weil er der Vertreter des Landtages in diesem Ausschuss der Regionen ist. Ich denke, dafür sollte man auch einmal danke sagen, denn er war derjenige, der dieses Thema im Landtag sehr intensiv bearbeitet hat.
In diesem Sinne hoffe ich, dass wir in der nächsten Legislaturperiode dieser Frage stärkeres Gewicht zumessen, insbesondere um zu verhindern, dass die Dis
kussion über die Erweiterung der Europäischen Union und insbesondere über die Osterweiterung der Europäischen Union den Stammtischen überlassen wird. Hierbei sollten wir mit Kompetenz die Meinungsbildung zu beeinflussen versuchen. - Vielen Dank.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir hatten uns in der Fraktion eigentlich darauf verständigt, dass wir zu diesem Antrag auf einen Redebeitrag verzichten werden. Das geschah nicht deshalb, weil wir uns nicht inhaltlich äußern wollten, sondern weil wir festgestellt haben, dass es im Innenausschuss nach langen Debatten, an denen wir uns auch aktiv beteiligt haben, einen parteiübergreifenden Konsens gab, der in sehr sachlichen Beratungen gemeinsam gefunden worden ist. Das war ein außerordentlich angenehmer Vorgang. In den
Beratungen hat sich das widergespiegelt, was wir auch bei der Anhörung vor Ort erlebt haben.
Allerdings muss ich nach dieser Debatte trotzdem das Wort nehmen. Ich möchte darum bitten, auf eine Instrumentalisierung meiner Person an dieser Stelle zu verzichten, weil es ein gemeinsamer Auftrag für diese Partei, die Partei des Demokratischen Sozialismus, ist, aktiv Vergangenheitsaufarbeitung zu tätigen.
Dieses haben wir damit zum Ausdruck gebracht, dass wir am 13. August - - Sie können sich vorstellen, dass das ein unheimlich schwerer Gang war. Sie wissen auch, dass es in den Verbänden im Nachhinein darüber sehr viele Debatten gab, die sowohl pro als auch kontra waren. Es war ein unglaublich schwerer Gang, am 13. August dies zu tun.
Ich bitte darum, den Personen, die an dieser Veranstaltung teilgenommen haben - das waren nicht nur Frau Bull und Herr Gärtner, sondern das war auch Frau Stolfa -, das zumindest ein wenig abzunehmen, was dort versucht wurde zu tätigen. Ich weiß ganz genau, dass es, wenn wir die Einladung des Vereins damals nicht wahrgenommen hätten - es war eine Einladung, die wir bekommen haben -, genau die gleichen Diskussionen gegeben hätte, warum wir als PDS-Fraktion diesen Akt nicht getan haben.
Ich will auch sagen, dass nicht die Person Matthias Gärtner im Innenausschuss das Thema Hötensleben bearbeitet hat, sondern dass wir als PDS-Fraktion im Innenausschuss wie abgesprochen gemeinsam agiert und dieser Beschlussempfehlung gemeinsam zugestimmt haben. Meine Fraktion hat dieses Thema auch deshalb ernst genommen, weil es ein Beitrag zur Vergangenheitsbewältigung ist. Ich bitte das zu respektieren und entgegenzunehmen.
Wir werden der Beschlussempfehlung zustimmen. - Vielen Dank.