Der konstatierte Mangel an Arbeitsplätzen bei gleichzeitig großer Zahl potenzieller Arbeitskräfte lässt sich auch nicht durch Modifikation der Förderbedingungen wie Ausweitung der Förderregion, Absenkung der unteren Einkommensgrenzen beim Kindergeldzuschlag oder Verdoppelung der individuellen Förderdauer beseitigen.
Interessant ist, dass eben gerade die Anhebung der Förderdauer von 18 auf 36 Monate gegen das Votum des Brandenburger Projektbeirates durchgesetzt wurde. Dies verrät schon eine gewisse Unzufriedenheit und Zurückhaltung in der Region.
Verantwortliche in den Arbeitsämtern Eberswalde und Neuruppin, die mit der Umsetzung des Modells beauftragt sind, äußern ihr Unbehagen bereits laut und deutlich. Ausgesprochen schlechte Erfahrungen - so der Tenor.
Das Modell bindet gewaltige Kapazitäten im Arbeitsamt bei nur mäßigem Erfolg. Aufwand und Nutzen stehen in keinem vernünftigen Verhältnis. Fachwissen und Erfahrungen belegen: Niedriglohnsektoren als Mittel gegen die Arbeitslosigkeit zu unterstützen und mit Steuergeldern zu fördern ist weder arbeitsmarkt- noch haushaltspolitisch zu rechtfertigen.
So strotzt dann auch der vor uns liegende DVU-Antrag von fachlicher Inkompetenz. Sie fordern wesentlich mehr Niedriglohnjobs. Dies ist kein Änderungsantrag, meine Damen und Herren, sondern ein Verhinderungsantrag, arbeitsmarktpolitisch in Richtung existenzsichernder Arbeit zu wirken. Darum wird meine Fraktion die Annahme dieses Antrages zu verhindern wissen.
Ich habe eine Bitte: Lassen Sie uns die Debatte wirklich am Thema führen und nicht formal über Sinn oder Unsinn des Modells entscheiden! Es geht auch nicht darum, nach dem Motto zu verfahren: Augen zu und durch! - Dafür werbe ich.
Ich danke Ihnen, Frau Abgeordnete Dr. Schröder und gebe das Wort an die Fraktion der SPD, Herrn Abgeordneten Kuhnert.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Beim „Mainzer Modell” handelt es sich, wie der Name schon sagt, um einen Modellversuch. Von daher ist eingeschlossen, dass der Ausgang, das Ergebnis, offen ist. Ich denke, es ist noch zu früh - es läuft ja erst ein Jahr -, um eine endgültige Entscheidung darüber zu treffen. Um beurteilen zu können, was an dem Modell falsch ist und wie es gegebenenfalls modifiziert werden kann, warum es zum Beispiel in Mainz besser läuft als in Eberswalde oder Neuruppin, sollte es länger laufen.
Die zweite Frage betrifft das Geld. Es ist ja in diesem Jahr so, dass die 3,75 Millionen DM in einen Titel eingestellt sind, der im Hinblick auf die ergänzenden Landesmittel deckungsfähig ist. Im Haushalt 2002 wird mit Sicherheit ein entsprechender Ansatz eingestellt, der in etwa dem Abfluss der Mittel entspricht. Insofern besteht auch hier kein Handlungsbedarf - im Sinne des Antrages der PDS genauso wenig wie im Sinne des Antrages der DVU. Die SPD-Fraktion plädiert für die Ablehnung beider Anträge. - Vielen Dank.
Ich danke dem Abgeordneten Kuhnert und gebe das Wort an die Fraktion der DVU, an die Abgeordnete Frau Fechner.
Ehe Frau Fechner vorn ist, kann ich wieder Gäste hier im Landtag begrüßen, und zwar aus meinem Heimatkreis, von der WEQUA Lauchhammer. Herzlich willkommen!
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Worum geht es in diesem Antrag? Es soll aus einem Modellprojekt,
welches seit dem vergangenen Jahr hier im Land Brandenburg und auch in Rheinland-Pfalz läuft, ausgestiegen werden, weil es nicht effektiv genug ist. Die für diesen Modellversuch bereitgestellten Landesmittel in Höhe von über 3 Millionen DM sollen zur Kofinanzierung für Maßnahmen mit deutlich höheren arbeitsmarktpolitischen Entlastungswerten verausgabt werden.
Ja, bei oberflächlicher Betrachtungsweise könnten wir diesem Antrag zustimmen. Denn natürlich scheint es sinnvoller zu sein, mit dem bereitgestellten Geld mehr Leuten eine Beschäftigung zu ermöglichen, noch dazu, wenn man bedenkt, dass über 230 000 Menschen hier im Land Brandenburg arbeitslos sind.
Aber ganz so einfach haben wir es uns nicht gemacht. Ziel des Mainzer Modellversuches ist es, arbeitslosen Menschen, die nur eine gering bezahlte Tätigkeit aufnehmen können, zum Beispiel weil sie keine richtige Qualifikation besitzen oder weil sie keine Vollzeitstelle annehmen können, einen Anreiz zu geben, auch gering bezahlte Tätigkeiten aufzunehmen.
Über das Mainzer Modellprojekt wird ein Zuschuss zum Arbeitnehmeranteil an der Sozialversicherung gezahlt, wenn der Arbeitnehmer mehr als 630 DM und bis zu 1 575 DM brutto im Monat verdient.
Des Weiteren wird dem Arbeitnehmer ein Kindergeldzuschuss gezahlt, wenn eine bestimmte Einkommensgrenze nicht überschritten wird. In der Praxis sieht das zum Beispiel so aus: Eine ledige Arbeitnehmerin mit Kind und einem Bruttoverdienst in Höhe von 1 130 DM erhält zusätzlich 84 DM als Zuschuss zu den Sozialversicherungsbeiträgen und rund 150 DM Kindergeldzuschlag. Das Nettoeinkommen erhöht sich also um 234 DM.
Meine Damen und Herren! Leider ist es oftmals noch so, dass es sich für einige arbeitslose Menschen nicht rechnet, einer geringfügig bezahlten Tätigkeit nachzugehen, da sie mit einem Einkommensverlust rechnen müssen. Auch für einige Sozialhilfeempfänger lohnt sich die Aufnahme von Arbeit erst gar nicht. Dies gilt insbesondere für einfach Qualifizierte mit Kindern und für Alleinerziehende, die nur Teilzeitarbeitsplätze annehmen können.
Um diesen Menschen wieder einen Anreiz für eine Arbeitsaufnahme zu geben, wurde das „Mainzer Modell” ins Leben gerufen, das nicht nur mit Landesmitteln, sondern auch mit ca. 2,5 Millionen DM Bundesmitteln finanziert wird. Wenn nun das Land aus diesem Modellversuch aussteigt, dann gehen ihm diese 2,5 Millionen DM verloren.
Aber nicht nur aus diesem Grund lehnen wir den Antrag ab. Wir finden, dass auch Menschen, die, aus welchen Gründen auch immer, nur die Chance auf eine gering bezahlte Tätigkeit haben, geholfen werden muss.
Bis heute - so ist es jedenfalls der Antragsbegründung zu entnehmen - sind in den Arbeitsamtsbezirken Eberswalde und Neuruppin aufgrund des „Mainzer Modells” nur 64 Beschäftigungsverhältnisse zustande gekommen. Das sind aber 64 Menschen, die ohne diesen Modellversuch gar keine Arbeit hätten. Das sind 64 Menschen, die glücklich darüber sind, in den nächsten Monaten ein paar Mark mehr in der Lohntüte zu haben.
können wir nicht zustimmen. Hätten Sie die Landesregierung aufgefordert, mehr für die Akzeptanz, mehr für die effektive Umsetzung des Modellversuchs zu tun, so hätten wir dem bedenkenlos zustimmen können. Da Sie dies jedoch nicht taten, fordert unsere Fraktion die Landesregierung mit dem vorliegenden Änderungsantrag hierzu auf, um dessen Zustimmung ich Sie bitte. - Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit.
Ich danke Ihnen, Frau Abgeordnete Fechner, und gebe das Wort an die Fraktion der CDU. Frau Abgeordnete Schulz, bitte.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Arbeitslosigkeit und Langzeitarbeitslosigkeit stellen im Land Brandenburg nach wie vor eine große Herausforderung dar und stellen uns vor ein großes Problem. Die Zahlen wurden bereits genannt. Nicht umsonst haben sich die Koalitionäre schon im Koalitionsvertrag für die Entwicklung neuer Modelle gegen die Langzeitarbeitslosigkeit ausgesprochen.
Da meine Vorredner bereits einiges zum Modell gesagt haben, möchte ich nur noch darauf hinweisen, dass der Landesanteil 20 % beträgt. Dies zu wissen ist vielleicht manchmal wichtig.
Ich denke, dass wir aufgrund der erwähnten Herausforderungen noch viele neue Ideen entwickeln werden, dass wir uns noch viele neue Dinge einfallen lassen müssen, dass wir kreativ sein müssen, um Wege zu finden, Menschen wieder in Arbeit zu bringen. Dazu sind Modellversuche da und dazu sind sie notwendig. Wir können nicht nach einem Jahr oder aufgrund von Anfangsschwierigkeiten sagen: Das war es jetzt. Wenn Sie sagen, Sie hätten das alles vorausgesehen, dann haben Sie wohl wahrsagerische Fähigkeiten. Vielleicht sollten Sie diese einmal an anderer Stelle einsetzen.
Ich denke, wir müssen dieses Modell kritisch hinterfragen und überprüfen und die Ergebnisse entsprechend bewerten. Dann werden wir sagen können, ob das Modell erfolgreich war beziehungsweise welche Veränderungen und Verbesserungen es erfahren muss, damit wir damit erfolgreich arbeiten können. Wir müssen, so meine ich, Modellversuchen eine Chance geben. Wenn wir dies nicht tun, werden wir auch nicht Leute in Arbeit bringen. - Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.
Ich danke Ihnen, Frau Abgeordnete Schulz, und gebe das Wort an die Landesregierung. Herr Minister Ziel, bitte.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es war von Anfang an klar: Das „Mainzer Modell” ist ein Experiment, mit allen Chancen, aber auch mit allen Risiken. Trotz aller Skepsis ge
genüber dem faktischen Ausbau des Niedriglohnsektors schien mir die Erprobung neuer Ansätze zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit wichtig, vor allem zur Bekämpfung der Langzeitarbeitslosigkeit und der Arbeitslosigkeit gering qualifizierter Menschen.
Wir haben immerhin eine Arbeitslosenquote von 17,2 % zu verzeichnen. So wurde dies im Mai festgestellt. Wenn wir die Langzeitarbeitslosen betrachten, so beträgt deren Anteil an der Gesamtzahl der Arbeitslosen rund 36 %. Da sind wir aufgefordert, etwas zu tun.
Nunmehr liegen uns erste Ergebnisse des „Mainzer Modells” vor. Bisher - das muss man unumwunden zugeben - läuft es in der Tat nur schleppend. Dennoch bin ich dagegen, den Modellversuch jetzt abzubrechen. Ich hielte dies wirklich für verfrüht. Wir sollten zunächst ergründen, warum der Modellversuch bei uns weniger Erfolg hat. Ein Abbruch ohne genaue Analyse führte nur dazu, dass Gegner wie Befürworter wieder auf ihre vorgefassten Meinungen zurückgriffen. Das brächte keinen Erkenntnisgewinn und würde die Debatte nicht versachlichen.
Hinzu kommt, dass dies ein gemeinsames Projekt von Bund und vier Bundesländern ist. Auf die Finanzlastenverteilung ist von Frau Kollegin Schulz hingewiesen worden. Wir wären den anderen ein schlechter Partner, wenn wir jetzt einseitig ausstiegen. Deshalb meine Bitte: Haben wir Geduld, führen wir eine Analyse durch und überlegen wir, was wir für die arbeitslosen Menschen tun können. - Vielen Dank.
Ich danke Ihnen, Herr Minister Ziel. - Ich gebe das Wort noch einmal an die Fraktion der PDS. Frau Abgeordnete Dr. Schröder, bitte.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Debatte wurde nach dem Motto geführt: Was lange währt, wird gut. Schade. Ich hatte mir inhaltlich wirklich mehr erhofft, insbesondere den Hinweis auf Irrtümer und entsprechende Schlussfolgerungen.
Kollege Kuhnert, es besteht sehr wohl Handlungsbedarf. Sie sollten einmal den Standpunkt Ihrer Partei klären. Selbst MdB Meckel plädiert für den Abbruch des Modellversuchs, unter Zustimmung Ihrer Landtagsabgeordneten aus der Uckermark.
Irrtum Nummer 1: Herr Minister Ziel, Sie haben genau vor einem Jahr auf meine Anfrage die für das Land in Aussicht gestellten Bundesmittel in Höhe von jährlich 15 Millionen DM gewürdigt:
„In einer Relation von einer Mark Landesmitteln zu vier Mark Bundesmitteln ist mit einem nicht unerheblichen zusätzlichen Zufluss von Bundesmitteln zu rechnen.”
Diese Rechnung geht nicht auf, weil die arbeitsmarktpolitische Strategie des Modells eben nicht aufgeht. Mit Mitteln in Höhe von 3,75 Millionen DM könnten selbst im öffentlichen Dienst ungefähr 50 feste Stellen eingerichtet werden.
Handlungsbedarf besteht sehr wohl, Herr Kollege Kuhnert. Der Haushaltsplan enthält zwar die Möglichkeiten, nicht abfließende Mittel innerhalb der Titelgruppe umzuschichten, also für ABModer SAM-Förderung zu verwenden; dies ist aber eine Kannbestimmung und setzt Abstimmungen mit dem Landesarbeitsamt voraus. Die Planungsunsicherheit bei den Trägern der Arbeitsförderung wird weiter erhöht. Diese mussten schon in den letzten Jahren immer wieder lange auf Bewilligungsbescheide warten, weil nicht klar war, ob durch Umschichtungen im Haushalt noch Mittel zu mobilisieren waren. Auch das ist also nicht der Weg.