Meine Damen und Herren! Die zum Solidarpakt II mit dem Bund getroffenen Vereinbarungen schaffen die Voraussetzungen für einen Abbau vor allem des infrastrukturellen Nachholbedarfs innerhalb einer Generation. Wir sind uns darüber im Klaren, dass es nach Ablauf des Solidarpaktes II keine Sonderregelungen für die neuen Länder mehr geben wird. Dies setzt die Maßstäbe für die Prioritäten der Landespolitik in den kommenden 15 bis 20 Jahren. Dieser Prozess muss also von einem selbstbewussten Handeln des Landes begleitet werden, um die Brücke zur finanziellen Selbstständigkeit des Landes langfristig zu bauen. Hier ist die Regierung ebenso wie der Landtag gefragt, denn der Solidarpakt II verschafft uns zunächst weitgehende Planungssicherheit bis zum Jahr 2019. Bis dahin müssen die strukturell bedingten Unterschiede zwischen Ost und West ausgeglichen sein. Diese Zielstellung ist sehr ehrgeizig, aber zu erreichen.
Bei ihrer Umsetzung muss auch berücksichtigt werden, dass die Zuweisungen an die ostdeutschen Länder stufenweise abgebaut werden. Nur bis zum Jahr 2006 können wir von einer Finanzausstattung ausgehen, die im Wesentlichen dem Status quo entspricht. Im Jahr 2006 endet die Förderperiode der EU-Strukturfonds. Ab dem Jahr 2009 werden die Sonderbedarfsergänzungszuweisungen des Bundes um etwa 1,5 Milliarden DM jährlich abgebaut. Dies erfordert weitsichtige Entscheidungen bei der Haushalts- und Finanzplanung, um eine Haushaltsüberlastung infolge der rückläufigen Einnahmen zu vermeiden.
Mit Ablauf des Solidarpaktes II im Jahr 2020 werden im Landeshaushalt, verglichen mit 2001, etwa 4 Milliarden DM weniger zur Verfügung stehen. Aus den Erfahrungen der bisher geübten Haushaltskonsolidierung wissen wir, dass ein solcher Betrag nicht in zwei oder drei Jahren eingespart werden kann, das heißt, wir müssen uns schon jetzt darauf einstellen.
Die Degression der Einnahmen verdeutlicht auch, dass die wichtigen Entscheidungen zur weiteren Angleichung der Lebensverhältnisse in Ost und West jetzt und nicht in fünf oder zehn Jahren fallen. Von 2002 an gerechnet werden wir bereits bis zum Jahr 2007 mehr als die Hälfte der zu erwartenden Gesamtsumme aus den Sonderbedarfsbundesergänzungszuweisungen erhalten. Das bedeutet, dass der derzeitige teilungsbedingte Nachholbedarf schon im Jahr 2007 auf die Hälfte reduziert werden muss, um nicht in Verzug zu geraten. Zeit für Experimente bleibt nicht viel. - Vielen Dank.
Ich danke Ihnen, Frau Ministerin Ziegler. - Ich gebe das Wort noch einmal an die Fraktion der PDS, Herrn Abgeordneten Prof. Dr. Bisky.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Da die Angleichung der Lebensverhältnisse zwischen Ost und West die eigentliche Zweckbestimmung sowohl des laufenden als auch des Solidar
paktes von 2005 bis 2019 ist, komme ich, nachdem Frau Osten unsere positive Einschätzung zum Solidarpakt vorgetragen hat, auf die Kritik von gestern zurück und erneuere sie.
Wir wollen von der Landesregierung die konkreten Vorstellungen erfahren: Wie wollen Sie die Arbeits- und Lebensverhältnisse in Brandenburg angleichen? Herr Ministerpräsident, da helfen auch keine allgemeinen Bekenntnisse zur Angleichung. Ich kenne alle diese Sätze aus Regierungs- und Presseerklärungen. Man kann sie in Koalitionsvereinbarungen oder sonst wo in großer Zahl lesen. Die Menschen wollen Ergebnisse sehen. Anderenfalls stimmen sie weiter mit den Füßen ab - gegen uns!
Die Menschen, die es können, wandern in noch größerer Zahl dorthin, wo es Arbeit gibt. Das ist ein trauriger Prozess!
Und das ist häufig außerhalb von Brandenburg. Wenn die wirtschaftliche Entwicklung in den alten und den neuen Bundesländern wieder auseinander driftet - darauf deutet alles hin, Herr Fritsch hat darauf hingewiesen -; wenn die Arbeitslosigkeit in Brandenburg auch im Juni wieder über dem Stand des entsprechenden Vorjahresmonats liegt; wenn der ländliche Raum in Brandenburg entvölkert wird; wenn wegen Lehrermangels Unterricht nicht stattfinden kann, weil Lehrerinnen und Lehrer sich eine feste Arbeitsstelle, vergütet mit 100 %, in Berliner Schulen suchen; wenn öffentliche Mittel in Landesgeschäftsstellen und anderswo verschwendet werden, Millionen zur Sanierung aufgewendet werden müssen und zugleich öffentliche Interessen, die ihrer Gründung zugrunde lagen, diskreditiert werden und wenn diese Entwicklung trotz hoher finanzieller Leistungen von Bund und alten Ländern, die ich ja sehe, sich so gestaltet, dann können Sie von der Regierung nicht einfach sagen: „Weiter so!” Das geht nicht, meine Damen und Herren.
Wir wollen die konkreten Vorschläge und wir wissen schon, dass Sie von der Regierung unstrittig die Weltmeister der politischen Unverbindlichkeit und Unbestimmtheit sind. Besinnen Sie sich, meine Damen und Herren, treten Sie endlich mit durchdachten Konzepten in die parlamentarische, in die öffentliche Debatte über die Schwerpunkte der Verwendung der zur Verfügung stehenden Mittel ein! Mit der Ablehnung unserer Forderung nach einem überarbeiteten Bericht zur Angleichung der Lebensverhältnisse in Brandenburg haben Sie gestern das falsche Signal ausgesandt.
Wer wie Sie, meine Damen und Herren Großkoalitionäre, in der Aktuellen Stunde gestern nichts, aber auch gar nichts Wichtiges zur Aufklärung der Millionenversickerung im Zusammenhang mit der LEG beiträgt, sondern nur mit ebenso wütenden wie lauten und unsachlichen Attacken gegen die PDS auffällt, dem sage ich: Sie deckeln. Sie sind keine Regierung der Haushaltskonsolidierung, Sie gehen politisch leichtfertig mit öffentlichen Geldern um, und zwar in Besorgnis erregender Weise.
Ich erinnere daran: Regierende, die - ob in Berlin oder Brandenburg - Finanzierungsskandale produzieren und durch Attacken gegen die Opposition die öffentliche Aufmerksamkeit von ihren
eigenen schwerwiegenden politischen Fehlern ablenken wollen, unterschätzen die Intelligenz der Bürgerinnen und Bürger. Und ich sage: Zum Glück durchschauen viele Menschen das miese Spiel „Haltet den Dieb!”.
Deshalb sage ich zum Abschluss: Herr Lunacek, Sie haben gestern hier wieder eine bemerkenswerte Einschätzung gebracht, dass auch in dieser Frage - LEG usw. - die PDS schuld sei. 40 Jahre sind wir an allem schuld. Ich lasse die CDU, die zwei Blockparteien mit Mitgliedschaft und Finanzen vereinnahmt hat, völlig weg. Ich lasse völlig weg, ob Sie dazu das Recht hätten. Von der SPD ließe ich mir das noch bieten. Davon abgesehen, Sie haben sich daran gewöhnt: An allem ist die PDS schuld. Wenn jetzt die Millionen fehlen und wenn jetzt die Aufsichtsräte, die von der Regierung eingesetzt sind, fehlen, wenn das alles fehlt, dann muss natürlich wieder die PDS schuld sein. Wer denn sonst?
Nur, da sage ich Ihnen, meine Damen und Herren: Das geht nicht mehr auf und ich finde es inzwischen auch peinlich. Lassen Sie sich einmal etwas einfallen, was zu neuer Argumentation führt, und stehen Sie endlich zu Ihrer Verantwortung! Ich stehe zu meiner, aber Ihre Schuld von heute kann ich nicht auch noch übernehmen und will ich auch nicht übernehmen.
Ich danke Herrn Prof. Bisky. - Das Wort geht noch einmal an die Landesregierung. Herr Ministerpräsident Dr. Stolpe, bitte.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Bisky, das war vielleicht doch ein bisschen viel allgemeine Schwarzmalerei. Aber die Differenzierung kam aus den beiden Beiträgen heraus, deshalb kann ich das unaufgeregt hier entgegennehmen. Richtig ist natürlich, dass die Regierung zum Handeln gefordert ist. Handeln, auch langfristiges Handeln im Interesse des Landes setzt voraus, dass wir Planungssicherheit haben.
Seien wir doch einmal ganz nüchtern: Diese Planungssicherheit hatten wir nicht, weil wir überhaupt nicht wussten, ob der Solidarpakt weitergeführt werden kann. Erinnern Sie sich an die Debatten, die da stattgefunden haben! Es gab große Verunsicherung und große Unklarheiten. Jetzt haben wir Planungssicherheit. Bis zum Silvesterabend 2019 wissen wir, was wir bekommen werden. Wir werden nicht im Geld schwimmen -
die Finanzministerin hat noch einmal daran erinnert, welche Hürden und Probleme auf uns zukommen werden -, aber wir können jetzt einigermaßen steuern, worum es gehen wird.
Mit 306 Milliarden DM wird der Aufbau Ost nach 2004 fortgesetzt. Die Infrastrukturlücke wird geschlossen. Infrastruktur ist wirklich ein Schlüssel für jede Entwicklung, das haben wir zehn
Jahre lang hier in diesem Land erlebt. Die strukturschwachen Regionen in Brandenburg, die wir aufgrund der Disparität in der Entwicklung haben, sind unser Problem. Herr Bisky, Sie haben es angedeutet: Die Abwanderung ist keineswegs nur eine Wanderung aus Brandenburg heraus - die Bevölkerungszahl nimmt ja zu -, es ist eine Binnenwanderung, eine Wanderung aus den strukturschwachen Regionen in die günstigeren Bereiche. Diese strukturschwachen Regionen werden Hilfe erhalten können. Insofern ist der Solidarpakt II die Handlungsgrundlage, um auch die teilungsbedingten Rückstände des Landes bis etwa 2020 abbauen zu können.
Meine Damen und Herren! Wir waren auf diese schwierigen Verhandlungen gut vorbereitet; wir haben frühzeitig wissenschaftlichen Rat eingeholt. Damit haben wir für Ostdeutschland und auch für Brandenburg am Ende ein gutes Ergebnis erreicht. Ich weiß gar nicht, wie viel Tage und Stunden Kollegin Ziegler und ich - teilweise in getrennten Unternehmungen, teilweise gemeinsam - eingebracht haben. Aber es hat sich gelohnt, nicht eine Minute zu fehlen und auch keine Nachteinsätze zu scheuen, um zu einem Ergebnis zu kommen.
Es war ein wirklich monatelanges Ringen. Es ging um komplizierte Fragen der Lastenverteilung. In unzähligen Gesprächsrunden haben wir dann schließlich mit insgesamt 17 Partnern ein Ergebnis gefunden. Mit diesem Ergebnis bin ich zufrieden und der Einsatz hat sich gelohnt. Aber ich weiß zugleich auch, dass die Arbeit weiterzuführen ist.
Aber eines ist mir noch ganz wichtig, bei allem Streit, der gelegentlich zwischen Ländern geführt wird und der die Zeitungen füllt: Es hat sich herausgestellt, dass das Solidarsystem des deutschen Föderalismus in der Lage ist, in schwierigen Situationen zu einem gemeinsamen Handeln zu führen. Auch das kann uns froh machen. Denn jeder weiß: Normalerweise hört beim Geld die Freundschaft auf, da wird der Streit noch größer. Hier hat man sich zusammengerauft und es hat sich gezeigt: Diese Bundesrepublik, dieser Staat funktioniert. Auch darüber können wir uns freuen.
Deshalb möchte ich nicht versäumen, bei dieser Gelegenheit auch meinen Dank den finanzstärkeren Ländern auszusprechen, die sich auf diese Herausforderung eingestellt haben, aber auch an den Bund, der ganz entscheidend mit dazu beigetragen hat, dass es zum Schluss zu einem Konsens gekommen ist.
Wichtig dabei ist mir gewesen, dass die Bereitschaft bei den anderen Partnern vorhanden war, dass unsere Sorgen über die sehr hohe Arbeitslosigkeit und die nach wie vor vorhandenen negativen Entwicklungen zur Kenntnis genommen worden sind, dass man sie ernst nahm, dass es eine Bereitschaft zum Mitdenken gegeben hat und dass die Einsicht deutlich wurde, dass wir alle in Ost und West unsere Kräfte gemeinsam mobilisieren müssen, weil ein Rückfall, ein Stillstand oder ein Von-derKippe-Fallen für ganz Deutschland ein Schaden wäre. Hiergegen ist angearbeitet worden.
Insofern heißt die Botschaft für die ostdeutschen Länder: Der Aufbau Ost und die Angleichung der Entwicklungschancen
haben in den kommenden Jahren in ganz Deutschland Priorität. In Deutschland wird es keine zwei Wirtschaftszonen, keine weitere Abwärtsspirale Ost und kein Mezzogiorno Ost geben. Das wird gemeinsam von den Ländern und vom Bund verhindert.
Durch den Solidarpakt II erhalten die ostdeutschen Länder ab 2005 206 Milliarden DM im Rahmen des Investitionsförderungsgesetzes und der Bundesergänzungszuweisungen und 100 Milliarden DM aus der allgemeinen Wirtschaftsförderung des Bundes, die dem Aufbau Ost besondere Dringlichkeit einräumt. Hinzu kommen die Regelungen des Länderfinanzausgleichs für die Jahre 2005 bis 2019, die ein Ausgleichsvolumen von insgesamt mehr als 60 Milliarden DM umfassen.
Für die ostdeutschen Länder besonders bedeutsam ist, dass die Gemeindesteuern künftig nicht mehr nur zur Hälfte, sondern zu 64 % in die Berechnungen einbezogen werden und dass der Bund die Länder durch Übernahme der Schulden aus dem Fonds Deutsche Einheit um 2,5 Milliarden DM jährlich entlastet.
Meine Damen und Herren! Die gefundenen Regelungen sind für Brandenburg eine unverzichtbare Unterstützung; denn wir haben noch schwierige Aufgaben vor uns. Wir werden die Mittel nutzen, um unsere Verkehrsanbindungen und unsere wirtschaftsnahe Infrastruktur auszubauen. Wir werden Investitionen fördern und damit den gezielten Aufbau wettbewerbsfähiger Unternehmen und leistungsfähiger industrieller Kerne fortführen. Der technologische Wandel soll beschleunigt und die Forschungs- und Entwicklungskapazitäten sollen erhöht werden.
Im Zuge der Osterweiterung der Europäischen Union und des dringenden Strukturwandels in den ländlichen Räumen Brandenburgs, die von Abwanderung nicht zusätzlich und weiter entkräftet werden dürfen, richten wir unser Augenmerk vorrangig auf die benachteiligten Regionen Brandenburgs. Das sind der Oderraum, das ist die Lausitz, das ist die Uckermark und das ist die Prignitz. Diese brauchen verstärkte und besondere Hilfe.
Meine Damen und Herren! In den Wachstumsfeldern der Medien, der Bio- und der Umwelttechnologie, in der Luftfahrttechnik, in der chemischen Industrie, in der Stahlerzeugung und in der Mineralöl verarbeitenden Industrie haben wir schon heute Leuchttürme der wirtschaftlichen Entwicklung vorzuweisen. Wir werden uns intensiv bemühen, weitere moderne Standorte aufzubauen. Moderne zukunftssichere Standorte im industriellen Bereich und im verarbeitenden Gewerbe werden für uns die Anker sein, an denen eine gute Entwicklung weiter festgemacht werden kann. Darauf wird unser besonderes Augenmerk gerichtet sein. Wir haben jetzt Planungssicherheit und können den Partnern, die zu uns kommen und sagen, dass sie bereit sind, in drei, vier oder fünf Jahren hier einzusteigen, mitteilen: Wir sind in der Lage, euch die Bedingungen zu geben, denn in Brandenburg wird man sich bemühen, dafür die besten Voraussetzungen zu schaffen. Der Solidarpakt II gibt uns den Handlungsrahmen, handeln müssen wir allerdings selbst. - Schönen Dank.
Ich danke dem Ministerpräsidenten. - Normalerweise würde jetzt die einreichende Fraktion noch einmal das Wort erhalten, aber sie hat ihre Redezeit ausgeschöpft. Damit sind wir am Ende der Aussprache zur Aktuellen Stunde angekommen. Ich schließe den Tagesordnungspunkt 2.
Gesetz über die Errichtung einer Stiftung „Brandenburgisches Haupt- und Landgestüt Neustadt (Dosse)”