Protokoll der Sitzung vom 22.11.2001

Drucksache 3/3489

Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Haushalt und Finanzen

Drucksache 3/3523

2. Lesung

Auch hierzu wurde auf eine Debatte verzichtet und wir kommen damit zur Abstimmung über die Beschlussempfehlung, wie sie der Ausschuss für Haushalt und Finanzen dem Plenum vorlegt. Wer dieser Beschlussempfehlung folgen möchte, möge die Hand aufheben. - Gibt es Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Damit ist das Gesetz in 2. Lesung angenommen und verabschiedet.

Ich schließe den Tagesordnungspunkt 4 und rufe den Tagesordnungspunkt 5 auf:

Gesetz zur Änderung des Brandenburgischen Psychisch-Kranken-Gesetzes, des Gesetzes über Grundsätze und Vorgaben zur Optimierung der Landesverwaltung und des Krankenhausgesetzes des Landes Brandenburg

Gesetzentwurf der Landesregierung

Drucksache 3/3326

Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Frauen

Drucksache 3/3500

2. Lesung

Ich eröffne die Aussprache mit dem Beitrag der PDS-Fraktion. Frau Abgeordnete Birkholz, bitte.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Zu der vorliegenden Beschlussempfehlung hat es in relativ kurzer Zeit einen intensiven Austausch in den beteiligten Fachausschüssen gegeben. Schwerwiegende Meinungsunterschiede gab es dabei nicht.

Mit den Gesetzesänderungen werden die Voraussetzungen für die sichere Unterbringung von Patienten im Maßregelvollzug verbessert. Dass dies notwendig wurde, haben uns die Pannen und Fehler gezeigt, die vor einem Jahr im Zusammenhang mit dem Fall Schmökel zutage getreten sind. Der Bericht der daraufhin vom Minister eingesetzten Expertenkommission listet eine ganze Reihe von Schwachstellen und Versäumnissen auf. Die Änderung des Psychisch-Kranken-Gesetzes ist dabei ein Mosaikstein, vielleicht nicht einmal der entscheidende. Ich will dazu den Standpunkt meiner Fraktion aus der 1. Lesung nicht wiederholen.

Für die Zustimmung der PDS-Fraktion zu den Gesetzesänderungen ist vor allem maßgeblich, dass die Änderungen berechtigten Sicherheitsbelangen Rechnung tragen, ohne hierbei den Aspekt der Therapie zu verdrängen.

Ich glaube zudem, dass wir gut daran tun, wenn wir das Gesetz zum jetzigen Zeitpunkt verabschieden. Nach meinem Eindruck ist es notwendig, dass wir dem Personal in den Einrichtungen, das ja auch verunsichert ist, die nötige Sicherheit durch klare rechtliche Regelungen geben. Ich verhehle auch nicht, dass Patienten, zumal dann, wenn sie Therapiefortschritte machen, einen Anspruch auf entsprechende Vollzugslockerungen haben und die Perspektive einer Entlassung vor sich sehen können. Generelle Lockerungsstopps und Gutachtenstaus erzeugen Frust, was wenig hilfreich ist. Auch deshalb muss jetzt klar sein, auf welcher rechtlichen Grundlage sich alle Beteiligten bewegen.

Vor diesem Hintergrund kann die PDS-Fraktion dem Gesetzentwurf - wie schon gesagt - zustimmen. - Vielen Dank.

Ich danke auch. - Das Wort geht an die SPD-Fraktion. Herr Dr. Kallenbach, bitte.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte meine Ausführungen mit einem Dank beginnen. Er gilt den Kolleginnen und Kollegen der mitberatenden Ausschüsse für Recht und für Inneres, die durch ihre zügigen Stellungnahmen eine rasche parlamentarische Befassung mit dem Gesetzentwurf zur Verbesserung des brandenburgischen Maßregelvollzugs wesentlich unterstützt haben.

(Beifall bei SPD und CDU)

Des Weiteren möchte ich den Experten der unabhängigen Kommission meinen Dank aussprechen, die mit hohem Sachverstand eine detaillierte und kritische Bestandsaufnahme des Maßregelvollzugs im Land Brandenburg vorgelegt und Verbesserungsvorschläge entwickelt haben, die zur Grundlage des Gesetzentwurfes der Landesregierung wurden. Herr Minister Ziel, deshalb sei an dieser Stelle auch Ihnen und der guten Vorarbeit Ihres Ressorts ausdrücklich gedankt.

(Beifall bei SPD und CDU)

Aus diesem Grunde können wir heute rechtliche Veränderungen auf den Weg bringen, die auf der einen Seite die Behandlung psychisch kranker Straftäter erheblich verbessern und auf der anderen Seite dem berechtigten Schutzbedürfnis der Bevölkerung in hohem Maße entsprechen. Besserung und Sicherung, liebe Kolleginnen und Kollegen, nenne ich hier bewusst in einem Atemzug; denn beide Aspekte sind als gesetzliche Aufgabe des Maßregelvollzugs untrennbar miteinander verbunden. Sie ruhen auf dem Fundament unserer verfassungsmäßigen Ordnung, dem Respekt vor der Würde des Menschen und dem Recht des Einzelnen auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Das ist der Handlungsrahmen, den uns unsere freiheitliche und demokratische Ordnung gesetzt hat und an dem sich die Reformvorschläge des Gesetzentwurfes orientiert haben.

Die Erhöhung der finanziellen Mittel für den Maßregelvollzug erlaubt die Einstellung zusätzlicher Fachkräfte, sie gestattet die Ausweitung einer kompetenten externen Begutachtung und dient der Weiterbildung der Ärzte und des Pflegepersonals. Dadurch wird nicht nur die Therapiequalität verbessert und die Rückfallwahrscheinlichkeit der Patienten gesenkt, sondern auch dem Sicherheitsbedürfnis der Bevölkerung nachhaltig Rechnung getragen.

Die Erweiterung des Gutachterkreises, die Einbeziehung der Staatsanwaltschaft bei bestimmten Lockerungsentscheidungen und die Erlaubnis, Patienten erkennungsdienstlich zu erfassen, soll künftig dazu beitragen, spektakuläre Entweichungen zu verhindern bzw. so schnell wie möglich zu beenden.

Meine Damen und Herren, ich glaube, ich lehne mich nicht zu weit aus dem Fenster, wenn ich feststelle, dass der Gesetzentwurf der Landesregierung in den Beratungen des Gesundheitsausschusses auf breite Zustimmung stieß. Dies gilt auch für seine datenschutzrechtlichen Aspekte, die der Landesbeauftragte für den Datenschutz und das Recht auf Akteneinsicht voll und ganz teilt.

Aus diesem Grunde bitte ich auch das Plenum um breite Zustimmung zu diesem Gesetzentwurf. Er verbessert in erheblichem Umfang die Arbeits- und Rechtsgrundlage des therapeutischen Fachpersonals, das sich dann wieder in Ruhe seiner schwierigen Aufgabe, nämlich der Therapie psychisch kranker Straftäter, zuwenden kann. - Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei SPD und CDU)

Ich danke auch. - Das Wort geht an die Abgeordnete Frau Fechner. Sie spricht für die DVU-Fraktion.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Unsere Fraktion der Deutschen Volksunion stimmt der vorliegenden Beschlussempfehlung des Ausschusses für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Frauen zu. Wie ich bereits während der 1. Lesung sagte, sehen wir darin einen Schritt in die richtige Richtung, der aber leider viel zu spät kommt und viel zu kurz gerät. Mussten wirklich erst Menschen sterben, psychisch und physisch schwer verletzt werden, Unsummen für die Wiederergreifung geflüchteter Psychopathen ausgegeben werden, bevor etwas passiert? Hätte es diese Änderungen auch dann gegeben, wenn die seit langem bekannten Missstände nicht durch die schrecklichen Vorfälle auch der Öffentlichkeit gegenüber enthüllt worden wären?

Es ist müßig, darüber zu spekulieren. Wir werden es wohl nie erfahren. Aber wir werden wahrscheinlich nur zu bald erfahren, wo die Fehler und Schwachpunkte dieses Gesetzentwurfes liegen und wo es mit der Umsetzung in die Praxis hapert. Ob dann endlich jemand die politische Verantwortung übernehmen wird?

Von den vielen Stellen in diesem Bereich, an denen es weiterhin dringenden Änderungsbedarf gibt, will ich heute nur einen herausgreifen. Wir haben in diesem Hause lange und viel über die Täter geredet. Unsummen werden für die Betreuung der Täter ausgegeben. Auch die heute beschlossenen Änderungen beziehen sich nur auf die Täter. Die Opfer aber bleiben weitgehend sich selbst überlassen. Weiterhin sind es in erster Linie private Initiativen, die sich um die Opfer von Gewaltverbrechen kümmern. Staatlicherseits gibt es zwar schöne Gesetze, die beispielsweise den finanziellen Schadensausgleich regeln - wenigstens etwas -, im Ernstfall scheinen staatliche Stellen aber nicht besonders intensiv bemüht zu sein, die Opfer über ihre Ansprüche zu informieren, was man auch verstehen kann; denn der Staat muss Geld sparen.

Auch unsere Landesregierung tut sich sehr schwer damit, Schadensersatzzahlungen unbürokratisch zu leisten. Denken wir nur einmal an die Witwe des Rentners, welcher Opfer des während eines Freiganges entwichenen Sexualstraftäters Schmökel wurde. Über ein Jahr nach der Tat erhielt die Witwe immer noch keine Entschädigungszahlung. Grund dafür - so war es jedenfalls der Presse zu entnehmen - sind Diskrepanzen zwischen der seitens des Landes angebotenen Vergleichssumme und den Schadensersatzvorstellungen der Witwe. Wir als DVU-Fraktion finden es kleinlich und auch herzlos, sich über die Höhe der Entschädigungssumme zu streiten, zumal hier das Sozialminis

terium unserer Meinung nach in der Verantwortung steht, weil es die vorgesetzte Behörde der Maßregelklinik ist, aus der Schmökel entwich.

Meine Damen und Herren, unsere Fraktion der Deutschen Volksunion ist auch weiterhin der Überzeugung, dass es Aufgabe der staatlichen Gemeinschaft sein muss, den weitgehenden Schutz aller Bürger vor Gewalt und Kriminalität zu gewährleisten, und denen, die Opfer von Gewalt und Kriminalität wurden, großzügig Hilfe, Fürsorge und Unterstützung zu gewähren. Gerade in diesem Bereich ist noch viel zu tun. - Ich danke für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der DVU)

Das Wort geht an die CDU-Fraktion. Für sie spricht der Abgeordnete Dr. Wagner.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich gehöre nicht zu denjenigen, die Eitelkeiten an den Tag legen wollen und das, was in der 1. Lesung des Gesetzes schon richtig gesagt worden ist und jetzt wieder von den Rednern der unterschiedlichsten Fraktionen als richtig erkannt wurde, wiederholen möchten. Ich kann nur in Richtung DVU, Frau Fechner, sagen: Hinterher ist man immer schlauer. - Das sollten Sie sich ins Stammbuch schreiben.

Ich glaube wie Herr Kollege Kallenbach und wie Frau Birkholz sagen zu können, dass es mit diesem Gesetz, das notwendigerweise in sehr, sehr kurzer Zeit entstanden ist, gelungen ist, die Analyse einer ereignisträchtigen und sehr emotionsgeladenen Situation in eine gelungene Synthese umzusetzen, die dann in einen Gesetzesrahmen gegossen worden ist. Wie alles, was von Menschen gemacht worden ist, ist es unvollkommen. Darüber müssen wir uns jetzt schon im Klaren sein. Es geht darum, dieses Gesetz in der Praxis zu erproben. Und dann wird man sicherlich an einen Punkt kommen, wo man sagen muss: Die Praxis hat uns gelehrt, dass an der einen oder an der anderen Stelle nachgebessert werden muss. Das ist nun einmal so und das ist mit anderen Gesetzen genauso.

Meine Damen und Herren, noch ein Wort zur Praxiserprobung: Es ist in dieser Runde schon sehr viel von Dank in alle möglichen Richtungen und berechtigterweise auch an den Minister gesagt worden. Ich muss daran erinnern - ich habe es bereits in der letzten Sitzung gesagt -, dass der Dank hauptsächlich in die Richtung der Kolleginnen und Kollegen gehen muss, die vor Ort mit diesem Gesetz arbeiten müssen und für die dieses Gesetz eine bessere gesetzliche Grundlage zum Handeln bildet. Dazu gehört auch, dass wir die Berichterstattung - es waren ja Bestrebungen vorhanden, sich für alle möglichen Dinge Berichte liefern zu lassen - über den Maßregelvollzug auf das Maß begrenzen, welches turnusmäßig ohnehin im Rahmen der Aufsichtsbehörde vorgesehen ist. Der Ausschuss hat hier die Möglichkeit, jederzeit sein Informationsbedürfnis zu befriedigen.

Was viel wichtiger ist - darüber lassen Sie uns in Zukunft nachdenken, Herr Minister; es ist vielleicht sogar ein bisschen als Auftrag zu sehen und ich weiß, dass Sie auch mit dem Gedan

ken schwanger gehen -, ist die Frage, inwieweit in der gesamten Bundesrepublik Nachdenken einsetzen muss über die Rolle des Täters, die manchmal durch Ereignisse in den 60er Jahren etwas in ein - ich will sagen - schiefes Licht geraten ist, in dem sie nicht erscheinen sollte.

Wir müssen uns klar dazu bekennen, dass es auch nicht therapierbare Täter gibt. Wir müssen darüber in sehr verantwortungsvoller Weise, aber unmissverständlich nachdenken, auch wenn der Landtag nicht die richtige Ebene ist; denn Ansprechpartner ist der Bund.

Ein Wort an die Justiz sei mir noch gestattet: Die Justiz muss nach meiner Auffassung und nach Auffassung unserer Fraktion den jetzt schon für die Entscheidung gegebenen Spielraum besser ausnutzen. Sie darf sich die Arbeit nicht leicht machen und sie muss lernen - das habe ich schon wiederholt gesagt -, Gutachten, die erstellt worden sind, zu lesen und aufgrund der daraus gewonnenen Erkenntnisse dann einen entsprechenden Richterspruch zu fällen.

Kurz und gut: Der Gesetzentwurf ist bis zu dieser Phase gelungen. Deswegen haben wir keine Schwierigkeiten, ihm zuzustimmen. Ich glaube, es gibt diesbezüglich auch keinen Dissens in diesem Haus. - Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei CDU und SPD)

Wir sind bei der Landesregierung. Herr Minister, bitte sehr.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Innerhalb eines Jahres ist in Brandenburg sehr viel zum Schutz der Bevölkerung vor Sexualstraftätern geschehen. Die Maßnahmen sind bereits in der 1. Lesung benannt worden - deshalb will ich sie nicht noch einmal benennen -, bis hin zu erkennungsdienstlichen Maßnahmen gegenüber den Straftätern.

Nun haben wir das entsprechende Gesetz des Landes geändert, um noch einmal mehr Schutz für die Menschen vor Sexualstraftätern zu erreichen. Dabei wissen wir genau, dass wir uns in einem Spannungsfeld zwischen Therapieanspruch und Sicherheit der Menschen im Lande bewegen.

Wenn wir dieses Gesetz heute verabschiedet haben, dann habe ich sehr vielen zu danken. Ich habe an erster Stelle vor allem der Expertenkommission zu danken, die rückhaltlos alle Schwachstellen aufgedeckt hat, die es im Lande gibt; da gibt es nichts zu vertuschen.