Ich möchte nur an die Opposition appellieren, im Sinne des viel zitierten Rucks, der durch unser Land gehen soll, innovative Projekte mitzugestalten. Sie sollten nicht einen Eiertanz aufführen, wie wir ihn gestern erlebt haben. Man kann nicht sowohl dafür als auch dagegen sein.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Debatte lehrt es uns wieder einmal: Es gibt keinen Königsweg. Dennoch möchte ich betonen, dass es die erste Aufgabe der Bundesanstalt für Arbeit und der regionalen Arbeitsämter ist, arbeitslose Menschen zu vermitteln.
Wenn Sie die Arbeitslosen selbst fragen, dann werden Sie von ihnen hören: Mir ist es ziemlich schnuppe, wer sich die Vermitt
Des Weiteren haben wir ein Missverhältnis, über das wir reden. Die Statistik für den Monat Februar 2002 liegt seit gestern auf dem Tisch. Es ist doch ein Missverhältnis, wenn wir von 252 000, 253 000 arbeitslosen Menschen in unserem Land sprechen müssen, dann aber sagen: Dem stehen 6 000 freie Plätze gegenüber. Wer weiß, welche Bewegung auf dem Arbeitsmarkt vorhanden ist, der weiß auch, dass diese 6 000 Plätze weggehen wie warme Semmeln. Das heißt, auf 42 Arbeitsuchende kommt gerade ein freier Arbeitsplatz.
Wenn wir uns diese Karten gelegt haben, dann können wir, finde ich, über weitere Statistiken reden. Ich gehöre nicht zu denen, die mit einem Mal den Finger heben und sagen, die Bundesanstalt für Arbeit habe alles falsch gemacht. Seit Jahren, ja seit Jahrzehnten, sind die Rahmenbedingungen für die Statistik festgelegt, und niemand hat sie geändert. Man kann sagen: Dank dem Bundesrechnungshof, der darauf hingewiesen hat, dass wir eine klarere Statistik haben wollen. Jetzt muss es eine klarere Vorgabe dafür geben. Aber Herrn Jagoda dafür abzustrafen oder andere in den Arbeitsämtern dafür abstrafen zu wollen - das sage ich unumwunden -, ist der falsche Weg.
Wir sollten darüber nachdenken, wie wir die Angestellten der Arbeitsämter motivieren können, damit sie ihrem Job besser nachkommen. Denn wenn nur ein ganz geringer Teil der Beschäftigten - nämlich 10 % bis 12 % - dafür eingesetzt ist zu vermitteln, dann ist auch in der Vergangenheit, und zwar seit längerem, etwas falsch gemacht worden.
Ich will noch etwas zurechtrücken. In einer großen bebilderten Zeitung hat gestanden: „Alwin Ziel: Statistik okay, Frankfurt (Oder) - Vermittlungsfehlerquote nur 8,4 %.”
Darüber sind wir uns wohl im Klaren, dass wir so etwas nicht klein schreiben wollen, nicht durchgehen lassen wollen. Dennoch muss man wissen, dass die Arbeitsämter eine große Menge anderer Aufgaben erledigt haben. Frau Kollegin Schulz, Sie haben, glaube ich, darauf hingewiesen, welche Aufgaben die Arbeitsämter zusätzlich haben. Ich will auf zwei Probleme hinweisen - eines haben Sie genannt -: die Kindergeldzahlungen.
Das zweite Problem ist die Bekämpfung der Schwarzarbeit. So wichtig das auch ist: Wenn die Arbeitsämter an erster Stelle vermitteln sollen, dann muss das wirklich jemand anders ma
chen. Die Aufgaben der Arbeitsämter gleichen heute einem Bauchladen. Da kann die Politik sich nicht heraushalten. Dass dieser Bauchladen entstanden ist, ist auch der Politik zuzuschreiben, und zwar in allen Jahrzehnten.
Ich will auch auf die Verdienste der Bundesanstalt, unseres Landesarbeitsamtes und der Arbeitsämter im Land Brandenburg hinweisen. Das Bestreben, Arbeitslose immer wieder in den ersten Arbeitsmarkt zu vermitteln - wer die Projekte kennt, der weiß das -, steht an erster Stelle und wir halten das für ganz wichtig. Sich zu engagieren für die Ausbildung, für die Fortbildung und da sehr kreativ zu sein - natürlich gemeinsam mit anderen -, ist eine sehr wichtige Aufgabe, die die Arbeitsämter wahrnehmen werden.
Meine Damen und Herren, solange die Lage so ist, wie sie ist, können wir auf den zweiten Arbeitsmarkt nicht verzichten. Wir können nicht auf Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen verzichten, wir können nicht auf Strukturanpassungsmaßnahmen verzichten.
Wir in den neuen Bundesländern, wir in Brandenburg haben die Langzeitarbeitslosen und wir sollten nicht so dumm sein, uns einreden zu lassen, dass es nur an der Vermittlungsstatistik mangelt.
Denn da kann es ganz schnell geschehen, dass neue Überlegungen angestellt werden, wie - ich höre es schon -: Wir kürzen die Gelder, damit die endlich mal richtig engagiert sind und sich um Arbeitsplätze bemühen. - Wer tagtäglich mit dem Problem umgeht, weiß es anders. All denen, die solche Vorschläge unterbreiten, würde ich zu einer Rundreise durch den Osten raten. Sollen sie sich einmal hierher begeben und sich anschauen, wie es vor Ort aussieht!
Mit dem Zweistufenplan liegen die Vorschläge der Bundesregierung auf dem Tisch. Brandenburg bejaht und unterstützt diese Reformziele der Bundesanstalt. Es geht um mehr Dienstleistung im Wettbewerb, es geht um die Konzentration auf die Kernaufgabe Arbeitsvermittlung, um ein leistungsfähiges, ein kundenorientiertes Unternehmensmanagement.
Das Job-AQTIV-Gesetz - es ist hier mehrfach genannt worden wird sicherlich einen Beitrag zur Besserung der Situation leisten. Wir wissen aber auch, dass das Gesetz nicht das Allheilmittel sein kann. Jedenfalls werden mit dem Job-AQTIV-Gesetz erste Schritte zur Neuorientierung des Vermittlungsgeschäftes getan, wie die Einführung neuer Instrumente wie Profiling und Assessmentverfahren zur Analyse der individuellen Potenziale.
In der Vergangenheit wurde immer auf die Defizite der Arbeitslosen gesehen. Schauen wir doch einmal auf das, was sie können, auf das, was sie mitbringen, auf das, was sie vielleicht noch brauchen, indem wir ihnen über Modulqualifizierung weitere Qualifizierung anbieten.
Es geht auch um den Abschluss einer Eingliederungsvereinbarung. Da sitzen aber zwei am Tisch, die diese Vereinbarung treffen: Der eine, der den Arbeitslosen berät und ihm helfen soll - dafür ist er da und wird er auch gut bezahlt -, und natürlich der andere, der sich auch selbst bemühen muss, wenn beispielsweise Qualifizierungsmodule erforderlich sind, diese Möglichkeit auch wahrzunehmen. Dies sage ich natürlich an die Adresse der Arbeitslosen: dass sie sich auch selbst bemühen müssen. Die meisten tun das sowieso.
Es geht auch um die stärkere Einbeziehung Dritter in die Vermittlungsaktivitäten. Es ist hier von den Rednerinnen und Rednern schon sehr deutlich herausgearbeitet worden, wie man damit umgehen kann. Es wird noch darüber nachgedacht, wie das am besten funktionieren kann. Es gibt eine Arbeitsgruppe des Bundes unter hochkarätiger Leitung, die Vorschläge unterbreiten wird. Auf diese Vorschläge sollten wir warten, aber wir machen uns natürlich auch unsere eigenen Gedanken.
Ich denke, das Vermittlungsgeschäft, so wie es jetzt läuft, braucht die Konkurrenz der privaten Vermittler. Diese Konkurrenz ist in der Vergangenheit nicht voll zur Geltung gekommen. Das muss man auch eindeutig sagen.
Gleichwohl glaube ich, dass die gegenwärtige Krise der Bundesanstalt auch eine Chance in sich birgt, nämlich die Chance, flexibler zu werden, moderner zu werden, kundenorientierter und wettbewerbsorientierter zu werden und damit eine Dienstleistung anzubieten.
Bevor es an allererster Stelle - und wir sollten uns da keine Nebelgranaten um die Ohren werfen lassen - nur noch um das Thema Vermittlungsquote geht, will ich ein anderes Thema aufwerfen, nämlich die Verbleibensquote. Darüber redet kaum jemand. Aber es ist eine sehr wichtige Aussage, wie viel Menschen nach der Vermittlung, beispielsweise ein halbes Jahr danach, noch in Arbeit sind. Das ist eine wichtige Aussage auch für die neuen Bundesländer. Denn ich kann mir sehr gut vorstellen, dass das in den alten Bundesländern viel günstiger aussieht als bei uns, weil bei uns eben noch viel Bewegung vorhanden ist und die Strukturen noch nicht so sind, wie wir sie gern hätten.
Wir arbeiten daran, wir reißen uns ein Bein aus. Die Landesregierung - vorrangig der Wirtschaftsminister - ist permanent unterwegs, um Ansiedlungen im Lande zustande zu bringen. Deshalb zu solchen Diskussionen wie zu Frankfurt (Oder): Ohne Risiko ist das nicht zu machen und wir müssen sehr intensiv prüfen, bevor wir dazu Ja sagen. Aber Sie haben gesehen, dass die Landesregierung sehr wohl rechtzeitig in der Lage ist zu reagieren und zu agieren.
Es gilt auch Hoffnungszeichen für die Menschen zu setzen. Ich sehe ein Hoffnungszeichen in der Steuerreform. Ich sehe ein Hoffnungszeichen im Städteumbauprogramm von Herrn Bodewig. Dazu gehört natürlich auch die Verkehrsinfrastruktur. Aber ich glaube, wir brauchen weitere Hoffnungszeichen gerade für den Osten, für die neuen Bundesländer. Ich lasse mich nicht davon abbringen, das kommunale Infrastrukturprogramm, wel
ches ich vorgeschlagen habe, weiter zu verfolgen und weiterhin große Kraft darauf zu verwenden, es in Gang zu bringen.
Wie sonst wollen wir denn in den neuen Bundesländern etwas erreichen, wenn wir nicht die Kommunen beim Schopfe fassen, die genau wissen, wo die Menschen der Schuh drückt, und die mit uns verbündet Infrastruktur - nicht ABM oder SAM -, auch soziale Infrastruktur vor Ort schaffen? Hier haben wir noch gute Chancen und gute Möglichkeiten, die wir uns nicht entgehen lassen sollten.