Protokoll der Sitzung vom 29.01.2003

Ein zweiter wichtiger Punkt, den ich aus unserem Antrag herausgreifen möchte, betrifft die Angleichung der Wertgrenzen für die beschränkte Ausschreibung zwischen Berlin und Brandenburg. Unsere Regierung hat lange und intensiv mit den Zuständigen in Berlin verhandelt, um eine Absenkung auf das brandenburgische Niveau durchzusetzen - bisher ohne Erfolg.

Nun ist es Zeit, dass wir durch die beschränkte Ausschreibung für unsere brandenburgischen Unternehmen die gleichen Voraussetzungen schaffen, denen sich die Berliner Betriebe gegenübersehen. Ich interpretiere die hierzu getroffenen Aussagen im Bericht so, dass die durch die Landesregierung bereits getroffene Entscheidung zur Erhöhung der Wertgrenzen schnellstmöglich - nachdem wir heute den Bericht zur Kenntnis genommen haben, sage ich: sofort - umgesetzt wird.

Bei der Einrichtung von Nachprüfstellen sind wir gegenüber den ersten Vorstellungen ebenfalls einen großen Schritt vorangekommen. Intensive Gespräche der Koalitionsfraktionen mit den Handwerkskammern haben es ermöglicht, hierzu nach einer gemeinsamen Lösung zu suchen. So können wir uns gegenwärtig vorstellen, dass die erste Anlaufstelle für den Unternehmer eine Kammer ist, die zunächst prüft, wie begründet die Beschwerde ist. Ergeben sich begründete Anhaltspunkte, soll die Beschwerde an den Landrat, das heißt die Kommunalaufsicht, weitergeleitet und dort geprüft werden. Es gilt, über die angedachte Lösung abschließend zu diskutieren und diese den Unternehmern bekannt zu geben.

Wir begrüßen ebenfalls den Vorschlag zum Unternehmer- und Lieferantenverzeichnis. Es ist uns allerdings daran gelegen, dass das Verzeichnis für die Kommunen für verbindlich erklärt wird. Wir gehen davon aus, dass sich der bürokratische Aufwand für die Unternehmen, die sich an öffentlichen Ausschreibungen beteiligen, nur so deutlich reduzieren lässt.

Lassen Sie mich abschließend Folgendes sagen: Die wirtschaftliche Entwicklung der Bundesrepublik insgesamt und auch des Landes Brandenburg lässt sich schwerlich als positiv darstellen. Die Unternehmen wollen von den politisch Verantwortlichen keine schönen und tröstenden Worte hören, sondern sie verlangen, dass vernünftige Rahmenbedingungen gesetzt werden. Unser Antrag ist ein Ansatz dafür, die kleinen und mittelständischen Unternehmen Brandenburgs zu stärken.

Dass wir mit Minister Junghanns einen Wirtschaftsminister gefunden haben, der das Engagement und den Mut aufbringt, auf diesem Gebiet weitere Schritte nach vorn zu gehen, konnte ich in der letzten Woche bei Veranstaltungen mit Unternehmern aus dem Barnim beobachten.

(Beifall des Abgeordneten Homeyer [CDU])

Herr Abgeordneter, kommen Sie bitte zum Schluss Ihres Beitrags!

- Ja. - Die Ehrlichkeit, mit der Sie, Herr Minister, wirtschaftspolitische Aufgaben, aber auch die Hausaufgaben für die Unternehmen selbst deutlich gemacht haben, kommt bei den Unternehmern gut an. Machen Sie weiter so! - Recht herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit, meine Damen und Herren!

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der SPD)

Wir sind am Ende der Rednerliste. Ich schließe die Aussprache. Damit ist der Bericht der Landesregierung in der Drucksache 3/5371 zur Kenntnis genommen worden. - Pardon! Der Minister hat mich darauf hingewiesen, dass er noch eine Antwort schuldig geblieben ist. Dazu erteile ich ihm das Wort. Bitte sehr.

Ich möchte klarstellen, dass die Erhöhung der Wertgrenzen für die freie Vergabe auf 100 000 Euro jetzt nur noch eine Aufgabe des Vollzugs ist. Nachdem sich das Kabinett in der vergangenen Woche damit befasst hat und heute die abschließenden Beratungen über den Bericht stattgefunden haben, geht das in den Vollzug durch die zuständigen Ministerien. Das Finanzministerium ist für die Bauverwaltung und das Innenministerium für die Kommunen zuständig. Das ist also auf dem Wege der Realisierung; es gilt. - Danke schön.

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der SPD)

Damit kann ich den Tagesordnungspunkt schließen.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 13 auf:

Angleichung des aktuellen Rentenwertes Ost an West

Antrag der Fraktion der PDS

Drucksache 3/4500

Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Frauen

Drucksache 3/5154

Ich eröffne die Aussprache mit dem Beitrag der PDS-Fraktion. Für sie spricht die Abgeordnete Birkholz.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Antrag der PDS-Fraktion „Angleichung des aktuellen Rentenwertes Ost an West” ist im Juni letzten Jahres eingebracht worden; im November hat dazu eine Anhörung im Sozialausschuss stattgefunden. Die Anhörung hat - ebenso wie die kürzlich erfolgte Übergabe einer Massenpetition an den Landtag und die Übergabe von 150 000 Unterschriften an den Bundespräsidenten durch die Volkssolidarität - gezeigt, dass bei Rentnerinnen und Rentnern im Osten das Gefühl von Benachteiligung und Ungleichbehandlung unverändert vorhanden ist. Angesichts der Miniangleichungsschritte der letzten vier bis fünf Jahre muss das nicht verwundern.

Es muss auch deshalb nicht verwundern, weil die mit dem Einigungsprozess ursprünglich anvisierte Rentenangleichung bis etwa 1996 nicht eingetreten ist. Es war und ist die Frage, ob man auf diese Situation politisch reagieren will oder ob man sagt: Es ist leider so. Wir müssen auf die Rentenangleichung so lange warten, bis wir die Angleichung der Löhne und Gehälter erreicht haben.

Die PDS hat sich für die Abkopplung der Rentenentwicklung Ost von der Lohn- und Gehaltsentwicklung ausgesprochen. Dabei ist für uns ausschlaggebend, dass es insbesondere um Menschen geht, deren Lebensperspektiven begrenzt sind, die also nicht bis 2017 oder 2030 Zeit haben. Ich erinnere in diesem Zusammenhang an eine Aussage aus dem Jahre 1996, dass mit der SPD eine biologische Lösung nicht zu machen sei.

Zweitens ist für diesen Personenkreis die Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung im Unterschied zu den Menschen in den alten Ländern auch die einzige Einkommensquelle im Alter.

Gewerkschaften, Verbände und Rentenversicherungsträger haben zur Frage der Abkopplung der Renten von der Lohn- und Gehaltsentwicklung sehr unterschiedliche Positionen eingenommen. Ich kann hier auf die differenzierten Argumente nicht im Einzelnen eingehen. Grundsätzlich ist dieser Weg aber gangbar.

Bei der politischen Bewertung muss man sich darüber im Klaren sein, dass es dabei um Umverteilungseffekte zwischen Ost und West sowie zwischen den Generationen geht.

Meine Damen und Herren, in der Anhörung hat insbesondere der DGB auf ein Gerechtigkeitsproblem aufmerksam gemacht. Seit der Überführung der Ostrenten in das SGB VI wird bei der Rentenberechnung für Einkommen, die in der DDR erzielt wurden, eine Hochwertung vorgenommen. Damit werden die Einkommen in den einzelnen Berufs- und Gehaltsgruppen in Ost und West gleichgestellt. Das setzt sich bis heute fort. Dabei wird in keiner Weise berücksichtigt, dass wir es im Osten inzwischen mit einer sehr differenzierten Tariflage zu tun haben. Es gibt Branchen und Unternehmen, die 100 % zahlen, und solche, die knapp über 60 % liegen. Alle kommen aber gleichermaßen in den Genuss der Hochwertung ihrer Einkommen. Gegenwärtig macht dieser Faktor noch etwa 20 % aus. Für den Beschäftigten, der 100 % des Westeinkommens erhält, ist dies eine deutliche Besserstellung.

Der DGB schlägt nun vor, bei 100 % Lohn West auf die Hochwertung zu verzichten und die dadurch frei werdenden Mittel für die allgemeine Angleichung der Ostrenten zu verwenden. Ich halte das für einen sehr diskutablen Vorschlag.

(Beifall bei der PDS)

Da sollten wir uns nicht mit der Argumentation der Rentenversicherer zufrieden geben, dies sei schwierig umzusetzen. Ich meine, wer voller Stolz auf die Überführung eines gesamten Rentensystems in ein anderes verweist, kann auch für technische Schwierigkeiten eine Lösung finden.

Meine Damen und Herren, ich gehe nicht davon aus, dass die Koalitionsfraktionen heute dem Antrag der PDS-Fraktion zustimmen. Das ändert allerdings nichts daran, dass wir vor einem Problem stehen, welches sich leider nicht im Selbstlauf erledigen wird. - Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der PDS)

Ich danke Ihnen, Frau Abgeordnete Birkholz. - Ich gebe das Wort an die Fraktion der SPD. Frau Abgeordnete Konzack, bitte.

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Zum Ihnen vorliegenden Antrag der PDS-Fraktion haben wir im Sozialausschuss eine Anhörung durchgeführt - Frau Birkholz erwähnte es eben -, einerseits, um uns von ausgewiesenen Rentenexperten die Komplexität der Rentenformel erläutern zu lassen, und andererseits, um in die Abwägung dieses emotional bewegenden Themas alle Argumente pro und kontra zur Anpassung des aktuellen Rentenwertes Ost an West einfließen zu lassen. Ich muss sagen: Je mehr erläutert wurde, umso mehr Fragen und Probleme taten sich auf und machten deutlich, welch Schaufensterantrag Ihr Antrag, liebe PDS-Fraktion, so kurz vor der Bundestagswahl im vergangenen Jahr gewesen ist.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, unsere Entscheidung basiert maßgeblich auf einem feinen, aber gewichtigen Unterschied zur PDS. Die Rentenangleichung muss ebenso wie die Lohnangleichung kommen. Dafür haben wir uns eingesetzt und werden es auch weiterhin tun.

Die Kopplung der Renten an die Lohnentwicklung hat gute Gründe. Sie aufzuheben, wie die PDS es fordert, würde bedeuten, die Interessen der heutigen Rentnerinnen und Rentner in Ostdeutschland über die der arbeitenden Menschen in den neuen Bundesländern zu stellen. Ist das vielleicht Generationengerechtigkeit?

Die geforderte Änderung der Rentenformel würde darüber hinaus zu einer weiteren Belastung des Bundeshaushaltes führen - neue Steuern müssten erhoben werden bzw. Umschichtungen wären erforderlich -, die im Endeffekt alle träfen oder - im Falle einer Beitragsfinanzierung - die Lohnnebenkosten weiter in die Höhe trieben.

Lassen Sie mich dies an einigen Zahlen verdeutlichen. Die Kosten für eine kurzfristige Rentenangleichung lägen bei ca.

5,5 Milliarden Euro bzw. beitragsfinanziert bei etwa 0,4 Prozentpunkten. Die Anpassung des Rentenniveaus Ost an West ist mit rund 88 % heute schon viel weiter vorangeschritten als die des Lohnniveaus, das im Schnitt noch unter 80 % liegt.

Des Weiteren würde eine sofortige Rentenangleichung in Bezug auf die Löhne zu einem deutlich höheren Rentenniveau in den neuen gegenüber den alten Bundesländern führen. Eine weitere Folge wäre die geringere Rentenanpassung im Westen. Wie würden diese Fragen der deutsch-deutschen Gerechtigkeit wohl beantwortet?

Was Sie vorschlagen, Frau Birkholz, und was Sie in Ihrer Rede dargestellt haben, hat eigentlich die Komplexität des Themas bewiesen. Sie haben bei der Anhörung auch mitbekommen, dass die Existenz des Rentensystems, das wir in Deutschland haben, durch Ihre Forderung und die von Ihnen vorgeschlagene Änderung völlig infrage gestellt würde.

(Zuruf von der PDS)

Noch einen Punkt möchte ich erwähnen, der mir vor allem in der Anhörung klar wurde. Natürlich ist die hier diskutierte Frage eine direkte Folge der Geschichte der beiden deutschen Staaten bis 1990. Sie hat ihre Ursache in der fundamentalen Gegensätzlichkeit beider Wirtschaftssysteme. Zu der Argumentation des Kollegen von der Volkssolidarität, dass die heutigen Rentner als Berufstätige in der DDR keine Aktien erwerben und keine Altersvorsorge treffen konnten, weshalb eine Änderung des gesamten Rentensystems erfolgen müsse, möchte ich Folgendes sagen: Dass es solche Möglichkeiten in der DDR nicht gegeben hat, gehört zur Geschichte und kann nicht über die Rente aufgearbeitet werden.

Meine Damen und Herren, ich hoffe, Ihnen anhand dieser Argumente deutlich gemacht zu haben, dass der im PDS-Antrag vorgeschlagene Weg zur Anpassung der Ost- an die Westrenten von der Mehrheit dieses hohen Hauses nicht mitgegangen werden sollte. Ich bitte deshalb, der Beschlussempfehlung des Ausschusses zuzustimmen. - Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei der CDU)

Ich danke Ihnen, Frau Abgeordnete Konzack, und gebe der Fraktion der DVU das Wort. Frau Abgeordnete Fechner, bitte.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Fraktion der Deutschen Volksunion wird der Beschlussempfehlung des Ausschusses folgen und den vorliegenden PDS-Antrag ablehnen. Gründe, warum man diesen Antrag ablehnen sollte und muss, wurden heute und auch während der Anhörung genannt. Diese im Einzelnen noch einmal wiederzugeben erspare ich mir und Ihnen. - Ich danke für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der DVU - Unmut bei der PDS )

Ich danke Ihnen, Frau Abgeordnete Fechner. - Ich gebe das Wort an die Landesregierung. Herr Minister Baaske, bitte sehr.

Ich will nur kurz sagen, Frau Birkholz, dass es nach dem DGBAntrag ja nicht so ist, dass der jetzt bei 100 % Stehende und auf 120 % Hochgerechnete nachher 120 % erhält, sondern das wird ja noch einmal verrechnet.