Ich kann verstehen, dass im Zusammenhang mit den Landtagswahlen in den alten Bundesländern jede Partei versucht, sich in Stellung zu bringen. Die Frage, über die wir zu entscheiden haben, lautet: Zukunftsfähigkeit des Landes Brandenburg - Ja oder Nein. Das sage ich Ihnen klar und deutlich. Wenn die Zukunftsfähigkeit gewährleistet werden soll, dann muss ein anderer politischer Dialog als bisher stattfinden.
Bei der gestrigen Anhörung im LEG-Untersuchungsausschuss wurde von Herrn Gräf deutlich gemacht, wie die Zielstellungen der Landesentwicklung bisher umgesetzt worden sind:
Diese Herangehensweise kennzeichnet aus meiner Sicht die Haushaltspolitik dieser Koalition. Die Debatte über einen Haushalt ist auch Gelegenheit, um einen Motivationsschub bei der Umsetzung von politischen Schwerpunkten zu erreichen und Erfahrungen des Strukturumbruchs - darin stimme ich Ihnen zu, Herr Ministerpräsident -, die es im Osten gibt, positiv nutzbar zu machen. Ich sage Ihnen eines: Die Zielstellung ist bereits verfehlt.
In Berlin war es eine CDU/SPD-Koalition, die das Land in eine strukturelle Handlungsunfähigkeit geführt hat, in Brandenburg ist es eine SPD/CDU-Koalition, die auf dem besten Wege dazu ist. Seit 13 Jahren ist es angeblich Ziel, ein modernes Brandenburg zu schaffen. Herr Ministerpräsident, ich habe bereits Regierungserklärungen des Herrn Ministerpräsidenten Stolpe mit ähnlichen Worten, wie Sie sie heute gebraucht haben, in diesem Landtag erlebt.
Die Frage, die wir uns stellen müssen, lautet: Haben wir noch einmal acht Jahre Zeit, um die Konturen eines modernen Brandenburgs tatsächlich erkennen zu können, wie es heute in einem Interview des Ministerpräsidenten heißt?
Im Gegensatz zur SPD-Fraktion hat der Innenminister einen Leitgedanken des Umbaus des Haushaltes deutlich gemacht. Nach seiner Auffassung hat das Anspruchsdenken der Achtundsechziger zu einer Überbelastung der öffentlichen Haushalte geführt. Diese Diskussion führt am Ziel vorbei.
Es wird dabei ausgeblendet, dass zur Wahrnehmung der politischen Verantwortung, einen Umbau des Staates zu erreichen, die Einheit zwischen der Unterstützung von Leistungserbringung und der Akzeptanz von Leistungen in der Gesellschaft genauso gehört wie die Sicherung von nachhaltigem Wachstum und Beschäftigung sowie die Umverteilung der realisierten Produkte. Das Meinungsbild der Landesregierung zum Beispiel zur Nachbesteuerung von Kapitalgesellschaften oder zum Problemkreis einer Vermögensteuer ist nicht erkennbar. Es geht nicht um eine Neiddiskussion, sondern um eine Anpassung von Umverteilungsinstrumenten an die gesellschaftlichen Gegebenheiten, um tatsächlich einen schlanken Staat gestalten zu können.
Meine Damen und Herren, die Haushaltssituation des Landes Brandenburg ist dramatisch. Das ist völlig unbestritten. Wir wissen bereits heute, dass spätestens mit der Steuerschätzung im Mai vieles von dem, was jetzt diskutiert wird, Makulatur sein wird. Wir werden wieder in die Situation kommen, dass globale Minderausgaben, Haushaltskürzungen und inhaltliche Ansätze für das Land Brandenburg als Ganzes infrage gestellt werden. Das halte ich für ein konzeptionsloses Herangehen. Wenn ich weiß, welche Situation mich erwartet, dann kann ich die Haushaltsdebatte nicht so führen, wie sie sich gegenwärtig abspielt. Ich bin der Überzeugung, dass wir bis 2004 tatsächlich ca. 150 Millionen Euro einsparen können.
Weil das Gutachten von Herrn Seitz schon so oft erwähnt worden ist, lassen Sie uns über drei Kernaussagen reden. Erstens: Herr Seitz kommt zu der Schlussfolgerung, kurzfristige Einsparpotenziale seien nicht zu identifizieren.
Drittens: Bevor wir zu Beschlüssen bezüglich des Personalabbaus und anderer Fragen kommen, lassen Sie uns detailliertere Vergleichsuntersuchungen anhand eines Anforderungsprofils, was öffentliche Verwaltung und Institutionen des Landes Brandenburg betrifft, durchführen.
Das alles findet nicht statt. Es wird von einem Stellenabbau in Höhe von 12 700 Beschäftigten ausgegangen. Danach wird heruntergerechnet, wie ein schlanker Staat auszusehen hat.
Wenn das die Art und Weise ist, nach der wir das Land Brandenburg handlungsfähig halten wollen, dann werden wir am Ziel vorbeigehen und nicht zu der gewünschten Situation kommen.
Meine Damen und Herren, bevor wir über weitere Kürzungen und kurzfristige Einsparpotenziale reden, lassen Sie uns über einige Grundverhältnisse in diesem Land nachdenken.
Herr Abgeordneter Christoffers, denken Sie nicht so viel nach, Ihre Redezeit ist bereits abgelaufen.
Lassen Sie mich den Gedanken noch zu Ende führen. Erstens: Bevor Kürzungen im Technologiebereich angekündigt werden, lassen Sie uns erst einmal darüber nachdenken, wie über Eigenkapital eine Stärkung des Fördersystems erreicht werden kann.
Zweitens: Wenn über Kita-Kürzungen gesprochen wird, dann lassen Sie uns zunächst darüber nachdenken, ob die Aufrechterhaltung des Standards nicht die Voraussetzung für Mobilität ist. Es ist doch keine soziale Gnadenleistung, sondern ein wirtschaftlicher Standortfaktor, den wir durchzusetzen haben.
Meine Damen und Herren! Bevor wir über Kürzungen der Kommunalhaushalte nachdenken, lassen Sie uns erst einmal überlegen, welche Entscheidungen zur Stärkung kommunaler Wirtschaftseinheiten bisher nicht gefällt worden sind. Ich denke in diesem Zusammenhang an die Zusammenführung von Haushalts- und Vergaberecht. Ich denke daran, dass kommunale Unternehmen nicht die Möglichkeit haben, auch über die Gemeinde hinaus zu reagieren.
Ich bedanke mich für Ihre Geduld, Herr Präsident, und möchte an dieser Stelle schließen. Ich hoffe, dass wir in eine ehrliche, wahrheitsgemäße und sachliche Debatte einsteigen. Dieses Land hat sie bitter nötig. - Danke schön.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir haben ausgiebig diskutiert. Ich will noch einmal zusammenfassen, wie die Marschrichtung in den nächsten Wochen und Monaten sein wird. Wir hatten bereits ausgeführt, dass in unserem Ministerium und in der Regierung insgesamt seit den Solidarpaktverhandlungen eine strikte Linie verfolgt wird. Wir haben gesagt, die Haushaltsprojektion bis 2019 gibt die Linie vor, wie die Ausgaben gegenüber den Einnahmen verringert werden müssen. Der Handlungsbedarf ist uns schon seit mehr als einem Jahr bekannt. Die Einnahmeeinbrüche kommen hinzu, das heißt, der Handlungsbedarf wird „lediglich” größer.
Wir haben ein Paket zu schnüren, das wie folgt aussehen muss: Erstens geht es darum, den Nachtragshaushalt 2003 mit höchstmöglichen Entlastungen der prioritären Bereiche, die mehrfach genannt worden sind, vorzulegen.
Zweitens ist es notwendig, ein Haushaltssicherungsgesetz als Begleitgesetz zu erarbeiten, damit die Personaleinsparungen, die Verwaltungsmodernisierung und die Verwaltungsstrukturänderungen vonstatten gehen können. Drittens werden wir ein Haushaltsstrukturgesetz verabschieden, in dem die notwendigen gesetzlichen Änderungen verankert sind.
Weiterhin werden wir im März in der Koalition und in der Regierung eine Strategiedebatte führen und darlegen, wie die Haushaltsjahre bis 2007 zu gestalten sind. Wir werden Eckdaten für die einzelnen Ressorts festlegen. Das heißt: Von Planungsund Konzeptionslosigkeit kann nicht die Rede sein.
Deutlich machen möchte ich noch einmal: Wenn wie bei den Ausgaben von 1995 bis 2001 weiterhin ein jährliches Wachstum der konsumtiven Ausgaben vonstatten ginge, dann entstünde eine Deckungslücke in Höhe von jährlich 700 Millionen Euro, und zwar ohne die Steuermindereinnahmen, die wir bereits jetzt zu verzeichnen haben. Der Schuldenstand würde statt auf 15 Milliarden Euro im Jahre 2019 auf 33 Milliarden Euro anwachsen. Die Zinsen betragen schon jetzt 800 Millionen Euro jährlich. Das sage ich, um für die Öffentlichkeit deutlich zu machen, in welchen Dimensionen wir uns bewegen. Wir können lange über die Ursachen forschen, aber das bringt unserem Land im Moment überhaupt keine Punkte.
Ich habe mich lange zurückgehalten, aber dem hohen Ross, auf dem die PDS sitzt, möchte ich etwas die Beine weghauen. Ich habe einige Ihrer Anträge mitgebracht. Sie forderten 20 Millionen DM Zuweisungen zum Landesprogramm „Stadterneuerung“, Deckung aus Nettokrediterhöhungen, 43 Millionen DM für die Förderung von Betriebskosten in Kitas - das war im Jahr 1996, da hatten wir den bisher höchsten Standard der Kita-Ausstattung in der Bundesrepublik Deutschland überhaupt -,
Deckung aus Erhöhung der Schuldenaufnahme, und - das, Herr Christoffers, finde ich bemerkenswert - Sie wollten die Kredit
und haben dafür im Jahr 1996 im Landtag den Vorschlag eingebracht, Schulden in Höhe von 390 Millionen DM zu machen. Sie sind auch erst seit zwei Jahren klüger geworden
und haben gemerkt, dass mit Schuldenaufnahme nicht alles zu regeln ist. Wir sind bereits auf diesem Weg und werden ihn erfolgreich fortsetzen, und zwar für das, was in unserem Land notwendig ist. - Vielen Dank.
Ich danke Ihnen, Frau Ministerin Ziegler. - Das Wort geht noch einmal an die Fraktion der SPD. Ich erteile es dem Abgeordneten Fritsch. Bitte schön.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich erinnere noch einmal daran, dass der Titel dieser Aktuellen Stunde „Notstand oder Panikmache?“ mit einem Fragezeichen endet. Ich gehe davon aus, dass jeder, der hier in diesem Land verantwortlich handelt, es gut mit Brandenburg meint und am Ende dieser Debatte diese Frage klar mit Nein beantworten wird.
Ich habe allerdings auch mit Interesse zur Kenntnis genommen, dass Sie, liebe Kollegen von der PDS, die Begriffe „Notstand“ und „Panikmache“ angreifen, dafür aber ganz unverfroren die Vokabel „Horrorszenario“ benutzen. Das ist interessant und ich will es nicht weiter kommentieren.