Ich eröffne die Aussprache mit dem Beitrag der SPD-Fraktion. Hier steht noch als Redner der Abgeordnete Gemmel, der meines Wissens aus Krankheitsgründen ausgefallen ist. - Herr Abgeordneter Kliesch, Sie haben das Wort.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich kann es kurz machen. Der Antrag liegt vor und ich denke, dass er der Unterstützung aller hier gewiss ist. Dieses Energiewirtschaftsgesetz, das bisher regelte, dass über einen bestimmten Preis nicht gegangen werden darf, ist im Prinzip überfällig bzw. überflüssig, besagt dieser Antrag. Der Wettbewerb der Stromwirtschaft wird demnächst, denke ich, die Preise so regulieren, dass die Tarifkunden ähnlich wie die Großkunden etwas davon haben.
Nichtsdestotrotz gibt es bei diesem Antrag noch einen Punkt, den man mit berücksichtigen sollte, nämlich die Frage, wie die Entwicklung der Stromwirtschaft in den nächsten Jahren aussieht, wie sich die Monopole bilden und welche Preisentwicklung wirklich auf den Tarifkunden zukommt. Inwieweit hat man dann noch die Möglichkeit, regulierend einzugreifen? Hier bitten wir natürlich auch die Landesregierung, initiativ zu werden. um die Kartellbehörden so auszustatten, dass sie auch auf die internationale Entwicklung, insbesondere in Europa, reagieren können.
Wir bitten darum, den Antrag zu unterstützen. aber gleichzeitig fordern wir die Landesregierung auf, im Bundesrat auch diesen Punkt nicht aus den Aueen zu verlieren, denn letztendlich ist alles in der Stromwirtschaft in Bewegung. Wir wissen noch nicht genau, wie der Kunde nun wirklich davon profitiert. - Danke sehr.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Kliesch, es tut mir Leid, so kurz wie Sie kann ich es natürlich nicht machen. Sie wollen die Zustimmung. aber ich gehe davon aus, dass wir die Diskussion im Wirtschaftsausschuss fortführen werden, da ja der Antrag gestellt ist.
Ich wollte es kurz machen. Wenn der Antrag auf direkte Abstimmung steht, muss ich meine Redezeit in Anspruch nehmen.
Meine Damen und Herren von der Koalition, ich hatte Schwierigkeiten bei der Auseinandersetzung mit Ihrem Antrag, schon allein mit dem Antragsgegenstand. Ich habe mir einmal die Bundesratsinitiative des Landes Baden-Württemberg besorgt. Offensichtlich haben Sie vor, nur die Hälfte der Bundesratsinitiative von Baden-Württemberg zu unterstützen, denn die gesamte Initiative lautet:
„Der Bundesrat fordert die Bundesregierung auf, die untergesetzlichen Vorschriften des Energiewirtschaftsgesetzes den Marktbedingungen anzupassen, insbesondere die Genehmigungspflicht für die Tarifstrompreise entsprechend § 12 BTOElt."
Ich glaube, das ist etwas mehr, als nur darüber zu diskutieren: Behalten wir den staatlichen Einfluss auf die entsprechende Preisgestaltung oder nicht? Dazu möchte ich drei Bemerkungen machen.
Erste Bemerkung: § 10 des Energiewirtschaftsgesetzes begründet eine allgemeine Anschluss- und Versorgungspflicht für solche Unternehmen. Dabei besteht der Anspruch auf Versorgung
aus dem Niederspannungs- und Niederdrucknetz zu allgemeinen Tarifen und allgemeinen Bedingungen. Erstere kann laut § 11 des neuen Energiewirtschaftsgesetzes von 1998 das Bundeswirtschaftsministerium - ich zitiere aus dem Gesetzestext „unter Berücksichtigung des Gesetzeszweckes und dieser Tarife von einer Genehmigung abhängig machen". Das Ganze muss durch den Bundesrat abgesegnet werden. Es geht also um die Erfüllung des Gesetzeszweckes.
Ich unterstelle einmal, dass sich der Gesetzgeber bei der ganzen Sache etwas gedacht hat, selbst unter Berücksichtigung des Umstandes, dass damals Rexrodt noch das Sagen hatte. Die allgemeinen Tarife für die Elektrizitätsversorgung sind in der Bundestarifordnung Elektrizität geregelt, die ja in dem Antrag angesprochen wurde. Das heißt mit anderen Worten: Auch im neuen Wirtschaftsgesetz, das bekanntlich die EU-Richtlinie Elektrizität umsetzen soll, bekannt unter „Liberalisierung des Strommarktes", bleibt trotz des zusätzlichen Wettbewerbs bei der Elektrizitätsversorgung von Tarifabnehmern eine besondere staatliche Preisaufsicht zum Schutz der Verbraucher bestehen. Sie ist mit Recht sowohl nach Meinung des Gesetzgebers als auch in Übereinstimmung mit den neuen praktischen Erfahrungen im Wettbewerb um Tarifkunden weiterhin als Gegengewicht zur jedenfalls faktischen Monopolposition der Elektrizitätsversorgungsunternehmen notwendig.
Jedoch hat man, verehrte Kolleginnen und Kollegen, nicht nur die Verhinderun g einer bloßen Kostenverschiebung von umworbenen auf weni ger umworbene Abnehmer im Blick. Hierzu bieten Kosten trägerrechnungen, die auch bisher im Stromtarifgenehmigungsverfahren angewendet wurden, eine geeignete Basis.
Zweitens: Meine Damen und Herren! Die Bundestarifordnung Elektrizität - und diese ist in der Bundestagsinitiative von Baden-Württemberg auch angesprochen - und mit ihr der § 12 greift meiner Auffassung nach bedeutend weiter. Ihre Zielsetzung erfasst neben der Sicherheit und Preisgünstigkeit der Versorgung auch die sparsame und rationelle Stromverwendung sowie die Schonung der natürlichen Ressourcen.
Diese Ziele ergeben sich jetzt unmittelbar aus dem um den Umweltschutz ergänzten Zielkatalog des neuen Energiewirtschaftsgesetzes. Sicherheit, Preisgünstigkeit und Umweltverträglichkeit der Strom- und Gasversorgung sind unverzichtbare und gleichrangige Ziele, zu deren Verwirklichung das Gesetz und die untergesetzlichen Vorschriften im Interesse der Allgemeinheit beitragen sollen.
Meine Damen und Herren! Das neue Energiewirtschaftsgesetz begrenzt die besondere staatliche Aufsicht über die Strom- und Gaswirtschaft auf das Maß, das trotz des zusätzlichen Wettbewerbs im öffentlichen Interesse und im Interesse der Verbraucher unerlässlich ist.
Drittens: Mehr noch, meine Damen und Herren - Brandenburg muss in dieser Legislaturperiode energisch beginnen, seinen Beitrag zur Durchsetzung der internationalen Klimakonvention zu leisten. Die Koalitionsvereinbarung von SPD und CDU in Brandenburg und die Regierungserklärung der Koalition im vergangenen Jahr lassen dafür jedoch leider wenig Hoffnung aufkommen.
Kritikwürdig am neuen Energiewirtschaftsgesetz und den damit verbundenen untergesetzlichen Vorschriften ist weniger die erhalten gebliebene notwendi ge staatliche Eingriffsmöglichkeit als der Fakt, dass das Gesetz die seitens der EU eingeräumten Spielräume für einen ökologischen Umbau der Energiewirtschaft...
... und zur Wahrung kommunaler demokratischer Spielräume in den Wind schlägt und vor allem auf billige Stromversorgung der Sondervertragskunden orientiert. Ich glaube, das sind Punkte, über die wir im Wirtschaftsausschuss weiter diskutieren sollten. - Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Anlass des gemeinsamen Antrages von SPD- und CDU-Fraktion ist eine Bundesratsinitiative des Landes Baden-Württemberg zur Abschaffung der Genehmigungspflicht für Tarifstrompreise, die es nach unserer Auffassung unbedingt zu unterstützen gilt.
Den Ausführungen des Redners der SPD-Fraktion ist nichts hinzuzufügen. Ich bitte Sie nur. unserem Antrag zuzustimmen.
Der Landesregierung wünsche ich, dass der Entschließungsantrag des Landes Baden-Württemberg am 04.02. den Bundesrat erfolgreich passiert. - Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Wir stimmen diesem Antrag und auch der Überweisung in den Ausschuss für Wirtschaft zu. Den Redebeitrag ziehe ich somit zurück.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wenn ich jetzt Herrn Bartsch noch übertreffen wollte, müsste ich sagen: ich
schließe mich seinen Ausführungen an und bitte dem Antrag zuzustimmen. Das Thema ist erledigt. - Aber ganz so einfach ist es nicht.
Wir müssen noch auf einen Punkt hinweisen. Mit dem Gesetz zur Neuregulierung des Energiewirtschaftsrechts ist die Basis für die Liberalisierung des Strommarktes geschaffen. Aber wir müssen realisieren, dass es zwei unterschiedliche Gruppen gibt.
Das eine ist: Im Bereich der Wirtschaft ist der Wettbewerb voll im Gange und hat zu erheblichen Preissenkun gen geführt. Für den Kreis der Kleinverbraucher entwickelt sich der Wettbewerb leider sehr viel langsamer. Deswegen müssen wir schauen, dass wir in diesem Bereich den richtigen Ansatz herstellen.
Deswegen ist es wichtig. deutlich zu machen: Die Netzbetreiber sind mit der Umsetzung befasst; aber solange sie nicht die Umsetzung durchgesetzt haben, ist es zu früh, auf die Tarifpreisaufsicht völlig zu verzichten. denn dafür wäre jetzt nicht der richtige Zeitpunkt.
Aber es gibt eine ganze Reihe von rechtlichen Spielregeln. die dringend aufgehoben werden müssen, weil sie nicht mehr marktkonform sind. Ich denke, der Verbraucherschutz muss weiterhin bleiben. Aber das Wichtigste ist - und deswegen ist es auch richtig, die Initiative von Baden-Württemberg zu unterstützen -, dass die Kleinverbraucher von der Liberalisierung endlich den Vorteil haben, den wir brauchen. - Vielen Dank.
Herr Minister, heißt das, dass das Land Brandenburg am Freitag im Bundesrat genau das, was Sie gerade gesagt haben - dass der Verbraucherschutz und auch der Preisschutz durch eine Tarifaufsicht der Länder erhalten bleiben sollen -, vertreten wird?
Wir vertreten den Standpunkt, dass wir im Moment. solange die Spielregeln nicht eindeutig sind, auf den Verbraucherschutz nicht verzichten können.
In meinem Programm steht die Überweisungsabsicht. So. wie ich Herrn Thiel verstanden habe, wird sie von ihm unterstützt. Deswegen als Erstes die Abstimmung zur Überweisung des Antrages von CDU- und SPD-Fraktion. Wer der Überweisung zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. - Gibt es Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Dann ist die Überweisung mehrheitlich abgelehnt.
Wir stimmen in der Sache ab. Wer dem Antrag in der Sache folgt, möge die Hand aufheben. - Gibt es Gegenstimmen? Stimmenthaltungen? - Damit ist mehrheitlich in der Sache zugestimmt.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! SPD und CDU haben sich im Koalitionsvertra g einer noch stärkeren wirtschaftlichen Entwicklung unseres Landes verschrieben. Dazu gehört sicherlich auch eine realistische Bestandsaufnahme der Instrumente der Wirtschaftsförderung in Brandenburg.