Es gehört zu den tragenden Grundsätzen des Erbschaftsteuerrechts, dass das Erbe umso zurückhaltender besteuert wird, je enger das Band der verwandtschaftlichen Verhältnisse vom Erben zum Erblasser ist. Daran sollte - darüber sind wir uns sicherlich einig - auch nicht gerüttelt werden.
Ferner fordern Sie in Ihrem Antrag, steuerliche Gestaltungsmöglichkeiten zu entbürokratisieren. Das ist, finde ich, widersprüchlich. Gerade steuerliche Gestaltungsmöglichkeiten führen im Ergebnis immer zu Steuersparmodellen. Das zu entbürokratisieren bedeutet auch, steuerliche Gestaltungsmöglichkeiten einfacher handhabbar zu machen, sodass der Betreffende weniger Steuern zahlen muss. Das ist aber genau das Gegenteil von dem, was Sie eigentlich anstreben.
Sie haben aber Recht: Das Bewertungsverfahren muss weiterentwickelt werden. Innerhalb des Bedarfsbewertungsverfahrens besteht eine Disparität in der Bewertung von bebauten und unbebauten Grundstücken im Verhältnis zu ihren Verkehrswerten und zu den erbschaftsteuerlichen Werten von sonstigen Vermögen. Diese Schwachstelle des Bedarfsbewertungsverfahrens gilt es zu beseitigen; da sind wir uns einig. Wir haben in den letzten Jahren dazu auch schon entsprechende Vorarbeiten geleistet. Aber das war niemals mehrheitsfähig und angesichts des Ausgangs der letzten Landtagswahlen in Hessen und Niedersachsen wird sich daran in absehbarer Zeit auch nichts ändern.
Allerdings sind in nächster Zeit Änderungen aus anderen Gründen nicht auszuschließen. Ich verweise hier auf die schon beschriebene Disparität in der Bewertung von bebauten und unbebauten Grundstücken und die Überprivilegierung von Betriebsvermögen, die Gegenstand eines Verfahrens beim Bundesverfassungsgericht ist; Sie hatten das vorhin angesprochen. So hat der Bundesfinanzhof im letzten Jahr in einem bemerkenswerten Beschluss wesentliche Teile des Erbschaft- und Schenkungsteuerrechts wegen Verstoßes gegen den Gleichheitsgrundsatz für verfassungswidrig gehalten und das Bundesverfassungsgericht angerufen. Mit einer Entscheidung - Sie sagten es vorhin - ist noch in diesem Jahr zu rechnen. Dieser Entscheidung sollten wir nicht vorgreifen. Wir sollten die Entscheidung abwarten und erst danach Maßnahmen ergreifen. - Vielen Dank.
Ich danke Ihnen, Frau Ministerin Ziegler. Meine Damen und Herren, wir sind am Ende der Aussprache zu diesem Tagesordnungspunkt. Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag, den Antrag der Fraktion der PDS, Drucksache 3/5531, an den Ausschuss für Haushalt und Finanzen zu überweisen. Wer dem Überweisungsantrag folgt, den bitte ich um sein Handzeichen. Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Damit ist der Überweisungsantrag mehrheitlich abgelehnt worden.
Ich rufe den Antrag in Drucksache 3/5531 zur direkten Abstimmung auf. Wer diesem Antrag seine Zustimmung gibt, den
bitte ich um sein Handzeichen. - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Damit ist der Antrag mehrheitlich abgelehnt worden.
Ich eröffne die Aussprache zu diesem Tagesordnungspunkt mit dem Beitrag der einreichenden Fraktion. Frau Abgeordnete Hesselbarth, Sie haben das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Besteuerung von Veräußerungsgewinnen aus Aktienverkäufen gerät zunehmend in die politische Diskussion. So forderten führende Sozialpolitiker sowohl von SPD als auch von CDU bereits auf dem Höhepunkt des Börsenbooms vor wenigen Jahren eine grundsätzliche Besteuerung der Aktiengewinne.
Der SPD-Sozialexperte Rudolf Dreßler forderte zum Beispiel, dass Spekulationsgewinne wie jedes andere aus Produktion erwirtschaftete Geld versteuert werden müsste, denn es sei ungerecht, wenn Milliardenverdienste durch Aktien steuerfrei blieben.
Der ehemalige stellvertretende CDU-Fraktionsvorsitzende Heiner Geißler ging sogar noch ein Stück weiter und vertrat die Auffassung, dass eine Spekulationssteuer auf internationaler Ebene eingeführt werden müsse und Spekulationsgewinne wie andere Einkommensarten behandelt werden müssten.
Sie sehen also, meine Damen und Herren von den Koalitionsfraktionen, wir befinden uns mit diesem unserem Antrag in bester Gesellschaft.
Welche Schlussfolgerungen zog nun die rot-grüne Bundesregierung aus diesen Vorschlägen ihrer eigenen Koalitionäre? Man erhöhte zwar die Behaltensfristen für Grundstücke auf zehn Jahre und für Aktien auf ein Jahr. Die Angaben zu den Gewinnen aus privaten Veräußerungsgeschäften erfolgten allerdings bisher - realistisch betrachtet - beim Großteil der Kleinanleger nahezu freiwillig. Dies geschah insbesondere aufgrund der zeitlichen Begrenzung von Veräußerungsgeschäften, wie beispielsweise der Beteiligungsrente an Kapitalgesellschaften. Diese Grenzen öffneten nämlich Manipulationen aller Art zulasten des Fiskus geradezu Tür und Tor. Daher ist auch die seitens der Bundesregierung geplante Änderung im Rahmen des Steuervergünstigungsabbaugesetzes zumindest im Ansatz zu begrüßen, da damit - wie auch in unserem Antrag gefordert - die Behaltensfristen gänzlich entfallen sollen.
Aus steuersystematischen Erwägungen ist grundsätzlich jede mit Gewinn erfolgende Veräußerung von Sachen oder Rechten mit Ausnahme von Gegenständen des täglichen Gebrauchs der Einkommensteuer unterworfen und einer der sieben Einkunfts
arten bei Nichtvorhandensein der klassischen Einkommensquellen den „sonstigen Einkünften“ zuzuordnen. Doch die Bundesregierung schüttet - wie so oft - das Kind mit dem Bade aus. Sie will nämlich den Wegfall der Behaltensfristen rückwirkend gelten lassen. Dies lehnen wir als DVU-Fraktion aus Gründen des Vertrauensschutzes für Altanleger mit unserem hier vorliegenden Antrag kategorisch ab.
Um Vertrauensschutz zu gewährleisten und hinreichende Dispositionssicherheit zu ermöglichen, müssen die Behaltensfristen von zehn Jahren für Grundstücke und für andere Vermögensgegenstände, insbesondere Wertpapiere, von einem Jahr grundsätzlich für alle Anschaffungen bis zum 01.01.2004 beibehalten werden. Für alle Veräußerungen nach dem 31.12.2003 sollen dagegen jegliche Behaltensfristen entfallen.
Für Veräußerungen von Wirtschaftsgütern, die vor dem 01.01.2004 angeschafft wurden, sollen darüber hinaus die Behaltensfristen gelten, die bezüglich des Vorliegens von Spekulationseinkünften bzw. von privaten Veräußerungsgeschäften zum Zeitpunkt der Anschaffung des Grundstückes bzw. Wirtschaftsgutes Geltung hatten; somit unter Vermeidung rückwirkender Eingriffsverwaltung.
Steuergesetze mit rückwirkenden Benachteiligungen darf es nach Ansicht unserer DVU-Fraktion nicht geben. Wir schließen uns hier der Auffassung des Präsidenten des Deutschen Steuerberaterverbandes e. V., Jürgen Pinne, an. Er wandte sich auf dem 25. Deutschen Steuerberatertag 2002 mit scharfen Worten gegen diese Rückwirkung.
Angesichts der leeren Staatskassen des Bundes und der Länder soll durch unseren Antrag mit dem Wegfall der Zeit- und Beteiligungsgrenzen bei gleichzeitigem Vertrauensschutz für Altanleger erreicht werden, dass insbesondere bei einer zu erwartenden Erholung der Aktienmärkte die Staatseinnahmen auf diese Weise wieder deutlich zunehmen. Unsoziale und wirtschaftsfeindliche Einschnitte in andere Bereiche des Steuersystems sollen dadurch unterbleiben können. Aus diesen Gründen bitten wir um Zustimmung zu unserem Antrag. Alternativ beantragen wir die Überweisung dieses Antrages an den Ausschuss für Haushalt und Finanzen. - Zunächst bedanke ich mich.
Ich danke Ihnen, Frau Abgeordnete Hesselbarth. - Ich gebe das Wort an den Abgeordneten Homeyer. Er spricht für die CDU und die SPD.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die DVU will mit diesem Antrag bewirken, dass die Landesregierung eine Bundesratsinitiative zur Änderung des Einkommensteuergesetzes - hier: Besteuerung privater Veräußerungsgeschäfte - auf den Weg bringt.
Der Bundestag hat mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen rot-grün das Steuervergünstigungsabbaugesetz, das unter ande
rem die Besteuerung von privaten Veräußerungsgeschäften enthält, am 21. Februar dieses Jahres beschlossen.
Da es sich um ein zustimmungsbedürftiges Gesetz gemäß Artikel 105 unseres Grundgesetzes handelt, wurde das Gesetz zum Abbau von Steuervergünstigungen und Ausnahmeregelungen in den Bundesrat überwiesen. Der Bundesrat wird dieses Gesetz am 14. März 2003 beraten und dann darüber mit Mehrheit beschließen. Wir können uns eine weitere Behandlung hier im Parlament ersparen. Wir lehnen deshalb den Antrag ab. - Ich danke Ihnen.
Ich danke Ihnen, Herr Abgeordneter Homeyer. - Das Wort geht an die Fraktion der PDS, Herrn Abgeordneten Christoffers.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Kollegen von der DVU, Ihre Begründung der Ablehnung der Bundesratsinitiative der PDS ist mit der Begründung der Einreichung Ihrer Bundesratsinitiative wirklich nicht stringent. Ich hätte eine Bitte: Man muss sich schon entscheiden, welche politische Artikulation man zur Begründung von Vorschlägen zu einem ähnlich gelagerten Sachverhalt hier vorbringt.
Zweitens: Die Fraktion der PDS hält eine Bundesratsinitiative zur Veränderung des Einkommensteuergesetzes, die sich auf vier Paragraphen reduziert, nicht für substanziiert und lehnt den Antrag deshalb ab. - Danke schön.
Ich danke dem Abgeordneten Christoffers. - Ich frage die Landesregierung, ob sie Redebedarf hat. - Das ist nicht der Fall. Dann gebe ich das Wort noch einmal an die Fraktion der DVU, Frau Abgeordnete Hesselbarth.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Christoffers, dass die Anträge in irgendeiner Art und Weise gleichlautend sind, wage ich doch zu bezweifeln.
Aber Steuergerechtigkeit muss erreicht werden und darum geht es hier. Diese resultiert nach der absolut herrschenden Meinung aus dem verfassungsrechtlichen Gebot von Artikel 3 des Grundgesetzes.
Das Prinzip der Steuergerechtigkeit soll ebenfalls nach herrschender Meinung im Rahmen der Gleichmäßigkeit der Besteuerung durch das Prinzip der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit erreicht werden. Im Rahmen einer systematischen Betrachtung, inwieweit das Prinzip der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit innerhalb der existierenden Steuerarten
Die deutsche Einkommensteuer knüpft an sieben so genannte Einkunftsarten an, deren Summe nach Abzug von Sonderausgaben und außergewöhnlichen Belastungen im Wesentlichen das zu versteuernde Einkommen als die dem Steuertarif zu unterwerfende Bemessungsgrundlage ergibt. Unter der siebenten Einkunftsart, den sonstigen Einkünften, werden unter anderem alle Einkünfte subsumiert, welche nicht den sechs anderen klassischen Einkunftsarten unterliegen; unter anderem auch die Spekulationseinkünfte oder privaten Veräußerungsgeschäfte. Doch gerade im Bereich der privaten Veräußerungsgeschäfte mit Wertpapieren oder auch mit Immobilien bezeichneten ausgewiesene Experten des Steuerrechts die im Volksmund so bezeichnete Spekulationssteuer völlig zu Recht als „Dummsteuer“.
Dies deshalb, weil seitens der Anleger über die Jahre nur ein Bruchteil der Gewinne überhaupt deklariert wurde und darüber hinaus der Missbrauch in diesen Fällen fast schon zur Tagespraxis gehört. So ist es zum Beispiel derzeit völlig legal, wenn sich Ehegatten Aktienpakete, die aufgrund des derzeitigen Aktientiefs Kursverluste hinnehmen mussten, während der 12Monats-Frist gegenseitig verkaufen, damit das zusammen veranlagte Ehepaar aufgrund des Veräußerungsverlustes im Vorverkaufsjahr Steuern sparen, jedoch nach Ablauf einer weiteren 12-Monats-Frist beim Verkauf des Aktienpakets an Dritte oder auch untereinander im Falle wieder gesteigerter Kurse steuerfreie Gewinne einfahren kann.