Kollege Werner von der CDU hat als damaliger Rechtsausschussvorsitzender auf der Frühjahrstagung des Hauptausschusses des Bundes der Strafvollzugsbediensteten Brandenburg im März 2004 noch erklärt, dass seine Partei, die CDU, eine Orientierung am untersten Level nicht mittragen, sondern weiterhin die Stellenausstattung anhand der Notwendigkeiten der Aufgabenerfüllung einfordern werde. Da war ich mit Kollegen Werner sogar einer Meinung. Es scheint aber, dass ich diese Position jetzt nur noch allein vertrete.
Die Diskussion zur Jugendjustizvollzugsplanung wird also auf der Grundlage einer fachfremden Zielstellung am Thema vorbei geführt. Das wird aber nicht öffentlich zugegeben. Die PDS-Fraktion ist bereit, über weniger Haftplätze im Land zu sprechen. Deshalb ist der Rechtsausschuss im vergangenen Jahr auf Initiative der PDS-Fraktion in Schleswig-Holstein gewesen, dem Bundesland mit dem geringsten Gefangenenaufkommen je 100 000 Einwohner. Würde sich Schleswig-Holstein - so hörten wir dort - Brandenburg als Vorbild nehmen, müsste es eine JVA mit 600 Haftplätzen neu bauen und 300 Bedienstete des AVD mehr einstellen.
Die Forderung nach weniger Haftplätzen verlangt also nach einer Politik der Haftvermeidung und entsprechenden Haftvermeidungskonzepten. Sie verlangt nach einer weiteren Qualitätsentwicklung der sozialen Dienste der Justiz und nach einem entsprechenden Landesresozialisierungsgesetz. Diesbezüglich hat die Landesregierung ihre Hausaufgaben nicht erledigt und deshalb bedarf es jetzt einer tragfähigen neuen und grundsätzlichen Begründung für ihr Justizvollzugskonzept.
Im Detail sind weitere Unstimmigkeiten festzustellen. Auch deshalb haben wir dem Parlament unseren Antrag vorgelegt, die JVA Spremberg mit einer Sonderzuständigkeit für Erstbestrafte mit geringer Freiheitsstrafe und die JVA Duben für Gefangene mit besonderem Sicherungsbedarf vorzusehen.
Sollte in der Anstalt der offene Vollzug dann baulich fertig gestellt sein, werden bisher in Luckau inhaftierte Frauen nach Duben verlegt, für den offenen Vollzug geeignete Frauen könnten in Spremberg untergebracht werden. Aber ich sage Ihnen dazu: Der Frauenvollzug, der nach dem Strafvollzugsgesetz in besonderen Frauenanstalten und mit besonderen Rahmenbedingungen erfolgen muss, passt nicht mit einer Anstaltsprofilierung und Sonderzuständigkeit...
Herr Präsident, ich komme zum Schluss. -... in Duben für Gefangene mit besonderem Sicherungsbedarf zusammen.
Die besondere Lage Sprembergs und die dort vorhandene Struktur stellen ein Übriges dar, über einen integrativen Frauen- und Jugendtätervollzug an diesem Standort nachzudenken, hierzu mit anderen Bundesländern ins Gespräch zu kommen und auf diesem Wege eine Kostenoptimierung zu erzielen. - Ich danke.
Ich schließe die Aussprache und wir kommen zur Abstimmung. Wer dem Antrag der PDS-Fraktion, Drucksache 4/962, „Weiterentwicklung des Justizvollzugskonzeptes für das Land Brandenburg und Erhalt des geschlossenen Vollzuges der JVA Spremberg“ zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Die Gegenprobe! - Enthaltungen? - Damit ist der Antrag abgelehnt. Ich schließe den Tagesordnungspunkt 5.
Dazu liegt Ihnen der Entschließungsantrag der Fraktionen der SPD und der CDU in der Drucksache 4/1023 vor.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren Abgeordnete! Werte Gäste! Es ist keine drei Jahre her, als sich die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Wusterhausener Instituts des Lobes über ihre Arbeit kaum erwehren konnten. Der damalige Minister Birthler sagte:
„Von Ihren Arbeiten auf dem Gebiet der landwirtschaftlichen Nutztiere konnte das Land Brandenburg in hohem Maße partizipieren. Darum bin ich sicher, dass Ihre Forschungsergebnisse auch weiterhin landes-, bundes- und europaweit von sich reden machen. In diesem Sinne wünsche ich Ihnen für Ihre weitere Arbeit am Standort Wusterhausen alles Gute.“
Seit vergangenem Freitag haben die 65 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter die Gewissheit, dass ihre eigene Dienstherrin, die Verbraucherschutzministerin Künast, dazu eine andere Auffassung hat. Die Entscheidung zur Schließung ab 2010 soll Presseberichten zufolge gefallen sein. Bund und Land - böse Zungen behaupten das zumindest - sollen ein Paket geschnürt haben, das andere Forschungsstandorte in Brandenburg berücksichtigt. Der Minister wird diese Gesamtrechnung nachher sicherlich
aufschlüsseln und seine Empfehlung zur Nichtannahme des Antrags der PDS begründen, um dann für den Entschließungsantrag von SPD und CDU zu werben. Ich werde zu diesem Dealantrag später noch Stellung nehmen.
Die Entscheidung zur Schließung des Wusterhausener Instituts lässt sich fachlich nicht begründen und würde für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, für die Kommunal- und Landtagsabgeordneten, ja, für eine ganze Region, einen schweren Strukturverlust darstellen.
Wie Sie wissen, liegt Wusterhausen im strukturschwachen ländlichen Raum. Alternativen für Arbeit und Einkommen sind dort rar. Der Verlust des Instituts - so Bürgermeister Dr. Wollert vor Abgeordneten, Unternehmern und Einwohnern am letzten Montagabend - würde zu einem erheblichen Kaufkraftverlust und zur sinkenden Binnennachfrage in der Großgemeinde führen.
Das Friedrich-Loeffler-Institut in Jena befand sich in einer ähnlichen Situation. Aber die thüringische Landesregierung hat sich für ihren Standort eingesetzt, ja, sie hat es sich etwas kosten lassen. Die Landesregierung Brandenburg lässt sich hingegen vermutlich die Schließung etwas kosten: Die Liegenschaft befindet sich im Eigentum des Landes Brandenburg; der Rückbau oder eine mögliche Nachnutzung auf diesem sensiblen Areal werden mit Sicherheit hohe Kosten verursachen, die dann wieder wir als Land zu tragen haben. Ich hoffe, dass Sie bei Ihrer Paketlösung auch diese Kosten auf der Rechnung haben.
Im Übrigen - das ist der eigentliche Skandal - ist mit der Belegschaft, also mit den unmittelbar Betroffenen, unter anderem mit dem Hauptpersonalrat in Berlin, bis zum heutigen Tag nicht gesprochen worden. Die zugesicherte fachliche Prüfung erfolgte nicht und das ist aus unserer Sicht in höchstem Maß unverantwortlich. Man kann sich des Eindrucks nicht erwehren, dass die Sicherung des fachlichen Know-hows und die sozialen Faktoren bei dieser Entscheidung einfach ignoriert wurden.
Die PDS-Fraktion unterstützt deshalb die 13 Punkte umfassende Forderung des örtlichen Personalrats, die unter anderem eine öffentlich zugängliche Auflistung der fachlichen Argumente für und gegen eine Standortverlagerung auf die Insel Riems zum Inhalt hat.
Dass Infektionskrankheiten bei Nutztieren enorme volkswirtschaftliche Schäden verursachen, ist mit dem Ausbruch der Maul- und Klauenseuche, BSE sowie der Schweine- und Geflügelpest im Laufe der vergangenen Jahre zum Allgemeinwissen geworden. Unter den Bedingungen des globalen Marktes sind die Risiken für die Einschleppung von Infektionserregern deutlich gestiegen.
In der Bundesrepublik Deutschland gibt es nur eine wissenschaftliche Einrichtung, die sich explizit mit dieser Fragestellung in der Tiermedizin beschäftigt, und das ist eben die Einrichtung des Friedrich-Loeffler-Instituts in Wusterhausen als Bundesforschungsinstitut für Tiergesundheit. Politikberatung der Landes- und vor allem der Bundesregierung gehört zu ihren Hauptaufgaben. Hier arbeiten zum Beispiel die Experten, die den Ländern im Tierseuchenfall als Einsatzgruppen bzw. mit ihrer Expertise zur Seite stehen. Seit 1994 hatten sie insgesamt 90 Einsätze. Trotzdem will die zuständige Verbraucherschutzministerin Künast diese Einrichtung um das Jahr 2010
schließen. Sie sagt, sie wolle das Institut nur auf die Insel Riems verlagern; jedoch kommt eine Verlagerung der Schließung sicherlich gleich. Warum?
Erstens: Der Standort Riems ist für dieses Institut denkbar ungeeignet. Nirgends auf der Welt ist ein solches Zentrum auf einer kleinen Insel an der Peripherie eines Landes lokalisiert. Schon die logistischen Anforderungen wie die verkehrstechnisch günstige Lage, schnelle Erreichbarkeit potenzieller Seuchengebietsregionen und die Nähe zu den politischen Entscheidungsträgern werden auf der Insel im Greifswalder Bodden nicht erfüllt.
Zweitens: Es ist mehr als fraglich, ob die Betroffenen zum Umzug auf die Insel bereit sind oder ob sie nicht versuchen, sich ein anderes Tätigkeits- und Wohnumfeld zu suchen. Zwar ist jeder und jede irgendwie ersetzbar, aber für diese Experten ist nicht ohne Weiteres Ersatz zu finden, wie die Resonanz auf die Stellenausschreibungen in den letzten Jahren gezeigt hat. Das beispiellose Tierseuchennachrichtensystem steht und fällt mit den Programmierern, die die Software seit Jahren entwerfen und weiterentwickeln. In Wusterhausen arbeiten überwiegend international geachtete Spezialisten.
Schließlich muss man sich die Frage stellen, ob es der Ministerin Künast überhaupt um eine Verlagerung dieses Instituts geht oder ob sie die Forschung den bundesdeutschen Sparzwängen opfert.
Für das westliche Havelland und das Ruppiner Land hätte die Schließung des Standorts Wusterhausen verheerende Folgen. Es ist die einzige verbliebene Einrichtung im Nordwesten Brandenburgs. Es würde also ein großer Teil der wenigen Arbeitsplätze für Hochqualifizierte verloren gehen. Davon abgesehen wäre es ein Signal eines langsamen, aber überdeutlich sichtbaren Sterbens einer Region.
Da Wusterhausen nicht nur das Institut, sondern nach den Plänen der Landesregierung auch den Status eines Grundzentrums verliert, könnten die Einwohner den Eindruck haben, ein erstes Opfer der Politik der Metropolenregion zu sein.
Auch für die 65 direkt Betroffenen wäre die Schließung trotz eines Arbeitsplatzangebotes auf der Insel Riems verheerend. In Anbetracht der Arbeitsmarktsituation in der hiesigen Region und rund um Greifswald werden viele nur entscheiden können, wer in der Familie arbeitslos wird, diejenigen, die hier bleiben, oder diejenigen, die mitziehen.
In Anbetracht dieser Situation ist die Forderung der Betroffenen nach einer ausschließlich sachlich bezogenen Entscheidung mehr als berechtigt. Diese hat das Bundesministerium zwar zugesagt, sie aber nicht erfüllt.
Das Land Brandenburg hat zumindest aus folgenden Gründen großes Interesse am Erhalt der Wissenschaftseinrichtung Wusterhausen:
Erstens: Für Brandenburg ist die fachliche Expertise der Wusterhausener Wissenschaftler wichtig und unverzichtbar.
Zweitens: Die wenigen Arbeitsplätze im wissenschaftlichen Umfeld in einer Region des äußeren Entwicklungsraumes dürfen nicht verloren gehen.
Fast zeitgleich mit der Nachricht über die Schließungsabsichten des Wusterhausener Instituts erreichte uns die Mitteilung, dass sich Brandenburg um die Ansiedlung weiterer Bundeseinrichtungen in der Mark bemüht. Damit könnten zusätzliche Arbeitsplätze geschaffen werden, teilte Staatskanzleichef Appel mit. Die unabhängige Föderalismuskommission hatte beschlossen, neue Bundeseinrichtungen und Institutionen grundsätzlich in den neuen Ländern anzusiedeln.
Meine Damen und Herren, lassen Sie uns heute durch Annahme unseres Antrages beschließen, gemeinsam alles zu tun, um die bestehende Bundeseinrichtung zu erhalten und das Institut in Wusterhausen nicht zur Verhandlungsmasse für diesen Deal werden zu lassen.
Der Kampf für die Sicherung des Standortes Wusterhausen ist aussichtsreicher als die Hoffnung auf Neuansiedlungen. Der Entschließungsantrag der Koalitionsfraktionen kann für den Standort Wusterhausen folgenschwer werden. Es besteht nämlich die akute Gefahr, dass Wusterhausen bei diesem Deal geopfert wird. Deshalb werden wir Ihrem Antrag nicht zustimmen. Vielen Dank.
Vielen Dank, Herr Görke. - Wir setzen die Debatte mit dem Beitrag der SPD-Fraktion fort. Es spricht der Abgeordnete Folgart.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Antragseinbringer sind sich sehr wohl bewusst, dass das Institut für Epidemiologie am Standort Wusterhausen eine besondere Einrichtung in Deutschland ist. Wir geben dem Fachministerium und auch der Landesregierung mit auf den Weg, dass eine ganze Reihe von guten Gründen für den Erhalt des Standortes Wusterhausen spricht.
Erlauben Sie mir die persönliche Bemerkung, dass das Havelland oder das Ruppiner Land, über das wir sprechen, fast mein Wahlkreis ist. Ich würde mich sehr freuen, wenn wir diesen Standort in Wusterhausen erhalten könnten.
Einige gute Gründe möchte ich nennen, ohne die von Herrn Görke genannten zu wiederholen. Der wissenschaftliche Beirat hat sich im Jahr 2002 für den Erhalt dieser Einrichtung ausgesprochen. Vergleichbare Institute in anderen Staaten sind immer in der Nähe - da hat Herr Görke Recht - der politischen Entscheidungsträger angesiedelt, da Politikberatung ein wesentlicher Bestandteil der Arbeit ist. Die kurzen Wege nach Berlin und Brüssel bzw. die kürzeren Wege zu den Befallstellen als von Riems aus sprechen eindeutig für Wusterhausen. In Wusterhausen findet angewandte Forschung und keine Grundlagenforschung wie auf der Insel Riems statt. Ein landwirtschaftliches und wissenschaftliches Umfeld und natürlich auch der Praxisbezug sind wichtig. Es spricht noch ein Grund für die Nähe zu Berlin: In Berlin gibt es eine Fakultät für Veterinärmedizin, an der Universität Greifswald nicht. Schnell vor Ort zu
sein ist insbesondere bei der Begutachtung von Seuchenverdachtsfällen und auch bei der Prävention wichtig. Im Institut für Epidemiologie der BFAV am Standort Wusterhausen arbeitet eine spezielle Einsatzgruppe. Es könnte auch der Verbraucherschutz leiden.
All das ist auch uns von der SPD-Fraktion durch den Kopf gegangen, als wir Ihren Antrag beraten haben. Wir meinen, dass der Minister den Auftrag zu erfüllen hat, für Brandenburg einzutreten und den Standort Wusterhausen mit der entsprechenden Konsequenz, die ich herauszuarbeiten versucht habe, zu verteidigen.