Protokoll der Sitzung vom 31.08.2005

Deshalb zu den Lösungen:

Erstens treten wir ein - nicht von heute auf morgen - für eine Bundes- und Landesförderung für kapitalschwache kleine Unternehmen, zweitens für ein Länder-Banken-Programm „Zweite Chance“ nach schwedischem und finnischem Vorbild. Da Sie das ja alle kennen, muss ich Sie nicht unterrichten, was das ist.

Drittens müssen Förderinstrumente von der Bürokratisierung befreit werden.

Viertens: Wir fordern, dass die Kofinanzierung für Förderungen auf 25 % reduziert wird, damit sich Kommunen das auch leisten können.

Fünftens: Endlich und endlich steht die Überwindung der Ungleichbehandlung ostdeutscher Bürger auf der Tagesordnung. Das Grundgesetz werden Sie sicher akzeptieren. Das muss verwirklicht werden.

Sechstens: Statt Mehrwertsteuererhöhungen brauchen wir 7 % Mehrwertsteuer im Handwerk, damit sich dort etwas bewegt,

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)

und natürlich eine gerechte Steuerpolitik, die das möglich macht.

Siebentens: Gerade wegen der enormen Mobilität der Brandenburger, die zur Arbeit weit fahren müssen, plädieren wir für eine Erhöhung der Pendlerpauschale auf 40 Cent je Kilometer.

Achtens: Hartz IV muss nach vorn überwunden werden.

Mit den Mitteln für die 1-Euro-Jobs und anderen Fonds sollten endlich versicherungspflichtige und existenzsichernde Arbeitsplätze entstehen. Die Menschen, die arbeiten, haben das Recht, wie Arbeitende behandelt zu werden.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)

Wir brauchen einen Neuansatz in Ostdeutschland, auch in Brandenburg, um die Zukunft zu gestalten. Wir brauchen den Mut zu neuen Lösungen, die den neuen Realitäten entsprechen. Auch wir müssen umdenken, weil es neue Realitäten gibt.

(Schippel [SPD]: Davon merkt man aber nichts! - Weitere Zurufe)

Die beständige Schönrednerei hilft uns nicht weiter. Herr Baaske, wenn Sie die Kritik von links so übel nehmen, dann zitiere ich einmal rechts. Der stellvertretende Ministerpräsident...

(Minister Schönbohm: Von der rechten Mitte, Herr!)

Also von der rechten Mitte.

(Minister Schönbohm: Ich lege Wert darauf, dass hier unterschieden wird!)

Ich lege Wert darauf, dass Sie sich selbst outen und nicht im Zwiegespräch im Plenum.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)

Ich habe nicht rechtsextrem gesagt.

(Zuruf von Minister Schönbohm - Weitere Zurufe)

Ich habe gesagt, rechts von mir, Herr Schönbohm, ich wollte Sie damit nicht kränken, ich will Sie zitieren. - Der stellvertretende Ministerpräsident wird am 16.08. dieses Jahres mit einem Satz zitiert, welcher das Forum Ost der SPD bewertet:

„Es ist ein aufgeblasener, mit heißer Luft gefüllter Luftballon.“

Das ist nach meiner Ansicht übertrieben, aber wer sollte das besser beurteilen können als der Stellvertreter des Ministerpräsidenten, der häufig im und für das Forum Ost agiert?

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)

Meine Damen und Herren, ohne eine ehrliche Bilanz oder Diagnose des wirklichen Zustands im Osten wird es auch im 15. Jahr der Einheit keinen Neuanfang für eine bessere Zukunft geben.

Gestatten Sie mir zum Abschluss einen Wunsch auszusprechen, der sich auf die künftige Entwicklung der politischen Kultur im Land Brandenburg bezieht. Ich wünsche mir einen Landtag, in dem unterschiedliche Meinungen im demokratischen Streit ausgetragen und zu Lösungen geführt werden.

(Schulze [SPD]: Aber, Herr Bisky, Sie haben doch den Brandenburger Weg vor einigen Jahren für beendet er- klärt!)

Für Brandenburgs Zukunft wird entscheidend sein, ob sich die Leute im Land durchsetzen können, die Sachargumenten anderer gegenüber aufgeschlossen sind. - Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)

Meine Damen und Herren, wir sind damit am Ende der von der Linkspartei.PDS-Fraktion im Landtag Brandenburg eingebrachten Aktuellen Stunde. Ich schließe diesen Tagesordnungspunkt und rufe Tagesordnungspunkt 2 auf:

Fragestunde

Drucksache 4/1745

Der Abgeordnete Bischoff beginnt mit der Frage 369 (Steuer- freiheit von Zuschlägen). Bitte.

CDU und CSU haben am 11. Juli 2005 ein Regierungsprogramm für die Jahre 2005 bis 2009 vorgelegt. Darin legen sich die Parteien auf den Abbau der Steuerfreiheit für Sonn-, Feiertags- und Nachtzuschläge nach § 3 b Einkommensteuergesetz über sechs Jahre fest.

Ich frage die Landesregierung: Welche unmittelbaren Auswirkungen, insbesondere auf die Standorte großer brandenburgischer Chemie- und Stahlunternehmen, sind zu erwarten, wenn durch die Versteuerung der Zuschläge gleichzeitig auch die Sozialversicherungsbeiträge und damit die Lohnnebenkosten für Arbeitgeber und Arbeitnehmer steigen?

Es antwortet der Finanzminister.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Auf der Tagesordnung der heutigen und morgigen Landtagssitzung ist eine ganze Zahl von Fragen, wie sich die Landesregierung zu Vorschlägen - jetzt Wahlvorschlägen - und Wahlprogrammen einzelner Wettbewerber im Bundestagswahlkampf verhält. Ich bitte um Verständnis dafür, wenn wir nicht jeden Vorschlag, der momentan im politischen Wettbewerb das Licht der Welt erblickt, kommentieren.

(Vereinzelt Beifall bei der CDU)

Zu der Frage: Natürlich gibt es einen Zusammenhang zwischen Besteuerung von Schichtzuschlägen und Lohnnebenkosten. Insgesamt ist festzustellen: Wenn die Sonn-, Feiertags- und sonstigen Zuschläge besteuert würden, stiegen auch die Lohnnebenkosten und sonstigen Abgaben, sodass eine Belastung der Arbeitgeber die Folge wäre. Dies gälte im doppelten Umfang, wenn - wie vorgeschlagen - die Reduzierung, die sich praktisch die Steuer nähme, danach durch Tarifabschlüsse ausgeglichen würde. Insofern wären alle Branchen betroffen, die verstärkt Schichtarbeit durchführen. Das gilt für das Busunternehmen genauso wie für zum Beispiel die Chemie- und Stahlindustrie. Diesbezüglich ist aus meiner Sicht nicht die Spezifik vorhanden, die Sie jetzt abfragen.

Wenn solche Überlegungen durchgesetzt werden sollten, wird man im gesamten Steuersystem versuchen, deren Auswirkungen abzumindern. Davon gehe ich aus. Gleichwohl - das ist meine persönliche Einschätzung - ist diese Frage, dass man irgendwoher Geld holt, um es anderswohin zu geben und Erleichterungen zu schaffen, ein Vorgang, der mehr Mühe macht, als er im Ergebnis für den Staat sowie das Wirtschaftsunternehmen von Vorteil ist.

Ich sage noch einmal, dass es bezüglich derlei Auswirkungen keine gesicherten Prognosen gibt, und gehe davon aus, dass Erhöhungen von Lohnnebenkosten Gift für die Wirtschaft in Brandenburg sind. Das gilt branchenunabhängig. - Vielen Dank.

(Bochow [SPD]: So viel zum Thema heiße Luft!)

Vielen Dank, Herr Minister. Es gibt Nachfragen. Bitte, Herr Abgeordneter Homeyer.

Herr Minister, da Sie in den Wahlkampf eingestiegen sind, obwohl Sie es vorher anders ankündigten, möchte ich doch ein paar Nachfragen stellen.

Ist Ihnen bekannt, dass die CDU/CSU ein Gesamtkonzept für eine notwendige Steuerreform vorgelegt hat,

(Unruhe bei der SPD)

in dem unter anderem steht, dass jedem Arbeitnehmer zukünftig ein Freibetrag von 8 000 Euro eingeräumt wird? Zuzüglich weiterer Pauschalbeträge bedeutet das für einen Arbeitnehmerhaushalt mit vier Personen 38 200 Euro steuerfrei, spart also Steuern. Bezüglich dieses Gesamtkonzepts, Herr Minister Speer, sind wir der Meinung, dass dann auch die Besteuerung von Nachtzuschlägen entfallen kann, weil unter dem Strich der Arbeitnehmerhaushalt Steuern sparen wird.

Ist Ihnen ferner bekannt, Herr Minister, dass die CDU/CSU in ihrem Konzept plant, die Lohnnebenkosten abzusenken und 2 % weniger an die Arbeitslosenversicherung abzuführen, was wiederum dazu führt, dass Arbeitnehmerhaushalte nettoentlastet werden und dadurch mehr in ihrem Portmonee haben?