Wenn Sie es immer noch für einen Fehler halten, dann frage ich die SPD, warum ihr Spitzenkanditat Steffen Reiche vor zwei Jahren selbst eine Mehrwertsteuererhöhung gefordert hat - das stand in der „FAZ“ -, und zwar nicht 18 %, wie wir es wollen, sondern 20 %. So falsch kann sie offensichtlich nicht sein.
Meine Damen und Herren, ich bin unseren Unternehmern dankbar, dass sie den Mut haben - ich bin auch Frau Fischer dankbar, dass sie das Thema Bürokratie angesprochen hat -, trotz vieler Probleme, trotz vieler Hemmnisse, die ihnen der Staat in den Weg legt, immer noch regelmäßig dagegen anzurennen, ihre Ideen zu verwirklichen und trotz der schwierigen Rahmenbedingungen für die Unternehmen ihre Ideen umzusetzen und Arbeitsplätze zu erhalten bzw. neue zu schaffen. Dafür können wir ihnen dankbar sein.
Wir haben heute viele Beiträge zur Aktuellen Stunde gehört. Eines war allen gemeinsam, die Sorge um die Situation und der Wunsch, dass sich etwas bessert, die Aussage, wir sind noch nicht dort, wohin wir wollen. Wir haben große Probleme. Unser Hauptproblem ist die Arbeitslosigkeit. Diese bedingt die weiteren Probleme: Junge Menschen wandern ab, ein Drittel jeder jungen Generation; die ländlichen Räume entvölkern sich. Deshalb muss sich etwas ändern.
Die zentrale Ursache für die Arbeitslosigkeit ist die wirtschaftliche Entwicklung. Die Ursache ist nicht, dass wir zu wenig ABM-Progamme haben. Die Ursache ist nicht die Angleichung von ALG II Ost - West. Die Ursache ist auch nicht dieses oder jenes im sozialpolitischen Bereich. Die Ursache ist die Stagnation im wirtschaftlichen Bereich, die schlechte wirtschaftliche Entwicklung.
Meine Damen und Herren, wenn wir auf die neuen Länder schauen, dann stellen wir zwei Dinge fest. Erstens: Wir haben beim Aufbau und bei der Angleichung sehr viel erreicht. Wir sind sehr weit gekommen. Das ist gut und darauf können wir stolz sein. Das sollten wir auch immer wieder sagen, damit wir uns nicht selbst dazu verführen, den Kopf hängen zu lassen.
Aber wir müssen - zweitens - auch feststellen, dass wir in verschiedenen Bereichen gravierende Probleme bei der Angleichung an die alten Länder haben. Diese Angleichung ist seit mehreren Jahren nahezu zum Stillstand gekommen. Schauen Sie sich einmal die konkreten Zahlen an. Wir haben bei der Angleichung der Ost-West-Einkommen bis ins Jahr 1998 hinein hohe Angleichungsquoten gehabt. Das ging von 65 % vom Westlohn im Jahr 1990 auf heute etwas über 80 %, 82 %/83 %. Seit 1998 stagniert die Lohnangleichung Ost/West. Es ist kein Fortschritt mehr erkennbar.
Sie können auch andere Bereiche nehmen, zum Beispiel die Zahl der Arbeitsplätze. In den neuen Bundesländern sind innerhalb der letzten fünf Jahre, von 2000 bis heute, fast 14 % der
regulären Jobs verloren gegangen. Fast 14 % der Arbeitsplätze in den neuen Bundesländern sind innerhalb der letzten fünf Jahre weggefallen. Das ist dramatisch.
Ich glaube nicht, dass es fünf nach zwölf ist, wie Frau Fischer sagte, aber ich glaube schon, dass es kurz vor zwölf ist, dass wir umsteuern müssen.
Schauen Sie sich die Entwicklung der Unternehmen in den letzten Jahren an! Wir haben in den alten Bundesländern innerhalb der letzten sechs Jahre Verluste der Unternehmen in Höhe von 2 %. In den neuen Bundesländern betrug die Verlustquote innerhalb der letzten sechs Jahre fast 14 %.
Deshalb sage ich: Wir brauchen zwingend neue Impulse für den Aufbau Ost, für die neuen Bundesländer. Wir brauchen mehr Freiräume von Bürokratie. Mit den bürokratischen Auflagen, mit denen brandenburgische Unternehmen zu kämpfen haben, können wir ein Wirtschaftswachstum, wie wir es brauchen, um Arbeitsplätze zu schaffen, nicht erreichen. Deswegen müssen wir das ändern. Wir liefern unseren Beitrag im Land Brandenburg, aber auch auf der Bundesebene muss mehr passieren. Es ist immer wieder angesprochen worden, immer wieder versprochen worden, am Ende sind in den letzten Jahren mehr Gesetze und mehr Verordnungen dazugekommen. Das geht nicht. Das muss umgekehrt werden.
Wir brauchen auch neue Initiativen für die Langzeitarbeitslosen in den neuen Bundesländern, zum Beispiel was die Lohnkosten betrifft. Wir brauchen Kombilohnmodelle. Für bestimmte Gruppen - wir haben über 100 000 Langzeitarbeitslose in Brandenburg - kann man bei der Leistungsfähigkeit und bei der zu geringen Qualifikation, die viele haben, die Löhne, die praktisch das ALG-II-Niveau als Mindestlohn festlegt, nicht zahlen. Deshalb brauchen wir staatliche Lohnkostenzuschüsse. Kombilohnmodelle sollten getestet und eingeführt werden, sodass auch Langzeitarbeitslose wieder eine Chance haben.
Das wichtigste für Unternehmen ist, dass sie von Kosten entlastet werden. Wir müssen die Lohnzusatzkosten verringern. Mehr als 40 % Lohnzusatzkosten sind nicht tragbar. Auch die Steuerlasten für Unternehmen sind zu hoch. Deutsche Unternehmen haben für jeden gewonnenen Euro fast 40 % Steuerlast. Das ist international nicht wettbewerbsfähig. Diese Steuersätze, 25 % Körperschaftssteuer plus Gewerbesteuer, sind zu hoch. Wir müssen diese Kosten senken. Deswegen muss hier etwas passieren.
Dann geben Sie mir die wenigen Sätze noch, Herr Präsident. Die Modelle, die die PDS vorschlägt, sind Luftschlösser. Sie suggerieren den Menschen, es ginge nur, wenn die Politik das wolle, also will die Politik nicht.
Sie machen keine vernüftigen Vorschläge, wie die Wirtschaft des Landes wirklich vorankommen kann. Was Sie vorschlagen, funktioniert nicht. Dort, wo Sie regieren, machen Sie es auch nicht.
Sie fordern bundesweit kostenfreie Kita-Plätze und in Berlin haben Sie die Gebühren für die Kita gerade angehoben. Sie wollen bundesweit mehr für Behinderte tun und in Berlin haben Sie das Blindengeld gerade in vollem Umfang gestrichen.
Sie sagen den Menschen nicht die Wahrheit, sondern lügen sie an. Sie machen den Menschen Hoffnungen, die Sie niemals erfüllen können und die Sie, wie Sie wissen, auch nicht zu erfüllen brauchen.
Dort, wo Sie regieren, in Mecklenburg-Vorpommern und in Berlin, liegen die Bundesländer nach einer Studie der renommierten Bertelsmann Stiftung an letzter Stelle in Deutschland, und zwar durch Ihren Beitrag.
Deshalb sage ich: Sie sind keine Vertreter ostdeutscher Interessen, sondern Sie sind Vertreter von Interessen von gestern, womit sie gescheitert sind, und zwar genauso wie Ihre beiden Spitzenkandidaten Lafontaine und Gysi.
So viel also zum Ausflug in den Wahlkampf. - Wir sind am Ende der Rednerliste. Die Aktuelle Stunde ist beendet und ich schließe Tagesordnungspunkt 1.
Bevor ich den nächsten Tagesordnungspunkt aufrufe, begrüße ich jetzt Schülerinnen und Schüler einer 10. Klasse des Barnim-Gymnasiums Bernau. Herzlich willkommen! Ich wünsche euch einen interessanten Vormittag.
Es liegen zwei Dringliche Anfragen vor. Wir beginnen mit der Dringlichen Anfrage 20 (Vergütungen für Chipfabrik-Lehrlin- ge) der Abgeordneten Dr. Schröder.
In meiner Frage geht es um die Vergütung für die Lehrlinge der geplanten und gescheiterten Chipfabrik in Frankfurt (Oder).
Aktuelle Presseberichte über Vergütungen für ehemalige und gegenwärtige Communicant-Aufsichtsratsmitglieder enthalten sich widersprechende Aussagen. Zum einen wird behauptet, die Hauptversammlung der Betreibergesellschaft habe bereits beschlossen, die Vergütung für drei Aufsichtsratsmitglieder in sechsstelliger Höhe rückwirkend für die Jahre 2001 bis 2004 auszuzahlen. Zum anderen heißt es, das Land Brandenburg wolle diesen Beschluss noch kippen, weil der Zweck, mit diesen Mitteln Perspektiven für junge Menschen in der Region zu schaffen, noch immer fortbestehe. In einem dritten Beitrag heißt es, dass die betroffenen Aufsichtsratsmitglieder ihre nachträgliche Vergütung bereits bekommen hätten. Nach einem weiteren Bericht habe nach dem Willen des Vorstandes die Hauptversammlung am 31. August dieses Jahres, also gestern, einen endgültigen Beschluss in dieser Angelegenheit fassen sollen.
Ich frage daher die Landesregierung: Wie stellt sich die aktuelle Sach- und Rechtslage in dieser Angelegenheit aus ihrer Sicht dar?
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Gleich einem Pawlowschen Reflex: Communicant in der „MOZ“, „MOZ“ schreibt, Sie, Frau Dr. Esther Schröder, machen eine Dringliche Anfrage.
(Vereinzelt Beifall bei der Linkspartei.PDS - Schippel [SPD]: Es steht Ihnen nicht zu, Fragen zu kommen- tieren!)
- Ich darf das aber einmal so sagen, weil sich der Wirtschaftsausschuss mit diesem Thema in sehr verantwortlicher Weise befasst und weil über Medien hinweg hier etwas produziert wird, womit wir gemeinsam verantwortlich umzugehen haben.