Ich begrüße es sehr, dass die Europäische Union nach dem 11. September erkannt hat, dass die Mitgliedsstaaten auch in dieser Frage enger zusammenarbeiten müssen. Infolgedessen ist der Rahmenbeschluss des Rates der Europäischen Union vom 13. Juni 2002 gefasst worden, auf dessen Grundlage die einzelnen Mitgliedsstaaten der Europäischen Union Regelungen zum europäischen Haftbefehl erlassen sollen.
Die Vorlage eines entsprechenden Gesetzes ist originäre Aufgabe der Bundesregierung; sie ist ihr nachgekommen. Das Ur
teil über die Nichtigkeit des Gesetzes ist gesprochen worden. So etwas ist nicht zum ersten Mal geschehen. Wären wir alle unfehlbar, würde es nie verfassungswidrige Gesetze geben. Wir sind es nun einmal nicht. Deswegen haben wir eine unabhängige Gerichtsbarkeit, die über die Einhaltung des Grundgesetzes zu wachen hat.
Wir brauchen uns aber von Ihnen nicht zum Jagen tragen zu lassen. Am 18. Juli ist das Urteil gesprochen worden. Bereits am 22. Juli ist auf einer Konferenz von Vertretern des Bundesjustizministeriums und der Länderjustizverwaltungen - ein Vertreter der brandenburgischen Justizverwaltung war auch anwesend - das weitere Vorgehen abgesprochen worden. Es ist Aufgabe der Bundesregierung, ein neues Gesetz vorzulegen.
Würde man Ihrem Plan folgen und jetzt eine Abstimmung zwischen den Ländern herbeiführen, um eine Bundesratsinitiative zu starten, verlöre man kostbare Zeit. Die Bundesregierung hat angekündigt, schon innerhalb kurzer Frist einen neuen Gesetzentwurf vorzulegen.
Herr Schuldt, Sie haben gesagt, die DVU würde den Grundrechtsschutz wiederherstellen. Auch dafür benötigen wir Sie nicht. Das Bundesverfassungsgericht hat sein Urteil gesprochen: Das Gesetz ist nichtig. Wir brauchen also Ihre Partei nicht, um das entsprechende Grundrecht zu wahren und das Grundgesetz zu verteidigen. - Vielen Dank.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sie wissen, dass wir uns mit jeder rechtspolitischen Initiative in der Sache hart auseinander setzen; doch den Sinn dieses Antrags der DVU-Fraktion, eine Bundesratsinitiative für ein Gesetz zum Europäischen Haftbefehl zu starten, verstehen wir nicht.
Zunächst zur Sach- und Rechtslage: Das Bundesverfassungsgericht hat im Juli, also erst vor wenigen Wochen, das Bundesgesetz zur Umsetzung des Rahmenbeschlusses über den Europäischen Haftbefehl für nichtig erklärt. Die EU-Kommission hat den Bundesgesetzgeber zusätzlich aufgefordert, so rasch wie möglich ein neues Gesetz zum Europäischen Haftbefehl zu verabschieden.
Adressat beider verpflichtenden Aufforderungen ist der Bundesgesetzgeber, das heißt nach Artikel 77 des Grundgesetzes der Bundestag. Gemäß Artikel 76 Grundgesetz werden Gesetzesvorlagen beim Bundestag durch die Bundesregierung, aus der Mitte des Bundestages oder eben auch durch den Bundesrat eingebracht.
Weshalb soll nun aber, dem Beschwören einer bundespolitischen Staatskrise gleich, die Gesetzesinitiative der DVU-Fraktion alternativlos sein? Weshalb diese Panikmache? Die Fraktion der Linkspartei.PDS ist unbesorgt, dass der Deutsche Bundestag der verfassungsmäßigen Verpflichtung einer verfas
sungsrechtlich nicht mehr zu beanstandenden gesetzlichen Umsetzung europäischer Vorgaben nachkommen wird. Das wird schon eine starke Fraktion der Linkspartei im Bundestag nach dem 18. September garantieren.
Denn wir definieren uns nicht nur pro forma als Bürgerrechtspartei. Nicht nur darin unterscheiden wir uns, aber eben auch darin.
Nein, bei der DVU - jetzt komme ich zu einer Feststellung kann es nur ein Motiv für diesen Antrag geben: eine tief sitzende Abneigung gegenüber der parlamentarischen Demokratie. Das rechtsextreme Misstrauen gegenüber dem Parlament, das ohne Ihr Zutun angeblich zu nichts Vernünftigem imstande ist, treibt Sie zu solchen Anträgen. Aber das ist zu billig und zu durchschaubar. Wir lehnen Ihren Antrag ab.
Vielen Dank, Herr Sarrach. - Ich gehe davon aus, dass die Landesregierung nicht beabsichtigt, von ihrem Rederecht Gebrauch zu machen. - Dem ist so. Damit geht das Wort noch einmal an den Abgeordneten Schuldt von der DVU-Fraktion.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Sarrach, billige Wahlkampfpolemik - man hat von Ihnen nichts anderes erwartet.
Wenn man die Beiträge meiner Vorredner zu diesem ernsten Thema im Kern aufgreift, begibt man sich auf die Ebene verfassungspolitischer Ignoranz. Offensichtlich, Frau Richstein und Herr Sarrach, haben Sie sich nicht die gebotene Mühe gemacht, sich mit der Rechtsprechung dazu intensiv genug auseinander zu setzen.
Fakt bleibt: Die gesetzgeberische Umsetzung von Rot-Grün wird dem Grundgesetz nicht gerecht. Sie verstößt gegen die Auslieferungsfreiheit nach Artikel 16. Die Grundrechtsverletzung liegt darin, dass der betroffene Bürger für nicht ohne weiteres feststellbare Fernwirkungen seines Handelns von anderen Mitgliedsstaaten zur Verantwortung gezogen werden soll und er mit ausgedehnten Strafverfolgungsansprüchen anderer Staaten konfrontiert wird. Der Eingriff wird noch verstärkt, wenn bei uns gar nicht ermittelt oder das Verfahren eingestellt werden kann oder muss.
Der Bundesgesetzgeber hätte eine grundrechtsschonende Umsetzung wählen und die Spielräume der EU-Richtlinie ausschöpfen können, ja müssen. Diese Spielräume existieren. Der Rahmenbeschluss enthält Ausnahmen, die es der Bundesrepublik Deutschland ermöglichen, den Anforderungen des Artikels 16 Grundgesetz Rechnung zu tragen. So erlaubt zum Beispiel Artikel 4 Nr. 7 des Rahmenbeschlusses den Justizbehörden, die Vollstreckung zu verweigern, wenn sich der Haftbefehl auf Straftaten erstreckt, die nach den Rechtsvorschriften des Vollstreckungsmitgliedsstaates ganz oder zum Teil in dessen
Hoheitsgebiet oder an einem gleichgestellten Ort begangen worden sind, oder wenn sich der Haftbefehl auf Straftaten erstreckt, die außerhalb des Ausstellungsmitgliedsstaates begangen wurden und die Rechtsvorschriften des Vollstreckungsmitgliedsstaates die Verfolgung von außerhalb seines Hoheitsgebietes begangenen Straftaten gleicher Art nicht zulassen.
Besonders gravierend ist, dass der Bundesgesetzgeber jeden Rechtsschutz des Betroffenen ausgehebelt hat. Das ist Tatsache, Frau Richstein. Artikel 19 Abs. 4 des Grundgesetzes gewährleistet ein Grundrecht auf effektiven und lückenlosen richterlichen Schutz gegen Akte öffentlicher Gewalt, wenn diese in Rechte der Betroffenen eingreifen.
Diese Verfassungsgarantie, meine Damen und Herren, bedingt den Zugang zu Gerichten, ein förmliches Verfahren und eine verbindliche gerichtliche Entscheidung. Dazu gehört vor allem, dass dem Richter hinreichend formelle und materielle Prüfungsbefugnisse zukommen, damit er einer Rechtsverletzung abhelfen kann. Voraussetzung dafür ist, dass er je nach der Art der zu überprüfenden Maßnahmen auch Gestaltungs-, Ermessens- und Beurteilungsspielräume zur Verfügung hat. Mit dem Weglassen jeglicher Rechtsmittel hat Rot-Grün dem Rechtsstaat einen eklatanten Schlag versetzt, was das Bundesverfassungsgericht zu Recht gerügt hat.
Ich mache keinen Hehl daraus, dass für uns die jetzt vorübergehend gegebene Rechtssituation, dass überhaupt keine Auslieferung stattfindet, die verfassungsrechtlich erträglichste ist. Gleichwohl hat die EU-Kommission bereits einen Rechtssetzungsakt eingefordert und Frau Zypries hat einen solchen sehr zeitnah angekündigt.
Herr Sarrach, meine Damen und Herren, weil wir angesichts der bisherigen Umsetzungspraxis von Rot-Grün verständlicherweise kein allzu großes Vertrauen
in eine verfassungsmäßige, saubere Lösung haben, wollen wir eine entsprechende Hilfestellung für den Bundesrat ermöglichen. Es darf nicht geschehen, dass die Bundesregierung wieder ein Gesetz durchbringt, mit dem deutsche Staatsangehörige leichter an das Ausland ausgeliefert werden können als Nichtstaatsangehörige, die sich auf die Menschenrechtskonvention oder auf den Artikel 16 a des Grundgesetzes berufen können.
Die DVU-Fraktion beantragt die Überweisung des Antrags in Drucksache 4/1758 an den Hauptausschuss zur federführenden Beratung sowie an den Rechtsausschuss. Wer diesem Anliegen Folge leistet, den bitte ich um das Handzeichen. - Gibt es Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Damit ist der Antrag ohne Stimmenthaltungen mit großer Mehrheit abgelehnt worden.
Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag in Drucksache 4/1758 in der Sache. Wer ihm zustimmt, den bitte ich um sein Handzeichen. - Gibt es Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Damit wurde der Antrag ohne Stimmenthaltungen mit großer Mehrheit abgelehnt.
„Studentische Beschäftigte an wissenschaftlichen Einrichtungen sind angemessen zu entlohnen, dürfen nicht als billige Angestellte behandelt werden. Ein Tarifvertrag ist eine Möglichkeit, die Entgelte zu regeln.“
Das waren Zitate, meine Damen und Herren, ersteres von der SPD, letzteres von der CDU. Beide stammen aus den Wahlprüfsteinen der landesweiten Studierendenvertretung, der BrandStuVe. Diese hatte sie vor der Landtagswahl, also vor knapp einem Jahr, an alle Parteien verschickt - bei dem Thema „Studentischer Tarifvertrag“ mit dem eben genannten Ergebnis.
Die SPD steht dem Tarifvertrag - ich zitiere noch einmal „grundsätzlich positiv gegenüber“, Sie von der CDU stehen dem wenigstens noch „grundsätzlich aufgeschlossen“ gegenüber.
Die Gemeinsamkeit bezüglich der studentischen Beschäftigten, meine Damen und Herren von der Koalition, liegt zumindest in der Bewertung der Situation: Studentische Beschäftigte sind unterbezahlt, haben kaum Rechte und werden oft als billige Angestellte behandelt. Sie dienen häufig als Lückenfüller für Arbeiten, die aufgrund der mangelhaften Personalausstattung der Hochschulen anfallen. Es kann nicht sein, dass studentische Beschäftigte Lückenfüller für Arbeiten sind, die zustande kommen, weil das Land den Hochschulen keine bedarfsgerechte Personaldecke finanziert.
Um nicht missverstanden zu werden: Ich begrüße ausdrücklich den Willen und die Bereitschaft junger Studierender, sich über eine Anstellung an einer Hochschule in Lehre und Forschung einzubringen, aber - das ist unsere gemeinsame Forderung dies zu würdigen Konditionen, die eine soziale Absicherung garantieren. Dafür sollten wir gemeinsam parlamentarisch etwas tun.
An den Brandenburger Hochschulen arbeiten allein über 3 000 Studierende. Keine Hochschule, keine wissenschaftliche Einrichtung könnte heutzutage ohne sie reibungslos funktionieren. Trotz ihrer Anzahl und ihrer Bedeutung wird den studentischen Beschäftigten beispielsweise die Teilnahme an Wahlen zum Personalrat verwehrt. Das Brandenburgische Personalvertretungsgesetz, § 90 Abs. 1 Nr. 7, schließt sie explizit aus. Diese Regelung ist damit eine der härtesten im gesamten Bundesgebiet. Selbst in Baden-Württemberg und Bayern, also im so genannten schwarzen Süden, ist es studentischen Beschäftigten erlaubt, den Personalrat zu wählen. Wir regen an, die Regelung in Brandenburg zu ändern.
Was den von SPD, CDU und PDS befürworteten Tarifbetrag und damit die wesentliche Verbesserung von Arbeitsverhältnissen angeht, so gab es da bereits einen Fortschritt. 1999 veranlasste der Europäische Gerichtshof die Streichung des § 3 n) aus dem Bundes-Angestelltentarifvertrag. Diese Streichung trat zum 01.01.2002 bereits in Kraft. Damit mussten alle Hilfskräfte in nicht wissenschaftlichen Tätigkeiten in den BundesAngestelltentarifvertrag eingruppiert werden, so zum Beispiel alle Studierenden, die Verwaltungstätigkeiten ausführen. Leider wird dies von den Hochschulen nur schleppend umgesetzt; daher der erste Punkt in unserem Antrag.