Bereits heute leben in Brandenburg pro Quadratkilometer nur 88 Menschen. Brandenburg hat damit nach Mecklenburg-Vorpommern die geringste Bevölkerungsdichte unter allen Bundesländern. Würde man diese Größe noch um die alljährliche Bevölkerungszunahme im Speckgürtel rund um Berlin bereinigen, käme man auf die Bevölkerungsdichte eines Entwicklungslandes.
Sie brauchen sich also auch nicht wirklich zu wundern, wenn die Steuereinnahmen drastisch sinken werden. Dass gleichzeitig die Sonderbedarfsbundesergänzungszuweisungen von Jahr zu Jahr sinken, um 2020 ganz auszulaufen, und dass nach 2006 die EU-Strukturfondsmittel voraussichtlich rapide gekürzt werden, tut ein Übriges. Dass die Nettokreditaufnahme wieder einmal auf null gesenkt werden soll, diesmal bis 2010, wirkt geradezu rührend naiv. Wollten Sie das nicht bereits Ende 2002 erreichen? Doch Freund Speer wird es schon richten, sagen Sie, Herr Ministerpräsident, und es bleibt alles beim Alten.
Ich frage mich nur, was mit den 8 000 Landesbediensteten, die bis 2009 freigesetzt werden sollen, geschehen und welcher Arbeitsmarkt diese aufnehmen soll. Dass Sie 8 000 Beschäftigte ohne betriebsbedingte Kündigungen loswerden, etwa durch Frühpensionierungen oder Ähnliches, glauben Sie ja wohl selbst nicht. Dass andererseits die Mittel für Versorgungsleistungen bereits heute exponentiell ansteigen, dürften wir spätestens mit Beginn der Haushaltsberatungen 2005 wieder in aller Ausführlichkeit besprechen und von Ihnen hören.
Doch nun zur Bildungspolitik. Schlechte Sprachkenntnisse, überforderte Pädagogen, mangelhafte Lehrpläne, Schulschließungen landauf, landab, so könnte man die Bildungslandschaft
mit PISA im Land Brandenburg 2004 treffend beschreiben. Doch Bildungspolitik ist ja nun Chefsache. Ex-Bildungsminister Reiche wurde von Ihnen politisch in die Wüste - oder demnächst wohl in den Deutschen Bundestag - geschickt, ein neuer Bildungsminister präsentiert und Sie, Herr Ministerpräsident, wollen sich persönlich um Bildung und Forschung in Brandenburg kümmern. Herausgekommen ist die geplante Schaffung einer so genannten Oberschule, welche in Zukunft Real- und Gesamtschule ersetzen soll. Die DDR lässt grüßen.
Sinnvoller wäre es gewesen, etwa wie in Bayern oder BadenWürttemberg, den bundesdeutschen PISA-Siegern, das klassische deutsche Schulsystem, bestehend aus einer vierklassigen Grundschule, danach Hauptschule, Realschule und Gymnasium, wieder einzuführen. Doch ich denke, ein erster Schritt in die richtige Richtung wird es vielleicht. Wir werden uns überraschen lassen. Dabei sollte man jedoch nicht vergessen, dass diese schulstrukturpolitische Maßnahme das eigentliche Problem noch lange nicht löst, nämlich die Defizite, welche die derzeitigen Schulen in Brandenburg fast alle aufweisen, sei es, dass sie zu groß sind und Klassen eine Dimension erreicht haben, in der der Unterricht immer schwieriger wird - schließlich werden ja Lehrer entlassen -, sei es, dass Sie einen Fächerkanon anbieten, der nicht dem Willen der Eltern, sondern aktuellen Moden und kultusbehördlichen Vorstellungen entspricht, während Kernfächer wie Deutsch, Mathematik, Naturwissenschaften oder Geschichte völlig vernachlässigt werden.
Im Kern steht für uns als DVU-Fraktion die Vorstellung, eine Schule als Lebens- und Lernraum zu schaffen, die die Kinder fördert und fordert, sie aber zugleich zu Persönlichkeiten entwickelt.
Ob das allein durch die von Ihnen in Aussicht gestellte größere Selbstständigkeit der Schulen und die von uns von jeher geforderte Wiedereinführung von Kopfnoten ebenso wie durch das Abitur bereits nach zwölf Jahren erreichbar ist, wagen wir zumindest zu bezweifeln.
Bezüglich des Themas bessere Lehreraus- und -fortbildung werden wir Sie auf jeden Fall beim Wort nehmen.
Ausdrücklich begrüßen wir von der DVU-Fraktion die Ankündigung, die Mittel für Bildung, Wissenschaft und Forschung nicht zu kürzen. Gut finden wir auch die in Aussicht gestellten Freiräume für die Hochschulen des Landes. Als kritische Opposition werden wir Sie diesbezüglich in den nächsten fünf Jahren an Ihren Taten messen.
Zum Thema Familie, Frauen, Jugend, Soziales und Gesundheit haben wir Ihrer Rede, Herr Ministerpräsident, nichts entnommen.
An dieser Stelle ein Wort zu Herrn Baaske: Wer stand denn in der Verantwortung, als der Fall Dennis passierte? Das war doch er selbst.
Kein Wort mehr zu Krankenhausinvestitionen, zum Risikostrukturausgleich innerhalb der gesetzlichen Krankenversicherung oder zur Drogenprävention. Auch zu Jugendarbeit nur allgemeine Worte und keine festen Zusagen.
Dazu, wie Sie schließlich die Ausdünnung des äußeren Entwicklungsraums, also der ländlichen Gebiete Brandenburgs, bei ärztlichen Dienstleistungen beseitigen wollen, sagen Sie ebenfalls kein Wort.
Wenn Sie die Arbeitsmarktpolitik den Arbeitsagenturen oder den Kommunen und die Sozial- und Gesundheitspolitik den so genannten Selbstheilungskräften des Markts überlassen wollen, dann frage ich mich, wozu wir eigentlich noch ein Ministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Familie brauchen. Hoffentlich erfüllen Sie wenigstens die sich neuerdings auferlegte Schwerbehindertenquote im öffentlichen Dienst.
Im Bereich der Regionalentwicklung soll - hört, hört! - der Landesentwicklungsplan dem Aspekt des demographischen Wandels angepasst werden. Mit anderen Worten: Man hat sich mit der demographischen Situation, also mit der Ausdünnung ganzer Landstriche, abgefunden. Auf dem flachen Lande, wo es keine Wirtschaft und kaum noch Menschen gibt, braucht man natürlich auch keine Infrastruktur mehr. Deshalb werden hier ja auch keine konkreten Förderzusagen mehr gemacht. Bald werden sich in weiten Landstrichen Brandenburgs die sprichwörtlichen Füchse und Hasen einschließlich der wenigen verbliebenen Rentner und Hartz-IV-Opfer gute Nacht sagen können.
Das Ende der Entwicklung der ländlichen Infrastruktur ist aber auch das Ende des Tourismus. Darüber sollten Sie sich im Klaren sein.
Wohnungsbaupolitik wird seit Jahr und Tag mit der Abrissbirne betrieben. 10 000 Wohnungseinheiten wurden bereits abgerissen und weitere 50 000 sollen es nach dem Willen der Landesregierung bis 2009 werden.
Im Bereich der Verkehrsentwicklung sollen - denn die Kassen sind ja leer - nur noch Projekte in Angriff genommen werden wie Autobahnsanierung oder der Neubau der A 14, die ohnehin vom Bund bezahlt werden. Ansonsten absolute Fehlanzeige.
Anders als vor fünf Jahren soll diesmal sogar bei der Polizei gekürzt werden. Nach Angaben der Gewerkschaft der Polizei in Brandenburg muss nach bisherigem Stand im Bereich der Polizei von einer Streichung von 725 Stellen ausgegangen werden. Der Vorsitzende der Gewerkschaft der Polizei in Brandenburg, Andreas Schuster, erklärte dazu wörtlich:
„Ein weiterer Personalabbau bei der Polizei ist ohne erhebliche Abstriche an der inneren Sicherheit nicht möglich.“
Das kommt eben davon, Herr Innenminister, wenn man die Wahlen verliert und nur dritter Wahlsieger wird.
Sie den derzeit chaotischen Zuständen auf unseren Autobahnen, speziell auf den Abschnitten der A 10 und der A 12, mit weniger Personal begegnen wollen; denn das ist eine echte Herausforderung.
Kommen wir zu den Kommunen. Die seit Jahr und Tag finanziell gebeutelten und von der Landesregierung gegängelten Kommunen des Landes, denen man innerhalb der letzten zwei Jahre trotz Finanzausgleichsgesetz mehr als 300 Millionen Euro an Mitteln zusammengestrichen hat, sollen trotz aller vollmundigen Worte von wegen kommunaler Selbstverwaltung und Ähnlichem weiter ökonomisch stranguliert werden. So wollen Sie die überörtliche Haushaltsprüfung von Kreisen und kreisfreien Städten, die zurzeit dem unabhängigen Landesrechnungshof obliegt, in die Hände der Kommunalaufsicht überführen. Schließlich soll ein umfassender Katalog von Aufgaben erarbeitet werden, die den Landkreisen, den kreisfreien Städten und den kreisangehörigen Gemeinden zusätzlich aufgebürdet werden sollen - und das trotz der heute bereits bestehenden Finanzdefizite.
In einem Punkt jedoch soll nicht gespart werden. Ich meine damit das aufgebauschte Unterfangen „Tolerantes Brandenburg“. Sie haben auf unsere Fragen, wo die Gelder dafür wirklich verblieben sind, bis heute keine konkreten Antworten. Höchstwahrscheinlich handelt es sich auch hier um Versorgungsmentalitäten der SPD, wie wir sie auch bei der LEG erlebt haben, um die Leute, die einen Posten brauchen, in Lohn und Brot zu bekommen. Vielleicht hilft ja auch hier mal ein Untersuchungsausschuss.
Sorgen Sie besser dafür, dass unsere Jugendlichen tatsächlich eine gute Ausbildung und danach eine angemessene Arbeit erhalten. Dort ist das Geld nämlich gut angelegt.
- Schön, Herr Baaske, dass Sie wieder hier sind. - Im Übrigen noch ein Satz zur Toleranz, weil auch Sie dieses Wort so oft in den Mund nehmen.
Sie selbst sind die schlechtesten Vorbilder. Davon konnten sich Tausende von Brandenburgern und Menschen außerhalb unserer Landesgrenzen in der Vergangenheit ein ziemlich genaues Bild machen.
Herr Ministerpräsident, Ihre Regierungserklärung ist nun wahrlich nichts Neues. Im Gegenteil: Ähnlich wie der Koalitionsvertrag ist sie eine Aneinanderreihung von nichts sagen
den Allgemeinplätzen. Sie ist eine Aussicht auf die Landespolitik der nächsten fünf Jahre, in der mangels finanzieller Mittel nichts in Richtung Erneuerung oder Verbesserung geschehen wird. Von wegen „Erneuerung aus eigener Kraft“! - Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.
So weit der Beitrag der DVU-Fraktion. - Wir fahren fort mit dem Beitrag der CDU-Fraktion. Der Abgeordnete Lunacek hat das Wort.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Regierungskoalition beginnt Ihre Arbeit in einer Zeit, in der in Deutschland viel verändert werden muss. Der Arbeitsmarkt wird grundlegend umgestaltet. Die Diskussion hierüber haben wir über den Sommer hinweg geführt, und zwar kontrovers, aber offen. Die sozialen Sicherungssysteme, ob nun Kranken-, Renten- oder Pflegeversicherung, müssen umgebaut werden. Diese Veränderungen sind notwendig, ja unabdingbar.
Ich möchte daran erinnern, dass zurzeit in Deutschland jeden Tag mehr als 1 000 Arbeitsplätze verloren gehen, mehr als 1 000 Arbeitsplätze netto. Wir werden sicherlich alle Mühe haben, diese wieder aufzubauen. Wer sagt, es könne alles so bleiben, wie es sei, der ignoriert die Situation und versündigt sich an denjenigen, die unter den Problemen leiden. Mein Blick richtet sich da insbesondere auf die PDS-Fraktion. Das werden wir ihr nicht durchgehen lassen.
Damit komme ich zu der Parole der DVU-Fraktion: Deutsche Arbeitsplätze für Deutsche. - Der Ausländeranteil in Brandenburg beträgt gerade einmal 2,6 % und die Arbeitslosenquote liegt bei uns bei fast 20 %. Was Sie sagen, ist Irrsinn. Auch das lassen wir nicht durchgehen.