Protokoll der Sitzung vom 28.09.2005

Diese Vorgänge beleuchtet der „Spiegel“ - nicht PDS-nah - in seiner Ausgabe vom 23. Oktober 1995 und stellt sie unter die Überschrift „Zweite große Enteignung - der Bundesrechnungshof wirft Bonn Verschleuderung von Steuergeldern in Milliardenhöhe beim Abwickeln des DDR-Bankensystems vor“.

Für das Versagen der damaligen Bundesregierung sollen jetzt die Kommunen zur Kasse gebeten werden. Die Fraktion der Linkspartei.PDS macht da nicht mit.

Für die Verweigerung unserer Zustimmung zum Gesetzentwurf gibt es einen zweiten Grund. Umfassende Rechtsgutachten und Experten von Wirtschaftsinstituten gelangen immer wieder zu der gleichen Erkenntnis: Es ging bei den Altschulden der DDR in Wirklichkeit um Finanzzuweisungen einer zentralistischen Planwirtschaft, die mit Krediten im marktwirtschaftlichen Sinne nichts gemein hatten. Mit dem Einigungsvertrag wurde jedoch eine passende Konstruktion zusammengebastelt. Was die Kommunen betrifft, so findet man für gesellschaftliche Bauten wie Schulen, Kindereinrichtungen oder Sporthallen keinen einzigen Kreditvertrag, den ein Bürgermeister abgeschlossen hätte. Gläubiger war immer der Staat und Schuldner eine Gemeinde, die - für eine staatliche Aufgabe - als Staatsorgan handelte.

Was die Altschulden auf kommunalem Wohnungsvermögen angeht, so wurden sie den Kommunen unter Androhung von Sanktionen nachträglich aufgenötigt. Mit dem Erlass eines Teils der Schulden im Altschuldenhilfegesetz wurde den Kommunen ein Anerkenntnis schmackhaft gemacht.

Wir haben im Ausschuss in einer ersten Runde darüber diskutiert und das Argument gehört, wir seien in der Pflicht, diese Altschulden anzuerkennen und zu zahlen, weil dies ein Bestandteil des Solidarpakts sei. Wenn Sie wollen, dass wir unseren Beitrag zum Solidarpakt leisten, dann sollten wir es ehrlicher tun und die Transfers in Richtung Osten reduzieren. Mit der Frage des Brutto/Netto-Transfers hätten wir dann kein Problem. Um es mit den Worten des Altbundeskanzlers Kohl zu sagen: Wir wüssten, was hinten rauskommt.

Herr Abgeordneter, ich muss Sie bitten, mit Ihrem Beitrag zu Ende zu kommen.

Ich formuliere meinen letzten Satz, Herr Präsident.

Die im Altschuldengesetz dargestellten Altschulden sind also Pseudoschulden. Es gab sie nicht und es darf sie demnach auch nicht in ihrer Abarbeitung geben. Das Gesetz ist deshalb abzulehnen.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)

Für die Fraktion der SPD spricht die Abgeordnete Melior.

Verehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Theel, ich konnte Ihnen nur schwer folgen. Sie haben über die Darstellung im „Spiegel“ und alles Mögliche berichtet. Wir bleiben bei den Fakten: Es geht um den Erblastentilgungsfonds. Erbschaften sind ja an sich schöne Angelegenheiten.

(Bochow [SPD]: Nicht immer!)

„Erblasten“ klingt schon weniger niedlich. Wir sind leider nicht in der Lage, solch ein Erbe auszuschlagen, sondern wir müssen uns damit auseinander setzen.

Es geht um die Anschlussregelung über die Zuführung der Restzahlungen der Länder an den Erblastentilgungsfonds für die Zeit nach 2004. Sie liegt jetzt vor. Für Brandenburg bedeutet dies in den Jahren 2005 bis 2008 jährlich 26 810 129 Euro. Diese fast 27 Millionen Euro gilt es zu schultern. Ab dem Jahre 2009 auch das sei hier erwähnt - bis zum Jahre 2011 verringert sich diese Summe; dann geht es noch um etwa 1,7 Millionen Euro.

Das Altschuldenregelungsgesetz trifft keine Festlegungen über die aus unserer Sicht erforderliche Beteiligung der kommunalen Ebene. Das und nichts anderes regeln wir mit dem vorliegenden Gesetzentwurf. Hier geht es also um die Anschlussregelung über die Beteiligung der Kommunen an der Refinanzierung des Landesanteils für die Jahre 2004 bis 2011.

Rückblickend sei gesagt: In den Jahren 1997 bis 2004 waren es etwa 27,2 %, die auf der Grundlage der Verbundquote von 1997 - übrigens einvernehmlich mit dem Landkreistag geregelt - von der kommunalen Ebene geschultert wurden. Wir müssen jetzt hier den Anschluss finden. Unstrittig war übrigens auch, dass eine Neuregelung ab 2004 greifen muss.

Wir alle wissen, dass die kommunale Finanzsituation nicht gerade rosig aussieht und es natürlich immer schwierig ist, Lasten gemeinsam zu schultern, aber auch hier gilt: Geteiltes Leid ist halbes Leid. Letzten Endes sind ja auch die Kommunen diejenigen, die damit diese Altschulden loswerden, zum Beispiel für Gesellschaftsbauten. Das hat Herr Theel richtig gesagt.

Das heißt also, dass auf die kommunale Ebene 13,4 Millionen Euro - ich will das in den Einzelzahlen jetzt nicht weiter ausführen - zukommen. Ab 2009 sind es dann etwas über 800 000 Euro pro Jahr, die zu zahlen sind.

Bezieht man die Belastung, die bereits bisher von den Kommunen getragen wurde, ein, so bedeutet das eine zusätzliche Belastung der aktuellen Finanzkraft von 0,2 %. Sie sehen also, meine Damen und Herren, die Größenordnung ist durchaus zu schultern.

Das Land - das regelt das Gesetz in seinen drei Paragraphen verrechnet vierteljährlich die Beträge mit Anteil der Gemeinden an der Einkommensteuer so, wie dann die Gelder ausgereicht werden. Im Jahre 2005 ist das übrigens im III. Quartal schon passiert. Ich habe aus den Kommunen keinen Aufschrei vernommen. Das mag daran liegen, dass die Beträge doch sehr überschaubar sind. Sie haben durch die Nachzahlung bei der Steuerabrechnung 2004 auch mehr Geld erhalten. Im IV. Quartal sollte sich die Summe nicht kumulieren, deshalb die Regelung des Landes bereits ab III. Quartal dieses Jahres.

Ich denke, dass wir hier einen vernünftigen Weg gefunden haben, um bis zum Jahre 2011 aus dieser Altschuldenregelung endgültig heraus zu sein. Wir haben heute Vormittag vom Finanzminister gehört, dass die Belastung des Landes etwa 18 Milliarden Euro beträgt. Da kann uns allen wohl nur klar sein, dass wir hälftig schultern müssen. So sieht das entsprechende Gesetz aus. - Ich bitte um Zustimmung.

(Beifall bei der SPD)

Die Abgeordnete Hesselbarth spricht für die Fraktion der DVU.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wie in der Begründung zum vorliegenden Gesetzentwurf richtig ausgeführt wird, sieht das Altschuldenrefinanzierungsgesetz zwar eine Beteiligung der Gemeinden und Landkreise nach 2004 vor, doch die genannte Verwaltungsvereinbarung trifft hierzu keine Festlegung.

Der vorliegende Gesetzentwurf ist notwendig, um die hälftige Beteiligung der Kommunen an der Refinanzierung des Landesanteils nach dem Altenschuldenregelungsgesetz wie in allen anderen neuen Bundesländern auch festzuschreiben. Es handelt sich hier also um nichts anderes als um die Umsetzung

zwingenden Bundesrechts in Landesrecht. Die DVU-Fraktion wird dem zustimmen. - Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der DVU)

Für die Fraktion der CDU spricht die Abgeordnete Funck. Bitte.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kollegen! Inhaltlich ist schon eine ganze Menge dazu gesagt worden, dass wir hier Bundesrecht in Landesrecht umsetzen wollen und müssen. Es geht um die Anschlussregelung des Altschuldenregelungsgesetzes.

Ich würde gern noch einige Worte zu dem sagen, was der Kollege von der Fraktion der Linkspartei.PDS hier deutlich zu machen versucht hat.

Für mich hat das schon ein Stück weit mit Geschichtsverdrehung zu tun. Es gibt in der Wirtschaft den Fakt: Wenn ich Schulden mache, muss ich sie auch zurückzahlen. Dass die DDR aufgehört hat, zu existieren, ist ein Segen für uns, und dass damit natürlich auch Verbindlichkeiten zusammenhängen, das, was man heutzutage als Schulden bezeichnet, ist völlig klar. Gesagt wurde, dass es um gesellschaftliche Einrichtungen ging, die damals in der DDR mit ihrem zentralistischen System finanziert wurden. Herr Theel, ich glaube, es war auch einer Ihrer Hauptkritikpunkte, dass Gemeinden belastet werden, die vorher keine Schulden hatten. Es ist nicht wie heute, dass man in den Gemeinden eine kommunale Selbstverwaltung hat. Diese hatten wir zu DDR-Zeiten nicht, sondern hatten ein zentralistisches System, eine zentralistische Planwirtschaft. Deshalb sind für die DDR allgemein Schulden aufgenommen worden, die natürlich getilgt werden müssen.

Um es deutlich zu machen: 1997 hat man eine neue Verwaltungsvereinbarung, eine neue Rahmenvereinbarung getroffen, wonach sich auch der Bund an der Tilgung dieser Schulden beteiligt, um es ganz deutlich zu sagen. Ich glaube nicht, dass man, nachdem die DDR in einer Größenordnung gegen die Wand gefahren wurde, erwarten kann, dass jetzt sämtliche Schulden, die daraus noch erwachsen, der gesamten Bundesrepublik übergeholfen werden. Ich denke aber, dass der Bund einen großen Anteil daran leisten wird, dass wir das hinbekommen.

Die Schulden, die zu DDR-Zeiten aufgenommen wurden - für Schulen, für Kitas usw. -, sind das eine. Schade ist aber, dass für notwendige Erhaltungsmaßnahmen schlichtweg das Geld nicht mehr da war. Deshalb haben wir in den Gemeinden das Problem, dort Substanz zu haben, die nicht mehr entsprechend genutzt werden kann. Sie muss mittels weiterer Schulden, weiterer Investitionen erst einmal rekonstruiert, sozusagen bewohnbar gemacht werden. Aber auch diese Kredite - Schulden - müssen in Zukunft zurückgezahlt werden. Meine Kollegin von der SPD hat es schon gesagt.

Ich glaube, die Rahmenvereinbarungen, die mit dem Bund getroffen wurden, sind akzeptabel. Ab 2009 sind es insgesamt noch 1,7 Millionen Euro hälftig für Land und Kommunen. Ich glaube, es wäre für das Land nicht schulterbar, das komplett zu

übernehmen; das tut auch kein anderes Bundesland. Insofern werden wir dem Antrag selbstverständlich zustimmen, weil es Usus in allen neuen Bundesländern ist, das hälftig zu tun.

Es ist bereits gesagt worden, dass es schon für dieses Jahr gilt. Die Gemeinden haben auch keinen Widerspruch erhoben. Was sein muss, muss sein, so schmerzlich es auch ist. Ich halte es mit der kaufmännischen Regel: Wenn ich mir Geld borge, muss ich es auch zurückzahlen. - Danke.

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der SPD)

Für die Landesregierung spricht der Finanzminister. Bitte schön.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Abgeordneter Theel, wenn es bei der Abwicklung der Wirtschaft der DDR oder bei dem, was an Wirtschaft noch vorhanden war, Transformationsschwierigkeiten gab, die allein daraus resultieren, dass die Systeme unterschiedlich waren, so will ich Ihnen zustimmen. Aber Sie müssen auch die Realität sehen, dass die DDR ihre außenwirtschaftliche Bonität dadurch darzustellen versucht hat, dass sie Dinge in die Bücher geschrieben hat, die als Realwert nicht vorhanden waren. Es war die DDR, die Milliardenkredite an harter D-Mark aufgenommen hat - auch noch bis zum Schluss ihrer Existenz.

Sie werden sich auch noch daran erinnern, dass man im Vorfeld bis kurz vor der Währungsunion aufgrund des Schwarzmarktkurses zwischen DDR-Mark und harter Mark für eine EisenMark bis zu 20 Alu-Mark hinlegen musste - um einmal das Verhältnis darzustellen, welche Werthaltigkeit hinter den vermuteten Werten real vorhanden war. Das ist im Rückblick wohl auch allen bewusst.

Bei dem vorliegenden Gesetz geht es nicht darum, die philosophische Frage der Abwicklung der DDR und der Umwandlung von Verbindlichkeiten zu klären, sondern darum, die Beteiligung der Kommunen an den von der Mehrheit anerkannten Lasten für das Land Brandenburg zu regeln. Dies ist in Brandenburg wie in allen anderen ostdeutschen Ländern inklusive der Länder, wo Sie die Regierung mit stellen, nur per Gesetz regelbar. Wir halten eine solche Lastenteilung für gerecht und sachvernünftig. Deswegen bedanke ich mich auch, dass die Koalitionsfraktionen im Ausschuss diesen Vorschlag der Landesregierung unterstützten. - Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Ich beende damit die Aussprache und wir kommen zur Abstimmung.

Zur Abstimmung liegt die Beschlussempfehlung in Drucksache 4/1800, Zweites Altschuldenrefinanzierungsgesetz, vor. Wer der Beschlussempfehlung zustimmen möchte, den bitte ich um sein Handzeichen. - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Damit ist dem Gesetzentwurf mehrheitlich zugestimmt und das Gesetz in 2. Lesung verabschiedet. Ich bedanke mich.

Ich schließe Tagesordnungspunkt 3 und wir kommen zu Tagesordnungspunkt 4:

Gesetz zur Anpassung des Schlichtungsrechts im Land Brandenburg

Gesetzentwurf der Landesregierung

Drucksache 4/1901

1. Lesung

Es wurde vereinbart, keine Debatte zu führen. Wir kommen damit zur Abstimmung.