- Natürlich haben Sie das gesagt. Sie haben doch alles schlechtgeredet, was in den letzten Jahren hier passiert ist.
(Frau Kaiser [Die Linkspartei.PDS]: Das habe ich nicht! Ich kann Ihnen mein Manuskript zum Nachlesen geben!)
Schauen Sie sich einmal die Arbeitslosenstatistik dieses Jahres an! Wir hatten im November dieses Jahres eine Arbeitslosenquote von 16,5 %. Im Vorjahr lagen wir bei 17,8 %; das waren 1,3 % mehr.
Im Laufe dieses Jahres sind zudem noch etwa 50 000 Sozialhilfeempfänger in die Statistik aufgenommen worden. Das bitte ich dabei doch einfach einmal zu berücksichtigen. Das heißt, es geht jetzt doch voran im Land, und wir lassen uns das von Ihnen nicht zerreden.
Unsere Förderstrategie „Stärken stärken“ hängt die dünner besiedelten Regionen und den ländlichen Raum keinesfalls ab. Das ist Blödsinn. So sind die ausgewählten Zukunftsbranchen unter anderem ja auch im ländlichen Raum angesiedelt. Matthias Platzeck hat das bereits eindrucksvoll beschrieben. Ich erinnere nur an die Landwirtschaft, die Ernährungswirtschaft und die Energiewirtschaft. Das sind Bereiche, deren Aktivitäten durchaus auch weit weg von Berlin stattfinden, und zwar, wie ich glaube, sehr erfolgreich.
Die 16 Zukunftsbranchen - von der Biotechnologie bis zur Papiertechnik - zeugen doch gerade vom Facettenreichtum der Brandenburger Wirtschaft, und regionale Wachstumskerne werden auch fernab von Berlin ausgewiesen. Ich erinnere hier nur an den Wachstumskern Westlausitz im tiefsten Süden des Landes. Wer wie die Linkspartei.PDS behauptet, durch unsere Förderstrategie entwickelten sich bestimmte Regionen - wie es heißt - „auf Kosten der anderen“, der hat das Prinzip einfach nicht verstanden. Es ist doch klar und wird von Wirtschaftsfachleuten auch nicht in Abrede gestellt, dass diese Zentren weit in die Peripherie hineinwirken. Das heißt also, auch die Peripherie wird direkt von dieser Zentrumsstruktur profitieren, sie wird auch davon ernährt werden. Die abgelegenen Regionen Brandenburgs werden also auch davon direkt profitieren.
Was mich aber am meisten stört - Kollege Lunacek hat das vorhin schon einmal in anderer Art und Weise gesagt -, ist, Frau Kaiser, die Angstmacherei, die Entmutigung und die Demotivation, die Sie in unserem Land betreiben. Ich weiß nicht, ob Opposition so sein muss.
Im Großen und Ganzen, glaube ich, kann Opposition durchaus konstruktiver sein. Wer daherkommt und die Abwanderung und Binnenwanderung, aber auch die Haushaltssituation und die Arbeitslosenstatistik hier leugnet, der ist nicht fair. Das kann nicht in Ordnung sein. Wenn Sie sich dabei als „links“ bezeichnen, behaupte ich: Sie sind nicht links, sondern Sie sind stockkonservativ, weil Sie auf dem beharren, was ist, und das sehr sturköpfig.
„Mit dem Gesicht zu den Menschen“. Die Politik kann Erneuerungsprozesse nicht über die Köpfe der Menschen hinweg von oben verordnen. Nur gemeinsam mit den Bürgerinnen und Bürgern, mit Initiativen, Verbänden, mit der Unternehmerschaft, mit den Bürgermeistern, mit den Gemeindevertretern können wir erfolgreich sein.
Bei unserer Förderstrategie handelt es sich um einen gemeinsamen Prozess, einen Prozess, der jetzt erst richtig beginnt. Zu diesem Prozess gehört, dass die beteiligten Akteure die neue Förderpolitik überhaupt verstehen.
Darum müssen wir auch vor Ort den Menschen erklären, warum wir was wie genau machen und erreichen wollen. Besonders die Abgeordneten dieses Hauses sind dabei gefragt, genau diese Aufklärungsarbeit im Einzelnen zu leisten. Das als Erstes.
Zu diesem Prozess gehört zweitens, dass die regionalen Wachstumskerne hart weiterarbeiten. Dazu müssen alle Akteure der jeweiligen Wachstumskerne verstärkt miteinander ins Gespräch kommen: Vertreter der Ortschaften, der Städteverbünde, Unternehmer und Initiativen. Die Wachstumskerne müssen ihre Eigenpotenziale stärker mobilisieren, beispielsweise auch eigene Finanzmittel stärker bündeln.
Diese lokalen Kommunikationsprozesse, für die wir auch Anreize schaffen wollen, sind äußerst wichtig für diese Regionen. Ich rufe die betreffenden Abgeordneten dazu auf, diese Prozesse tatkräftig zu unterstützen.
Auch für jene Regionen, die keine regionalen Wachstumskerne geworden sind - Frau Kaiser, Sie haben vorhin danach gefragt geht natürlich die Arbeit weiter; denn „Prozess“ bedeutet - drittens -, wie ich es jedenfalls verstanden habe, dass die Wachstumskerne und Branchen nicht für immer und ewig festgelegt sind.
„Prozess“ bedeutet „offener Prozess“. Wirtschaft ist doch nichts Statisches, sondern etwas wunderbar Dynamisches. Also muss auch die Politik entsprechend dynamisch sein und handeln.
So habe ich auch verstanden, dass Regionen aus dieser Konzeption wieder herausfallen können, wenn wir feststellen, dass dort nichts passiert. Natürlich muss das so sein. Dafür können andere Regionen zu Wachstumskernen werden, wenn wir merken, dass dort ein Prozess stattfindet, der von uns unterstützt werden muss. Selbstverständlich ist das so:
Anstrengung lohnt sich. Ich finde zum Beispiel auch, Frau Kaiser, dass die Region Teltow/Stahnsdorf/Kleinmachnow große Potenziale hat, und ich glaube auch, dass wir, wenn die Bürgermeister in den nächsten Jahren dort noch intensiver zusammenarbeiten werden, über diese Region noch einmal anders nachdenken müssen. Natürlich glaube ich das. Aber der
Anreiz ist jetzt erst einmal: Steckt eure Köpfe zusammen, versucht jetzt, unter den gegebenen Bedingungen, möglichst viel zusammen zu machen. Und dann werden wir neu darüber befinden.
Neben den regionalen Wachstumskernen werden wir auch die Branchen noch einmal evaluieren müssen, und ich meine, dass wir das durchaus schon im übernächsten Jahr, zumindest Ende des übernächsten Jahres, tun sollten.
Viertens bedeutet „Prozess“ aber auch, dass die Politik - ich sagte es schon - ihre Strategie immer wieder überdenken und verbessern muss. Beispielsweise gibt es gute Argumente dafür, zu sagen, dass wir die Interaktionsprozesse, die Kommunikation, nicht nur innerhalb der Branchen, sondern auch über die Branchengrenzen hinweg führen müssen. Natürlich muss das stattfinden, und ich glaube, dass man so auch kreative Prozesse in Gang setzen kann.
Fünftens - und nicht zuletzt - werden wir auch weiterhin über eine zusätzliche Förderung der berlinnahen Regionen nachdenken. Matthias Platzeck hat in seiner Rede Brandenburg als Land der Bewegung bezeichnet. Wenn man sich bewegen will, braucht man Muskeln. Die Muskeln müssen angetrieben werden, sie müssen vom Herzen versorgt werden. Wir wissen, dass das Herz der Brandenburger Wirtschaft das Berliner Umland ist. Genau deshalb müssen wir dieses stärken und unterstützen.
Meine Damen und Herren, ich habe meine Rede mit dem Beispiel des Bäckermeisters Peter Dreißig aus Guben begonnen. Dies habe ich auch deshalb gewählt, weil es für das anpackende Land Brandenburg steht. Brandenburg hat große Herausforderungen vor sich; andere Gegenden in Deutschland werden das jetzt noch erfahren und spüren. Wie wir diese Herausforderungen bewältigen, wird von anderen deshalb mit besonders großem Interesse verfolgt. Die Neuausrichtung der Förderstrategie ist bundesweit wahrgenommen worden und hat zu dem positiven Image eines anpackenden Brandenburgs beigetragen. Die psychologische Wirkung dieses Imagewandels sollten wir uns keinesfalls zerreden lassen, wir sollten sie nicht unterschätzen.
Ich habe das Beispiel von Bäckermeister Peter Dreißig gewählt, weil wir über die Parteigrenzen hinweg in unserem Land zu mehr Gemeinsamkeit im Handeln kommen sollten. Unendlich viele Chancen haben wir nicht. Darum sage ich: Lassen Sie uns die Chancen, die wir haben, gemeinsam anpacken und zum Wohle unseres Landes nutzen. - Ich danke Ihnen.
Ich begrüße jetzt unsere Gäste, die Abgeordneten des Agrarausschusses der russischen Staatsduma, die sich bei uns über ländliche Entwicklung und Landwirtschaft informieren wollen. Viel Erfolg dabei!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich habe die Kurzintervention angemeldet, um einem Eindruck, der hier mehrfach sowohl durch den Ministerpräsidenten als auch jetzt durch den Fraktionsvorsitzenden der SPD-Fraktion vermittelt wurde, klarstellend entgegenzuwirken, und zwar nicht aus Klugscheißerei, wie angedeutet wurde, sondern einfach aus Gründen der Fairness im Umgang mit einem wichtigen Thema.
Die Landesregierung begründet heute die Notwendigkeit der Veränderung ihrer Förderpolitik. Das ist ihr gutes Recht und das ist wegen der Gegebenheiten auch notwendig. Das Prinzip der Gießkannenförderung, das hier immer unterstellt wird, mit dem man jetzt endgültig brechen wolle, hat es in einer Beschlusslage dieses Parlaments aber nie gegeben. Es hat in diesem Parlament nur eine Entscheidung durch die Mehrheit gegeben, die in diesem Land immer regiert hat und die in besonderer Weise von der SPD gestellt war; denn es waren immer mit Richtlinienkompetenz ausgestattete Ministerpräsidenten, die der SPD angehörten bzw. angehören. Gegenstand dieser Entscheidung war jenes bedeutende Konzept, mit dem in besonderer Weise auf die wirtschaftliche Entwicklung dieses Landes mit viel Inspiration eingewirkt worden ist, nämlich das Konzept der dezentralen Konzentration, bei dem davon ausgegangen wurde, dass es ein Wirtschaftswachstum insbesondere durch die Eigenkräfte der Wirtschaft im berlinnahen Raum gibt und eine gezielte Förderung in den berlinfernen Regionen erfolgen soll. Es gab dann noch ein ganz tolles Konzept, nämlich das der Leuchttürme.
Wenn man das Konzept verändern muss, weil sich die Bedingungen geändert haben, dann gehört es zur Fairness, auch zu sagen, was die „erfolgreichsten Jahre der Entwicklung dieses Landes“ geprägt hat, nämlich die schöpferische Umsetzung des Prinzips der dezentralen Konzentration durch diese Regierung. Die Würdigung, die man da verbunden mit Selbstlob vornimmt - es wurde genügend aus Zeitungen zitiert, wie erfolgreich diese Regierung arbeitet -, kann etwa lauten: Jawohl, wir haben viel geschafft - EKO, Schwedt -, es wurden viele Standorte erhalten, und es wurden neue Standorte - für Biodiesel, Solarenergie und anderes - geschaffen. Was wir damit geschaffen und was wir erhalten haben, reicht aber nicht aus. Deswegen folgt jetzt ein neuer Denkansatz.
Damit diskreditiert man niemanden. Da nimmt man die Menschen im Land, die bisher dieses Konzept mitgetragen haben, möglicherweise mit und man schafft zugleich mehr Souveränität und Sicherheit. Nur mit der Erwartungshaltung: „Das Land gibt sich einen Ruck und ist in Bewegung.“ ist es aber nicht getan. - Danke schön.
Wissen Sie, Herr Vietze, ich hätte vielleicht gar nichts von Klugscheißerei gesagt, wenn von Ihnen irgendwo ein Vorschlag gekommen wäre, wie es denn anders gehen kann.
- Ich habe noch nie etwas davon gehört, dass Sie irgendein Wirtschaftsförderkonzept oder Strukturkonzept vorgelegt hätten. Zwar kenne ich Ihr Regionalkonzept, aber Sie meinen doch nicht etwa ernsthaft, dass man das hier diskutieren kann.
(Zuruf von der Linkspartei.PDS: Sie sind ja auch noch nicht lange hier! - Zuruf des Abgeordneten Vietze [Die Linkspartei.PDS])