Ich habe vorhin schon deutlich gesagt: Bisher war dieses Prinzip der Gießkanne doch nicht falsch. Machen wir uns nichts vor: Wir hatten in den Anfangsjahren doch gar keine andere Chance.
Manchmal frage ich mich wirklich, wo Sie zur Schule gegangen sind. Ich lasse Sie doch auch ausreden.
Ich habe vorhin schon gesagt: Es ist doch Tatsache, dass vor 15 Jahren - auch vor zehn Jahren - niemand explizit sagen konnte: Das und das wird sich im Lande entwickeln. - Der Ministerpräsident hat das deutlich gemacht. Hätten Sie denn vor zehn oder zwölf Jahren gesagt: „Wir werden das Land sein, in dem Solarkollektoren in einer Größenordnung gebaut werden, dass wir damit europaweit Konkurrenz machen können.“? Hätten Sie gedacht, dass wir hier Biodiesel und ähnliche Produkte in Größenordnungen produzieren, dass uns andere Standorte darum beneiden? Wer wäre darauf gekommen, dass die Papierindustrie in Schwedt einmal das Highlight wird?
Das hat sich entwickelt und jetzt müssen wir darauf reagieren. Genau darum geht es. Ich habe doch nicht gesagt, dass das, was gelaufen ist, Unsinn war. Ich habe nur gesagt: Wir können nicht darauf beharren. - In der Rede von Frau Kaiser vorhin habe ich nur gehört, dass das, was wir tun, grundfalsch ist. Ich habe nur gehört: Das ist falsch, das ist falsch und das ist falsch. - Ich habe nicht gehört: Wir würden mal etwas anderes tun. Menschenskind, kommen Sie doch mal rüber und sagen Sie, was Sie wollen. Fangen Sie vielleicht damit an, bevor Sie alles andere zerreden. Das wäre ein vernünftiger Weg. - Danke.
Wir setzen die reguläre Debatte mit dem Beitrag des Abgeordneten Christoffers für die Linkspartei.PDS-Fraktion fort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Lieber Herr Baaske, ich weiß nicht, ob Regierungskoalitionen und -fraktionen so sein müssen, aber ich kann Ihnen sagen: Die Förderung regenerativer Energien einschließlich Solartechnik war Bestandteil der Debatte um das Energiekonzept des Landes Brandenburg von 1994.
Wenn Sie sich das Energiekonzept anschauen, sehen Sie, dass die Vorschläge, die die PDS damals in einer anderen politischen Situation und politischen Kultur eingebracht hat, zum Teil eins zu eins übernommen worden sind; denn wir haben uns immer dazu bekannt.
Im Übrigen, Herr Baaske, habe ich auch in der Vergangenheit nicht Tausende von Brandenburgern kennen gelernt, die gejammert haben. Ich habe Unternehmer kennen gelernt, die etwas gemacht haben. Ich habe Menschen kennen gelernt, die Mobilität vorgelebt haben, also das, was wir immer von ihnen fordern. Ich habe Menschen erlebt, die ihr Leben in die eigene Hand genommen haben. Ich finde es unfair, zur Begründung einer neuen Förderstruktur jetzt Brandenburgerinnen und Brandenburgern vorzuwerfen, sie hätten früher nur gejammert, und zu sagen, jetzt gehe ein Ruck durch das Land.
Herr Lunacek, ich befürchte, Ihre Bewegung nach vorn wird in einer Kreisbewegung und im Nebel enden. Nehmen Sie es mir bitte nicht übel: Was ich heute gehört habe, waren sehr viele Losungen, das war sehr viel Bildersprache. Ich habe aber kein Konzept für die Entwicklung dieses Landes vernommen.
Herr Ministerpräsident, Prognosen sind immer schwierig, besonders wenn sie die Zukunft betreffen. Deswegen wird niemand von einer Regierungserklärung letztendliche Weisheiten und Wahrheiten erwarten, genauso wenig wie eine Opposition davon ausgeht, dass sie immer Recht hat. Das unterscheidet sie manchmal von Regierungskoalitionen.
Die Erwartungen an Ihre Rede waren groß. Dabei haben wir hier in Brandenburg wohl zu Recht erwartet, dass Sie als Bundesvorsitzender der SPD deutlich machen, welche Rolle das Land Brandenburg in den künftigen Debatten um die Neuaufteilung von Kompetenzen zwischen Bund und Ländern spielen soll. Ihre Kollegen aus Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern haben das gestern getan. Sie haben sich zu Fragen der Föderalismusdebatte, des Finanzausgleichs und auch der Ostförderung positioniert.
Natürlich haben die betreffenden Entscheidungen auf Bundesebene massiven Einfluss darauf, wie wir im Land Brandenburg
eine eigene Strategie umsetzen können. Ich finde, es wäre Ihre Verantwortung gewesen, in dieser Regierungserklärung den gesellschaftlichen Kontext der Bundesrepublik als eine der Begründungen für die Notwendigkeit zur Veränderung der Förderlogik und Förderstruktur mit einzubringen. Das haben Sie nicht getan. Deswegen hat Ihre Rede aus meiner Sicht den Erwartungen nicht entsprochen.
Herr Ministerpräsident, Sie haben in Ihrer Rede davon gesprochen, dass ein Ruck durch das Land geht. Sie knüpfen damit an die so genannte Ruck-Rede von Altbundespräsident Herzog an. Ich kann Ihnen nur sagen: Was Herr Herzog damals gemacht hat, das haben Sie mit Ihrer Rede nicht geschafft,
weil es letztlich nicht um einen gesellschaftlichen Ruck in Brandenburg geht, sondern es sich reduziert hat auf psychologische und emotionale Aspekte dessen, was sich angeblich verändert hat, und auf eine Begründung von regionalen Wachstumskernen, ohne Kriterien dafür zu definieren, warum sie als solche ausgewählt worden sind. Insofern bin ich enttäuscht.
Das ist, glaube ich, das eigentliche Problem: Wir alle haben hier oft beklagt, dass der Glaubwürdigkeitsverlust von Politik in den letzten Jahren zugenommen hat. Wir alle reden von Veränderungen im politischen Spektrum, in dem massiv rechts gewählt wird. Niemand von uns - da schließe ich meine eigene Partei ausdrücklich ein - hat aber das Recht, in irgendeiner Form das Scheitern von positiven Entwicklungen zu wünschen; denn wir alle wollen nicht die chinesische Variante.
Wenn wir aber gemeinsam handeln wollen - das Interesse dafür haben wir, weil uns an diesem Land etwas liegt, weil wir wirtschaftliche Stabilität und soziale Entwicklung wollen -, setzt das voraus, dass wir uns endlich von einem Politikstil verabschieden, bei dem es heißt: Die einen haben immer Recht und die anderen haben sowieso keine Ahnung. - Deswegen lohnt es sich nicht, mit ihnen zu reden.
Herr Baaske, wenn es die Fraktion der Linkspartei.PDS im nächsten halben Jahr schafft, die Leitbilddebatte, die wir begonnen haben und von der Frau Kaiser heute gesprochen hat, zusammen mit den Akteuren zu einem Erfolg zu bringen, dann sind wir wesentlich schneller als Sie. Denn wir stehen nicht erst am Beginn einer neuen Phase der Entwicklung, sondern wir sind schon lange mittendrin. Bereits seit Ende der 90er Jahre ist das Umsteuern notwendig.
Herr Baaske, ich kann Ihnen das gern übergeben. Als ehemaliger Landesvorsitzender der PDS kann ich Ihnen nur sagen, sowohl was meine Partei als auch meine Fraktion hier betrifft: Der Umfang von Änderungsvorschlägen zu Haushaltsberatungen, zu Beratungen über Konzepte - das geht bis zum Vorlegen eigener Konzepte - ist sehr groß. Vielleicht unterscheidet uns eines: Ich lese das, was Sie schreiben. - Es wäre gut, wenn dies manchmal auch umgekehrt der Fall wäre,
Herr Präsident, meine Damen und Herren, in der heutigen Regierungserklärung wurden 15 regionale Wachstumskerne definiert. Die Kriterien, die benannt worden sind, lauten: 20 000 Einwohner, Ausstrahlungskraft auf das Land und erhebliche wirtschaftliche bzw. wissenschaftliche Leistungsfähigkeit. Wenn ich diese Kriterien als Maßstab nehme, dann frage ich mich, warum Standorte wie Kleinmachnow, Teltow und Stahnsdorf und auch Falkensee/Nauen, Rüdersdorf/Erkner, sowie eine ganze Reihe von Einzelstandorten, an denen es Unternehmen mit bis zu 800 Beschäftigten gibt, nicht genannt worden sind.
In welcher Beziehung stehen die 15 regionalen Wachstumskerne zu den mehr als 70 Branchenschwerpunktorten? Wie viel Geld steht eigentlich zur Verfügung? Sowohl in den Branchenschwerpunktorten als auch in den regionalen Wachstumskernen sollen ja die etwa 50 wirtschaftlich relevanten Förderprogramme gebündelt werden, um harte und weiche Standortfaktoren zu entwickeln. Welches Versprechen ist hier hinsichtlich der Perspektive der finanziellen Situation des Landes Brandenburg abgegeben worden? Wie darf ich verstehen, dass in der Regierungserklärung wie auch in der Vorlage des Berichts steht: In Bezug auf die Landesplanung ist zu einem späteren Zeitpunkt zu klären, ob und gegebenenfalls in welcher Weise die regionalen Wachstumskerne Aufnahme finden?
Meine Damen und Herren, Sie schaffen jetzt Tatsachen, Sie schaffen jetzt Entwicklung, Sie geben jetzt Geld aus und wollen erst in der Perspektive klären, wie die Sachverhalte, die in den nächsten zwei Jahren eingeleitet werden, in eine politische Zielbestimmtheit der Region Berlin-Brandenburg passen. Ich kann Ihnen nur sagen: Die Gefahr, dass Fehlentwicklungen eingeleitet und finanziert werden und wir dann wieder begründen müssen, warum eine Änderung notwendig ist, ist riesengroß.
Deshalb, Herr Baaske: In neun Minuten kann ich zwar kein Konzept entwickeln, was Sie mir nachsehen werden; aber ich kann Ihnen eines empfehlen. Vielleicht wäre es günstig, einmal eine Denkpause einzulegen und sich auf wirklich unstrittige Sachverhalte zu konzentrieren nach dem Motto: Was wird denn bei einer politischen Zielbestimmtheit auch in der Perspektive auf jeden Fall eine Rolle spielen? - Das sind natürlich alle Standorte von Hochschulen. Wir haben dort genug zu tun. Es sind unstrittige Standorte wie Schwedt, Eisenhüttenstadt, Schwarzheide oder Ludwigsfelde.
Wenn wir uns in den nächsten zwei Jahren auf solche unstrittigen Standorte und Entwicklungen konzentrieren und dann gemeinsam mit den Regionen einschließlich der Kreise, die jetzt sozusagen hintenruntergefallen sind, ein gemeinsames Leitbild entwickeln, regionale Stärken identifizieren und dies gemeinsam mit ihnen umsetzen, dann wäre das ein Prozess, der der Region Berlin-Brandenburg gut tun würde. Wir könnten Entwicklungspotenziale identifizieren, Wertschöpfung sichern und auch Beschäftigung generieren. Ich meine, das sollte das gemeinsame Ziel sein.
Die Art und Weise, wie jetzt begonnen wurde, hat dazu geführt, dass ein Rennen um das Generieren politischen Ein
flusses entstanden ist, weil jede Ortschaft, jeder Bürgermeister völlig zu Recht auf irgendeiner Liste landen wollte, weil sonst die Gefahr bestand, dass man zukünftig keine Fördermittel mehr bekommt. Das hat aus meiner Sicht mit einer neuen politischen Zielstellung für das Land Brandenburg wenig zu tun.
Eine Veränderung der Förderlogik und der Förderstruktur ist eigentlich Ausdruck einer politischen Zielbestimmung. Diese politische Zielbestimmung ist in der heutigen Regierungserklärung nicht definiert worden; denn „Stärken stärken“ ist keine politische Zielbestimmung, sondern eine Losung und hat als Losung keinen Wert.
Ich möchte noch einmal an uns alle appellieren, die politische Zielbestimmung im Land Brandenburg gemeinsam mit allen Akteuren zu suchen und zu finden. Denn machen wir uns nichts vor: Nach 15 Jahren sehr vieler Versprechen einer schnellen und positiven Entwicklung gibt es eine Erwartungshaltung, die zu enttäuschen wir uns alle gemeinsam nicht noch einmal leisten können. Weil wir hier in einer Verantwortung stehen, möchte ich deutlich sagen: Meine Fraktion ist bereit und fähig, sich mit eigenen Konzepten, Vorschlägen und Ideen in die Debatte einzubringen, und zwar nicht im Sinne eines Alleinvertretungsstandpunktes, sondern schlicht und ergreifend, weil wir meinen, dass Konzeptionen und Vorstellungen diskutiert und ausgewertet werden und in die Zielbestimmung einfließen sollten.
Herr Baaske, wissen Sie, was mich maßlos geärgert hat? Wir hatten hier vor kurzem die Debatte um die Branchen. Ich habe Ihnen damals gesagt: Die 17 Branchen - nicht 16 -, die wir haben, sind von der finanziellen Situation des Landes her gesehen ein Unding. Sie selbst haben heute zugegeben, dass wir die Zahl in zwei Jahren möglicherweise reduzieren müssen. Ich sage Ihnen noch einmal: Stimmen Sie sich mit Berlin ab, konzentrieren Sie sich auf vier oder fünf Branchen! Gehen Sie den Weg von Baden-Württemberg! Auch dort ist die allgemeine Wirtschaftsförderung nicht heruntergefallen. Baden-Württemberg hat nun wirklich einen sehr guten Ruf. Wenn wir uns stärker konzentrieren, dann kann sich eine Neustrukturierung der Wirtschaftsförderung in Verbindung mit einer neuen Zielbestimmung tatsächlich in einer positiven Entwicklung des Landes niederschlagen. - Vielen Dank.