Es liegt Ihnen die Dringliche Anfrage 29 (Ergebnisse der Steuerschätzung für Brandenburg) vor, die von der Abgeordneten Osten gestellt wird.
Wir bleiben gleich beim Geld. Am 11. Mai 2006 sind die Ergebnisse der 127. Sitzung des Arbeitskreises „Steuerschätzungen“ für die Jahre 2006 bis 2010 bekannt gegeben worden. Danach ist für 2006 und die Folgejahre mit höheren Steuereinnahmen für Bund, Länder und Kommunen zu rechnen. Einzelne Nachrichten aus dem Finanzministerium erreichten uns ja schon in den letzten Tagen durch die Presse.
Ich frage deshalb die Landesregierung: Wie wirken sich die Ergebnisse der Steuerschätzung auf die Steuereinnahmen des Landes Brandenburg und der Kommunen des Landes aus und wie ist das für die Jahre 2006 bis 2010 jeweils einzuschätzen?
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Bischoff hat mir schon souffliert: Positiv sehen sie aus.
Die derzeitigen nach Regionalisierung berechneten Mehreinnahmen - ich lese jetzt eine Zahlenkolonne vor, das lässt sich nicht umgehen - betragen für das Jahr 2006 37,5 Millionen Euro, davon 7,5 Millionen Euro für die Kommunen, also für das Land 30 Millionen Euro; für 2007 115 Millionen Euro, 23 Millionen Euro für die Kommunen, 92 Millionen Euro für das Land; für 2008 282,7 Millionen Euro, 56,5 Millionen Euro für die Kommunen, 226 Millionen Euro für das Land; für 2009 282,9 Millionen Euro, also geringfügig verändert, 56,6 Millionen Euro für die Kommunen, 226,3 Millionen Euro für das Land; und für 2010 364,7 Millionen Euro, 72,9 Millionen Euro für die Kommunen und 291,8 Millionen Euro für das Land. Das sind die Zahlen, die nach Abgleichung mit der Regionalisierungsrechnung des Landes Baden-Württemberg, die immer eine Grundlage bildet, für das Land eingeschätzt werden. Diese Zahlen liegen nach derzeitiger Einschätzung unterhalb dessen, was sich als Deckungslücke aus der mittelfristigen Finanzplanung für die Haushaltsaufstellung der kommenden Jahre ergibt. Das heißt also, es gibt zwar Erleichterung auf dem Weg zur Konsolidierung des Landeshaushaltes, aber keine Entwarnung, weil die Deckungslücken, die sich aus der Planung, zumindest aus der mittelfristigen Finanzplanung, ergeben, nicht geschlossen werden können.
Auch bei der ach so demokratischen Leitbilddiskussion für Brandenburg zeichnet sich ab, dass die äußere Form zwar gewahrt wird, indem Regionalkonferenzen durchgeführt werden, aber inwieweit die massiv geäußerten Bedenken vor allem der kleineren Kommunen im berlinfernen Raum Berücksichtigung finden werden, liegt voll im Ermessen des Landes.
Zum Reizwort Funktionalreform: Trotz aller Forderungen aus den Kommunen soll die Funktionalreform, also die Übertragung von Verwaltungsaufgaben vom Land auf die Kommunen, künstlich verschleppt und in die nächste Wahlperiode verlagert werden.
Dafür gibt es keinen nachvollziehbaren Grund, der in einer ernsthaften Debatte von Bestand wäre. Die Regierungsmehrheit will das eben nicht und basta. Wir werden uns keinesfalls damit abfinden.
Tiefes Misstrauen gegenüber den Kommunen widerspiegelt sich auch im Bürokratieabbaugesetz. So ist völlig unverständlich, warum im Gesetz über die Modellregionen nur ein unbedeutender Teil der mehr als 200 Vorschläge der kommunalen Ebene Berücksichtigung gefunden hat. Auch der Umgang mit der Experimentierklausel bleibt deutlich hinter dem zurück, was in anderen Ländern schon selbstverständliche Praxis in den Kommunen ist.
Ich komme zum Ende. - Das alles zeigt, dass der Einfluss der kommunalen Ebene auf die Entscheidungen des Landes verstärkt werden muss.
Anhörungsrechte sind viel zu schwach; denn die Erfahrungen der vergangenen Jahre zeigen, dass bei den Regierungsfraktionen kaum ein öffentliches Zuhören vorhanden ist, wenn überhaupt. Warum sollte daran nicht mit dem Ziel einer dauerhaften Stärkung der kommunalen Selbstverwaltung als notwendige Voraussetzung für eine erfolgreiche Entwicklung des Landes Brandenburg angeknüpft werden? Wenn uns das nicht gelingt, meine Damen und Herren, bleiben die Kommunen in Brandenburg fünftes Rad am Wagen. - Danke schön.
Ich schließe damit den Tagesordnungspunkt 1, die Aktuelle Stunde, und begrüße eine neue Besuchergruppe, nämlich vom Verein „Unsere Welt - Eine Welt“. Herzlich willkommen und einen interessanten Vormittag bei uns!
Herr Finanzminister, ich wollte natürlich, dass auch Sie einmal positive Nachrichten verkünden können.
Deshalb noch eine Nachfrage. Wie schätzen Sie den Zuwachs des nominalen Bruttoinlandsprodukts ein? Den Zuwachs für die gesamte Bundesrepublik konnte man aus der Zeitung erfahren. Wie schätzen Sie ihn für Brandenburg ein?
Nicht die Entwicklung in den einzelnen Ländern ist unmittelbar wichtig, sondern vielmehr die Gesamtentwicklung, denn das meiste Finanzvolumen wird über den Länderfinanzausgleich transferiert. Es ist auf der Grundlage eines Wirtschaftswachstums von 1,5 % gerechnet worden. Wir sind in der Vergangenheit ganz gut gefahren, wenn wir mit solchen Prognosen relativ skeptisch umgegangen sind, auch was die Fluktuation, die Bevölkerungsentwicklung usw. anbelangt. Deswegen sind wir bei unseren Schätzungen auch ein Stück weit unter den Ansätzen der Regionalisierungsrechnung von Baden-Württemberg geblieben.
Ich habe zwei Nachfragen. Erstens: Können Sie etwas dazu sagen, in welcher Steuerart wir mehr Steuereinnahmen haben bzw. inwieweit die Mehrwertsteuererhöhung zum 01.01.2007 in die mittelfristige Finanzplanung eingeflossen ist? Wenn ja, in welcher Höhe?
Die zweite Frage: Welche Position hat der FAG-Beirat zu der Nachsteuerung von 105 Millionen Euro bezogen?
Wir haben unterschiedliche Steuerarten; ich habe sie hier nicht im Einzelnen verfügbar. Ungefähr 20 % macht die Umsatzsteuer aus. Sie wird um drei Punkte erhöht, zwei Punkte werden für die Einnahmeseite wirksam. Das ist in die Eckwerteberechnung für den Haushalt 2007, nicht jedoch in die mittelfristige Finanzplanung eingegangen, weil es da noch nicht Grundlage der Überlegungen war.
Genießen Sie das, meine Damen und Herren, so einen freundlichen Finanzminister haben Sie nicht alle Tage.
Wir kommen zur Dringlichen Anfrage 30 (Freizeitbad Pots- dam), die Herr Dr. Scharfenberg stellen wird.
Ende vergangener Woche hat Wirtschaftsminister Junghanns, den ich hier heute nicht sehe, die Förderung des von der Landeshauptstadt Potsdam favorisierten Freizeitbades nach Entwürfen von Oscar Niemeyer abgelehnt und eine Ausschreibung des Vorhabens verlangt. Nach Pressemitteilungen hat Finanzminister Speer diese Entscheidung heftig kritisiert und ihr widersprochen.
Ich frage die Landesregierung: Wie begründet sie die ablehnende Entscheidung zur Förderung des Freizeitbades nach Niemeyer?
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten! Sehr geehrter Herr Dr. Scharfenberg, eine Entscheidung über die Förderung des Freizeitbades Potsdam ist bisher nicht gefällt worden. Somit könnte die Frage als beantwortet gelten, aber ich möchte gern noch einiges dazu ausführen. Die Stadt Potsdam hat die Förderung für die Errichtung eines Freizeitbades am Standort Brauhausberg beantragt. Der Neubau soll vor allem den touristischen Bedarf an freizeit- und wellnessorientierten Bäderangeboten decken, aber auch die Schwimmsportversorgung in Potsdam als Ersatz für die sanierungsbedürftige Schwimmhalle Am Brauhausberg sicherstellen.
Mit der Planung der Stadt ist ein überwiegend touristischer Ansatz in der Konzeption des Bades gegeben. Die Fördermittel sollen daher Mitteln der GA Infrastrukturförderung „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur“ entnommen werden. Der beantragte Fördersatz beträgt 80 % der zuschussfähigen Investitionskosten. Die Stadt Potsdam verfolgt das Fördervorhaben mit dem Anspruch, das Freizeitbad mit einer unverwechselbaren architektonischen Handschrift zu verbinden. Deshalb wurde für die Planungsleistungen - einschließlich der Entwurfsplanung - der renommierte brasilianische Architekt und Pritzker-Preisträger Oscar Niemeyer ausgewählt. Ein wettbewerbsorientiertes Auswahlverfahren ist nicht durchgeführt worden. Alternativen in planungs- oder kostenseitiger Hinsicht hatte die Stadt Potsdam vor Antragstellung nicht vorgenommen - weder im Hinblick auf eine anspruchsvolle Architektur noch im Hinblick auf einfachere Varianten wie eine Sanierung und Attraktivitätserhöhung des bestehenden Bades auf dem Brauhausberg.
Die baufachliche Prüfung und begleitende Feststellung vom 25. Oktober 2005 führten erstmals zu einer an Wirtschaftlichkeitskriterien orientierten Bewertungsmöglichkeit des Vorhabens. Die Prüfung zeigte das Ergebnis, dass im Vergleich zu anderen in Brandenburg realisierten Freizeitbädern mit soliden und publikumswirksamen Standards eine Kosteneinsparung von 5,2 Millionen Euro möglich sei. Zudem seien die Investitionskosten vergleichsweise knapp bemessen, und der Entwurf habe Folgen für die Baunutzungskosten. Sie würden höher liegen als bei anderen in Brandenburg realisierten Bädern.
Das Wirtschaftsministerium hat nach Kenntnis über die Entstehung von Mehrkosten und wirtschaftlichen Risiken die Stadt Potsdam umgehend auf diese Problematik hingewiesen. Im
Dezember 2005 wurde mit der Stadt vereinbart, dass sie zum Zweck der Ermittlung einer nachhaltigen wirtschaftlichen Lösung Vergleichsrechnungen vorlegt. Am 24. April 2006 wurden dem Wirtschaftsministerium von der Stadt Potsdam die vereinbarten Vergleichsrechnungen vorgelegt. Die Stadt teilte zu den beiden Alternativvarianten mit, dass deren Daten von zwei an anderen Standorten in Deutschland realisierten Bädern adaptiert worden seien. Zugleich erklärte die Stadt, dass diese Alternativvarianten nicht unmittelbar umgesetzt werden könnten, sondern einer vorherigen Ausschreibung bedürften.
Aus den vorgelegten Vergleichsberechnungen der Stadt Potsdam wurde auch deutlich, dass ein alternativer Bau für ein Freizeitbad Potsdam auch am Standort Brauhausberg mit deutlich geringeren Investitionskosten bei langfristig wirtschaftlichem Ergebnis erreichbar ist. Daraus hat das Wirtschaftsministerium den eingangs geschilderten Schluss gezogen, dass die Verwirklichung des Freizeitbades Potsdam in funktionell angemessenem Umfang und architektonisch ansprechender Form nach Ausschreibung zu geringeren Kosten möglich sein wird. Dies hat der Minister für Wirtschaft dem Oberbürgermeister von Potsdam mit Schreiben vom 12. Mai 2006 mitgeteilt. Eine Antwort auf dieses Schreiben steht noch aus. - Vielen Dank.
Ihre Antwort überrascht mich. Mich interessiert, welchen Charakter bzw. welche Verbindlichkeit das Schreiben des Wirtschaftsministers vom 12. Mai hat. Gehe ich recht in der Annahme, dass die Aussage, dass eine Fördermittelvergabe nur nach einer erfolgten Ausschreibung möglich sein wird, steht, und auch Auffassung der Landesregierung ist?
Das Schreiben an den Oberbürgermeister vom 12. Mai ist eine dargelegte Begründung, warum das Wirtschaftsministerium auf einer Ausschreibung für das Freizeitbad Potsdam bestehen muss. Zum Charakter des Schreibens: Der Wirtschaftsminister hat die Bewilligungsbehörde, die ILB, über seine Position informiert, und die ILB wird entsprechend handeln.
Ich habe zwei Nachfragen. Erstens: Sehen Sie aufgrund der im Land geführten Diskussion die Notwendigkeit einer Überarbeitung der Bäderplanung? Zweitens: Können Sie etwas zum Stand der Überprüfung sagen, die aufgrund der nichterfolgten Ausschreibung eingeleitet wurde?