Ich möchte jetzt nicht noch ellenlang Ausführungen zum Thema Hochschulbau machen - hier leuchtet schon alles -, möchte aber, Herr Vietze, kurz noch etwas sagen, was wir hier ganz nüchtern sehen müssen: Wir haben durch die vorgesehene Regelung mittelfristig keinen Nachteil. Da gibt es jetzt ja ein ganz anderes Gefälle, weil es vonseiten Niedersachsens und anderer Bundesländer jetzt plötzlich heißt, sie seien die eigentlich Benachteiligten. Wir haben viel investiert. Das wird erst einmal eine Weile fortgeschrieben. Bei einer langfristigen Betrachtung kann man jedenfalls zu dem Schluss kommen, dass es da nachteiliger werden könnte. Ich nenne dazu das Stichwort Wettbewerbsföderalismus. Aber da unterstellen wir doch, dass die Bundesregierung in der Lage ist, in diesem Umfang in den nächsten 20 Jahren weiterhin zu fördern. Wenn Sie Herrn Steinbrück in die Augen schauen, dann erkennen Sie - er hat es ja auch schon gesagt -, dass ihm diese Unterstellung viel zu positiv ist, weil es dazu nicht kommen wird. Wir schreiben bei unseren Debatten immer das fort, was der Bund heute macht. Das wird er aber künftig - dazu braucht man sich nur die Haushaltsaussichten anzuschauen - nicht mehr machen können. Deshalb sollten wir auch hier sachlich diskutieren. Man kann auf den Gegenstand zwei Sichten haben; das will ich überhaupt
nicht in Abrede stellen. Bei dem Thema des Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetzes - jetzt wird es hier rot - ist es übrigens ähnlich.
Ich fasse zusammen: Wie ich eingangs schon sagte, kann ich etliches von dem, was in Ihren Anträgen mitschwingt, nachvollziehen. Ich füge aber hinzu: Man muss erstens die Werthaltigkeit des Gesamtpakets abwägen. Zweitens finde ich bei manchen Punkten die Ängste übertrieben. Drittens sollten wir uns als Landesparlament da durchaus etwas mehr Courage zumuten und mehr Sachverstand zutrauen. Viertens bin ich, wie gesagt, nicht ohne Hoffnung, dass wir es bei dem in meinen Augen wichtigsten Thema, nämlich Mitwirkungsmöglichkeiten, Kooperationsmöglichkeiten des Bundes in der Bildung, noch schaffen, eine Aufweichung der Position derjenigen zu erreichen, die jetzt noch hartleibig sind, um dadurch am Ende eine vernünftigere Lösung hinzubekommen. - Danke schön.
Vielen Dank. - Wir setzen die Debatte mit dem Beitrag der Fraktion der Linkspartei.PDS fort. Frau Kaiser, ich kann Ihnen noch gut neun Minuten anbieten.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Ministerpräsident, da könnten wir uns ja glatt freuen und sagen: Nun haben die Brandenburgerinnen und Brandenburger doch eine Regierungserklärung bekommen. - Das wäre auch okay, wenn Sie uns mit mehr positiven Argumenten davon überzeugt hätten, dass es richtig wäre, für Ihre Position zu werben. Sie haben uns aber Ihre Position weniger erklärt, sondern stattdessen vorrangig unsere Fragen und unsere Kritik abgewiesen. Bei vielen Punkten haben Sie sich auf Hoffen und Glauben zurückgezogen. Im Hoffen und Glauben besteht die Aufgabe der Oppositionsfraktionen aber nicht, und möglicherweise sind wir darin auch nicht so gut.
Herr Ministerpräsident, warum verkaufen Sie uns diese Reform als etwas, was sie nicht ist? Sicher, auch wir übersehen nicht, dass das sich mitunter selbst blockierende Beziehungsgeflecht zwischen Bund und Ländern etwas entwirrt und in Teilen transparenter geworden ist. Auch wir übersehen nicht, dass die Freiräume der Länder größer geworden sind bzw. dass der Bund den Ländern gegen deren Widerstand nun keine Kosten mehr aufzwingen kann. Wir sagen aber: Das sind Details. Wir setzen andere Schwerpunkte. Wir haben einen anderen Fokus.
Die Reform mag man ja zu einem Jahrhundertwerk hochreden. Das ändert aber nichts daran, dass es bei dieser Reform Grenzen gibt. Wir sagen: Erstens ist die Reform unterdimensioniert, zweitens in der Tendenz ungerecht vor allem gegenüber den ostdeutschen Ländern und drittens in zentralen Bereichen falsch ausgerichtet.
Herr Ministerpräsident, zu dem Stichwort Lübecker Konvent, das Sie angesprochen haben, sage ich Ihnen, dass dies der Konsens zu Beginn der Föderalismusdebatte war. Dem stimmen wir zu. Daran waren wir beteiligt. Das gilt aber nicht für die weitere Debatte. Wir mussten ein Ergebnis zur Kenntnis neh
men, ein Paket, das nicht aufgeschnürt werden darf. Aber was helfen mir eingepackte Geschenke, deren Wirkungen ich am Ende fürchten muss?
Wir sagen also erstens: Dieses Ergebnis sehen wir kritisch, und die Reform ist unterdimensioniert, und zwar deshalb, weil sie die Finanzbeziehungen im Bund-Länder-Geflecht als Ganzes eben nicht anpackt und weil sie das Problem der Länderneugliederung nach wie vor ausklammert. Ich weiß, in der regierenden politischen Klasse gilt die Länderneugliederung als unrealistisch, und nach meiner Erinnerung hat auch Herr Baaske das gesagt. Aber entscheiden wir bei bestehenden Strukturen nicht am Ende selbst, was in dieser Hinsicht unrealistisch ist oder nicht? Hier brauchten wir vielleicht den angemahnten und viel zitierten Mut, an dem der Erfolg hängt, um das Unbequeme für realistisch zu erklären. Denn wie lange wollen wir noch daran festhalten, dass ganze Regionen wie die Prignitz, die Uckermark oder die Lausitz, die mitten in Deutschland liegen, mitten zwischen Metropolen wie Hamburg oder Berlin, zur Peripherie Brandenburgs erklärt, ja herabgestuft werden?
Natürlich, Herr Ministerpräsident, haben Sie viel substanziell Neues in Berlin erwartet. Aber die bisherigen Fragen, die seit Monaten im Raum stehen - auch meine Fraktion hat in diesem Parlament diese Fragen und Anträge gestellt -, und die Kritiken münden ja nicht in Schlussfolgerungen der Landesregierung. Deshalb müssen wir sie eben immer wieder äußern.
Mein zweiter Vorwurf lautet: Die von Ihnen hochgelobte Föderalismusreform ist in der Tendenz ungerecht.
Herr Vietze hat schon gesagt, dass der Verfassungsgrundsatz der Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse in allen Teilen des Bundesgebiets bei dieser Reform unter die Räder kommt. Die bittere Ironie - darauf möchte ich noch einmal besonders hinweisen - besteht gerade darin, dass die Idee des gewollten Wettstreits um die beste Lösung - Herr Lunacek, wir fürchten den Wettbewerb nicht - in dem Suchen nach regionaler Vielfalt der Lösungen durch diese Reform kaputtgemacht wird. Um einen solchen Wettstreit wirklich führen zu können, um die Vielfalt im Sinne des Grundgesetzauftrags gestalten zu können, brauchen die Länder nämlich halbwegs gleiche Ausgangsbedingungen. Diese gibt es eben noch nicht. Es war und ist Aufgabe des Bundes, vor allem für diese halbwegs gleichen Ausgangsbedingungen zu sorgen. Dazu braucht es eben auch Finanzhilfen, die jetzt eingeschränkt werden. Das ist kein Totschlagsargument. Auch Bayern war bekanntlich über Jahrzehnte hinweg von Finanzhilfen des Bundes abhängig.
Zweckgebundene finanzielle Hilfen des Bundes würden die Gesetzgebungs-, Organisations- und Vollzugskompetenz der Länder unangetastet lassen, zugleich aber Unterstützung dort geben, wo die Länder gravierende Defizite - die vorhanden sind, die wir alle nicht leugnen - nicht aus eigener Kraft überwinden können.
Warum, Herr Ministerpräsident, kämpfen Sie dann nicht für eine solche Reform zugunsten unseres Landes, sondern feiern ein Paket von Regelungen, das unser Land schwächt?
Ich frage mich auch: Was machen die SPD-Bundestagsabgeordneten? Warum warnen sie? Warum haben sie massive Bedenken? Das muss doch Gründe haben.
Ich bin an der Stelle nicht so sehr für die Vaterrolle - das sage ich ganz ehrlich -; denn ich habe eher Erfahrungen mit der Mutterrolle. Daher weiß ich, dass man trotz der Unterschiedlichkeit der Kinder möglichst allen gerecht werden soll. Das gelingt nicht immer in Perfektion, aber man muss doch versuchen, ihnen gegenüber von Anfang an Gerechtigkeit walten zu lassen.
Damit komme ich zum dritten Kritikpunkt, der falschen Richtung der Kompetenzverlagerungen: Bei der Anfang der Woche in Berlin durchgeführten großen Anhörung hat der Münchner Professor Huber darauf hingewiesen, dass der Bund mehr gewinnt als die Länder. - Eben! In Bereichen wie der Bildung beispielsweise verlieren die ostdeutschen Länder besonders stark. Von zu schließenden Schulen und Problemen war ja heute schon die Rede. Wir haben diese Probleme also.
Im Zuge der Kompetenzzuweisungen an die Länder - im Übrigen ein abenteuerlicher Rückfall in die Kleinstaaterei - sind auch alle bisherigen Bundesprogramme und die Möglichkeiten kassiert worden, neue Programme aufzulegen. Also Schluss mit Sonderprogrammen wie jenen für die Ganztagsschule! Wir in Brandenburg werden es zu spüren bekommen. Ich weiß nicht, warum Sie das so ruhig hinnehmen.
Schluss auch mit der Gemeinschaftsaufgabe Hochschulbau! Kein Problem für Brandenburg? Mecklenburg-Vorpommern sieht da ein Problem. Wenn wenigstens, wie geplant, noch 30 % der bisherigen Mittel beim Bund für Zwecke der Forschungsförderung genutzt würden, würden Hochschulen davon zweifellos profitieren, und zwar die Hochschulen, die im Rahmen der so genannten Exzellenzoffensive ausgewählt wurden. Das heißt aber auch: Davon profitiert nicht eine einzige ostdeutsche Hochschule. Das ist das Problem, gegen das Harald Ringstorff kämpft, mit dem er sich nicht abfinden will. Ich kann nur die Bitte äußern: Lassen Sie Herrn Ringstorff nicht im Regen stehen!
Verehrte Kolleginnen und Kollegen Abgeordnete! Herr Ministerpräsident! Die gesamte Reform, sagen wir, geht über Brandenburg hinweg, ohne dass man von der Regierung ein Wort über unsere spezifischen lebenswichtigen Interessen vernimmt. Berlin hat seine Hauptstadtklausel erstritten. Möglicherweise ist Herr Wowereit deshalb mit dem Ergebnis zufrieden; denn das war ihm wichtig.
Mecklenburg-Vorpommern kämpft unverdrossen weiter gegen die Benachteiligung seiner Hochschulen sowie gegen die drohende Verletzung von Umweltbelangen. Brandenburg hingegen - zumindest das regierungsoffizielle Brandenburg - gibt sich glücklich, offensichtlich fast wunschlos glücklich. Aber so ist das möglicherweise mit großen Koalitionen auf Bundesebene und auf Landesebene: Ihre größten Leistungen sind eben nicht mehr als der kleinste gemeinsame Nenner. Für die Bewältigung der vor uns liegenden Aufgaben ist das einfach zu wenig. Leider, sage ich, ist das einfach zu wenig. Was zu beweisen war! Vielen Dank.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Verehrte Frau Kaiser, Ihre Schwierigkeit in den letzten fünf Minuten war: Sie haben an Ihrem Konzept geklebt, das Sie wahrscheinlich schon gestern geschrieben haben. Hätten Sie mir eben zugehört, dann hätten Sie sich von Ihrem Redekonzept gelöst und hätten manche Dinge, die Sie gestern aufgeschrieben haben, nicht noch einmal vorgelesen.
Sie werden in meiner eben gehaltenen Rede nämlich nichts von „feiern dieses Konzeptes“ oder „hochgelobt“ gehört haben.
- Dann müssen Sie vielleicht einmal zum Ohrenarzt gehen. Das kam nämlich nicht. Das ist eine Ausdeutung und durch nichts belegt.
Das sage ich noch einmal - und kann es auch noch lauter sagen -: Dies ist ein Kompromisspaket, mit dem - wie es dem Wesen eines Kompromisses entspricht - am Ende niemand richtig glücklich ist und es schon gar nicht feiert. Trotzdem bleibt es eine Frage der Abwägung.
Ich habe zum Thema Hochschulbau eben sehr wohl gesagt, wo die Abwägungspunkte liegen. Ich habe zum Thema Bildung sehr wohl gesagt, was wir dazu denken.
Wenn Sie jetzt sagen, das Ganze sei in Rückfall in die Kleinstaaterei, dann müssen Sie sich vorhalten lassen: Was haben Sie dann in Lübeck eigentlich diskutiert, wenn Sie das Kleinstaaterei nennen? - Da wollten Sie noch zehnmal mehr Kleinstaaterei. Ich finde es auch falsch, Kompetenzzuweisungen an Landesparlamente Kleinstaaterei zu nennen. Das ist einfach nicht richtig. Wenn Sie einfach nur sagen, Sie sehen das kritisch, dann ist das noch kein Wert an sich.
Lassen Sie mich noch zwei Anmerkungen machen. Sie haben die Gutachter zitiert und, wie ich finde, falsch zusammengefasst; denn von zwölf Gutachtern haben elf - anders, als Sie eben intendiert haben - sehr klar gesagt: Das Paket ist im Grunde in Ordnung. - Alle bis auf einen haben dies gesagt, muss man ganz klar feststellen. Es waren die zwölf Gutachter, die man gemeinhin als die besten in Deutschland bezeichnen kann.
Zu dem Thema, das Sie als nächstes aufgenommen haben, den Länderzusammenschluss: Sie haben die Prignitz aufgeführt, die zwischen Hamburg in Berlin liegt, und das in einen Zusammenhang mit dem Länderzusammenschluss gebracht. Eines wird sich nicht ändern: Auch wenn wir alle Länder Deutschlands zusammenschließen, wird die Prignitz nicht näher an Hamburg und auch nicht näher an Berlin heranrücken. Das bleibt leider, wie es ist. - Danke schön.
Wo er Recht hat, hat er Recht. - Das Schlusswort hält die Abgeordnete Richstein von der CDU-Fraktion.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte an die Rede des Kollegen Lunacek anknüpfen, in der er sich ganz klar für das vorhandene Reformpaket aussprach. Es war ein klares Bekenntnis zum Föderalismus, es war ein klares Bekenntnis zur Subsidiarität. Daraus muss ein klares Bekenntnis zu der Verantwortung folgen, die wir übernehmen und die wir auch gestalten müssen, um ihr gerecht zu werden; denn wer, wenn nicht wir als Land und insbesondere wir als Landesparlament, haben einen Nutzen von diesem Reformvorhaben?
Die Länder hatten und haben kaum noch die Möglichkeit, Politik wirklich zu gestalten. Von den bisher ungefähr fünfzig Grundgesetzänderungen gingen drei Viertel, die in Kompetenzen eingriffen, zulasten der Länder und wirkten zugunsten des Bundes. Dieser Entwicklung wird durch die Föderalismusreform endlich Einhalt geboten, und wir erhalten diese Kompetenzen zurück. Unsere Aufgabe ist nicht nur, die aktuelle Tagespolitik abzuarbeiten, sondern unsere Verantwortung ist auch, Bürgernähe, Transparenz und Efffizienz staatlichen Handelns zu gestalten und zu sichern.
Gerade dieses gestalterische Moment fehlt mir bei den Antragstellern vollständig. Es liegt in der Natur der Sache, dass die Opposition mehr redet als handelt; so ist nun einmal die Rolle. Dass Sie nunmehr die Regierung und die Koalitionsfraktionen sogar auffordern, sich nicht für das Land einzusetzen, sondern Kompetenzen und Verantwortlichkeiten auf eine höhere Instanz zu verlagern, entzieht sich wirklich meiner Logik.
„Die zunehmende Zentralisierung und Verflechtung politischer Entscheidungen sowie die Entwicklung zum Exekutivföderalismus gefährden Vielfalt und Bürgernähe, demokratische Legitimation, Transparenz und Effektivität politischen Handelns.“
Gleichzeitig legen Sie uns Anträge vor, in denen Sie genau die Gesetzgebungskompetenz auf den Bund verlagern. Sie zeigen im Grunde genommen, meine Damen und Herren: Sie sind und bleiben Ihrem zentralistischem Denken verhaftet,
was es Ihnen leicht macht, zu meckern, ohne etwas zu ändern, mit dem Finger auf andere zu zeigen und sich damit zu entschuldigen, dass Sie leider nicht verantwortlich sind und an der Situation nichts ändern konnten. Das ist wirklich organisierte Verantwortungslosigkeit.