Protokoll der Sitzung vom 18.05.2006

(Zuruf von der CDU)

Dabei hatten Sie in der letzten Legislaturperiode sogar den Vorsitz im Rechtsausschuss gehabt.

(Beifall bei der DVU)

Der rechtliche Erziehungsbegriff in der kriminalpolitischen Diskussion des Jugendstrafrecht ist seit vielen Jahren heftig umstritten. Es kann eindeutig aus der Systematik der jugendstrafrechtlichen Regelungen abgeleitet werden. In dieser Systematik lassen sich die zwei Grundsätze - Vorrang der Erziehung vor der Strafe und die Anwendung des möglichst mildesten Mittels - erkennen, die als Leitlinien der Rechtsfolgenbestimmung gelten.

Wie das bei einem volljährigen Schwerkriminellen greifen soll, mag Ihrer Ideologie entsprechen und sei hinzubiegen, wie Sie, Herr Sarrach, sich ausgedrückt haben. Da Sie noch nicht einmal wissen, wann irgendwelche Gesetze eingeführt wurden, tun Sie mir ohnehin leid.

(Beifall bei der DVU - Sarrach [Die Linkspartei.PDS]: Solange ich den Inhalt des Gesetzes verstehe!)

Das hat jedoch nichts mit den täglichen Erfahrungen von Staatsanwälten, Kriminalpolizei und Jugendrichtern zu tun. In Brandenburg gab es laut polizeilicher Kriminalstatistik, Herr Werner, ab 1999 zwar einen leichten Rückgang des Anteils Heranwachsender an der Gesamtzahl der Verdächtigen, doch setzte sich dieser positive Trend seit 2003 nicht fort. Nach zwischenzeitlich gesicherter Erkenntnis begehen ca. 10 % auch das haben Sie richtig gesagt - aller jungen Tatverdächtigen insgesamt 50 % aller registrierten Straftaten. Dabei hat

sich die Qualität der einzelnen Delikte, insbesondere im Bereich der Gewaltkriminalität, deutlich verschärft. Auch das Problem der Mehrfach- bzw. Intensivtäter ist im Land größer geworden. Daher ist dringender Reformbedarf im Jugendstrafrecht gegeben, meine Damen und Herren.

Die organisatorischen Maßnahmen der Landesregierung, namentlich die Förderung des vorrangigen Jugendverfahrens bei jungen Intensivtätern, die Regelanwendung des vereinfachten Verfahrens nach § 67 ff. JGG sowie die Unterstützung der Jugendhilfeeinrichtungen sind zwar sinnvoll - da haben Sie Recht -, greifen jedoch bei 18- und 21-Jährigen Kriminellen aller Erfahrung nach nicht mehr.

(Zuruf von der Linkspartei.PDS: Das stimmt nicht!)

Wir müssen uns endlich davon verabschieden, dass ein 20-Jähriger mehrfach Vorbestrafter durch bloße Erziehungsmaßnahmen auf einen rechtschaffenen Weg gelenkt werden kann. Das Erwachsenenstrafrecht enthält auch für diese Täter ausreichende Resozialisierungsziele. Ausgehend von der Rechtsprechung des BGH, wonach Reifeverzögerungen noch bis zur Vollendung des 27. Lebensjahres anerkannt werden können, findet dies im Einzelfall auch im Rahmen der Strafzumessung sowie bei der Frage der Schwere der Schuld ausreichend Berücksichtigung.

In vielen Bereichen der Gesellschaft, ob im Berufsleben, im Straßenverkehr oder im allgemeinen Rechtsverkehr, werden seit langem keine Unterschiede mehr zwischen 18- und 21-Jährigen und älteren Erwachsenden gemacht. So sieht es in der Realität, so sieht es draußen aus; denn junge Menschen dieses Alters müssen grundsätzlich zum Dienst mit der Waffe.

Gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Herr Schuldt, können Sie bitte noch einmal erläutern, weshalb es Ihnen so wichtig ist zu erfahren, dass das Jugendgerichtsgesetz 1974 erlassen wurde?

Ich weiß es ja; aber meine Kollegin wollte es von Ihnen wissen. Wir können uns danach noch einmal unterhalten; ich gebe Ihnen gern Nachhilfe.

(Lachen des Abgeordneten Schulze [SPD] - Beifall bei der DVU)

Warum werden Menschen, die als Soldaten an der Waffe arbeiten können, in diesem Alter auch als Polizisten arbeiten können, also als Beamte hoheitliche Aufgaben wahrnehmen können, dann strafrechtlich nicht als Erwachsende behandelt, sondern nach dem Jugendstrafrecht verurteilt? Das kann es nicht sein. Genau das wollen wir mit unserem Antrag erreichen: dass hier endlich eine Änderung herbeigeführt wird, dass die, die Straftaten begehen und schwer kriminell sind,

nicht als Jugendliche behandelt werden, sondern als Erwachsene, wie es üblich ist. Ab einem Alter von 18 Jahren ist man volljährig und muss dann auch für seine Tat einstehen. Das ist die Intention unseres Antrags, unserer Initiative, und ich bitte um Ihre Zustimmung und um das entsprechende Verständnis, warum wir diesen Antrag eingebracht haben.

(Beifall bei der DVU)

Meine Damen und Herren! Die DVU-Fraktion beantragt die Überweisung des Antrags in Drucksache 4/2886 - Bundesratsinitiative zur Änderung des Jugendgerichtsgesetzes - an den Rechtsausschuss. Wer diesem Begehr Folge leisten möchte, den bitte ich um sein Handzeichen. - Gibt es Gegenstimmen? Stimmenthaltungen? - Damit ist das mit deutlicher Mehrheit abgelehnt.

Ich lasse über den Antrag in Drucksache 4/2886 in der Sache abstimmen. Wer ihn befürwortet, den bitte ich um sein Handzeichen. - Gibt es Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Damit ist dieser Antrag mit großer Mehrheit abgelehnt.

Wir verlassen Tagesordnungspunkt 10 und ich rufe Tagesordnungspunkt 11 auf:

Zukunft sichern - Brandenburg als Energieland ausbauen

Antrag der Fraktion der SPD der Fraktion der CDU

Drucksache 4/2893

Der Abgeordnete Karney eröffnet für die CDU-Fraktion die Debatte.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Jeder spürt es schon seit geraumer Zeit: an der Tankstelle, an seiner Energieabrechnung oder bei Gesprächen mit Unternehmern, mit Handwerkern auch in Brandenburg alle klagen über die hohen Energiekosten, über die hohen Ölpreise. Jeder schimpft auf die Ölscheichs und Spekulanten an den Börsen, kaum einer denkt, dass man etwas dagegen tun kann.

Die Bundeskanzlerin lud Anfang April zu einem ersten Energiegipfel in das Kanzleramt ein, um mit Verbänden, Unternehmen und Experten über diese Problematik zu sprechen. Das Gespräch war der Auftakt für die Arbeit an einem nationalen energiepolitischen Gesamtkonzept für den Zeitraum bis 2020. In der nächsten Zeit geht es darum, die Abhängigkeit von Energieimporten zu verringern, steigende Preise zu stoppen und die umweltpolitischen Herausforderungen des Klimaschutzes in den Blick zu nehmen.

Es wurde vereinbart, dass die Energieunternehmen bis 2012 rund 30 Milliarden Euro in den Bau von Kraftwerken und Netzen stecken. Das sind im Übrigen rund 10 Milliarden Euro mehr als bislang zugesagt. Außerdem will die Branche der

erneuerbaren Energien 33 bis 40 Milliarden Euro investieren. Im Gegenzug sagte die Bundesregierung 2 Milliarden Euro für die Energieforschung zu. Dass dies nur der Auftakt war, belegt auch die Tatsache, dass für September ein neuer Energiegipfel vereinbart wurde. Bis dahin sollen nun drei Arbeitsgruppen Schwerpunktfragen bearbeiten. Dabei geht es zum einen um internationale Fragen wie die Energieimporte aus dem Ausland, zum anderen um nationale Aspekte wie Versorgungssicherheit und Strompreise und schließlich um das Thema Energieeffizienz und Innovationen.

Die Bundesregierung ist meines Erachtens auf dem richtigen Weg. Aber auch wir hier in Brandenburg können etwas gegen die hohen Energiepreise und die Abhängigkeit von Importen tun und wir wollen dies auch.

Ich möchte Ihnen anhand einiger Zahlen verdeutlichen, dass es Zeit wird, endlich zu reagieren. 48 % der Energienachfrage in der EU müssen durch Importe gedeckt werden. Die Energiepreise sind in Deutschland von 1996 bis 2004 um 38 %, in der EU der 25 um 34,6 % und in der EU der 15 um 28,4 % gestiegen. Deutschland hat den zweithöchsten durchschnittlichen Strompreis in der EU für private Haushalte und Industriekunden, natürlich auch für Handwerk und Gewerbe in Brandenburg. Das gilt auch für die Energiepreise.

Zurzeit kostet das Öl ungefähr 69 Dollar pro Barrel. Um zu verdeutlichen, welche Sprünge der Ölpreis in den letzten Jahren gemacht hat, will ich Ihnen hier nur zwei Zahlen nennen: 1999 stand der Ölpreis bei ca. 18 Dollar. Im letzten Jahr um diese Zeit waren es 48 Dollar. Allein dieser Anstieg zeigt, dass wir etwas tun müssen.

Mit dem Ihnen vorliegenden Antrag wollen wir erreichen, dass sich die Landesregierung im Interesse einer besseren Wettbewerbsfähigkeit und um die Stärken Brandenburgs als Energieland weiter auszubauen, aktiv in die laufende Diskussion auf EU-Ebene einbringt und damit die Weichen für sichere und bezahlbare Energiepreise stellt.

Welche Stärken haben wir auf diesem Gebiet? Etwa 350 mittelständische Unternehmen sind im Bereich der Energietechnologie in Brandenburg tätig. Diese Unternehmen schafften 15 000 Arbeitsplätze und haben einen Jahresumsatz von 2,5 Milliarden Euro. In den letzten Jahren wurde die Energieinfrastruktur mit Milliardenaufwand erneuert.

Die Landesregierung brachte schon vor Jahren eine kontinuierliche Energiepolitik auf den Weg. Dazu gehören die Energiestrategie 2010, die Förderung der Ansiedlungen von Energietechnologiefirmen und die Förderung der Nutzung von erneuerbaren Energien im Land Brandenburg.

Diese Ziele sind auch im Koalitionsvertrag nachzulesen. Um sie zu erreichen, müssen wir die Energiestrategie 2010 als zentralen Pfeiler unserer Energiepolitik evaluieren und gegebenenfalls fortschreiben, um die Sicherung einer verträglichen Preisentwicklung für industrielle, mittelständische und private Energieverbraucher zu erreichen. Das bedeutet auch, dass wir der wachsenden Energienachfrage nur mit einem zukunftssicheren Energiemix begegnen können. Wir müssen wegkommen von einer ideologisch begleiteten Diskussion um Windkraft oder Kernenergie und hin zu einem reellen und effizienten Mix aus verschiedenen Energieformen. Dabei bringen uns

neuartige, aber ineffiziente Verfahren wie die Verstromung von Biogas nicht weiter. Notwendig ist die Nutzung unserer Ressourcen und der regenerativen Energien im Land Brandenburg.

Darüber hinaus wollen wir unser Land Brandenburg als Forschungsstandort auf diesem Gebiet weiter stärken und eine aktive Rolle auf Bundes- und EU-Ebene spielen. Im Forschungsbereich sind wir schon auf einem guten Weg. Mit dem Bau des ersten CO2-freien Braunkohlekraftwerks in der Lausitz sowie der Schaffung von 1 600 Arbeitsplätzen im Bereich innovativer Energietechnologien oder unserer führenden Position bei der Herstellung von Biokraftstoffen hat sich Brandenburg durch seine Wirtschafts- und Forschungslandschaft eine anerkannte Position bei neuen notwendigen energiepolitischen Lösungen erarbeitet.

Brandenburg hat eine Vorreiterrolle inne, die es in den kommenden Jahren zu sichern gilt. Durch die Aufnahme von Energiewirtschaft und Energietechnologie in das neue Wirtschaftsförderkonzept von Minister Junghanns sehen wir die Weichen in die richtige Richtung gestellt. Aus seiner Position als Energieland heraus muss sich Brandenburg in die energiepolitische Diskussion auf europäischer Ebene und beim Bund einbringen. Die Endlichkeit der Ressourcen, eine wachsende weltweite Energienachfrage und die zunehmende Importabhängigkeit Europas und Deutschlands stellen neue Anforderungen an die Herstellung der Versorgungssicherheit. Brandenburg hat für seine Bürgerinnen und Bürger die Verantwortung, trotz globaler Veränderungen bezahlbare Energiepreise zu sichern und Wohlstandsverluste zu verhindern. Hohe Energiepreise stellen einen Standortnachteil dar, den sich Brandenburg nicht leisten darf. Deutschland zahlt im europäischen Vergleich mit die höchsten Energiepreise. Gleiches gilt für Brandenburg im deutschlandweiten Vergleich. Auch hier müssen Antworten gefunden werden. Die einseitige Ausrichtung an der Förderung von Windkraft hat die Energiekosten erhöht, ohne dass damit eine Energiequelle für den Grundlastbereich zur Verfügung steht. So werden in Zukunft Milliardeninvestitionen in unsere Netze erforderlich, die wiederum die Kosten für die Brandenburgerinnen und Brandenburger erhöhen.

Die rot-grüne Bundesregierung hat mit den Regelungen im EEG Fehlanreize gesetzt, was sich in hohen Energiepreisen und der Vernachlässigung eines ausgewogenen Energiemixes niedergeschlagen hat. Durch das blinde Vertrauen auf einseitige Energieformen wurden Maßnahmen getroffen, die zur Verspargelung der Landschaft und zum Teil zu hohen Energiepreisen geführt haben. Die jetzige Bundesregierung aus CDU und SPD hat sich dem Thema angenommen und versucht nun, Ausgewogenheit herzustellen. Ich bin zuversichtlich, dass dies der großen Koalition im Bund gelingen wird. Die jetzige Diskussion muss von Brandenburg genutzt werden, um durch unsere Erfahrung dazu beizutragen, mit dem EEG eine Unterstützung für Energietechnologien zu sichern, die auf die Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit und nicht auf eine Dauersubventionierung ausgerichtet ist.

Die Energieversorgung in Deutschland beruht auf der Nutzung einer vergleichsweise breiten und ausgewogenen Mischung von Energieträgern wie Steinkohle, Braunkohle, Erdgas, Mineralöl, Kernenergie und erneuerbaren Energien sowohl beim Primärenergieverbrauch als auch bei der Stromerzeugung. Allerdings erfüllt keiner dieser Energieträger allein alle Anforderungen an eine wirtschaftliche, sichere und umweltfreundliche Energieversor

gung. Neben einem gesunden Mix wird in Zukunft auch die Erhöhung von Wirkungsgraden und der Energieeffizienz eine entscheidende Rolle spielen. Auch diese Punkte sind bei einer Evaluierung und eventuellen Neuausrichtung der Energiestrategie zu beachten.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Lassen Sie uns gemeinsam für bezahlbare Energiepreise in Brandenburg kämpfen! Ich sage bewusst „kämpfen“; denn wir brauchen bezahlbare Energiepreise für jeden einzelnen und für unsere Wirtschaft. Jeder braucht Energie, jeder soll sie bezahlen können. Lassen Sie uns die Ideologie beiseite stellen und endlich realistisch die Probleme anpacken! - Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU sowie des Abgeordneten Klein [SPD])

Vielen Dank. - Herr Abgeordneter Christoffers setzt mit dem Beitrag der Fraktion der Linkspartei.PDS fort.

An Sie alle habe ich die Bitte, Ihre Gespräche außerhalb des Plenarsaals zu führen. Das gilt auch für Herrn Lunacek und Frau Gregor. Soll ich sie jetzt alle aufzählen?

(Klein [SPD]: Ja, klar!)

- Ich erspare es mir und Ihnen. Bei diesem Geräuschpegel arbeitet es sich für die Vortragenden außerordentlich schwer. Halten Sie bitte Disziplin!