Protokoll der Sitzung vom 18.05.2006

Wir sind damit am Ende der Redezeit zu diesem Tagesordnungspunkt angelangt. Ich stelle den Antrag der Fraktion der Linkspartei.PDS in Drucksache 4/2895 - Kommunale Entlastungsgesetze - zur Abstimmung. Wer diesem Antrag seine Zustimmung gibt, den bitte ich um sein Handzeichen. - Gibt es Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Das ist die Mehrheit. Damit ist dieser Antrag abgelehnt worden und wir verlassen Tagesordnungspunkt 12.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 13 auf:

Keine Kürzungen bei Projekten gegen Rechtsextremismus

Antrag der Fraktion der Linkspartei.PDS

Drucksache 4/2896

Außerdem liegt ein Entschließungsantrag der Koalitionsfraktionen in Drucksache 4/2950 vor.

Der Abgeordnete Dr. Bernig eröffnet für uns die Debatte.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordnete! Fast täglich lesen wir in den Zeitungen von rassistischen und fremdenfeindlich motivierten Übergriffen, rechtsextremistischer Gewalt, antisemitischen Vorfällen und Ereignissen, die mit der Verherrlichung des Nationalsozialismus zu tun haben.

Da wird in Rheinsberg permanent ein Döner-Imbiss demoliert. In Cottbus beschmieren Täter den Sitz der Jüdischen Gemeinde mit Hakenkreuzen. So genannte Fußballfans zeigen Transparente mit antisemitischem Inhalt, und es werden Menschen wie Ermias M. wegen ihrer Hautfarbe und Herkunft schwer verletzt, auch wenn noch nicht alle Einzelheiten des Tathergangs aufgeklärt worden sind.

Wir nehmen diese schlimmen Vorgänge zur Kenntnis, wollen nichts verharmlosen und versuchen, die Ursachen zu ergründen, die nicht nur in der ostdeutschen Vergangenheit zu suchen sind.

Aber eines will ich klar sagen: Die Bewertung der Situation in Brandenburg durch Uwe-Karsten Heye halte ich für völlig überzogen. Wer derart überzeichnet, der leistet eher denen Vorschub, die Angst und Schrecken verbreiten wollen und für national befreite Zonen eintreten.

Ich sage: In Brandenburg sind Ausländer willkommen, und das nicht nur zur Fußballweltmeisterschaft.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)

Gemeinsam sollten wir mit Zivilcourage und bürgerlichem Engagement für ihre Sicherheit sorgen.

Herr Innenminister, Sie haben am Montag bei der Vorstellung des Verfassungsschutzberichtes für das Jahr 2005 festgestellt, dass die Bekämpfung des Rechtsextremismus die größte Herausforderung bleibt. Das sehen wir auch so. Sie mussten eine Zunahme des Personenpotenzials im Bereich Rechtsextremismus auf 1 385 konstatieren.

Es mag sein, Herr Innenminister, dass Brandenburg bei der Bekämpfung des Rechtsextremismus nach Ihrer Auffassung auf dem richtigen Weg ist. Ich meine, er ist noch zu schmal und zu holprig. Rechtsextremistische Parteien haben Zulauf. Es

gibt eine engere Zusammenarbeit von Neonazis und Kameradschaften. Die Gewaltstraftaten sind zwar im Jahr 2005 um acht zurückgegangen, sie liegen aber immer noch deutlich über dem Niveau der Jahre 2002 bis 2003.

Für die Bundesrepublik musste Bundesinnenminister Schäuble in der vergangenen Woche ein Ansteigen der Zahl rechtsextremistischer Gewalttaten um 24,3 % feststellen.

All das zeigt: Im Kampf gegen Rechtsextremismus, Gewalt und Fremdenfeindlichkeit sind nach wie vor erhebliche Anstrengungen mit besonderer Nachhaltigkeit erforderlich. Die übergreifende Präventionsarbeit spielt dabei eine herausragende Rolle.

Auch Sie, Herr Innenminister, haben in der letzten Zeit mehrfach bekundet, dass wir mit den repressiven Maßnahmen weitestgehend am Ende sind und dass mehr im präventiven Bereich getan werden muss. Wie Sie auf dem GdP-Delegiertentag sagten, haben Sie sich in der Frage der Prävention vom Saulus zum Paulus gewandelt. Das haben wir heute schon einmal gehört. Ich hätte nie gedacht, dass wir uns in den Auffassungen einmal so nahe kommen würden.

Die Bundesregierung hat im Jahr 2001 das Aktionsprogramm „Jugend für Toleranz und Demokratie - gegen Rechtsextremismus, Fremdenfeindlichkeit und Antisemitismus“ mit den Programmteilen CIVITAS, ENTIMON und XENOS aufgelegt. Dabei war Brandenburg bei dem Programmteil CIVITAS mit der Arbeit des Mobilen Beratungsteams und der Opferperspektive Brandenburg e. V. Vorbild für andere Länder. Das sollte für das Land Brandenburg auch Anlass sein, weiter an der Spitze zu stehen.

(Vereinzelt Beifall bei der Linkspartei.PDS)

Das Problem des Bundesaktionsprogramms besteht darin, dass es eine Modellfunktion hat und deshalb nicht auf Dauer angelegt ist, sondern Ende dieses Jahres ausläuft.

Insofern kann ich den ersten Teil der Begründung in dem Entschließungsantrag von SPD und CDU nicht ganz nachvollziehen. Die Bundesregierung hat deutlich signalisiert, dass die Absicherung der Projekte nur im regionalen Rahmen gesucht werden kann und dass sie erwartet, dass die Länder und Kommunen die bisher bereitgestellten Mittel weiterhin zur Verfügung stellen oder aufstocken.

Allen Akteuren musste also von Anfang an klar sein, dass die Finanzierung letztlich durch das Land und die Kommunen übernommen werden muss, wenn diese Projekte fortgesetzt werden sollen. Mit dem von der Bundesregierung neu aufgelegten Programm für Demokratie und Toleranz ist die Finanzierung bestehender Projekte jedenfalls nicht möglich.

Meine Fraktion ist der Auffassung, dass sich die im Land geförderten Projekte vollauf bewährt haben. Insbesondere die über das Programm CIVITAS geförderten Strukturprojekte wie die Opferperspektive, Fair play Wittstock/DGB Flecken Zechlin oder das Projekt des Landesjugendrings haben in den vergangenen Jahren zu einer Verstetigung und Professionalisierung der Arbeit gegen Rechtsextremismus geführt und stehen für eine Kontinuität der Arbeit, die unverzichtbar ist. Das müssen wir unbedingt fortsetzen.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)

Diese positive Bewertung wird auch von den ostdeutschen Landesjugendringen und von der Bundesregierung geteilt, die das Programm wissenschaftlich begleitet und evaluiert hat. Deshalb stellen wir heute den Antrag, dass die Landesregierung die dazu notwendigen finanziellen Mittel in den Haushaltsplan 2007 einstellt. Da wohl im Juni eine Behandlung im Kabinett erfolgen soll, ist jetzt die Zeit, um zu handeln.

Auf der Bundesebene sollte sich die Landesregierung dafür einsetzen, dass die entsprechenden Mittel im Bundeshaushalt freigestellt werden. Das heißt, die entsprechenden Mittel könnten an eine Institution des Bundes in einer Weise übertragen werden, die es erlaubt, die Förderung der entsprechenden Projekte als dauerhafte Aufgabe des Bundes zu etablieren.

Wie der Begründung des Entschließungsantrages von SPD und CDU und Presseberichten zu entnehmen ist, ist eine Ausweitung des Aufgabenspektrums des neuen Programms auf die Bereiche Linksextremismus und religiöser Extremismus nicht mehr vorgesehen. Wir begrüßen, dass die 19 Millionen Euro auch weiterhin vollständig im Kampf gegen den Rechtsextremismus für neue Projekte zur Verfügung stehen sollen. In konkrete Politik ist das bisher jedoch noch nicht gegossen worden.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Vielen von Ihnen bin ich in Halbe, Potsdam oder Senftenberg bei Aktionen gegen rechtsextremistische Aufmärsche begegnet. Ich glaube, wir haben einen breiten demokratischen Konsens, wenn es darum geht, die Demokratie gegen Ewiggestrige zu verteidigen und den Rechtsextremisten nicht das Feld zu überlassen.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)

Einer Zustimmung zu unserem Antrag dürfte aus meiner Sicht deshalb nichts im Wege stehen.

Zum Entschließungsantrag der Koalitionsfraktionen möchte ich nur sagen, dass unser Antrag weitergehender ist. Bei den bisher geförderten Projekten handelt es sich nicht nur um die Koordinierungsstelle Tolerantes Brandenburg und die Opferperspektive, sondern um eine Vielzahl weiterer Netzwerke und Projekte. Die Liste dazu habe ich vorliegen. Das muss bei der Aufstellung des Haushaltsplanes berücksichtigt werden, wenn die Arbeit verstetigt werden soll.

(Vereinzelt Beifall bei der Linkspartei.PDS)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wenn Sie sich nicht dazu entschließen sollten, unserem Antrag zuzustimmen, so gehe ich davon aus, dass sich meine Fraktion einer Zustimmung zu Ihrem Entschließungsantrag nicht verwehren wird, weil er in die richtige Richtung geht. - Danke schön.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)

Für die SPD-Fraktion spricht die Abgeordnete Stark.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Kollege Dr. Bernig, Sie sagen es: In diesem Hause besteht ein breiter demokratischer Konsens darüber, dass wir keine

Kürzungen bei Projekten gegen Rechtsextremismus wollen. Die beiden vorliegenden Anträge gehen in die gleiche Richtung und haben den gleichen Tenor. Wir möchten gern, dass diese Projekte vor dem Hintergrund immer noch hoher Zahlen in diesem Bereich weitergefahren werden. Deshalb steht im Unterschied zu Ihrem Antrag in unserem Antrag, dass wir die Landesregierung in die Pflicht nehmen und dieses Politikfeld bzw. die konkreten Projekte schon sehr gern in den Haushalt 2007 eingeordnet sehen wollen.

Der erst seit kurzem vorliegende Verfassungsschutzbericht hat uns zwar gezeigt, dass die Fallzahlen von gewaltbereiten rechtsextremistischen Straftaten zurückgegangen sind; Prävention und Repression tragen also schon Früchte. Aber ich denke, das ist kein Grund, sich zurückzulehnen und sich auf die Schulter zu klopfen. Gerade die jüngste Straftat hier in Potsdam hat gezeigt, dass wir uns auf diesem Feld unbedingt weiter gemeinschaftlich engagieren müssen.

Wir wollen ganz besonders solche erfolgreichen Projekte wie die Koordinierungsstelle Tolerantes Brandenburg oder auch die Opferperspektive fortgesetzt wissen. Deshalb sind sie in unserem Antrag auch noch einmal aufgeführt.

(Beifall bei SPD und der Linkspartei.PDS)

Es spricht nichts dagegen, die in Ihrer Liste aufgeführten Projekte weiter zu fördern. Aber, deshalb auch der Ansatz in unserem Antrag, es muss natürlich - das gilt für alle Projekte auf allen Feldern - immer möglich sein, zu evaluieren und zu verbessern, das eine oder andere vielleicht noch zu ergänzen, was aber nicht heißt, dass wir in dem Bereich Projekte einfach fallen lassen wollen.

Aus diesem Grunde liegt der Entschließungsantrag vor. Er ist aktueller als Ihr Antrag, weil sich die Koalitionsfraktionen auf Bundesebene darauf geeinigt haben, die entsprechenden Mittel bis Ende 2007 weiter zur Verfügung zu stellen. In Ihrem Antrag war davon die Rede, dass sie am 30.06. entfallen. Das ist nicht der Fall.

Sie haben schon signalisiert, unserem Entschließungsantrag zuzustimmen, das heißt, wir sind gemeinsam auf der richtigen Seite. - Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei SPD und der Linkspartei.PDS)

Die Abgeordnete Fechner spricht für die DVU-Fraktion.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die PDS betreibt heute wieder einmal knallharte Klientelpolitik. Die Motivation für diesen Antrag dürfte klar sein: Weniger Steuergelder in sinnlose Projekte.

(Oh! bei der Linkspartei.PDS)

Das hätte zur Folge, dass etliche Kommunisten und PDS-Anhänger arbeitslos werden.