Protokoll der Sitzung vom 18.05.2006

Wenn ich mit dem Satz fertig bin. - Von diesen Entlastungen spricht Herr Dr. Vesper im DIW-Gutachten. - Bitte.

Bitte, Herr Scharfenberg.

Frau Melior, um sicherzugehen, dass wir nicht über zwei unterschiedliche Berichte sprechen: In dem Beitrag, den ich gelesen habe, sagt Herr Vesper ganz deutlich, dass ihm eine solche Evaluierung nicht möglich gewesen sei und er den Nachweis für diese Entlastung nicht führen könne. Andererseits steht die Zusage von Herrn Schönbohm aus dem Jahr 2003, dass dieser Nachweis 2006 geführt werde. Wie erklären Sie sich diesen Widerspruch und wie wollen Sie ihn auflösen?

Ich habe mich wahrscheinlich nicht klar genug ausgedrückt. Also, ich stehe nicht hier vorn am Rednerpult, um mich für die damals gemachten Zusagen des Innenministers zu rechtfertigen.

(Beifall des Abgeordneten Bischoff [SPD])

Da müssen Sie Herrn Schönbohm selbst fragen. Er wird Ihnen sicher eine Antwort darauf geben können.

Den Sachverhalt habe ich gerade geschildert. In dem Gutachten ist die Zahl nachlesbar. Sie haben Kita-Plätze, Schülerbeförderung etc. angesprochen; die Entlastung lässt sich auf 20 bis 24 Millionen Euro beziffern.

Nochmals: Inhaltlich will ich das überhaupt nicht bewerten. Diese Zahl ist genannt worden und nur die wird jetzt durch die Bewertung vom Finanzministerium in Anspruch genommen. Der Staatssekretär kann dazu nähere Ausführungen machen.

Wir reden über einen Bericht. Das gilt dann auch im Nachsatz zur Beantwortung Ihrer Frage, Herr Dr. Scharfenberg. Herr Dr. Vesper hat festgestellt, dass man einen Riesenberg von Datenmaterial evaluieren müsste, wenn man genau sagen wollte: Der Winterdienst in der Kommune X, Y oder Z hat soundso viel Einsparungen gebracht.

(Zuruf des Abgeordneten Helm [CDU])

Wer will das auf sich nehmen? Wir haben gestern viel Zeit darauf verwendet, die kommunale Selbstverwaltung hochzuhalten.

Dieses Datenmaterial gehört eindeutig in die kommunale Selbstverwaltung.

(Beifall des Abgeordneten von Arnim [CDU])

SPD und CDU lehnen den Antrag ab. Wir wollen keine neuen Berichte. Wir wollen, dass die Kommunen finanziell anständig ausgestattet werden. Deswegen gibt es dieses Jahr auch den Nachschlag von 105 Millionen im IV. Quartal. - Vielen Dank.

(Beifall bei SPD und CDU)

Der Abgeordnete Claus setzt für die DVU-Fraktion fort.

Herr Präsident! Meine Damen! Meine Herren! Es geht bei diesem Antrag der Linkspartei.PDS um das Erste und Zweite Gesetz zur Entlastung der Kommunen, welche hier im Jahre 2003 mit den Stimmen der SPD und der CDU verabschiedet worden sind. Unsere Fraktion hat die beiden Gesetze abgelehnt, und zwar aus zwei Gründen.

Durch diese beiden Gesetze sollte die Kürzung der staatlichen Schlüsselzuweisungen an die Kommunen ausgeglichen werden. Aus Sicht unserer Fraktion konnte dieses Ansinnen von vornherein nicht aufgehen. Dies wurde im Übrigen auch in den Ausschussanhörungen von den Vertretern der kommunalen Spitzenverbände sowie einzelner Kommunen im Wesentlichen bestätigt.

Das heutige Ergebnis ist bezeichnend. In der Tat befinden sich die allermeisten Kommunen des Landes Brandenburg in einer dramatischen Finanzkrise. Als Zwischenergebnis lässt sich also feststellen: Der Herr hat nicht nur gegeben und genommen, der Herr hat mehr genommen als gegeben.

(Beifall bei der DVU)

Zudem betreffen beide Gesetzeswerke, bei denen es sich aus unserer Sicht um reine Kürzungsgesetze ohne gestaltenden Aspekt handelt, Bereiche, die gerade angesichts der demografischen Entwicklung bei uns in Brandenburg von zentraler Bedeutung sind. Insbesondere wurden hierdurch Familien mit Kindern noch zusätzlich belastet. Natürlich waren und sind wir als Fraktion dagegen. Um der negativen Entwicklung in unserem Land entgegenzuwirken, können wir uns sicherlich nicht die Äste absägen, auf denen wir sitzen, meine Damen und Herren.

Entsprechende Änderungsanträge hatte unsere Fraktion hier im Plenum vorgelegt. Die können wir auch gern wieder aufgreifen, meine Damen und Herren.

Außerdem finden sich auch in dem 2005 von der Landesregierung vorgelegten und erst kürzlich erörterten Demografiebericht Lösungsvorschläge, die mit diesem Kürzungswerk der vergangenen 3. Legislaturperiode offensichtlich nicht in Einklang zu bringen sind. Schließlich mehren sich auch in den Reihen von SPD und CDU Stimmen, die insbesondere auf Entlastung für Familien und eine bessere Finanzausstattung der Kommunen drängen.

Der Antrag der Linkspartei.PDS nach einem Evaluierungsbericht zu den Wirkungen dieser beiden Gesetze bedeutet aus unserer Sicht Folgendes, meine Damen und Herren. Wir von der DVU halten einen solchen Bericht der Landesregierung schlicht für überflüssig. Die negativen Auswirkungen dieses Gesetzes sind uns bereits bekannt. Herr Dr. Scharfenberg ist auch zum Teil darauf eingegangen. Sie werden zumindest von Teilen der Landesregierung respektive der sie tragenden politischen Kräfte ebenfalls erkannt. Deshalb ist hier schlicht politisches Handeln gefragt und nicht nur das Produzieren von Papieren, wie Sie, meine Damen und Herren von der Linkspartei.PDS, es uns in Ihrem Antrag wieder einmal vorschlagen. Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der DVU)

Den Beitrag des Finanzministers trägt uns Staatssekretär Zeeb vor.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Bis zum Beginn des Redebeitrags der Abgeordneten Melior dachte ich eigentlich, die Linkspartei.PDS sei motiviert und wolle der Landesregierung mit ihrem Antrag helfen, indem sie an die Zusage des Innenministers aus dem Jahre 2003 erinnert, dass die Evaluation gemacht wird und die Landesregierung Konsequenzen zieht. Diese Zusage wurde im Frühjahr dieses Jahres ich glaube, das habe ich persönlich in Vertretung des Finanzministers übernommen - erneuert. Es sind auch aus diesem Teil des Gesamtkomplexes die Konsequenzen gezogen worden. Das Datum des Antrags zeigt, dass dieser etwas verfrüht eingereicht wurde, weil die Presseerklärung des Finanzministers über die Konsequenzen, die Sie von uns eigentlich erst im September erwarten, schon jetzt im Mai vorliegt.

Aber nach dem Redebeitrag war mir klar, worauf es Ihnen ankommt. Ihnen geht es nicht darum, dass wir trotz der angespannten Situation, in der das Land steckt, die richtigen Konsequenzen für die Kommunen ziehen und wirklich wirksam Geld rüberreichen. Ihnen geht es nicht darum, dass wir zu der Aussage - damals des Innenministers und heute des Finanzministers - stehen: Eine mögliche unausgeglichene Asymmetrie im Untersuchungszeitraum bis 2004 wird selbstverständlich ausgeglichen. Dass wir das nun tun, das hat Sie überholt.

Inzwischen ist mir klar, es kommt Ihnen nicht auf die Sache, auf das Geld für die Kommunen an, sondern darauf - ich schließe mich Ihrer Interpretation an, Frau Abgeordnete -, Papiere zu produzieren.

Ich möchte mit meinem Resümee die Worte abwandeln: Der Antrag hat sich nicht erledigt, sondern ihm zuzustimmen wäre nicht richtig.

Wir werden, meine Damen und Herren, selbstverständlich in Heller und Pfennig das wahr machen, was der Öffentlichkeit schon mitgeteilt wurde: Die Landesregierung wird dem Landtag im Rahmen eines Nachtragshaushalts noch vor der Sommerpause vorschlagen, den Kommunen in diesem Jahr etwa 105 Millionen Euro zusätzlich zur Verfügung zu stellen. Wir werden diesen Nachtrag selbstverständlich auch mit den Zahlen sachlich begründen, die Frau Abgeordnete Melior gerade im Einzelnen genannt hat.

Gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Selbstverständlich, Herr Präsident.

Bitte, Herr Scharfenberg.

Herr Staatssekretär, dass wir nicht aneinander vorbeireden: Kann ich davon ausgehen, dass die 140 Millionen Euro, die 2003 den Kommunen durch Steuermindereinnahmen weggenommen worden sind und die durch die Entlastungsgesetze ausgeglichen werden sollten, durch die von Ihnen genannten 105 Millionen Euro endgültig ausgeglichen sind? Bedeutet das, dass die Entlastungsgesetze für sich genommen praktisch als Nullsummenspiel betrachtet worden sind? Oder gibt es hier noch offene Positionen, die in ihrer Wirkung geklärt werden müssten?

(Schulze [SPD]: Wie kann man Steuermindereinnahmen wegnehmen? - Zuruf von der Linkspartei.PDS: Sie sind nicht gefragt!)

Herr Staatssekretär, Sie haben das Wort.

Als präzise Antwort: Nein. Sie haben mich da falsch verstanden. Die von uns dargestellte Zahl der Nachzahlung bezieht sich nicht allein auf den Sachverhalt der kommunalen Entlastungsgesetze, sondern bedeutet insgesamt einen Ausgleich der im Gutachten festgestellten Asymmetrie. Möglicherweise ist es auch ein Missverständnis Ihrerseits. Die zitierten Zahlen bzw. die Zahlen, die Sie nicht zitiert haben, da Sie nur das Resümee des Gutachters zitiert haben, beziehen sich auf jährliche Einsparungen, die durch die Entlastungsgesetze seiner Schätzung nach eintreten. Unsere Aufgabe ist es, im Gesamtzeitraum zwischen 2000 und 2004, konkret seit Erlass des ersten Gesetzes, meiner Erinnerung nach im Juni des Jahres 2003, also für eineinhalb Jahre, diese Evaluation vorzunehmen. Insofern lautet meine Antwort Nein. Die Zahl ist nicht eins zu eins bezogen auf ein Jahr.

Ich meine, ich habe noch etwas Zeit. - Anderthalb Minuten, vielen Dank, Herr Präsident. - Das Gutachten liegt seit März öffentlich vor. Die darin genannte Zahl bezieht sich auf eineinhalb Jahre bzw. auf ein Jahr. Es wurde klar Stellung genommen. Das Ministerium hat die Evaluation durchgeführt und kam mit anderen Faktoren zu dem Ergebnis, dass der Gesamteffekt, bezogen auf eineinhalb Jahre und bezogen auf die Asymmetrie 2000 bis 2004, in der Endsumme 105 Millionen Euro beträgt. Eine Zahl kann ich noch zusätzlich nennen. In der Gesamtsumme ist das enthalten, was uns das FAG auferlegt: die Abrechnung der jeweiligen Steuerverbünde. Wir werden Ihnen, wie schon gesagt, den Nachtragsentwurf bald vorlegen. Es sind knapp 10 Millionen Euro, die wegen der

guten und überproportionalen Steuerentwicklung bei den Kommunen im Jahr 2005 gesetzlich, für uns verpflichtend, gegengerechnet werden müssen.

Da Sie schon gestern in aller Ausführlichkeit über den Gesamtkomplex Kommunalfinanzen gesprochen haben, möchte ich mich auf zwei Dinge bezüglich des Widerspruchs in Ihrer Begründung beschränken. Sie sagen am Schluss Ihrer Begründung, es käme insbesondere darauf an, die kommunale Einnahmensituation zu betrachten, und das hätte der Gutachter vorgeschlagen. In diesem Punkt muss ich deutlich widersprechen. Es kommt nicht nur - auch nicht nach der Auffassung des Gutachters - auf die Einnahmensituation an, sondern selbstverständlich - wie beim Land so auch bei den Kommunen - auch auf die Ausgabenseite.

Es gibt Nachfragebedarf. Gestatten Sie?

Gern.

Bitte, Frau Osten.

Herr Staatssekretär, ich hoffe, dass die Rede jetzt nicht umsonst war. Ich stelle nur die Frage, ob die kommunalen Entlastungsgesetze, die ja vom Landtag mehrheitlich beschlossen wurden, nach Ihrer Einschätzung irgendwelche finanziellen Einsparwirkungen bei den Kommunen hatten oder nicht, ganz abgesehen von Dr. Vesper, Steuerschätzungen usw.

Das lässt sich mit Ja oder Nein beantworten.

Aber selbstverständlich. Das spiegelt sich in der Zahl, die gestern genannt wurde, wider.

(Heiterkeit - Zuruf von der SPD: Sehr gut geantwortet! - Vereinzelt Beifall bei der CDU)

- Ich danke Ihnen.

Ich danke Ihnen auch, Herr Staatssekretär.

Wir sind damit am Ende der Redezeit zu diesem Tagesordnungspunkt angelangt. Ich stelle den Antrag der Fraktion der Linkspartei.PDS in Drucksache 4/2895 - Kommunale Entlastungsgesetze - zur Abstimmung. Wer diesem Antrag seine Zustimmung gibt, den bitte ich um sein Handzeichen. - Gibt es Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Das ist die Mehrheit. Damit ist dieser Antrag abgelehnt worden und wir verlassen Tagesordnungspunkt 12.