Andreas Bernig

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Herr amtierender Präsident! Sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen! Der vorliegende Gesetzentwurf ist Ausdruck dessen, wie schnelllebig Gesetze und Politik im Land Brandenburg sein können, und dafür, welchen Stellenwert die Regierung dem Parlament einräumt. Ich will das kurz erläutern.
Erst im März 2009 haben wir das Beamtenrechtsneuordnungsgesetz verabschiedet, von dem ich damals behauptet habe, dass es den Namen nicht verdiene. Meine Fraktion hatte verschiedene
Vorschläge der Gewerkschaften aufgegriffen und mehrere Änderungsanträge eingebracht, um wenigstens einige Fortschritte zu erreichen. Sie wurden allesamt abgelehnt, auch der Antrag zur Abschaffung der Regelbeurteilung.
Nach den Protesten der Gewerkschaften, insbesondere der GdP, bringt nun die Koalition nach drei Monaten Gültigkeit des Beamtenrechtsneuordnungsgesetzes die erste Änderung dieses Gesetzes ein. Diese Änderung sieht vor, dass das Gesetz nicht mehr die Regelbeurteilung vorschreibt, sondern das Nähere durch Verwaltungsvorschriften geregelt wird. Damit könne mehr Flexibilität erreicht werden.
Da diese Regelung den Intentionen unseres Antrags vom März 2009 entspricht, stimmen wir dieser Änderung natürlich zu. Nur, meine Damen und Herren von SPD und CDU, interessiert das Innenministerium Ihr Anliegen zumindest vorerst überhaupt nicht. Sie können Ihren Wählerinnen und Wählern versprechen, was Sie wollen - das Innenministerium interessiert das nicht. Noch bevor Ihre Gesetzesänderung überhaupt beschlossen ist, hat das Innenministerium den Beamtinnen und Beamten über sein Intranet verkündet, dass es bei der Regelbeurteilung bleiben wird, weil sie sich bewährt habe. Ist das grenzenlose Ignoranz, oder soll hier einer vorgeführt werden?
Unserem zweiten Antrag zur Änderung des Gesetzentwurfes haben Sie in den Ausschüssen leider nicht zugestimmt. Sie folgten der Argumentation der Landesregierung, dass es sich um eine wirkungsgleiche Übernahme des Tarifergebnisses handele, weil das pauschalierte Leistungsentgelt abgeschafft und ins Grundgehalt eingerechnet werde. Eine solche vergleichbare Leistungsbezahlung gebe es für Beamte nicht, womit eine Anhebung des Sockelbetrages um 20 Euro und nicht um 40 Euro gerechtfertigt sei. Das stimmt. Vergleichbar ist die Leistungsbezahlung nicht. Aber es gibt sie trotzdem auch im Beamtenbereich - nur mit dem Unterschied, dass die Beamten keinen Rechtsanspruch darauf haben und dass sie den Leistungsanteil mit der Streckung der Lebensaltersstufe 1997 selbst erwirtschaftet haben. Seitdem obliegt es dem jeweiligen Ressort, ob Leistungsprämien und Zulagen gezahlt werden. Darüber hinaus müssen diese Leistungsbestandteile aus dem jeweiligen Personalbudget erwirtschaftet werden. Ich kann mich also als Ressortschef entscheiden, ob ich mehr Beförderungen vornehme oder ob ich Leistungsprämien zahle.
Wenn Sie eine tatsächlich wirkungsgleiche Übernahme des Tarifergebnisses wollen, dann stimmen Sie unserem Antrag zu. Auch Ihr Argument, unser Antrag hebele das Tarifergebnis aus und stelle die Beamten finanziell besser, greift nicht. Sie vergessen dabei, dass die Beamten in der Vergangenheit mehrfach von der zeit- und inhaltsgleichen Übernahme des Tarifergebnisses abgekoppelt wurden und auch 2007 eine inhaltliche Abkopplung in Höhe von 1,4 % erfolgte. Darüber hinaus müssen Sie in Rechnung stellen, dass ein großer Teil der Beamten nicht nach dem Dienstposten bezahlt wird, den sie ausüben, sondern nach dem, den sie statusrechtlich innehaben. Das ist in Brandenburg oft ein Unterschied von ein bis vier Besoldungsgruppen. Ein aussagekräftiges Flugblatt dazu wurde heute Morgen vor dem Landtag verteilt.
Herr Finanzminister, wenn Sie die längere Arbeitszeit in anderen Ländern anführen, was zum Beispiel im Vergleich zu Thüringen 5 % Besoldung ausmache, vergessen Sie zweierlei. Erstens handelt es sich hierbei um eine virtuelle Größe, und zweitens
haben die Ostdeutschen 15 Jahre lang mindestens 1,5 Stunden mehr gearbeitet und dafür auch keinen Ausgleich erhalten.
Sehr verehrte Damen und Herren, auch mit diesem Gesetzentwurf bestätigt sich die Befürchtung, dass mit der Föderalismusreform I ein beamten- und besoldungsrechtlicher Flickenteppich entsteht. Und die Landesregierung webt daran kräftig mit. Das zeigt sich bei der Arbeitszeit, wo ein Wettkampf um die längsten Arbeitszeiten ausgebrochen ist, wobei sich Brandenburg hier noch zurückhält. Das zeigt sich auch bei der Übernahme des Tarifergebnisses.
Derzeit planen sieben Länder, das Tarifergebnis zeit- und inhaltsgleich zu übernehmen. Bayern und Sachsen-Anhalt wollen zwar auf die 40 Euro Einmalzahlung verzichten, haben aber den Sockelbetrag von 40 Euro vorgesehen. Brandenburg gehört zur Minderheit der vier Länder, die diesen Sockelbetrag auf 20 Euro halbieren wollen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich bitte Sie: Folgen Sie unserem Antrag und sorgen Sie so damit dafür, dass sich Brandenburg bei der Übernahme des Tarifergebnisses der Mehrheit der Länder anschließt und die Beamtinnen und Beamten gerecht behandelt werden. - Ich danke für die Aufmerksamkeit.
Herr Petke, Sie haben richtig zitiert, dass im Antrag von einem anhaltenden Anstieg politisch motivierter Straftaten die Rede ist. Würden Sie mir zustimmen, dass das Ansteigen von 900 Straftaten im Jahre 2000 auf 1 600 Straftaten im vorigen Jahr als Anstieg zu bezeichnen ist?
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf haben wir ein anschauliches Beispiel für die offensichtliche Schieflage in unserem Land. Das betrifft einerseits die Besoldung und andererseits den Stellenwert, den die Regierung dem Parlament einräumt. Den Beamtinnen und Beamten - die meisten befinden sich in den niedrigen Besoldungsgruppen des gehobenen und höheren Dienstes - wird die inhaltsgleiche Übernahme des Tarifergebnisses mit diesem Gesetzentwurf verweigert. Wir reden hier über fehlende 20 Euro bei der Anhebung des Sockelbetrages,
was für ca. 33 000 Beamte ca. 660 000 Euro im Monat kostet. Gleichzeitig erfolgt im Bereich des höheren Dienstes die Öffnung hin zu einer Besserbesoldung von Bürgermeistern und die Einführung von gleich zwei Direktorenposten beim neuen zentralen IT-Dienstleister des Landes Brandenburg.
Dabei soll nicht etwa das Parlament über die Aufhebung von bisherigen Höchstgrenzen der Ämtereinstufung von Bürgermeistern entscheiden, sondern der Verordnungsgeber. Die Direktorenposten für den Zentraldienst sind bereits ausgeschrieben, obwohl der Gesetzgeber darüber überhaupt noch nicht entschieden hat. Natürlich hat das Innenministerium bei der Ausschreibung der Direktorenposten getreu dem Motto „Wo ein Paragraf ist, da ist auch ein Loch“ nicht vergessen, die Ausschreibung unter Vorbehalt vorzunehmen.
Die Besoldung der beiden Beamten in B 2 und B 4 kostet das Land nach der Anpassung an das Westniveau ca. 155 000 Euro jährlich. Die Erhöhung des Sockelbetrages um 20 Euro kostet für zwei Beamte 480 Euro jährlich. Der volkswirtschaftliche Unterschied besteht darin, dass der sogenannte kleine Beamte mit ziemlicher Sicherheit das Geld sofort ausgeben wird, während das bei den Direktoren nicht unbedingt zu unterstellen ist.
Was will ich damit sagen, meine Damen und Herren? Wir halten die nicht inhaltsgleiche Übernahme des Tarifergebnisses für die Beamten für nicht gerechtfertigt. Wenn Sie, Herr Speer sagen, es sei ein Vorschlag der Gewerkschaften, dann mag das in den internen Gesprächen, die Sie von vornherein als „keine Verhandlungen“ gekennzeichnet haben, so gewesen sein. Aber in den offiziellen Stellungnahmen, die nach dem Gesetz vorgenommen wurden - ich bitte die Damen und Herren Abgeordneten eindringlich, in den Gesetzentwurf hineinzusehen, es steht darin -, fordern die Gewerkschaften und alle Spitzenorganisationen eindeutig eine Nachbesserung vom Gesetzgeber.
Der DGB moniert auch die erneute Ungleichbehandlung ab Besoldungsgruppe A 10, wo ein reduzierter Sockelbetrag von 18,50 Euro gezahlt werden soll. Darüber hinaus kritisiert er, dass Pensionäre nur einen reduzierten Sockelbetrag und eine reduzierte Einmalzahlung erhalten. Das ist die negative Folge der seit 2001 beschlossenen Absenkungen des Renten- und Pensionsniveaus, die wir schon damals kritisiert haben.
Die Begründung der Landesregierung zur Ablehnung der Forderungen der Spitzenorganisationen, es bestehe für weitergehende Erhöhungen kein Spielraum, ist wenig überzeugend, meine Damen und Herren. Sie brauchen sich nur einmal den
Anteil der Stellen des höheren Dienstes am Gesamtstellenanteil anschauen. Zumindest für die Polizei kann ich gesichert sagen, dass die Polizisten im Bundesvergleich an vorletzter Stelle in der Besoldung stehen, aber das Land mit dem Anteil des höheren Dienstes eine Spitzenposition einnimmt. Mit der Reduzierung von nur acht bis zehn Stellen im Bereich A 16 bis B 10 pro Ressort könnte die inhaltsgleiche Übernahme des Tarifergebnisses locker bezahlt werden.
Auch die Argumentation der Regierung bezüglich der Streichung des § 18 des Tarifvertrages der Länder, der die Leistungsbezahlung regelt, kann nicht überzeugen. Wenn Sie schon, Herr Speer, die strukturellen Unterschiede in den Rechtsverhältnissen und damit in der Bezahlung von Tarifbeschäftigten und Beamten anführen, dann müssen Sie auch sagen, dass die Beamten oft nicht nach der Tätigkeit bezahlt werden, die sie tatsächlich ausüben, sondern nach dem Amt, das sie statusrechtlich innehaben. Da bestehen zum Teil erhebliche Diskrepanzen. Es ist nicht selten, dass ein Beamter mit der Besoldungsgruppe A 9 oder A 10 ein Amt ausübt, das mit A 12 oder A 13 dotiert ist - und das über Jahre. Das ist auch einer der Gründe dafür, warum es eine so große Unzufriedenheit bezüglich der Beförderungssituation im Land gibt - und das nicht nur bei der Polizei. Wenn die Beamtinnen und Beamten dann feststellen, dass sich der Finanzminister bezüglich des Weihnachtsgeldes die Steuerschätzung offenbar schlechtgerechnet hat, darf man sich über Frustration, wie sie sich in den berechtigten Protesten und den zahlreichen Petitionen ausdrückt, nicht wundern.
Ich will es noch einmal betonen: Rein rechtlich ist dem Finanzminister bei der Berechnung des Weihnachtsgeldes kein Vorwurf zu machen. Aber wenn selbst die als Orientierungshilfe dienende Baden-Württemberger Steuerschätzung als pessimistisch betrachtet wurde und die tatsächlichen Steuereinnahmen dann weit über den Erwartungen liegen, darf man schon Fragen stellen. De facto hat der Finanzminister mit der Steuerschätzung als Grundlage für die Berechnung des Weihnachtsgeldes ca. 12 Millionen Euro gespart. Die von uns geforderte Anhebung des Sockelbetrages um weitere 20 Euro würde in diesem Jahr 6,6 Millionen Euro kosten.
Ich möchte Ihre Aufmerksamkeit auch darauf richten, dass auch im vergangenen Jahr und im Jahr 2007 keine inhaltsgleiche Übernahme des Tarifergebnisses erfolgte. Hier wurden die Beamten um 1,4 % von der Einkommensentwicklung im Tarifbereich abgekoppelt. Während alle anderen Länder 2,9 % zahlten, bekamen die Brandenburger nur 1,5 %. Seit 2004 ist damit die Besoldung nur um 2,5 % gestiegen.
Ich plädiere deshalb dafür, dass wir uns in den Lesungen des Gesetzes darüber verständigen, endlich eine zeit- und inhaltsgleiche Übernahme des Tarifergebnisses für die Beamten zu erreichen und auch über strukturelle Fragen zu diskutieren. Hier ist schon über Beförderung geredet worden. Es gibt sehr viele Vorschläge dazu, wie man die Situation in diesem Bereich wesentlich verbessern könnte. - Danke schön.
Herr Bischoff, würden Sie mir zustimmen, dass es im Land Brandenburg eine Verordnung über die Zahlung von Leistungsprämien und Leistungszulagen gibt, die auch im Finanzministerium gezahlt wurden? Denn Sie haben gesagt, so etwas gebe es nicht.
Herr Homeyer, ich hatte einen Vorschlag gemacht, was den Anteil des höheren Dienstes, der wesentlich höher ist als in anderen Ländern, betrifft. Wenn wir hier acht bis zehn Stellen einsparen würden, könnten wir das Geld für die Erhöhung des Sockelbetrages um 40 Euro locker aus dem eigenen Haushalt erwirtschaften, ohne etwas zusätzlich zum Einsatz zu bringen. Was halten Sie von diesem Vorschlag?
Für alle Beamten.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zum vorliegenden Gesetzentwurf hat eine umfangreiche Anhörung im Innenausschuss stattgefunden, die nach meinem Geschmack allerdings sehr kopflastig auf die Rolle des Landespersonalausschusses ausgerichtet war. Bezeichnend ist, dass der Beamtenbund den vorliegenden Gesetzentwurf ablehnte und der Vertreter des DGB bemängelte, dass über 90 % der von den Gewerkschaften gemachten Vorschläge im Gesetzentwurf nicht berücksichtigt wurden.
Ich will meine Position aus der 1. Lesung des vorliegenden Gesetzentwurfs wiederholen: Für uns bedeutet ein modernes öffentliches Dienstrecht auch, dass seine Regelungen verhandelt und nicht verordnet werden.
Mit der Anhörung wurde unsere Kritik bestätigt, dass der vorliegende Gesetzentwurf den neuen Gestaltungsspielraum des Artikels 33 Grundgesetz nicht nutzt und das Beamtenrecht eben nicht fortentwickelt. Es ist keine wirkliche Reform und keine Weichenstellung in Richtung eines modernen, zukunftsund wettbewerbsfähigen sowie leistungsfördernden Beamtenrechts und eines modernen öffentlichen Dienstes in Brandenburg - das auch deshalb nicht, weil wichtige Regelungen zur Besoldung und Versorgung nicht in Angriff genommen werden. Bayern ist da offensichtlich fortschrittlicher, da dort vorgesehen ist, die vier Laufbahnen auf eine Laufbahn zu reduzieren, Stellenplanobergrenzen abzuschaffen und 240 Millionen Euro zusätzlich zur Verfügung zu stellen, um die Besoldung besonders im Lehrbereich zu verbessern.
Im Sinne eines modernen Dienstrechts ist auch nicht der Paradigmenwechsel im Änderungsantrag der Koalition, der in die Eidesformel das Bekenntnis zu Gott wieder aufnimmt. Eigentlich hatten wir dieses Relikt aus den „gebrauchten“ Bundesländern und aus den weit hergeholten Grundsätzen des Berufsbeamtentums in Brandenburg längst überwunden - dachte ich wenigstens!
Liebe Kolleginnen und Kollegen, aus unserer Sicht werden die meisten im Gesetzentwurf genannten Zielstellungen wie Steigerung der Attraktivität des öffentlichen Dienstes, sozialverträgliche Reduzierung des Personalbestandes, Abbau von Normen und Standards und Modernisierung der Verwaltung nicht erreicht. Was wohl erreicht wird, ist die anvisierte Kostenneutralität der gesetzlichen Regelung und die Reduzierung des Personalbestandes.
Meine Fraktion hat im Innenausschuss neun Änderungsanträge eingebracht, die auf die Stärkung der Rechte der Beamtinnen und Beamten, auf die Entbürokratisierung der Personalführung und auf die Attraktivität des öffentlichen Dienstes gerichtet waren. Vier davon legen wir dem Plenum heute erneut vor.
Mit der Abschaffung der Regelbeurteilung und der Einführung einer anlassbezogenen Beurteilung könnte die Personalführung wesentlich entbürokratisiert und ein permanentes Frustpotenzial bei allen Beteiligten beseitigt werden. Die tatsächliche und nicht formale Anwendung vielfältiger Methoden moderner Personalführung wie Mitarbeitergespräche, Zielvereinbarungen, Fortbildungsvereinbarungen, Gesundheitsmanagement und andere, ergänzt durch die anlassbezogenen Beurteilungen, würden die Personalführung transparenter, effizienter machen und das Betriebsklima und die Motivation der Beschäftigten positiv beeinflussen.
Die Honorierung persönlichen Engagements bei der Fortbildung durch den Dienstherrn soll durch den Änderungsantrag zu § 23 erreicht werden. Aus unserer Sicht reicht es eben nicht aus, dass nur der Dienstherr durch geeignete Maßnahmen für die kontinuierliche Fortbildung der Beamten zu sorgen hat. Er soll auch würdigen, wenn der Beamte selbst für seine kontinuierliche Fortbildung sorgt, und das unterstützen.
In diesem Zusammenhang halte ich es auch nicht für angebracht, gesetzlich zu regeln, dass Beamte bei Reisen aus besonderem Anlass auf Reisekostenvergütung und Auslagenerstattung ganz oder teilweise verzichten können. Liebe Kolleginnen und Kollegen, das Beamtenverhältnis bleibt ein Herrschaftsverhältnis, wie wir es schon an der Bezeichnung „Dienstherr“ erkennen können. Es erfolgt eine Disziplinierung; sonst gäbe es kein Disziplinarrecht. Ein Verzicht auf Reisekostenvergütung und Auslagenerstattung kann gar nicht im Sinne der Betroffenen sein. Wenn also nicht genügend Geld vorhanden ist, wird er durch diese Regelung in eine regelrechte Nötigungssituation gebracht. An dieser Stelle wird deutlich, was Kostenneutralität bedeuten kann. Sie erfolgt zum Nachteil der Betroffenen. Aus unserer Sicht muss § 63 Abs. 2 gestrichen werden. Er widerspricht der Fürsorgepflicht des Dienstherrn.
Wenn wir etwas für die Attraktivität des öffentlichen Dienstes tun wollen, dann sollten wir den Übernahmeanspruch für Anwärter, die ihre Ausbildung erfolgreich abgeschlossen haben, wieder im Gesetz verankern. Das könnte dazu führen, dass sich wieder mehr junge Brandenburger für eine Ausbildung oder ein Studium zum Eintritt in den Landesdienst bewerben.
Haben Sie also Mut zu einem wenigstens in Ansätzen moderneren Dienstrecht, und stimmen Sie unseren Anträgen zu! Danke.
Herr Schönbohm, ich möchte noch einmal auf die Eidesformel zurückkommen. Stimmen Sie mir zu, dass es auch nach den alten Regelungen möglich war, eine religiöse Bekenntnisformel abzugeben?
Das Gleiche stand …
Sehr geehrte Frau Päsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Mit der Einführung des familienrechtlichen Instituts der Lebenspartnerschaft durch das am 1. August 2001 in Kraft getretene Gesetz zur Beendigung der Diskriminierung gleichgeschlechtlicher Gemeinschaften wurde ein Rechtsinstitut geschaffen, das Lesben und Schwulen ermöglicht, auf Dauer angelegte Lebenspartnerschaften rechtlich abgesichert einzugehen. Dieses Gesetz erlegt den Lebenspartnerschaften die gleichen Pflichten auf wie der Ehe, aber nur ein Teil der ehelichen Rechte wird einräumt. Im Übrigen werden Rechte und Pflichten für Lebenspartnerschaften nicht nur mit dem Lebenspartnerschaftsgesetz, sondern auch in vielen anderen Rechtsvorschriften geregelt.
Mit Urteil vom 17. Juli 2002 hat das Bundesverfassungsgericht das bestehende Lebenspartnerschaftsgesetz für verfassungsgemäß erklärt und festgestellt, dass Lebenspartnerschaften hinsichtlich ihrer Rechte mit Ehen gleichgestellt werden dürfen. Nach dieser Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts gibt es keinerlei Pflicht des Gesetzgebers, ein Abstandsgebot zwischen Ehe und Lebenspartnerschaften einzuhalten.
Daraufhin hat der Bund mit dem Gesetz zur Überarbeitung des Lebenspartnerschaftsrechts vom 15. Dezember 2004 das neue Rechtsinstitut in weiteren Gesetzen berücksichtigt.
Gleichzeitig wurden zentrale Bereiche des Zusammenlebens wie die steuerrechtliche Behandlung, das Adoptionsrecht, das Beamtenrecht oder die Hinterbliebenenversorgung nicht gleichberechtigt geregelt. Aktuell kann man hier darauf verweisen, dass erst am 14. Januar 2009 das Bundesarbeitsgericht zur Hinterbliebenenversorgung bei betrieblicher Altersvorsorge hierzu in Korrektur der bisherigen Rechtsprechung eine entsprechende Entscheidung getroffen und auch hier die Gleichstellung mit der Ehe herbeigeführt hat.
Auf dem Gebiet des Beamtenrechts und der Hinterbliebenenversorgung sind wir als Landesgesetzgeber gefragt. Ich sage deshalb von hier aus: Die Zeit für die vollständige rechtliche Gleichbehandlung von eingetragenen Lebenspartnerschaften, vor allem von solchen von Lesben und Schwulen, aber auch von Bisexuellen und Transgendern mit der Ehe ist überreif.
In einigen Bundesländern ist hier auch Bewegung ins Spiel gekommen. Am weitesten geht dabei unser rot-rot-regiertes Nachbarbundesland, das die rechtliche Gleichbehandlung im Beamtenrecht, in Beruf und Beschäftigung und bei der Hinterbliebenenversorgung sogar rückwirkend geregelt hat.
Aber auch schwarz regierte Länder haben diesbezüglich erstaunliche Lösungen auf den Tisch gelegt, und selbst innerhalb der Kirchen gibt es Bewegung. In diesem Monat hat die Landessynode Rheinland der evangelischen Kirche die Gleichstellung von Lebenspartnerschaften bei der Hinterbliebenenversorgung und beim Verheiratetenzuschlag beschlossen. Das ist bahnbrechend für die Kirchen und ein wichtiges Signal an alle Politikerinnen und Politiker, die sich unter Berufung auf vermeintlich religiöse Gründe einer Gleichstellung immer noch verweigern.
Brandenburg ist von derartigen Lösungen noch meilenweit entfernt. Ich hatte darauf bereits in der Dezember-Sitzung verwiesen. Nun ist aber das Land aus zweierlei Gründen gehalten, nachzuziehen und die vollständige Gleichstellung von Lebenspartnerschaften mit der Ehe unverzüglich auf den Weg zu bringen. Der erste Grund: Mit Blick auf Artikel 3 Grundgesetz stelle ich fest, dass es eine Pflicht gibt, nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlungen schleunigst zu beseitigen. Dieses Erfordernis ergibt sich auch aus der Brandenburger Verfassung. In Artikel 12 Abs. 2 ist geregelt:
„Niemand darf wegen seiner Rasse, Abstammung, Nationalität, Sprache, seines Geschlechts, seiner sexuellen Identität, seiner sozialen Herkunft oder Stellung, seiner Behinderung, seiner religiösen, weltanschaulichen oder politischen Überzeugung bevorzugt oder benachteiligt werden.“
Bei der Gleichstellung von Lebenspartnerschaften handelt es sich nicht um ein großzügiges Entgegenkommen, sondern um die Beendigung einer Diskriminierung wegen der sexuellen Orientierung.
Damit bin ich beim zweiten Grund. Die Bundesrepublik Deutschland war schon bis zum Ende der Umsetzungsfrist für die EU-Richtlinie 2000/78 vom 27. November 2000 dazu ver
pflichtet, die Diskriminierung von Lebenspartnerschaften gegenüber der Ehe zu beseitigen. Diese Frist endete bereits am 3. Dezember 2003.
Auf diese Tatsache hat die EU-Kommission die Bundesregierung mit Schreiben vom 31. Januar 2008 hingewiesen. Die EUKommission hat ein Vertragsverletzungsverfahren in Aussicht gestellt, weil die Bundesrepublik ihrer Umsetzungspflicht bisher nur ungenügend nachgekommen ist.
Dieser Zustand hat europarechtlich aber auch zur Folge, dass diese Richtlinie mit Ablauf der Umsetzungsfrist unmittelbare Wirkung entfaltet hat und auf ihrer Grundlage direkt Ansprüche geltend gemacht werden können. Wir sollten als weltoffenes und tolerantes Land und im Wissen um den Diskriminierungscharakter bisherigen gesetzgeberischen Unterlassens den Betroffenen langwierige Klagen ersparen, die zwingend Erfolg haben würden.
Schließlich gebietet die aktuelle europäische Rechtsprechung das sogenannte Maruko-Urteil des EuGH - eine Gleichbehandlung. Aufgrund dieses Urteils müssen alle verpartnerten Beschäftigten wie Ehegatten „entlohnt“ werden. Der EuGH hat entschieden, dass die unterschiedliche Behandlung von Lebenspartnern und Ehegatten beim „Arbeitsentgelt“ eine durch die Richtlinie 2000/78 verbotene mittelbare Benachteiligung wegen der sexuellen Ausrichtung darstellt, wenn sich Lebenspartner und Ehegatten hinsichtlich des streitigen Entgelts in einer vergleichbaren Lage befinden.
Andere Länder - auf Berlin hatte ich bereits verwiesen - wie Bremen, Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern, NordrheinWestfalen und Schleswig-Holstein haben ihr gesamtes Landesrecht bereits an das Lebenspartnerschaftsgesetz angepasst. In Hessen, im Saarland und in Sachsen-Anhalt befinden sich entsprechende Gesetze in der parlamentarischen Beratung.
Brandenburg sollte die rote Laterne endlich abgeben. Nicht zuletzt zeigt das Land mit einer derartigen rechtlichen Angleichung, dass es das Diskriminierungsverbot ernst nimmt und alle Bestrebungen dagegen in Brandenburg keine Chance haben.
Ich bitte um Zustimmung zu unserem Antrag. - Danke schön.
Herr Kollege Ziel, es ist schade, dass Sie offenbar Ihre Post nicht lesen und ins Internet gehen müssen, um Gesetzentwürfe zu finden. Der Schwulen- und Lesbenverband hat den Gesetzentwurf, von dem die Rede ist und von dem wir nicht gesagt haben, dass wir ihn einbringen würden, wie Sie es behaupten das steht auch nicht im Antrag -, allen Fraktionen und der Regierung zur Verfügung gestellt, damit sie sich sachkundig machen können.
Sie sprachen das Beamtenrecht an. Ich gebe Ihnen Recht, und ich freue mich, dass sich die Koalition im Dezember dazu ent
schlossen hat, bezüglich der beamtenrechtlichen Regelungen tätig zu werden, nachdem wir den Hinweis gegeben haben, dass die Hinterbliebenenversorgung leider nicht geregelt ist. Ich hatte seinerzeit darauf hingewiesen, dass es für Schwule und Lesben schwer nachvollziehbar sei, dass Abgeordnete in dieser Frage gleichbehandelt würden, dies im Beamtenbereich jedoch nicht der Fall sei. Insofern freue ich mich über den Schritt in die richtige Richtung.
Was die Zeitspanne bis Februar betrifft, so räume ich gern ein, dass es knapp sein mag. Allerdings ist das kein unumstößlicher Termin. Ich darf daran erinnern, dass die Debatte zu diesem Antrag eigentlich im Dezember geplant war, aber aufgrund der Bombenentschärfung leider verschoben wurde.
Herr Petke, Sie fragen nach dem Mehrwert. Ich meine, ich habe es gesagt. Artikel 3 des Grundgesetzes und Artikel 12 der Verfassung des Landes Brandenburg beinhalten ein Diskriminierungsverbot. Die Gleichstellung würde diesen beiden Artikeln Rechnung tragen; ich denke, das Diskriminierungsverbot ist ein hoher Wert. Ich glaube nicht - wie Sie sagen -, dass die Lebenspartner mit der Vorgehensweise in Brandenburg zufrieden sind. Sonst würden sie Verantwortungsträger nicht auffordern, tätig zu werden. Es wäre ein gutes Zeichen für das Land Brandenburg, wenn wir das täten. Ich bitte deswegen um Zustimmung zu diesem Antrag.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen der demokratischen Parteien! Gedenktage sind ein besonderer Anlass zum Nachdenken. Und das geht in Ihre Richtung, Frau Hesselbarth: Die Linke hat nachgedacht! Sie hat aus ihrer Vergangenheit gelernt und Schlussfolgerungen gezogen,
und wir stehen fest auf dem Boden des Grundgesetzes. Wir denken international. Für uns sind alle Menschen gleich. Das sind die fundamentalen Unterschiede zwischen uns und Ihnen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, erst am letzten Sonntag wurde in der Stadt Brandenburg an der Havel dem Nachdenken Rechnung getragen und für ein Jahr das „Denkmal der grauen Busse“ aufgestellt. Mit diesem Denkmal wird der Euthanasieopfer gedacht, die im Ergebnis der „Aktion T4“ ermordet wurden, weil sie von den Nazis in menschenverachtender Weise als „lebensunwert“ eingestuft wurden. Brandenburg an der Havel ist der Ort, an dem mit der Ermordung von 9 722 Menschen am 18. Januar 1940 auch unter Nutzung von Gaskammern die Vernichtung von geistig und körperlich geschädigten Menschen begonnen wurde. Mögen viele Menschen die Möglichkeit nutzen, dieses Denkmal zu besuchen und darüber nachzudenken, wohin Menschenverachtung, die Missachtung des Individuums, wohin Rassismus und Antisemitismus sowie autoritär-diktatorische Machtstrukturen führen, nämlich ins Chaos. Die Greueltaten des Nationalsozialismus dürfen niemals in Vergessenheit geraten, und ihre ideologischen Grundlagen und geistigen Entgleisungen des Denkens müssen immer wieder entlarvt werden. Nach wie vor gilt die Aussage: Wehret den Anfängen! Kollege Baaske hat das sehr schön plastisch dargestellt.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, das Handlungskonzept der Landesregierung „Tolerantes Brandenburg“ besteht in diesem Jahr seit mehr als zehn Jahren, und es ist erfolgreich. Minister Rupprecht hat einen Teil der vielfältigen Aktivitäten genannt. Die Zielvorgaben des Handlungskonzepts sind aus unserer Sicht, aus Sicht meiner Fraktion, nach wie vor aktuell, aber auch entwicklungsfähig.
In der aktuellen Studie der Friedrich-Ebert-Stiftung „Bewegung in der Mitte - rechtsextreme Einstellungen in Deutschland 2008“ konnten die Autoren feststellen, dass wir es mit Ausnahme des Antisemitismus insgesamt mit einer Abnahme rechtsextremer Einstellungen zu tun haben. Gleichwohl ist die Ausländerfeindlichkeit in Ostdeutschland mit 46,7 % erschreckend hoch, wobei Brandenburg bei 34,6 % liegt. Und, Kollege Schrey, ich gebe Ihnen Recht: Zahlen sind nicht der Maßstab des Erfolgs, aber es ist weiterhin erforderlich, überall Zivilcourage, Offenheit, Partizipation, Aufklärung und Bildung zu betreiben. Dabei ist der Hinweis aus der Studie der Friedrich-Ebert-Stiftung wichtig, dass es besonders darum geht, noch viel mehr zivilgesellschaftliches Engagement zu entwickeln, dabei einen langen Atem zu haben und Projekte auch dauerhaft anzulegen.
Hier sind wir bei einem Manko der Bundesprogramme, die diesen Kriterien nicht genügend Rechnung tragen, weil Projekte immer wieder neu aufgelegt werden müssen, örtlich begrenzt sind und nicht kontinuierlich über mehrere Jahre geführt wer
timents. Wir hatten Vorbildfunktion, auch weil wir nicht abgewartet haben, dass allein die Polizei gegen Pogrome und Alltagsrassismus vorgeht. Die Polizei ist wichtig, aber ein Akteur und Verbündeter zusammen mit anderen. Wir haben als Bundesland ernst gemacht mit unserer Überzeugung, offensiv und progressiv den braunen Sumpf auszutrocknen, vorher anzusetzen, gesamtgesellschaftlich, couragiert, um die üblen Brunnen zuzuschütten. Ich bitte Sie, diesen innovativen Aspekt zu sehen. Andere Bundesländer haben damals nicht so entschlossen gehandelt, uns aber mittlerweile kopiert.
Dieses Jahr ist ein entscheidendes Wahlkampfjahr. Ich hoffe, dass es mit dem Auszug der DVU und der anderen rechtsextremen Parteien aus dem Landtag endet. Bis dahin: Augen auf, Sinne schulen, Verstand einschalten und die Bedrohung von Rechts wahrnehmen! Viel zu viele Menschen in Brandenburg sind noch unkritisch, was gesellschaftsschädliche, weil im Kern verfassungsfeindliche Umtriebe angeht. Sie zucken mit den Schultern, weil sie passiv bleiben, abwarten wollen, die freiheitlichen und demokratischen Werte nicht verinnerlicht haben oder sogar demokratiekritisch eingestellt sind. Dabei stimmt es: Die Demokratie stirbt ohne Demokraten. Eine Diktatur läuft von selbst.
Liebe Freunde, im letzten Satz möchte ich meine drei Wünsche ganz kurz zusammenfassen. Erstens: Vermehrte Bildungsanstrengungen, neue Wege in der Bildung, politische Bildung, Politikdidaktik. Mein zweiter Wunsch ist, unsere demokratische Tradition zu betonen und auch zu pflegen. Ich erinnere nochmals: Preußen, das bis zum Schluss von der Sozialdemokratie regiert wurde, war bis 1932 ein „Bollwerk der Demokratie“, an dem die Nazis scheiterten. Das sollte man öfter und lauter sagen. Drittens: Ich wünsche mir eine internationalere, europäische Ausrichtung des Handlungskonzepts und seiner Akteure.
Aber wir brauchen diese Leute dringender als früher, wenn wir wirtschaftlich wachsen, Arbeitsplätze schaffen und Abwanderung entgegenwirken wollen. Nicht nur Sicherheit, auch Weltoffenheit und Internationalität sind die Standortfaktoren der Zukunft. Die Initiativen der Wissenschaftsministerin, Studierende nach Brandenburg zu holen, grenzüberschreitende Ausbildungsprojekte, ja auch die Neuauflage des Toleranzedikts in der Stadt Potsdam sind gute Schritte. Solche Ideen brauchen wir, nur besser verzahnt und in größerem Maßstab. Brandenburg war immer Einwanderungsland und muss es bleiben!
Ich wünsche in diesem Kampf, insbesondere in den kommenden Monaten, liebe Kolleginnen und Kollegen aller demokratischen Parteien, viel Kraft, aber vor allem auch viel Zusammenhalt. - Herzlichen Dank!
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen, Damen und Herren der DVU! Der vorliegende Entwurf zum Brandenburgischen Beamtenrechtsneuordnungsgesetz verdient diesen schönen Namen nicht, denn er regelt wenig Neues und nur unbedingt Notwendiges. Die Dinge, die Sie, Herr Innenminister, vorgetragen haben, zum Beispiel Teilzeit und Urlaub aus familiären Gründen, gab es bisher schon; sie sind lediglich modifiziert worden.
Es wird insgesamt die Chance vertan, den so oft auch von den Koalitionsparteien hervorgehobenen Handlungsspielraum, den die Föderalismusreform I bietet, zu nutzen und ein modernes, zukunftsfähiges, wettbewerbsfähiges und leistungsförderndes Beamtenrecht zu schaffen. Die Landesregierung räumt in ihrer Gegenäußerung zu den Stellungnahmen der Spitzenorganisationen, der Gewerkschaften selbst ein, dass dieser Entwurf ein erster Schritt ist und zunächst nur die erforderlichen Änderungen und Anpassungen vorgenommen werden, die das Beamtenstatusgesetz des Bundes vorgibt. Im Übrigen sollen weitergehende Regelungen nicht getroffen werden, um den Gleichklang mit Bund und Ländern zu wahren und dortige Entwicklungen abzuwarten. Da kann ich nur sagen: Dann warten Sie mal schön ab, meine Damen und Herren von der Regierungskoalition, bis der Zug mit den anderen Bundesländern endgültig abgefahren ist. Denn Tatsache ist, dass die Entwicklungen in den einzelnen Ländern längst auseinanderdriften.
Nach dem Leumund sind ja die Norddeutschen die Langsamen. Aber Niedersachsen, Schleswig-Holstein, Hamburg und Mecklenburg-Vorpommern haben einen Mustergesetzentwurf vorgelegt, der zum Beispiel die Laufbahngruppen von vier auf zwei reduziert und die Laufbahnen auf ca. zehn beschränkt. Die allgemeine Pensionsaltersgrenze soll auf 67 Jahre erhöht werden. Bayern will die Laufbahngruppen - wie der Innenminister bereits sagte - abschaffen, erhöht die Pensionsaltersgrenze und nimmt mal locker 200 bis 240 Millionen Euro in die Hand, um die Leistungen seiner Bediensteten zu stimulieren.
Bei uns im Land Brandenburg soll die Leistung kostenneutral stimuliert werden; die Laufbahngruppen sollen unverändert bleiben, und - das ist positiv - die Pensionsaltergrenze soll nicht angehoben werden, jedenfalls zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht. Dafür wird die Mobilität von Beamten dadurch stimuliert, dass ihre Mitwirkungsrechte bei Umsetzungen und Abordnungen beschnitten werden.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Ergänzung des Artikels 33 Abs. 5 des Grundgesetzes, dass die Grundsätze des Berufsbeamtentums fortzuentwickeln sind, gibt bei entsprechendem politischen Willen einen großen Gestaltungsspielraum. Aber den muss man auch ausgestalten wollen.
Ich will mir an dieser Stelle weitere Details zum vorliegenden Gesetzentwurf sparen und Ihnen einige grundsätzliche Positionen meiner Fraktion zur Gestaltung des öffentlichen Dienstrechts darlegen:
Das öffentliche Dienstrecht muss unserer Auffassung nach auf längere Sicht nach einheitlichen Grundsätzen gestaltet werden. Das bedeutet letztlich auch die Aufhebung der unterschiedlichen Statusgruppen, die bisher schamlos untereinander ausgespielt werden. Bis dahin muss der Grundsatz der zeit- und inhaltgleichen Übernahme von Tarifabschlüssen auch im Beamtenbereich gelten. Beamtenrechtliche Regelungen müssen mit den Gewerkschaften verhandelt und dürfen nicht verordnet werden. Leistungsgerechte Besoldung bedeutet, Amt und Funktion zu bezahlen und damit die Übernahme von Verantwortung zu honorieren.
Dazu bedarf es eines Personalkonzepts, das die Kernbereiche der Verbeamtung festlegt, die Funktionen exakt bewertet und dem die zu erfüllenden Aufgaben in der Daseinsvorsorge zugrunde liegen. Die von der Landesregierung verfolgte Personalpolitik nach Kassenlage ersetzt nun mal kein Konzept.
Eine Erhöhung der Lebensarbeitszeit ist abzulehnen. Was im Rentenbereich schon falsch ist, wird nicht dadurch richtig, dass man es für die Beamten anwendet. Altersteilzeitregelungen müssen mit der Verpflichtung verbunden sein, Neueinstellungen vorzunehmen. Die Zahl der Laufbahnen sollte auf zwei reduziert und ihre Durchlässigkeit erhöht werden. Prüfungsgebundene Abschlüsse müssen anerkannt werden, ohne nachträgliche Feststellung der Befähigung durch Landespersonalausschüsse oder andere Gremien. Seiteneinsteigern muss der Zugang zum öffentlichen Dienst erleichtert werden. Der Wechsel in die freie Wirtschaft muss bei Erhalt der erworbenen Pensionsansprüche möglich sein. Persönliche Fortbildung des Beamten muss die Unterstützung des Dienstherrn finden und sich positiv auf die berufliche Entwicklung auswirken. So haben wir zum Beispiel in der Polizei schon einmal erfolgreich das Fernstudium praktiziert.
Sie sehen, die Linke hat konkrete Vorstellungen, die auch nicht alle Geld kosten müssen. Ich sehe der Anhörung und Beratung im Ausschuss mit Interesse entgegen. - Danke.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf greift die Landesregierung Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts auf und transferiert im Ergebnis der Föderalismusreform I Bundesrecht in Landesrecht. Dabei bleibt sie aber - wie so oft - inkonsequent und berücksichtigt Vorschläge von Berufsorganisationen und Interessenverbänden nur unzureichend.
Es ist positiv hervorzuheben, dass endlich eine Angleichung der Rechtsstellung eingetragener Lebenspartnerschaften erfolgt. Allerdings hat diese Angleichung einerseits lange gedauert - denn auf Bundesebene wäre das schon 2002 und auf Landesebene ab dem Jahre 2006 möglich gewesen -, und andererseits bezieht sich diese Angleichung nur auf besoldungsrechtliche Fragen wie den Familienzuschlag und die Beihilfe, nicht aber auf versorgungsrechtliche Fragen wie die Hinterbliebenenversorgung. Für den betroffenen Interessenverband ist das schwer nachvollziehbar, wurden doch mit dem Abgeordnetengesetz vom 29.05.2006 Lebenspartner von Abgeordneten bezüglich der Hinterbliebenenversorgung mit Ehegatten von Abgeordneten gleichgestellt.
Bei der pauschalen Erhöhung des Familienzuschlages um 50 Euro für Beamtenfamilien mit drei und mehr Kindern setzt die Regierung eine Bundesverfassungsgerichtsentscheidung zur nichtverfassungskonformen Alimentation der Beamten um. Allerdings soll diese Zahlung nur rückwirkend zum 01.01.2007 erfolgen. Nach den Gerichtsentscheidungen ist eine rückwirkende Zahlung aber bereits ab dem 01.01.2004 möglich. Wenn die Regierung ihre eigene Begründung ernst nimmt und die Regelung „zugleich ein familienpolitisches Signal zur Gestaltung familienfreundlicher Rahmenbedingungen“ sein soll, dann sollte die rückwirkende Zahlung zum 01.01.2004 erfolgen. Andernfalls muss sie sich den Vorwurf gefallen lassen, dass sie sich bei ihrer Familienpolitik zumindest in dieser Frage am Rande der Verfassungskonformität bewegt. Denn das Bundesverfassungsgericht hat wegen Verletzung des Alimentationsprinzips zur Erhöhung des Familienzuschlags aufgefordert, und das ist ja die untere Ebene der Bedarfssicherung.
Problematisch sind auch die Übergangsregelungen zur Anwendung der zweiten Besoldungsübergangsverordnung. Sie sollen zwar den Besitzstand für vor dem 01.01.2008 nach A 10 beförderte Beamte wahren, aber das Grundproblem wird nicht gelöst, und das ist der unterschiedliche Zeitpunkt der Ost-WestAnpassung für die Besoldungsgruppen bis A 9 und ab A 10. Was auf Bundesebene im Tarifbereich und im Besoldungsbereich geschafft wurde, nämlich die einheitliche Anpassung zum
01.04.2008, sollte auch in Brandenburg möglich sein. Sowohl die nicht gleichzeitige Anpassung an die hundertprozentige Vergütung als auch die jetzt vorgesehene Regelung zur Besitzstandswahrung stellt aus Sicht meiner Fraktion einen Verstoß gegen das Abstandsgebot in der Besoldung dar. Das sollten wir in Brandenburg nicht zulassen, auch weil es gegen das Leistungsprinzip verstößt.
Problematisch sehen wir auch die Regelung zur Ersetzung des § 55 Beamtenversorgungsgesetz durch Landesrecht mit dem Zweiten Beamtenversorgungsergänzungsgesetz. Die Novellierung des § 3 Abs. 2 stellt einen Kompromiss dar; nach dieser Vorschrift werden Beschäftigungszeiten, die vor der systemnahen Tätigkeit liegen, bei der Höchstgrenzenberechnung berücksichtigt. Nach unserer Auffassung sollten aber auch als systemnah deklarierte Zeiten ungekürzt als Rechnungsgrundlage erhalten bleiben.
Damit wir uns richtig verstehen: Wir reden über Menschen, die seinerzeit durch die sogenannte Bischofskonferenz gegangen sind, von der Gauck-Behörde überprüft wurden und den sogenannten Persilschein erhielten, zu Beamten auf Lebenszeit ernannt wurden und seitdem ihren Dienst in der Demokratie versehen. Mit der jetzt vorgesehenen Regelung werden sozusagen verschiedene Versorgungsklassen geschaffen. Die Vorschriften des ehemaligen § 55 Beamtenversorgungsgesetz in Verbindung mit § 2 Nr. 9 Beamtenversorgungsübergangsverordnung verstoßen aus Sicht meiner Fraktion gegen den Gleichheitsgrundsatz des Grundgesetzes und der Verfassung Brandenburgs und verletzen das Recht auf amtsangemessene Versorgung. 18 Jahre nach der deutschen Einheit und nach einer langjährigen Bewährung als Beamter in der Demokratie dürfen wir eine solche Ungleichbehandlung, die einem Versorgungsstrafrecht gleichkommt, nicht zulassen.
Sie sehen, meine Damen und Herren, wir haben erheblichen Gesprächs- und Veränderungsbedarf. Ich sehe den Beratungen im Ausschuss mit Interesse entgegen. - Danke für die Aufmerksamkeit.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Antrag der DVU-Fraktion ist ein Schaufensterantrag, der an Heuchelei kaum zu überbieten ist. Genauso ist es mit Ihrem Bekenntnis zur Verfassungstreue, Herr Nonninger.
Die DVU-Fraktion spielt sich in ihrem Antrag als Gralshüter der freiheitlich-demokratischen Grundordnung auf. Dabei weiß man doch, dass ihr Vorsitzender und Parlamentarischer Geschäftsführer der Brandenburger Spitzenkandidat der NPD für die Bundestagswahl 2005 war. Die Kooperation der DVU mit der NPD - Kollege Schulze hat darauf hingewiesen - ist hinreichend bekannt.
Dass die NPD verfassungsfeindlich ist und die freiheitlich-demokratische Grundordnung durch eine Diktatur ersetzen will, die eine demokratische Rechtsordnung gar nicht kennt, weiß man. Der Vorsitzende der DVU selbst hat auf dem Parteitag am 25.02.2007 das bestehende Politik- und Wirtschaftssystem als Verirrung des menschlichen Geistes bezeichnet, das auf Dauer nicht lebensfähig sei. Der NPD-Vorsitzende Voigt hat erklärt, dass er die Bundesrepublik abwickeln will. Wie das passieren soll, dokumentiert die NPD auch damit, dass sie verurteilte Gewalttäter für Kommunalparlamente kandidieren lässt, wie das in Guben der Fall ist.
Das alles ist bezeichnend genug für die tatsächlichen Ziele rechtsextremer Parteien. Das sollte und muss man den Bürge
rinnen und Bürgern vor den Kommunalwahlen noch einmal ganz deutlich sagen.
Es ist keine Frage der inhaltlichen Auseinandersetzung, sondern eine Frage der politischen Hygiene und des Schutzes der Demokratie, diesen Antrag abzulehnen.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordneten! Am 24. Juni haben wir im Hans Otto Theater mit einem Festakt den 10. Jahrestag des Handlungskonzeptes der Landesregierung „Tolerantes Brandenburg“ würdig begangen. Viel Lobendes wurde gesagt, und viel Lobenswertes ist auch in den letzten zehn Jahren passiert.
Ich teile die Einschätzung, dass sich in Brandenburg das Klima in der Auseinandersetzung mit dem Rechtsextremismus wesentlich verändert hat. Vielerorts wird nicht mehr weggesehen und nichts unter den Tisch gekehrt, sondern es herrscht überwiegend ein offener Umgang mit dem Problem. Dort, wo rechtsextremistische Bestrebungen auftreten und lokale Aktionsbündnisse bestehen, reagieren die Zivilgesellschaft, kommunale Vertretungen und staatliche Organe sofort. Trotzdem muss festgestellt werden, dass wir mit dem Rechtsextremismus in Brandenburg nach wie vor ein Problem haben. Niemand hat das in der Festveranstaltung verschwiegen.
Trotz harter Repressionsarbeit gegen offen neonazistische und gewaltbereite Kräfte, trotz Verbot neonazistischer Kameradschaften, trotz vielfältiger zivilgesellschaftliche Initiativen und ihrer Bündelung im landesweiten „Aktionsbündnis gegen Rechtsextremismus, Fremdenfeindlichkeit und Gewalt“, trotz des Handlungskonzeptes „Tolerantes Brandenburg“ der Landesregierung, die allesamt nicht gering geschätzt werden dürfen, setzen rechtsextremistische Kräfte ihre Aktivitäten fort, versuchen, sie weiter auszubauen, und finden einen Nährboden in der Gesellschaft dafür. Es stellt sich also für alle Demokraten die Frage: Was ist dagegen weiter zu tun?
In Mecklenburg-Vorpommern hat sich nach dem Einzug der NPD in den Landtag eine Volksinitiative „Für ein weltoffenes, friedliches und tolerantes Mecklenburg-Vorpommern“ gebildet. Ziel war, in die Verfassung des Landes die Friedenspflicht und das Gewaltverbot aufzunehmen und die Wiederbelebung nationalsozialistischen Gedankengutes als verfassungswidrig zu erklären und unter Strafe zu stellen. 17 000 Unterschriften wurden dafür gesammelt.
Die vier demokratischen Parteien SPD, CDU, DIE LINKE und FDP haben diese Initiative aufgegriffen und nach einem viermonatigen parlamentarischen Verfahren und verfassungsrechtlicher Prüfung einen Kompromiss gefunden und die Verfassung von Mecklenburg-Vorpommern durch einen Artikel 18 a ergänzt.
Warum sollte uns das in Brandenburg nicht gelingen? Gibt es doch hier seit langem den Konsens der Demokraten, dass die Auseinandersetzung mit dem Rechtsextremismus nicht parteipolitisch instrumentalisiert werden soll. Ich erinnere zum Beispiel an den Antrag des Landtagspräsidenten vom April 2005 „Gegen Rechtsextremismus und fremdenfeindliche Gewalt für ein tolerantes und weltoffenes Brandenburg“.
Im Übrigen haben wir vieles aus dem Konsens von Mecklenburg-Vorpommern in unserem Antrag bereits berücksichtigt.
Es ist an der Zeit, in der Brandenburger Verfassung und auch im Grundgesetz die Regelungen zur Verfassungswidrigkeit der Wiederbelebung nationalsozialistischen Gedankenguts aufzunehmen, das auch deshalb, weil der einzige Artikel im Grundgesetz mit direktem Bezug zum Nationalsozialismus, der Artikel 139 in den Übergangsbestimmungen, mit dem Inkrafttreten der Entnazifizierungsabschlussgesetze und mit dem Zweiplus-Vier-Vertrag vom 12. September 1990 obsolet geworden ist, wie kein Geringerer als Roman Herzog festgestellt hat.
Als Staatsziel und Wert wäre die Verfassungswidrigkeit der Wiederbelebung nationalsozialistischen Gedankenguts zum einen eine verpflichtende Handlungsanweisung für die staat
liche Gewalt und zum anderen orientierender Maßstab für die Rechtsprechung.
Ich will nur daran erinnern: Der Bundesgerichtshof hat im Juni 2005 entschieden, dass die unter Rechtsextremisten übliche Parole „Ruhm und Ehre der Waffen-SS“ nicht strafbar ist. Ich will hier keine Richterschelte betreiben, wie das andere gerne tun; die Richter haben so entschieden, weil die Gesetze nicht exakt sind. Also sind nicht die Richter schlecht, sondern die Gesetze.
Mit einem Verbot der Wiederbelebung nationalsozialistischen Gedankenguts könnten die Bürgerinnen und Bürger, die Zivilcourage aufbringen, noch sicherer darauf vertrauen, dass sie staatliche Organe, Polizei und Justiz auf ihrer Seite haben.
Mit dieser Verfassungsänderung würde auch die so wichtige und entscheidende politische Auseinandersetzung mit dem Rechtsextremismus gestärkt werden.
Die öffentliche und parlamentarische Diskussion dieses Ansinnens könnte ein deutliches Zeichen für die Wählerinnen und Wähler sein, dass rechtsextremistische Parteien in Brandenburg nicht wählbar sind, weil sie die Grundrechte und Freiheiten und die Demokratie nutzen, um diese letztlich abzuschaffen. Wir als demokratische Politiker aber müssen darüber diskutieren und kritisch hinterfragen, wie wir dazu beitragen können, dass Grundrechte und Freiheiten nicht eingeschränkt werden, dass die Demokratie weiter ausgebaut wird und sich die Interessen der Wählerinnen und Wähler wieder mehr in der Politik widerspiegeln.
Es sollte uns schon zu denken geben, wenn nach einer jüngsten Studie 53 % der Befragten nicht mehr glauben, dass die Demokratie ihre Probleme lösen könne.
Die demokratischen Parteien würden mit dieser Diskussion ihren verfassungsmäßigen Auftrag erfüllen, zur Willens- und Meinungsbildung beizutragen und die Demokratie zu schützen.
Unser Vorschlag geht übrigens auf eine Initiative der Gewerkschaft der Polizei aus dem Jahr 1994 zurück. Auf ihrem 23. Bundeskongress im November 2006 in Dresden hat die GdP diesen Vorschlag erneuert. Hintergrund dafür war unter anderem, dass Polizistinnen und Polizisten sich nicht selten von der Politik im Stich gelassen fühlen. Sie sind es leid, sich wegen ihres Einsatzes zur Sicherung des verfassungsmäßig verbrieften Grundrechts auf Versammlungsfreiheit mit Worten wie „Deutsche Polizisten schützen die Faschisten!“ beschimpfen zu lassen. Auch für die Gewerkschaft der Polizei ist die Auseinandersetzung mit dem Rechtsextremismus keine einseitig polizeiliche, sondern eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, die sich aus der geschichtlichen Verantwortung Deutschlands und dem damit verbundenen Missbrauch der Polizei im Dritten Reich ergibt.
Denen, die sagen, dass im Grundgesetz und in der Verfassung Brandenburgs alles hinreichend geregelt sei, möchte ich widersprechen. Die Regelungen in Artikel 9 - Vereinigungsfreiheit -, Artikel 18 - Verwirkung von Grundrechten - und Artikel 21 Verfassungswidrigkeit von Parteien - des Grundgesetzes sowie in Artikel 20 - Vereinigungsfreiheit - der Brandenburger Verfassung sind eben nicht hinreichend konkret, denn sie benennen das Problem „Rechtsextremismus“ nicht exakt.
Für eine sachgerechte grundgesetzliche Definition wird der Begriff der „Wiederbelebung nationalsozialistischen Gedankenguts“ vorgeschlagen, weil hinreichend bekannt ist, was nationalsozialistisches Gedankengut ist. Das Bundesverfassungsgericht hat in seinem Urteil zum Verbot der Sozialistischen Reichspartei vom 23. Oktober 1952 dieses Gedankengut charakterisiert. Ich nenne nur einige Stichworte aus der Definition: die Lehre vom totalen Staat; die Rassendoktrin und der hierarchische Aufbau; Führer und Gefolgschaft; das Instrument der völkischen, auf Schlagworten von Blut, Boden und Ehre beruhenden Weltanschauung; der Vorrang der „völkischen Lebensgesetze“ nach den Grundsätzen „Recht ist, was dem Volke nützt; Unrecht ist, was ihm schadet“ und „Du bist nichts, dein Volk ist alles“; Aufhebung der Rechtsordnung und ihre Ersetzung durch Willkür.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Eine behauptete Einschränkung von Grundrechten und ein Widerspruch zum Gleichheitsgrundsatz aus Artikel 3 Grundgesetz liegen nicht vor. Die Wiederbelebung nationalsozialistischen Gedankenguts ist durch die Grundrechte nicht gedeckt, eben weil sie auf die Abschaffung dieser Grundrechte und der freiheitlich-demokratischen Grundordnung gerichtet ist. Wir haben es schon oft gesagt: Faschismus ist keine Meinung, sondern ein Verbrechen!
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir haben in unseren Antrag ganz bewusst die Friedenspflicht und den Grundsatz der Gewaltfreiheit aufgenommen, weil wir damit verdeutlichen wollen, dass wir gegen jegliche Art von Gewalt, die immer mit Extremismus verbunden ist, sind. Man kann es auch anders formulieren: Wir sind gegen jeglichen Extremismus, auch weil er mit Gewalt verbunden ist.
Lassen Sie uns in den Ausschüssen über unseren Vorschlag diskutieren, Experten hören und eine Lösung finden, wie wir einen nicht unwichtigen neuen verfassungsmäßigen Akzent in der Auseinandersetzung mit dem Rechtsextremismus setzen können! Geben wir den Menschen in Brandenburg damit die Gewissheit, dass alle demokratischen Parteien ernsthaft weiter daran arbeiten, Brandenburg toleranter, demokratischer, friedlicher, gewaltfreier und weltoffener zu machen! Rechtsextremismus in Form von Rassismus, Antisemitismus, Fremdenfeindlichkeit, Heterophobie, Etabliertenvorrechten und Sexismus dürfen in Brandenburg und in der Bundesrepublik insgesamt keine Chance haben!
Ich bitte Sie, der Überweisung an die Ausschüsse zuzustimmen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Nur einige Anmerkungen; eine Minute ist kurz. Ich sage nur: Wenn man nicht will, dann findet man auch Argumente.
Herr Schönbohm, Sie haben das Grundgesetz und die Verfassung zitiert, und an keiner Stelle kamen die Worte „rechtsextremistisches“ oder „nationalsozialistisches Gedankengut“ vor. Genau das ist das Problem.
Herr Lunacek, wenn Sie sich auf das Grundgesetz beziehen und Lothar Bisky zitieren, dann muss ich Ihnen sagen: Das Grundgesetz regelt die freiheitlich-demokratische Grundordnung, legt aber nicht das System fest.
Das Grundgesetz ist antifaschistisch, aber nicht antisozialistisch. Viele Parteien haben den demokratischen Sozialismus sehr wohl in ihrem Programm.
Der Kompromiss, wie er in Mecklenburg-Vorpommern möglich gewesen ist, wäre durchaus auch in der parlamentarischen Behandlung möglich gewesen. In Mecklenburg-Vorpommern wurde geregelt, dass rassistisches und extremistisches Gedankengut zu verbreiten verboten ist. Sie müssten die Diskussion kennen. Ich muss auch etwas zur Instrumentalisierung sagen. Die Diskussion wird seit mindestens zwei Jahren intensiv geführt. Im vorigen Jahr wurde sie in Mecklenburg-Vorpommern, als es die besagte Initiative gab, noch einmal intensiviert. Ich appelliere noch einmal an Ihr Gewissen: Stellen Sie Ihre Koalitionsabsprache in den Hintergrund, und stimmen Sie der Überweisung an den Ausschuss zu.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Frau Fechner hat in ihrer Rede sinngemäß zum Ausdruck gebracht, das Handlungskonzept tauge nicht, um die DVU aus den Parlamenten rauszuhalten. Ich finde, damit hat sie - sicher unbewusst - ein bemerkenswertes Geständnis abgelegt, dass die DVU eine rechtsextremistische Partei ist.
Der Dank meiner Fraktion gilt zunächst all jenen, die sich in der Auseinandersetzung mit dem Rechtsextremismus engagiert haben und weiter engagieren. Insbesondere schließe ich mich dem Dank des Ministerpräsidenten an Wolfram Hülsemann an. Mein Dank gilt auch Heinz-Joachim Lohmann vom „Aktions
bündnis gegen Gewalt, Rechtsextremismus und Fremdenfeindlichkeit“. Ich wünsche der neuen Vorsitzenden des Aktionsbündnisses, Frau Heilgard Asmus, viel Erfolg bei ihrer Arbeit.
Dass wir im Land nach wie vor ein Problem mit dem Rechtsextremismus haben, ist vielfach festgestellt worden. Deshalb ist die Stabilität und Kontinuität, die sich mit dem Handlungskonzept für ein tolerantes Brandenburg verbindet, umso wichtiger. Zugleich müssen wir darüber nachdenken, wie eine ganzheitliche und ressortübergreifende Strategie gegen Rechtsextremismus, Rassismus und Antisemitismus entwickelt werden kann. Im Grunde muss bei jeder politischen Entscheidung mitgedacht werden, welche Konsequenzen sie für die Auseinandersetzung mit dem Rechtsextremismus hat. Das wirft auch die Frage auf, ob die Koordinierungsstelle „Tolerantes Brandenburg“ beim Bildungsministerium richtig angebunden ist, oder ob sie nicht besser als Chefsache in die Staatskanzlei gehört.
Ihnen, meine Damen und Herren von der DVU, sage ich: Beim Handlungskonzept der Landesregierung „Tolerantes Brandenburg“ geht es um immaterielle und geistige Werte, und nicht ums Geld. Es geht darum, den Menschen in diesem Lande Werte zu vermitteln, die den demokratischen und sozialen Rechtsstaat erhalten, ausbauen und das friedliche Zusammenleben der Menschen gewährleisten. Diese Werte haben mit Ihrem Nationalismus, mit Ihrer Deutschtümelei, mit Ihrer Europa- und Ausländerfeindlichkeit, mit Ihrer Verharmlosung der Nazidiktatur und der Nichtanerkennung der Oder-Neiße-Grenze nichts zu tun. Lesen Sie in Ihrem Programm nach!
Die Würde des Menschen erklärt sich nicht aus der Herkunft, wie Sie von der DVU das gern sehen, sondern aus dem Menschsein an sich.
Deshalb sind auch alle Menschen vor dem Gesetz gleich und die politischen und sozialen Grund- und Freiheitsrechte unteilbar. Wenn es zur Unteilbarkeit von politischen und sozialen Grundrechten unter Demokraten durchaus unterschiedliche Auffassungen gibt, wird uns das nicht davon abhalten, gemeinsam gegen die von Ihnen vertretenen Werte entschlossen vorzugehen.
Toleranz hat nämlich eine Grenze, und zwar dort, wo durch Nationalismus und Deutschtümelei, durch Verharmlosung der Nazidiktatur und der Verbrechen der Wehrmacht eben nicht die Lehren aus der Geschichte gezogen, sondern die Völker erneut gegeneinander gehetzt werden. Dieses Thema, Frau Fechner, ist jeden Tag und immer wichtig und aktuell, weil Sie eine Gefahr für dieses Land sind.
An die Adresse aller Demokraten sage ich: Das dreiste Agieren der Rechtsextremisten ist die Schwäche der Demokratie. Also lassen Sie uns gemeinsam überlegen, wie diese Demokratie für die Menschen wieder erlebbar gemacht werden kann, und daran arbeiten. Im Handlungskonzept „Tolerantes Brandenburg“ gibt es dazu viele Ansätze, die im Alltag noch viel mehr mit Leben erfüllt werden müssen.
Positiv ist, dass im Land oftmals reagiert wird, vor allem wenn die NPD auftritt. Wir werden das heute Nachmittag in Zühlsdorf wieder erleben. Dort wird es eine Demonstration und eine Lesung aus Büchern, die am 10. Mai 1933 und in den nachfolgenden Monaten von den Nazis verbrannt wurden, geben. Es geht darum, ein deutliches Zeichen, auch ein kulturelles Zeichen gegen die NPD zu setzen. Es gibt inzwischen viele Kooperationspartner im Rahmen des Handlungskonzepts „Tolerantes Brandenburg“. Entscheidend ist jedoch, wie die Vereinbarungen, die geschlossen wurden, vor Ort mit Leben erfüllt werden.
Die Ereignisse am 17. Mai in Groß Gaglow beim Wettkampf der Feuerwehren haben gezeigt, wie unverfroren rechtsextremistische Kräfte vorgehen, um ihre Ideologie in die Öffentlichkeit zu bringen. Jugendliche wurden benutzt, und die Verantwortungsträger vor Ort schauen zum Teil weg oder verharmlosen. Wenn Polizei und Staatsanwaltschaft in diesem Zusammenhang Ermittlungen einleiten, diese dann aber einstellen, nehmen wir das zur Kenntnis. Viel wichtiger sind Gespräche mit den Jugendlichen, in denen Kenntnisse vermittelt und Einsicht geweckt werden. Wir begrüßen, dass Vertreter der Stadt Cottbus eine Fahrt zu einer Gedenkstätte vorbereiten.
Es kommt aber auch darauf an, die Hintermänner aufzudecken, ihr Tun öffentlich zu skandalisieren, zu ächten und dafür zu sorgen, dass sie bei den Kommunalwahlen keine Chance haben. Wir brauchen deshalb überall vor Ort Konzepte, vor allem zur Prävention, aber auch zur Aktion, damit zivilgesellschaftliches Engagement entstehen kann. Bewährt hat sich, wenn sich dabei der Bürgermeister und die Abgeordneten an die Spitze stellen. Das unterstützt die Zivilcourage der Bürger und animiert zum Mitmachen.
Dabei muss Konsens sein, dass Gewalt in der Auseinandersetzung mit Rechtsextremismus nichts zu suchen hat. Und, Herr Lunacek, das schließt nicht aus, dass ziviler Ungehorsam dort angebracht ist, wo man sich in die Grauzone des revanchistischen rechten Randes begibt.
Entscheidend, liebe Kolleginnen und Kollegen, ist, dass die Bekämpfung des Rechtsextremismus als eine Alltagsaufgabe für alle Demokraten und in allen gesellschaftlichen Bereichen erkannt wird.
In diesem Sinne meine ich, liebe Kolleginnen und Kollegen, das Handlungskonzept der Landesregierung hat sich in zehn Jahren bewährt und ist es wert, fortentwickelt zu werden. - Ich danke Ihnen.
Herr Minister, ich habe zwei Fragen. Erstens: Kennen Sie das Wittstocker Konzept zu der Frage, wie man auch mit 40 Schülern das Kurssystem aufrechterhalten kann? Zweitens: Für das Gymnasium Treuenbrietzen gab es 43 Erstwünsche und 44 Zweitwünsche. Halten Sie es - wenn man den ernsthaften Willen hat, einen Schulstandort zu erhalten - für legitim, dass im Vorfeld des Ü7-Verfahrens durch die Schulämter und andere Verantwortliche Gespräche mit den Eltern geführt werden, um auf die Konsequenzen ihres Erst- und Zweitwunsches für den Erhalt des Schulstandortes hinzuweisen? Ich frage das, weil ich viele Eltern kenne, die sagen: Wenn wir das gewusst hätten, dann wäre unser Zweitwunsch der Erstwunsch gewesen.
Herr Minister, ich habe eine Nachfrage. Im Jahre 2003 gab es das Seitz-Gutachten, das begründet hat, in welchen Größenordnungen Personal in der Landesverwaltung - auch bei der Polizei - abzubauen ist. Damals gab es ein Positionspapier des Innenministeriums, das belegt hat, dass ein derartiger Personalabbau mit bestimmten Begründungen nicht möglich ist. Haben Sie diese Begründungen bei Ihren neuen Entscheidungen berücksichtigt?
Herr Staatssekretär, trifft es zu, dass die Berufsorganisationen diese Mitarbeiterbefragung nicht maßgeblich mitgetragen haben, weil Fragen nach der Zufriedenheit mit der Besoldung nicht gestellt wurden?
Herr Bischoff, es werden immer die steigenden Pensionslasten für die Beamten angeführt. Gibt es eine schlüssige Begründung dafür, warum die Landesregierung nicht bereits mit der Einführung der Verbeamtung im Jahr 1991 die entsprechenden Rücklagen gebildet hat, um genau diesen Aufwuchs zu verhindern?
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Gäste! In der 1. Lesung des Gesetzentwur
fes habe ich mich schon kritisch zu einigen Regelungen geäußert. Ich hatte jedoch die Hoffnung, dass sich im Verlauf der parlamentarischen Beratungen noch einiges im Sinne der Rechtsprechung, insbesondere des Bundesverwaltungsgerichts, ändern lässt. Diese Hoffnung wurde leider nicht erfüllt.
In den parlamentarischen Beratungen wurde darauf verwiesen, dass die Landesregierung mit dem jetzigen Gesetzentwurf lediglich die notwendigsten besoldungs- und versorgungsrechtlichen Angelegenheiten regeln will. Alles andere soll in Abstimmung mit den anderen Ländern und dem Bund erfolgen, um eine Auseinanderentwicklung zu vermeiden. Meine gute Erziehung verbietet es mir, diese Feststellung als das zu bezeichnen, was sie ist.
In Wirklichkeit geht es darum, die Taktik der vergangenen Jahre fortzusetzen und zu schauen, wo man im Beamtenbereich Kürzungen vornehmen und dabei Beamte und Tarifbeschäftigte gegeneinander ausspielen kann. Das kann man sehr schön in der Gegenäußerung der Landesregierung auf die Stellungnahme des Beamtenbundes nachlesen. Geradezu zynisch wird darauf verwiesen, dass die Bezahlungssysteme verschieden seien und es schließlich auch nicht gelungen sei, die Streckung der Dienstalterstufen, also eine Verschlechterung im Tarifbereich, zu übertragen. Warum wohl nicht, meine Damen und Herren? Weil sich die Tarifbeschäftigten im Tarifkampf gewehrt und durch Streikmaßnahmen einen völlig neuen Tarifvertrag ausgehandelt haben, der den BAT abgelöst hat.
Auf der Ebene des Bundes und der Länder werden permanent von Einzelnen im Beamtenbereich Kürzungsvorstöße unternommen. Sind sie dann gesetzlich durchgesetzt, ziehen die anderen Länder mit der Begründung der Gleichbehandlung nach. Wir konnten diesen Prozess bei der Kürzung bzw. Streichung des Weihnachtsgeldes verfolgen und haben das auch bei der Verlängerung der Arbeitszeit gesehen. Während diese im Tarifbereich durch Streiks bisher in Grenzen gehalten werden konnte, wurde die Verlängerung der Wochen- sowie auch der Lebensarbeitszeit im Westen per Gesetz umgesetzt. Inzwischen ist es kein Geheimnis mehr, dass auch in Brandenburg die Lebensarbeitszeit im Beamtenbereich verlängert werden soll. Das ist ein schöner Gleichklang mit den anderen Ländern, natürlich verbunden mit dem Verweis auf die Erhöhung des Renteneintrittsalters auf 67 Jahre. Aber, meine Damen und Herren, was im Rentenbereich bereits falsch ist, wird nicht dadurch richtiger, dass es auf den Beamtenbereich übertragen wird.
Hier sind andere, volkswirtschaftlich sinnvollere Regelungen erforderlich. Wenn die Landesregierung wirklich die Absicht gehabt hätte, die Entwicklung des Besoldungs- und Versorgungsbereichs im Gleichklang mit den anderen Ländern zu vollziehen, dann hätte sie auch den Forderungen der Berufsorganisation folgen können, die Ruhegehaltsfähigkeit der Polizeizulage beizubehalten. Bayern hat das getan, und in Rheinland-Pfalz wird über eine entsprechende Regelung nachgedacht. Für die in den Jahren 2008 und 2009 betroffenen Polizistinnen und Polizisten ab der Besoldungsgruppe A 10 wären das 50 bis 60 Euro mehr Pension im Monat gewesen. Für den Landeshaushalt sind das wahrlich Peanuts, weil von den 348 Betroffenen nur schätzungsweise die Hälfte über A 10 besoldet wird. Für den Einzelnen ist das jedoch viel Geld. Doppelt bestraft ist diese Personengruppe, weil sie auch nicht in den Ge
nuss der Ost-West-Angleichung kommt, die mit dem vorliegenden Gesetzentwurf ab dem 01.01.2008 wenigstens bis zur Besoldungsgruppe A 9 vorgenommen wird.
Meine Damen und Herren, mit Artikel 3 des Gesetzentwurfes reagiert die Landesregierung auf Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts und des Bundesverwaltungsgerichts. In beiden Fällen haben Betroffene bis in die letzte Instanz geklagt, und es wurde zu ihren Gunsten entschieden. Wie aber reagiert die Landesregierung? An der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zur Verkürzung der Wartezeit von drei auf zwei Jahre bei der Berechnung der ruhegehaltsfähigen Dienstbezüge kommt sie nicht vorbei und regelt den Sachverhalt zum Vorteil der Betroffenen. Was für eine Stärkung des Glaubens an den Rechtsstaat!
Das Bundesverwaltungsgerichtsurteil wird allerdings kurzerhand für falsch erklärt und eine gesetzliche Regelung zum Nachteil der Betroffenen geschaffen. Sie erhalten dadurch zwischen dem 60. und dem 65. Lebensjahr ca. 5 % bis 10 % weniger Pension, als ihnen das Bundesverwaltungsgericht zugesteht. Welch eine Erschütterung des Glaubens an den Rechtsstaat, zumal sich diese Regelung im Wesentlichen in vier bis fünf Jahren sowieso erledigt hat, weil die meisten Betroffenen bis dahin ihre 35 % Mindestpension erdient haben.
Meine Damen und Herren, ich habe den Eindruck, dass die Einzelregelungen und ihre Wirkungen gar nicht interessieren. Hauptsache, es wird Geld gespart. Meine Fraktion hat im Haushalts- und Finanzausschuss vorgeschlagen, im Artikel 3 § 3 - das ist die vorübergehende Erhöhung des Ruhegehaltssatzes - wenigstens bis zur Entscheidung der Brandenburger Gerichte auszusetzen. Aber dazu konnte sich die Koalition leider nicht durchringen. Der vorliegende Gesetzentwurf bestätigt im Wesentlichen die Befürchtungen, die im Zusammenhang mit der Föderalismusreform I geäußert wurden. Meine Fraktion wird dem Gesetzentwurf nicht zustimmen. Sie wird sich enthalten. - Danke schön.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Mit den vorliegenden zwei Gesetzentwürfen nimmt die Regierung ihre Kompetenz, die ihr mit der sogenannten Föderalismusreform I übertragen wurde, wahr. Bei der Änderung des Sonderzahlungsgesetzes geht es um die Übernahme der Sonderzahlungsregelungen für die Landesbeamten, denen wir bereits zugestimmt haben, in den Bereich der Kommunen.
Es stellt sich hier allerdings die Frage, wie die Kommunen dieses Ansinnen tatsächlich finanzieren können. Die Kommunen
des Landes partizipieren an steigenden Steuereinnahmen des Landes und verzeichnen auch eigene Mehreinnahmen, aber der Streit um eine ausreichende finanzielle Ausstattung der Kommunen hat in diesem Haus Tradition. Erst im letzten Jahr haben wir über Spitzabrechnungen, Kassenkredite und Haushaltssicherungskonzepte lang und breit debattiert. Fakt ist, dass viele Kommunen gezwungen sind, ihre Kassenkredite zu erhöhen, und das trotz eigener steigender Einnahmen. Insofern bleibt es die Aufgabe des Landtags, darauf zu reagieren. Die bevorstehende Haushaltsdebatte bietet uns dazu die entsprechende Gelegenheit.
Beim Gesetzentwurf zur Änderung besoldungs- und versorgungsrechtlicher Vorschriften könnte man auf den ersten Blick annehmen, dass sich diese neue Gesetzgebungskompetenz positiv für die Beamtinnen und Beamten auswirkt. Betrachtet man den Gesetzentwurf jedoch etwas genauer und bezieht die Entwicklung in den letzten Jahren ein, dann ergibt sich ein etwas differenzierteres und nicht so rosiges Bild. Das kann man auch den beigefügten Stellungnahmen der Berufsorganisationen entnehmen. Insofern würde ich Ihnen nicht ganz zustimmen, Herr Speer, dass die Berufsorganisationen das Angebot akzeptiert hätten. Sie hatten gar keine andere Wahl. Sie kennen die Unterschiede zwischen Beamtenbereich und Tarifbereich.
Fakt ist, dass der vorgelegte Gesetzentwurf nicht die zeit- und inhaltsgleiche Übernahme des Tarifergebnisses für den Beamtenbereich ist, wie es die Gewerkschaften gefordert hatten. Ich darf noch einmal daran erinnern, dass das Tarifergebnis dreimalige Einmalzahlungen zwischen 50 und 450 Euro und die lineare Anhebung der Entgelte um 2,9 % zum 1. Mai 2008 vorsah. Die nunmehr vorgesehene Anhebung um 1,5 % entspricht nicht einmal der Inflationsrate und ordnet sich in die negative Reallohnentwicklung zwischen 1994 und 2004 ein. In diesen Jahren hatten wir einen Rückgang von mindestens 0,9 %.
Warum die Landesregierung von einer angemessenen Teilnahme an der Einkommensentwicklung spricht, ist für mich nicht nachvollziehbar, auch, weil wir in den letzten zwei Jahren eine Trendwende hatten; darauf haben Sie hingewiesen, Herr Finanzminister. Die im Jahr 2007 im Bereich der Wirtschaft geschlossenen Tarifverträge bringen den Beschäftigten eine Einkommenserhöhung von durchschnittlich 3,7 %. Betrachtet man die Tarifverträge mit längerer Laufzeit, so sind das immerhin noch 2,3 %.
Die Anpassung der Besoldung bis A 9 an das Westniveau ist für die Betroffenen eine erfreuliche Angelegenheit, aber eben nur für die Betroffenen. Und auch sie mussten elf Jahre länger warten, als ursprünglich vorgesehen. Bekanntlich sollten die Übergangsregelungen für Ostdeutschland am 31.12.1996 auslaufen. Demotivierend ist die Anpassungsregelung für jene, die noch nicht davon profitieren. So ist es schwer zu vermitteln, dass der zwei Dienstgrade höhere Oberkommissar für zwei Jahre weniger Grundgehalt erhält als der Polizeihauptmeister. Mit dem Gesetzentwurf bestätigen sich auch die Befürchtungen bezüglich der ungleichmäßigen Besoldungsentwicklung in den Ländern und beim Bund. So schwankt die lineare Erhöhung zwischen 3 % in Bayern, 2,9 % in Sachsen, 2,4 % in Hessen, 1,5 % in Brandenburg bis zu gar keiner linearen Erhöhung, dafür aber Einmalzahlungen, zum Beispiel in Thüringen.
Auf heftige Kritik trifft die geplante Änderung bei der vorübergehenden Erhöhung des Ruhegehaltsatzes. Das Bundesverwal
tungsgericht hat in einem Fall entschieden, dass 35 % des amtsbezogenen Mindestruhegehalts als erdientes Ruhegehalt zählen und auf dieser Basis eine Aufstockung erfolgen muss. Das will der Finanzminister allerdings nicht akzeptieren, weil er die Rechtsvorschrift anders, und zwar zum Nachteil der Betroffenen, auslegt: Die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts gelte nicht in Brandenburg. Hier müsse selbst geklagt werden.
Dabei verkennt der Finanzminister, dass das Oberverwaltungsgericht in Sachsen-Anhalt und auch das Verwaltungsgericht in Potsdam bereits entsprechende Entscheidungen zugunsten der Betroffenen gefällt haben. Inzwischen sind drei Musterklagen auf dem Weg, aber die Landesregierung will diese nicht abwarten und das Gesetz in ihrem Sinne ändern. Dabei argumentiert sie mit einer vermeintlichen Überversorgung, die die Systematik und Regelungsmaterie des § 14 a gar nicht hergibt.
Meine Damen und Herren, die vorgesehenen Änderungen des § 14 a sind eine weitere Benachteiligung für ostdeutsche und speziell für Brandenburger Beamte und offenbaren ein eigenartiges Rechtsstaatsverständnis der Landesregierung. DIE LINKE ist der Auffassung, dass das Bundesverwaltungsgericht für ausreichende Rechtssicherheit gesorgt hat. Wenn die Landesregierung und der Finanzminister insbesondere das nicht akzeptieren, dann gehört es sich wenigstens, auch im Interesse des Haushalts und der Bediensteten, die Entscheidung der Brandenburger Gerichte abzuwarten. Für dieses Anliegen wollen wir Sie in der Debatte im Haushalts- und Finanzausschuss gewinnen. - Danke schön.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr verehrte Abgeordnete! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Mit ihrem Antrag hat die Regierungskoalition ein brisantes Thema auf die Tagesordnung gebracht. In der Begründung wird auf die Entwicklung politisch motivierter Straftaten von Rechts und auf die Entwicklung der entsprechenden Gewaltstraftaten in der Bundesrepublik Deutschland verwiesen.
Während wir im vergangenen Jahr für Brandenburg entgegen dem Bundestrend einen leichten Rückgang von rechtsextremistisch motivierten Gewaltstraftaten verzeichnen konnten, sieht das bei der Betrachtung eines längeren Zeitraumes leider etwas anders aus. Die Zahl der rechtsextremistisch motivierten Straftaten in Brandenburg ist von 923 im Jahr 2003 auf 1 399 im Jahr 2006 kontinuierlich angestiegen. Sie unterliegt Schwankungen, stagniert aber auf hohem Niveau. So mussten wir im Jahr 2003 87, im Jahr 2004 105, im Jahr 2005 97 und im Jahr 2006 90 Gewaltstraftaten verzeichnen. Wie das 2007 aussehen wird, kann noch nicht abschließend bewertet werden. Ich befürchte allerdings, dass wir hier nicht wesentlich vorankommen werden.
Also besteht dringender Handlungsbedarf, zumal auch der Rat „Justiz und Inneres“ der EU mit seinem Vorschlag vom 19. April 2007 für einen Rahmenbeschluss des Rates zum Handeln gegen rassistische und fremdenfeindliche Beweggründe auffordert.
Es geht nicht um Statistik, sondern um die Frage, wie wir der Entwicklung des Rechtsextremismus und seinen schwersten Auswüchsen, den Gewaltstraftaten, wirksam begegnen, und zwar auf allen Ebenen des gesellschaftlichen Lebens und zu jeder Zeit.
Ob eine Verschärfung strafrechtlicher Instrumente dabei hilfreich ist, muss zumindest kritisch hinterfragt werden. Wir wissen, dass eine Mehrheit rechtsextremer Straftäter nach Verbüßung einer Haft eben nicht geläutert aus dem Strafvollzug kommen und ein Großteil auch rückfällig wird. Das liegt unter anderem daran, dass es offenbar an entsprechenden Konzepten und auch an sozialpädagogischem Personal fehlt.
Wie der Konfliktforscher Prof. Dr. Wilhelm Heitmeyer kürzlich feststellte, müsse der Staat zwar Signale setzen, aber man
dürfe sich nicht vorstellen, dass dadurch die rechtsextremistische Szene abgeschreckt werde. Ganz im Gegenteil:
„Dort gelten Haftstrafen gewissermaßen als Veredelung.“
Konstatieren müssen wir auch, dass es schon jetzt rechtliche Vorgaben und Möglichkeiten in den §§ 46, 47 und 56 des Strafgesetzbuches gibt, nach denen bei der Strafzumessung die Beweggründe, die Ziele des Täters und die Gesinnung, die aus der Tat spricht, berücksichtigt werden können. Die Verhängung kurzer Freiheitsstrafen unter sechs Monaten ist möglich, wenn das zur Verteidigung der Rechtsordnung erforderlich ist.
Es stellt sich also die Frage, ob wir nicht eher eine andere Rechtskultur brauchen. So äußerte der Vorsitzende des Brandenburger „Aktionsbündnisses gegen Gewalt, Rechtsextremismus und Fremdenfeindlichkeit“, Superintendent HeinzJoachim Lohmann, Strafverfahren gegen extremistische Gewalttäter müssten rascher beginnen und zu einem Urteil kommen. Zu einem ähnlichen Urteil kommt auch die aktuelle BertelsmannStudie in ihrer Einschätzung zur inneren Sicherheit des Landes Brandenburg. Kritisiert wird dort vor allem die überlange Verfahrensdauer in der Strafgerichtsbarkeit des Landes.
Die LINKE will weiter mit Ihnen darüber diskutieren, ob die Aufnahme des Verbots der Wiederbelebung nationalsozialistischen Gedankenguts in das Grundgesetz und in die Verfassung Brandenburgs dazu beitragen kann, bestehende rechtliche Möglichkeiten bei der Verfolgung politisch motivierter Straftaten konsequenter zu nutzen und diese andere Rechtskultur zu befördern.
Aber es geht uns nicht nur um eine andere Rechtskultur, sondern auch um eine demokratische sowie unnachgiebige Alltagskultur im Land Brandenburg. Wir richten deshalb unseren Appell an alle Bürgerinnen und Bürger, an die Journalisten und Polizisten, an die Staatsanwälte sowie an die Richter im Land Brandenburg, Nazismus, Rassismus und Antisemitismus gesellschaftlich und jederzeit zu ächten.
Rassistische und rechtsextreme Motivationen dürfen von Anfang an nicht bagatellisiert oder gar ausgeblendet werden. Dazu gehört, dass dezentrale Projekte der Unterstützung und Beratung von Kommunen, Schulen und Opfern langfristig gesichert und noch stärker vernetzt werden müssen, denn sie stärken die demokratische Alltags- und Rechtskultur.
Die Landesregierung, Herr Rupprecht, sollte darüber unterrichten, wie sie den Kommunen hilft, die keine Unterstützung aus den Bundesprogrammen erhalten konnten.
Wir sind bereit, auch über rechtspolitische Fragen der Bekämpfung des Rechtsextremismus zu diskutieren, wie sie in Ihrem Antrag angesprochen sind, und Entscheidungen dazu zu treffen. Wir wollen dabei aber die gesamtgesellschaftliche Dimension des Themas nicht vernachlässigen und mit allen demokratischen Kräften des Landes weiter darüber debattieren, wie solchen Erscheinungsformen der Boden entzogen werden kann. Eine einfache Antwort darauf gibt es nicht. Wichtig scheint mir aber unter anderem - das war heute schon mehrfach Thema -, im Land Brandenburg Bedingungen zu schaffen, unter denen alle Angehörigen der nachwachsenden Generation gleiche
Chancen auf Bildung und gesellschaftliche Teilhabe unabhängig vom sozialen Status ihrer Eltern haben.
In diesem Kontext werden wir Ihrem Antrag nicht widersprechen oder - anders ausgedrückt - ihm zustimmen. - Danke.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Gemäß dem Landtagsbeschluss vom April 2005 befasst sich der Landtag alljährlich im Vorfeld des Tages des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus am 27. Januar mit der Umsetzung des Konzepts der Landesregierung „Tolerantes Brandenburg“. Es ist bedauerlich, dass es im Vorfeld dieser Debatte deutliche Unterschiede in der Auslegung dieser Selbstverpflichtung gegeben hat. Wenn man es ernst meint mit
einer nicht nur anlassbezogenen Auseinandersetzung mit Intoleranz, Gewalt und Ausländerfeindlichkeit, sondern sich im Interesse einer sensiblen und aufgeschlossenen Atmosphäre in unserem Lande auch nicht scheut, Parteiegoismen zurückzustellen und sich selbstkritisch zu prüfen, dann ist eine solche übergreifende Landtagsdebatte eigentlich alternativlos.
Die DVU hat heute mit ihrem Geschäftsordnungsantrag klargemacht, dass sie selbst Gegenstand der Auseinandersetzung mit dem Rechtsextremismus ist. Einen weiteren Kommentar zu dem Entschließungsantrag erspare ich mir deshalb.
Ich möchte unterstreichen, dass das Handlungskonzept „Tolerantes Brandenburg“ auch für die Linkspartei.PDS im Vergleich zu anderen Ländern durchaus Vorbildcharakter hat. Die vielfältigen Aktivitäten und Organisationsformen, die in der Auseinandersetzung mit Rechtsextremismus in Brandenburg entwickelt wurden, sind hoch zu schätzen, und allen Akteuren gilt unser Dank und unsere Anerkennung.
Das beginnt bei den einzelnen Netzwerkprojekten, geht über Veranstaltungen, in denen sich die Jugendlichen mit der Nazidiktatur auseinandersetzen, und reicht bis zu den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der „Opferperspektive“, die sich um die Opfer rechtsextremistischer Gewalt kümmern. - Ich begrüße bei dieser Gelegenheit all diejenigen, die als Gäste an der heutigen Landtagssitzung teilnehmen.
Aber wir müssen auch feststellen, dass das Handlungskonzept noch viel zu wenig im Land bekannt ist, dass es einer engeren Vernetzung von Wissenschaft und Praxis bedarf und dass man noch viel mehr für eine wirklich durchgreifende Kommunalisierung des Handlungskonzepts tun kann. Wir wissen: Vielerorts gibt es funktionierende Bündnisse und Initiativen. Vielerorts schlafen diese aber auch wieder ein, und nicht immer kann man von Kontinuität oder Nachhaltigkeit der Arbeit sprechen. So stelle ich die Frage: Was ist eigentlich aus den seinerzeit eingesetzten Koordinatoren geworden?
Gleichwohl können wir feststellen, dass der Protest oder Widerstand gegen den Rechtsextremismus immer dort besonders wirkungsvoll ist, wo sich alle Akteure der staatlichen und der kommunalen Seite sowie die Akteure der sogenannten Zivilgesellschaft vor Ort und auf Landesebene einig sind, und das nicht nur anlassbezogen, sondern vor allem im Alltag. Das haben wir am 18. November 2006 in Halbe und in Seelow gesehen, das erleben wir in Lübben, und wir sehen das aktuell in Kleinow, wo sich die Bürger entschieden gegen die Einrichtung eines Bildungszentrums der Nazis wehren. Ich wünsche mir auch, dass am 27. Januar in Frankfurt (Oder) viele Demokraten der NPD Paroli bieten werden.
Im Zusammenhang mit dem Handlungskonzept geht es aus meiner Sicht besonders darum, zu prüfen, ob es neuen gefährlichen Entwicklungen des Rechtsextremismus Rechnung trägt
und wie es demzufolge fortzuentwickeln ist. Der Kollege Baaske hat die Erfolge der NPD bei den Landtagswahlen genannt.
Der Osten Deutschlands ist zum Pilotprojekt der NPD geworden. In Brandenburg versucht sie, zunehmend Fuß zu fassen. Die NPD bildet neue Kreisverbände wie beispielsweise im Dezember im Barnim. Sie verbündet sich mit den nazistischen Kameradschaften wie dem Märkischen Heimatschutz, der sich auflöste, um einem Verbot zu entgehen, und sie sucht im Land Immobilien. Ihre Mitgliederzahlen wachsen, zwar gering, aber sie wachsen.
Die Zahl der rechtsextremistischen Straftaten ist insgesamt weiter angestiegen. Erfreulich ist, dass die Zahl rechtsextremistischer Gewaltstraftaten gegenüber dem vergangenen Jahr zurückgegangen ist. Allerdings ist hier auch die Aufklärungsquote um 8 % gesunken.
Das Ziel der NPD besteht darin, die extreme Rechte zu einen und in Brandenburg bei den Kommunalwahlen 2008 ähnliche Stimmengewinne wie in Sachsen, in Mecklenburg-Vorpommern und in Berlin zu erreichen und somit in weitere Kommunalparlamente einzuziehen.
Sie versucht besonders im ländlichen Raum, in Vereinen Platz zu greifen, die Hoheit über Jugendklubs zu gewinnen und das kulturelle Leben zu bestimmen, um so ihre vermeintlichen Alternativen an die Wählerinnen und Wähler zu bringen. Das dürfen wir nicht zulassen.
Besonders an die Adresse der DVU gerichtet will ich hier ganz deutlich sagen: Unsere Toleranz hat dort ihre Grenze, wo Nationalismus, Deutschtümelei, Europa- und Ausländerfeindlichkeit, die Verharmlosung der Nazidiktatur und die Nichtanerkennung der Oder-Neiße-Grenze als Ostgrenze Deutschlands anfangen.
Gerade in Ostdeutschland müssen wir zur Kenntnis nehmen, dass die Zukunftsangst der Menschen wächst. Nach dem aktuellen Sozialreport des Sozialwissenschaftlichen Forschungsinstituts Berlin-Brandenburg hat die Lebenszufriedenheit der Ostdeutschen einen Tiefpunkt erreicht. Nur noch 39 % der Befragten sind danach mit ihrem Leben zufrieden. Hinzu kommt ein geringes Vertrauen in die Demokratie. 5 % der Befragten zeigen Sympathien für rechtsextremistische Parteien. 57 % lehnen das jedoch entschieden ab. Allerdings bezeichnen die Forscher die 27 % der Unentschiedenen als gesellschaftlich und politisch ernst zu nehmendes Potenzial. Dem müssen wir uns alle stellen. Das ist eine Herausforderung für alle Demokraten.
Wir wollen die Probleme der Menschen im Rahmen einer demokratischen Gesellschaft lösen. Es kommt darauf an, diese Demokratie für die Bürgerinnen und Bürger wieder erlebbarer, nachvollziehbarer zu machen. Das ist eine der wirkungsvollsten Formen der Auseinandersetzung mit dem Rechtsextremismus. Die Rechtsextremisten wollen dagegen unter einem demokratischen Deckmäntelchen die Demokratie abschaffen. Das werden wir nicht zulassen.