Protokoll der Sitzung vom 24.11.2004

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es gibt Studiengänge, die bundesweit zulassungsbeschränkt sind. Von solchen Studiengängen gibt es zwei im Land Brandenburg, nämlich Biologie und Psychologie an der Universität Potsdam. Für diese Studiengänge müssen die Länder untereinander auf der Basis des Hochschulrahmenrechts Modalitäten finden, wie die Studienplätze gemäß Vergabeordnung vergeben werden.

Sie nahmen in Ihrer schriftlich formulierten Frage darauf Bezug, dass diese Vergabeordnung jetzt geändert wurde. Das wird in Brandenburg und in den meisten anderen Bundesländern so gehandhabt, dass diese Vergabeordnung, die eigentlich nur für die bundesweit zulassungsbeschränkten Studiengänge gilt, immer auch auf die Studiengänge übertragen wird, die im Land, also örtlich, zulassungsbeschränkt sind.

Dafür werden zwei Ordnungen gemacht und wir sind gerade dabei, das für unser Land umzuschreiben, um die Dinge, die man im Landesrecht noch etwas modifizieren kann, anzupassen. Wir werden das den Hochschulen Anfang Januar zuleiten, sodass zeitgleich mit dem In- Kraft- Treten der zentralen neuen Vergabeordnung auch im Land Brandenburg für die örtlich zulassungsbeschränkten Studiengänge die Vergabeordnung geändert wird.

Es gibt Nachfragebedarf.

Sie haben gesagt, die Verordnung werde den Hochschulen im Januar zugeleitet. Heißt das, dass sie im Januar in Kraft tritt oder ist das schon zu einem früheren Zeitpunkt der Fall?

Die zweite Frage: Wenn Sie sich die Veränderungen in Verordnungen anderer Bundesländer anschauen, rechnen Sie dann mit einer veränderten Nachfragesituation an brandenburgischen Hochschulen?

Zur ersten Frage: Die Zuleitung an die Hochschulen erfolgt Anfang Januar. Es dauert also noch eine Weile, ehe sie dann in Kraft gesetzt wird. Das In- Kraft- Treten ist erst für den Herbst, für das Wintersemester, notwendig. Zu dieser Zeit ist es hundertprozentig erledigt. Ob das Anfang Februar ist, kann ich nicht sagen. Das hängt auch von den formalen Abläufen ab.

Zur zweiten Frage: Ich rechne nicht damit. Ich finde, dass diese jetzt zentral erlassene Verordnung, die wir auch umsetzen, den Hochschulen mehr Möglichkeiten für die individuelle Auswahl bietet. Das, denke ich, liegt im Interesse der Hochschulen und auch der Studierenden. Da die meisten Länder das genauso handhaben, rechne ich nicht mit Veränderungen bei der Bewerbersituation an den Hochschulen.

Frau Ministerin, der Abgeordnete Jürgens hat noch Fragebedarf.

Frau Ministerin, nach der Änderung des Hochschulrahmengesetzes können in den von Ihnen genannten sechs Studiengängen, in denen die Studienplätze bundesweit zentral vergeben werden, die Hochschulen zum Teil bis zu 60 % die Studierenden selbst auswählen. Nach welchen Kriterien finden diese Auswahlverfahren statt? Haben Sie Kenntnis davon, welche Auswahlverfahren an den Brandenburger Hochschulen dafür angewendet werden sollen?

Wir haben dies bei der letzten Änderung der Vergabeordnung sehr weit ausgelegt, das heißt die Hochschulen haben dort große Freiheitsgrade, was zum Teil auch zu Ärger an den Hochschulen geführt hat, weil es sehr arbeitsaufwendig ist. Man kann das in Form von Klausuren oder von Eignungsgesprächen machen. Das sollen möglichst die Hochschulen entscheiden, in welcher Form sie dies tun. Es ist ein Stück Landesrecht, bei dem wir sehr viel Freiheit lassen wollen.

Danke, Frau Ministerin. - Damit schließe ich den Tagesordnungspunkt 1. Unserer Geschäftsordnung entsprechend hat der Abgeordnete Vietze gebeten, eine persönliche Erklärung abgeben zu dürfen.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Im Zusammenhang mit der Fragestellung durch Frau Dr. Esther Schröder ist der Eindruck erweckt worden, dass die Ausdehnung der Ermittlungen auf die Rechtsanwaltskanzlei bzw. den Rechtsberater der Firma Hesco in irgendeiner Weise in einen Zusammenhang mit der PDS gebracht werden kann, und dass dies zur Diskreditierung der PDS in diesem Hause genutzt wird.

Ich möchte darauf aufmerksam machen, dass es etwas ganz Normales ist, wenn Rechtsanwaltskanzleien - übrigens auch im Land Brandenburg - verschiedene Kunden bedienen. Wir haben diese Rechtsanwaltskanzlei - ich verzichte bewusst

auf die Nennung des Namens - deshalb herangezogen, weil es im Zusammenhang mit dem Untersuchungsausschuss ganz legitim ist, dass uns eine Kanzlei, in der ein Fachanwalt für Insolvenzrecht tätig ist, gut berät, wie dies möglicherweise auch die anderen Mitglieder des Untersuchungsausschusses zur LEG- Pleite bestätigen können. Insofern, finde ich, ist die Ausdehnung einer Ermittlung keineswegs ein Anlass, um in diesem

Parlament

öffentliche

Vorverurteilungen

vorzunehmen oder diskriminierende Äußerungen zu machen. - Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der PDS)

Wenn wir auch Fraktionen als Rechtspersonen betrachten, war dies eine persönliche Erklärung. - Danke, Herr Vietze. Wir kommen zum Tagesordnungspunkt 2:

Aktuelle Stunde

Thema: Bundeswehr- Strukturreform: Perspektiven für Standorte in Brandenburg schaffen

Antrag der Fraktion der SPD

Ich eröffne die Aussprache mit dem Beitrag des Abgeordneten Baaske. Bitte.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Schönen guten Morgen!

(Vereinzelt Zurufe: Guten Morgen!)

In der Tat ist die Schließung von Bundeswehrstandorten in unserem Land zurzeit ein sehr virulentes Thema. Ich glaube, es ist wichtig, dass wir uns dieses Themas in diesem hohen Hause annehmen. Perestroika und Glasnost, aber auch die friedliche Wende, die es 1989/90 hier in Deutschland gab, haben dafür gesorgt, dass wir ein sicheres und friedvolles Europa haben.

Es gibt keine Großmachtkonfrontationen mehr. Es gibt Nationen, die friedlich über Grenzen hinweg miteinander reden. Es gibt ein größeres, ein friedvolles Europa. In Europa hat es noch nie eine so lange friedvolle Zeit gegeben. Das sollten wir begrüßen und weiterführen.

(Vereinzelt Beifall bei der SPD)

Die weltpolitische Lage ist dadurch gekennzeichnet, dass es nach wie vor noch kleine Konfliktherde gibt. Auch dem muss man sich stellen und darauf reagieren. Auch das sind Herausforderungen für Europa. Somit ist es zwangsläufig so, dass europäische Armeen heutzutage nicht nur in Europa aktiv sind, sondern auch woanders und dort friedenstiftend wirken. Aber das heißt auch, dass es eine gewisse Bewegung in Europa und in Deutschland geben muss, mit der signalisiert wird, dass es eine Veränderung gibt. Das kann nicht bei Regierungen, bei Nichtregierungsorganisationen oder bei Hilfsorganisationen Halt machen, sondern das wird auch auf die Armeen zukommen.

Dies hat natürlich auch Auswirkungen auf Standorte, wie es

auch schon 1989/90 der Fall war. Seinerzeit wurden allein in Brandenburg 280 000 ha für die militärische Nutzung benötigt. Das sind 8 % der Landesfläche - so viel wie die Fläche des Saarlandes - , die 1989 militärisch genutzt werden. Davon werden 200 000 ha in Zukunft nicht mehr gebraucht, stehen also für die zivile Nutzung zur Verfügung. Ich erinnere an das, was wir allein bei der Umsetzung der WGT- Flächen bisher schon an Konversionsleistungen vollbracht haben, welche hervorragenden Leistungen erzielt wurden und welche Erfahrungen wir in dieser Zeit gerade in Brandenburg sammeln konnten.

(Vereinzelt Beifall bei der SPD)

Wie ist die Situation heute? Die Zahl von 13 000 Dienststellen - so heißt das, wenn man die zivilen und militärischen Kräfte, die dort arbeiten, erfasst - wird bis zum Jahr 2010 um etwa 2 500 sinken. Davon werden solche Standorte wie Brandenburg, Oranienburg und Neuruppin hart betroffen sein, weil diese Standorte mit Schließungen zu rechnen haben. Es trifft aber auch Standorte wie DoberlugKirchhain hart, weil dies gerade auch ein strukturschwacher Standort ist, weil es sehr schwierig sein wird, dort etwas anderes anzusiedeln und zivile Jobs zu schaffen. Gerade in solchen Regionen muss sich Politik in den nächsten Monaten und Jahren ganz besonders und sehr engagiert um Jobs kümmern.

Was das Bundesverteidigungsministerium zu den Standorten Strausberg und Wittstock plant, steht nach meiner Auffassung allerdings auf einem anderen Blatt. Ich sage das ausdrücklich an dieser Stelle, weil uns die PDS- Fraktion nachher wieder irgendein kleines Stöckchen schicken will, indem sie ihrem Beschlussantrag einen Punkt voransetzt, in dem wir aufgefordert werden, uns für die zivile Nutzung der Kyritz- Ruppiner Heide zu positionieren. Das haben wir am Ende der vergangenen Legislaturperiode gerade getan und ich kann für die SPD- Fraktion ganz klar sagen: Wir stehen nach wie vor für die zivile Nutzung der Kyritz- Ruppiner Heide, wir wollen dieses Bombodrom in Brandenburg nicht und wir gehen davon aus, dass es die Bundeswehr auch nicht braucht.

(Beifall bei SPD und PDS)

Die Bundeswehr ist eine Armee und hat nicht die Aufgabe, lokale Strukturpolitik zu leisten. Insofern noch einmal meine herzliche Bitte an die PDS- Fraktion, vielleicht den Adressaten in ihrem Antrag etwas näher zu beleuchten. Sie haben

Bundeswehr

Bundesverteidigungsministerium genannt, obwohl eigentlich die Wirtschaft bzw. das Wirtschaftsministerium gefragt ist.

Wir erklären unseren Kindern in der Kita, warum Picassos Taube den Olivenzweig im Schnabel hält. Wir singen mit unseren Kindern das Friedenslied. Wir freuen uns darüber, wenn Kinder in Frieden groß werden können, und wir erklären ihnen, wie schrecklich und grausam die Kriege waren, die Deutschland im vergangenen Jahrhundert selbst herbeigeführt hat, und wie grausam die Kriege sind, die auf dieser Welt immer noch geführt werden.

Fast alle von uns in diesem hohen Hause waren froh, dass Deutschland vor zwei Jahren nicht in den Irak- Krieg gezogen ist. Wir alle sind froh, dass es in Europa diese Entwicklung gegeben hat, die deutlich macht, dass gerade Deutschland im Herzen Europas eine sehr zivile, sehr friedliche Nation ist und sich abkehrt von dem, was Deutschland im vergangenen Jahrhundert an schlimmen Kriegen ausgelöst hat. Wenn wir

erkennen, dass die Völker friedlicher miteinander auskommen und Europa sicherer geworden ist, dass auch andere Nationen, die uns ehedem feindlich gegenüberstanden, abrüsten, dann ist es doch eine logische Konsequenz, dass wir auch weniger Soldaten, weniger Waffen und weniger Standorte brauchen. Auch wenn es für die Region bitter ist, muss man diese Konsequenz akzeptieren und sollte sie auch begrüßen.

(Beifall bei der SPD)

Darum meine herzliche Bitte: Wir sollten in die Zukunft schauen. Wir sollten sehen, dass der Frieden eine Zukunft hat, und wir sollten diese Chance nicht verpassen. Ich weiß, dass es gerade an den Standorten schwierig ist, an denen in Zukunft weniger Soldaten sein werden, an denen weniger Kaufkraft sein wird, an denen man - zum Beispiel in Doberlug- Kirchhain - darum bangt, dass Ausbildungsstellen und vor allem Arbeitsplätze wegfallen, die - auch im zivilen Bereich - derzeit noch existieren. Aber wir dürfen den traditionellen Standorten des hier ansässigen Militärs nicht nachweinen, sondern sollten nach vorn schauen und sehen, dass es Wege in die Zukunft gibt.

An dieser Stelle möchte ich deutlich sagen, dass die Zusammenarbeit vor Ort der entscheidende Punkt ist, um den es hierbei gehen muss. Hier müssen sich die Wirtschaft, das Wirtschaftsministerium, aber auch die Kommunen mit den Bürgermeistern und Landräten sowie jeder Landtagsabgeordnete einbringen. Wir müssen Ideen, Visionen und Fantasien entwickeln, wie wir die Standorte entwickeln können. Der Ruf nach oben - wie der von der PDS- Fraktion in ihrem heutigen Antrag - , der Bund solle uns helfen, der Bund solle ein Gesetz machen, wird uns nicht helfen. Wir vor Ort sind gefragt, die Erneuerung aus eigener Kraft ist gefragt, wofür wir unsere Menschen brauchen. Wir werden das auch schaffen.

(Beifall bei der SPD)