Protokoll der Sitzung vom 23.11.2006

„Verfassungsrechtlich zu beanstanden“

- da geht es um das Schuldrechtsanpassungsgesetz, wie Sie wissen

„und im Ergebnis nichtig ist auch die Regelung, wonach die Kündigung der Nutzung von Garagengrundstücken auch noch nach dem 31. Dezember 1999 beschränkt

wird. Diese Regelung führt zu einer einseitigen, die Interessen der Eigentümer nicht mehr hinreichend berücksichtigenden und deshalb verfassungsrechtlich unzulässigen Bevorzugung der Nutzer. Sie lässt außer Betracht, dass die Bedeutung von Garagengrundstücken für deren Nutzer in der Lebenswirklichkeit der DDR hinter der von Erholungsgrundstücken“

- das spielte in dem Zusammenhang auch eine Rolle

„deutlich zurückblieb. Garagengrundstücke dienten nicht als Refugium für einen privaten Freiraum im sozialistischen Alltag.“

Ich denke, die Regelung, die für uns jetzt zugrunde liegt, dass ausläuft, was jetzt endlich einmal auslaufen muss, sollten wir nicht konterkarieren. Das tut der Antrag der PDS. Ich empfehle, ihn nicht anzunehmen. - Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der SPD)

Für die DVU-Fraktion spricht die Abgeordnete Hesselbarth.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Seit mehr als 100 Jahren gilt in Deutschland bezüglich der Eigentumsverhältnisse bürgerliches Recht, das heißt auf der Ebene des Sachenrechts die heute gültige Rechtslage des BGB.

Wie wir alle wissen, galt das nicht immer für alle Bundesländer. In 40 Jahren DDR-Zeit, die viele von uns erlebt haben, hatten wir es diesbezüglich mit einer systemwidrigen Rechtslage zu tun. Nun wurde in der Wendezeit das Rechtssystem weitgehend abgeschafft. Um zu seinem Ursprung zurückzukehren, um dann dem Bestandsschutzbedürfnis - hier der Garagenbesitzer - aus Gerechtigkeitsgründen entgegenzukommen, hat man ein Sonderrechtsverhältnis eingeführt, welches nun zum 31.12.2006 ausläuft.

(Dr. Klocksin [SPD]: Wer hat Ihnen denn das aufge- schrieben?)

Wir sehen die betroffenen Garageneigentümer nicht als Opfer, Herr Dr. Klocksin, der allgemeinen Zivilrechtsordnung der heutigen Fassung an, sondern letztlich als Leidtragende des DDR-Zivilrechts, mit welchem das Vertrauen der Bürger in eine systemwidrige Rechtslage geschaffen wurde.

(Beifall bei der DVU)

Der Abgeordnete von Arnim spricht für die CDU-Fraktion.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Beim vorliegenden Antrag geht es darum, dass wir Grund und Boden und darauf stehendes Gebäude zusammenbringen mussten. Bekanntermaßen war zu der Zeit, als die Gebäude errichtet wurden, der Grund und Boden nicht von der wirtschaftlichen Bedeutung für das Privateigentum wie heute. Das wissen wir.

Es ist aber auch seit vielen Jahren bekannt, dass die Nutzung zum 31.12. ausläuft. Mir ist bekannt, dass bei einer Reihe solcher Objekte mittlerweile eine Klärung herbeigeführt wurde.

Hinzu kommt noch eine Angelegenheit, bei der ich mich schwertäte, denn wir müssen wissen, dass es unterschiedliche Eigentumsverhältnisse in Bezug auf den Grund und Boden gibt. Das kann Landeseigentum, kommunales und vor allen Dingen auch privates Eigentum sein. Wenn wir da jetzt von Landesseite eingreifen, bekommen wir eine Ungleichheit, die ich nicht möchte. Deswegen lehnen wir den Antrag ab. - Danke.

(Beifall bei CDU und SPD)

Für die Landesregierung spricht Ministerin Blechinger.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Landesregierung lehnt den Antrag der Fraktion der Linkspartei.PDS ab. Mit dem Schuldrechtsanpassungsgesetz ist ein sozialverträglicher Kompromiss gefunden worden, der die gegenläufigen Interessen der Nutzer und der Eigentümer der Garagengrundstücke angemessen berücksichtigt. Ein solcher Interessenausgleich war notwendig geworden, da die in der DDR abgeschlossenen langfristigen Nutzungsverträge in das gesamtdeutsche Rechtssystem überführt werden mussten. Es war eine große Herausforderung, weil die Nutzungsverträge unter völlig anderen gesellschaftlichen Rahmenbedingungen abgeschlossen worden waren.

Zum anderen war die Anpassung auch deshalb so schwierig, weil sich die Rechtssysteme der DDR und der Bundesrepublik stark auseinanderentwickelt hatten. Nach dem Miet- und Pachtrecht des BGB war und ist eine Kündigung innerhalb kurzer Frist möglich. Nach dem Zivilgesetzbuch der DDR hingegen konnte der Grundstückseigentümer ein solches Nutzungsverhältnis nur aus gesellschaftlich gerechtfertigten Gründen kündigen. Einen solchen Kündigungsgrund kannte und kennt das Bürgerliche Gesetzbuch nicht. Was in der Bundesrepublik als gesellschaftlich gerechtfertigt anzusehen ist, wäre ohne eine gesetzliche Neuregelung dem Richter zur Beurteilung überlassen geblieben.

Der Gesetzgeber hatte weiterhin zu beachten, dass auch die wirtschaftlichen Interessen von Eigentümern und Nutzern der Grundstücke erheblich divergierten. Die Garagen waren häufig in mühevoller Eigenarbeit errichtet worden. Außerdem hatte der Aufwand, der in einer Mangelwirtschaft damit verbunden ist, Materialien aller Art zu beschaffen, eine finanzielle Bedeutung, die eine Marktwirtschaft nicht kennt. Der Grundstücksnutzer hatte die Garage im Vertrauen auf einen langfristigen Bestand des Beschäftigungsverhältnisses errichtet. Er war deshalb an einem ausgedehnten Kündigungsschutz interessiert, damit sich seine Investitionen auch lohnen. Dem Grundstückseigentümer dagegen ging es um einen unbeschränkten Gebrauch seines Eigentums.

Diese vielschichtigen Konflikte und Widersprüche hat der Gesetzgeber mit dem Schuldrechtsanpassungsgesetz zu lösen ver

sucht. Den Erbauern der Garagen sollte unter anderem durch einen mehrjährigen Kündigungsschutz bis zum 31. Dezember 2002 ermöglicht werden, die getätigten Investitionen weiter gesichert zu nutzen. Ihnen sollte zudem ein Anspruch auf Wertersatz über den Zeitraum des Kündigungsschutzes hinaus für weitere sieben Jahre zustehen. Gegen die Regelung des Schuldrechtsanpassungsgesetzes haben nicht nur die Nutzer Einwände erhoben, sondern auch die Eigentümer haben massiv protestiert.

Das Bundesverfassungsgericht hat dann auch auf die Beschwerden von Grundstückseigentümern hin festgestellt, dass der Kündigungsschutz für Garagengrundstücke teilweise zu einer einseitigen, verfassungsrechtlich unzulässigen Bevorzugung der Nutzer führen würde.

Die Landesregierung sieht die gegenläufigen Interessen der Garagenbauer und der Grundstückseigentümer gerade auch unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts im Schuldrechtsanpassungsgesetz angemessen berücksichtigt. Die Grundstücksnutzer genießen bis ins 17. Jahr nach der deutschen Wiedervereinigung einen besonderen Schutz. Die Eigentümer von Garagengrundstücken sollten nunmehr ab dem 1. Januar 2007 ihre Rechte an Grund und Boden unbeschränkt geltend machen dürfen. Das betrifft nicht nur private Eigentümer. Auch das Land und die Kommunen sollten im eigenen Interesse sowie im Interesse des Gemeinwesens vollumfänglich von ihren Eigentumsrechten Gebrauch machen dürfen.

Die Landesregierung lehnt es deshalb ab, eine allgemeine Verpflichtung gegenüber den Nutzern einzugehen. Hierfür sieht sie nach Abwägung der Interessen der Garagennutzer und der des Gemeinwesens keinen Spielraum. Die von den Nutzern getätigten Investitionen bei dem Bau einer Garage - ich habe dabei eine normale klassische Garage vor Augen - dürften sich in den letzten 16 Jahren amortisiert haben.

Außerdem ist es für ein Gemeinwesen von elementarer Bedeutung, seine finanzielle Handlungsfähigkeit aufrechtzuerhalten. Ein wichtiger Grundsatz ist es deshalb, mit den Haushaltsmitteln verantwortungsvoll umzugehen. Vor der Verteilung finanzieller Ressourcen gilt es zu prüfen, wer den Schutz des Staates benötigt und wer anstehende Aufgaben aus eigener Kraft bewältigen kann. Nur so kann sichergestellt werden, dass für die wirklich Bedürftigen ausreichend Mittel zur Verfügung stehen. Eine solche herausragende Schutzbedürftigkeit besitzen die Garagennutzer für den Zeitraum nach dem 31. Dezember 2006 aus Sicht der Landesregierung nicht mehr. - Ich danke für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei CDU und SPD)

Damit ist die Rednerliste erschöpft.

Ich stelle den Antrag der Linkspartei.PDS, Drucksache 4/3701 - Sicherung von Garagen auf fremdem Grund und Boden - zur Abstimmung. Wer diesem Antrag zustimmen möchte, den bitte ich um sein Handzeichen. - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Damit ist der Antrag mehrheitlich, wenn auch knapp, abgelehnt worden.

Ich verlasse Tagesordnungspunkt 13 und rufe Tagesordnungspunkt 14 auf:

Wahl eines Mitgliedes des Rundfunkrates des Rundfunks Berlin-Brandenburg

Antrag mit Wahlvorschlag der Fraktion der SPD

Drucksache 4/3569

in Verbindung damit:

Wahl eines Mitgliedes des Rundfunkrates des Rundfunks Berlin-Brandenburg

Antrag mit Wahlvorschlag der Fraktion der CDU

Drucksache 4/3591

und

Wahl eines Mitgliedes des Rundfunkrates des RBB

Antrag mit Wahlvorschlag der Fraktion der Linkspartei.PDS

Drucksache 4/3692

Ich lasse über die drei Anträge der Reihe nach abstimmen. Wer dem Antrag mit Wahlvorschlag der SPD-Fraktion, Drucksache 4/3569, zustimmen möchte, den bitte ich um sein Handzei

chen. - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Bei einigen Stimmenthaltungen und ohne Gegenstimmen ist der Antrag damit einstimmig angenommen.

Herzlichen Glückwunsch zur Wahl, Herr Abgeordneter Birthler!

(Beifall bei SPD und CDU)

Ich stelle den Antrag mit Wahlvorschlag der CDU-Fraktion, Drucksache 4/3591, zur Abstimmung. Wer diesem Antrag, Herrn Dr. Niekisch betreffend, seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um sein Handzeichen. - Gegenstimmen? Stimmenthaltungen? - Bei einigen wenigen Enthaltungen einstimmig angenommen. Herzlichen Glückwunsch an Herrn Dr. Niekisch!

Ich stelle den Antrag mit Wahlvorschlag der Fraktion Die Linkspartei.PDS, Drucksache 4/3692, Herrn Hanno Harnisch betreffend, zur Abstimmung. Wer diesem Antrag seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um sein Handzeichen. - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Dieser Antrag ist bei einigen Stimmenthaltungen einstimmig angenommen.

Auch diesem Gewählten herzlichen Glückwunsch und erfolgreiche Arbeit!