„Es ist durchaus richtig - und alle geschichtliche Erfahrung bestätigt es -, dass man das Mögliche nicht erreichte, wenn nicht immer wieder in der Welt nach dem Unmöglichen gegriffen worden wäre.“
Diesen Satz habe ich nicht einfach einem Zitatenbuch entnommen, nein, dieses Zitat hat mir Ministerin Wanka Ende 2005 liebenswerterweise als Weihnachtsgruß gesandt. Ich verstehe diesen Satz durchaus als Berechtigung für Oppositionsarbeit.
Wenn wir als oppositionelle Linksfraktion nicht immer wieder mehr Geld für den Hochschulbereich gefordert und hier die Arbeit der Ministerin unterstützt hätten - wobei ich im Unterschied zu Max Weber die Forderung nach mehr Geld im Hochschulbereich nicht als das Unmögliche betrachte -, hätte es diesen geringen, aber doch stetigen Aufwuchs im Haushalt 06 vielleicht nicht gegeben. Aber wir sind uns hoffentlich einig, dass diese Aufwüchse für einen wirklichen Qualitätssprung bei weitem nicht ausreichen.
Der Finanzminister hat im Juni dieses Jahres stolz verkündet, dass die Hochschulen im Jahre 2007 18 Millionen Euro mehr bekommen. Das klingt gut. Aber wollen wir uns diese Steigerung einmal genau anschauen: Von den 18 Millionen Euro sind knapp 8 Millionen Euro fest gebunden, nämlich für das Auslaufen des Sozialtarifvertrages im Februar 2007. Die Titelgruppe der Überlastmaßnahmen steigt um eine halbe Million Euro.
Angesichts - erfreulicherweise - steigender Studierendenzahlen ist die Summe allerdings etwas mickrig. Im Endeffekt bleiben die 4,4 Millionen Euro übrig, die der Finanzminister den Hochschulen zur Verfügung gestellt hat, und dafür sollten wir ihm danken.
Um der Situation zum einen angesichts der steigenden Studierendenzahlen und zum anderen angesichts des erhöhten Bedarfs an Lehrpersonal aufgrund der Studienstrukturreform Rechnung zu tragen, schlagen wir als Linksfraktion vor, 100 Stellen im Mittelbau zu schaffen. Diese 100 Menschen, die da eingestellt werden sollen, sollen im Rahmen eines Stufenplans die Betreuungsrelation an den Hochschulen weiter verbessern. Dass das nötig ist, zeigt unter anderem die gestern vorgelegte Kienbaum-Studie. In unserem Hause wird ja des Öfteren über Statistiken gestritten. In diesem Fall aber vertraue ich dem Auftraggeber Finanzministerium. Die Analyse der GmbH ist erschreckend und bestätigt ein Stück weit die Mahnungen und Analysen meiner Fraktion. Ich zitiere aus Seite 51 der Studie:
„Brandenburg verfügt beim Benchmarking auf Basis der Einwohnerzahl über Minderausgaben gegenüber den ostdeutschen Flächenländern im Durchschnitt von ca. 155 Millionen und gegenüber dem Durchschnitt der westlichen finanzschwachen Flächenländer von ca. 151 Millionen.“
„Das Benchmarking auf Basis spezifischer Indikatoren ergibt Minderausgaben für Brandenburg gegenüber dem Durchschnitt der ostdeutschen Flächenländer von 110 Millionen und gegenüber der westlichen finanzschwachen Länder von 109 Millionen.“
- Die Hochschulkliniken, lieber Herr Baaske, sind in dieser Studie nicht eingerechnet, aber das haben Sie ja vielleicht schon geklärt. Auch das Argument, die Studie beziehe sich nur auf das Jahr 2004, greift in dem Fall ins Leere. Zwar gab es seit dem Jahr 2004 einen Aufwuchs von rund 7 Millionen in der Titelgruppe 70 - das sind die Maßnahmen für strukturelle Innovationen - und einen Aufwuchs von rund 3 Millionen in der Titelgruppe 60 - das sind die Zuweisungen für die Überlastmaßnahmen -, aber zugleich hatten die Hochschulen in der Titelgruppe 100 von 221 Millionen Euro im Jahre 2004 nur noch 218 Millionen Euro in den Jahren 2005 und 2006 zur Verfügung. Selbst der Aufwuchs um 18 Millionen im kommenden Jahr gleicht bei weitem nicht die 150 bzw. 100 Millionen aus, die wir laut der Studie an Minderausgaben haben. Daraus schlussfolgert die Studie - wieder zitiere ich aus Seite 51 -:
„Es wird vielmehr davon ausgegangen, dass die Minderausgabe von Brandenburg im Vergleich auf eine generell geringere finanzielle Ausstattung des Hochschulbereichs zurückzuführen ist.“
Dieser Einschätzung schließt sich meine Fraktion an. Das Wenige, was an Haushaltsaufwuchs erreicht wurde, reicht nicht aus und bedeutet bei weitem keine Priorität. - Vielen Dank.
Wir setzen die Debatte mit dem Beitrag der SPD-Fraktion fort. Die Abgeordnete Geywitz erhält das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren Abgeordnete! Eigentlich ist es eine sehr schöne Situation: Die SPD-Fraktion hat noch über eine Stunde Redezeit. Man könnte einmal unbegrenzt alles sagen, was man über die Situation der Wissenschaftslandschaft im Land Brandenburg sagen möchte.
- Herr Bischoff, wir können das gern einmal im Haushaltsausschuss diskutieren, weil das Thema nämlich auch eine Debatte mit den Finanzern verträgt, da in der Tat - dies wurde schon mehrfach erwähnt - der Aufbau einer sinnvollen Wissenschaftsstruktur für unser rohstoffarmes Land Brandenburg wichtig ist. Ich zitiere den Koalitionsvertrag:
Man kann glasklar feststellen: Der Koalitionsvertrag hält an der Stelle, was er versprochen hat. Die Ausgaben wurden nicht gekürzt.
Herr Jürgens von der Linkspartei.PDS hat sogar nicht umhingekonnt, festzustellen, dass dieser Haushaltsbereich einen Aufwuchs erfährt, etwas, was in einer Zeit, in der wir über Konsolidierung, über Reduzierung von Umfängen des Haushalts reden, natürlich auch klarmacht, dass hier eine Prioritätensetzung erfolgt. Logischerweise könnten sich alle Fachpolitiker gut vorstellen, für ihren Bereich mehr herauszuholen, mehr ausgeben zu können, und hätten auch gute Ideen, wofür.
In der Tat ist das mit der Vergleichbarkeit der Ausgaben für den Hochschulbereich nicht so einfach. Das betrifft nicht nur die Frage: Was ist mit der Medizinerausbildung, die in anderen Ländern zu Buche schlägt? Es gibt noch sehr viele andere Themen, die man bei der Interpretation der Statistik berücksichtigen muss. Die Ministerin hat ja schon im Vorfeld signalisiert, dass sie sich sehr darauf freut, zu Fragen der Statistik Stellung zu nehmen und dazu, wie es bei uns aussieht.
Ich möchte Sie nur auf eine Herausforderung hinweisen, die uns nicht in diesem Haushalt, aber in Zukunft begegnen wird; das ist die Entwicklung der Studierendenzahlen, die jetzt im Hochschulpakt angegangen werden soll. Ich halte es schon für einen erstaunlichen Erfolg, dass das Land Brandenburg 16 Millionen Euro dafür bekommt, dass wir nichts tun, 16 Millionen nicht dafür, dass wir zusätzliche Studienkapazitäten aufbauen, sondern einfach dafür, die vorhandenen - auch bei sinkenden Studienanfängerzahlen - stabil zu halten. - Vielleicht so viel.
Ansonsten merke ich an der Unruhe im Saal, dass dies offensichtlich nicht Ihr Leib- und Magenthema ist, was ich schade finde, weil gerade der Fachkräftebedarf einer sinnvollen Debatte in diesem Parlament bedürfte.
Zum Kulturbereich will ich nur sagen, dass auch der Haushalt 2007 kein Haushalt der großartigen Entscheidungen ist. Ebenso wie die Projektmittel werden Sorben und Musikschulen finanziert; die großen Kultureinrichtungen bekommen sogar noch einen kleinen Aufschlag. Spannend wird sein, was mit dem Doppelhaushalt 2008/2009 in diesem Bereich geschieht. Da werden sicherlich wesentliche und wichtige Weichen gestellt werden müssen, zum Beispiel die, wie man darauf reagiert, falls die kommunale Seite nicht kofinanziert. Wie geht man mit den vorhandenen Kulturangeboten um? Gibt es da noch Parallel- und Doppelangebote, und welche Art von Kultur soll zukünftig wie gefördert werden? Das alles sind noch einmal notwendige Zuspitzungen, die mit dem Haushalt 2008/2009 auf uns zukommen werden. Darauf möchte ich jetzt schon hinweisen. Ansonsten sind Wissenschaft, Forschung, Kultur in gutem, ruhigen Fahrwasser mit einer ganz deutlichen Prioritätensetzung auf den Wissenschaftsbereich. - Danke schön.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! An Brandenburger Hochschulen haben sich im Wintersemester 2006/07 erneut mehr Studenten als im Vorjahr eingeschrieben. Nach einer Mitteilung des Landesbetriebes für Datenverarbeitung und Statistik ist mit 42 282 Studierenden an den 14 Hochschulen im Lande ein neuer Höchststand erreicht worden. 594 junge Frauen und Männer mehr als im Winterhalbjahr 2005/06 haben sich eingeschrieben. Gegenüber dem Vorjahr stieg die Anzahl der Immatrikulationen damit um 1,4 %. Allein im Bereich der Fächergruppe Rechts-, Wirtschafts- und Sozialwissenschaften sind nahezu 15 000 Studenten eingeschrieben, bei den Sprachund Kulturwissenschaften sind es ca. 9 500.
Meine Damen und Herren, angesichts dieser Zahlen gilt es, die Brandenburger Hochschulen zukunftsfähig zu reformieren. In einer Zeit, in der alle Staaten und Bundesländer ihre Bildungsund Wissenschaftspolitik voranbringen wollen, darf Brandenburg den Anschluss nicht verlieren. Hochschulen sind das Zukunftspotenzial unseres Landes. Sie können die gesellschaftlichen Anforderungen nur erfüllen und für Aufschwung sorgen, wenn in diesem Bereich eine politische und finanzielle Schwerpunktsetzung erfolgt. Insbesondere sollen von den Hochschulen mehr Impulse für Firmengründungen und die Schaffung von Arbeitsplätzen ausgehen, als dies heute der Fall ist.
Im Mittelpunkt der Hochschulreform müssen die Bedürfnisse der über 42 000 Studierenden stehen. Sie benötigen ein schnelles und leistungsfähiges Studium, das ihnen den Weg in die Praxis ebnet. Die Hochschulen und deren wirtschaftliches Umfeld müssen ein Angebot für Jugendliche sein, in Brandenburg zu bleiben und hier ihre Zukunft zu planen, statt in zunehmendem Maße das Land zu verlassen.
Frau Ministerin Wanka, Sie wollen mit dem vorliegenden Haushaltsentwurf zum Einzelplan 06 die Globalzuweisungen
an die Hochschulen von knapp 219 Millionen Euro im Jahre 2006 um 14 Millionen Euro auf 233 Millionen Euro im Jahre 2007 erhöhen. Dies wird von unserer Fraktion ausdrücklich begrüßt, ebenso wie der Aufwuchs der Ausgaben des Einzelplanes 06 um 26 Millionen Euro und die Mehrausgaben für Investitionen von 29 Millionen Euro. Doch im Hinblick auf die stetig wachsende Anzahl von Studentinnen und Studenten werden diese Summen der Realität nicht gerecht. Hier muss klar und deutlich gesagt werden: Die Mittelerhöhungen müssen mittel- und langfristig proportional zur Zahl der Studierenden vorgenommen werden. Darüber hinaus sind freie Lehrstühle zügig zu besetzen, um ein effizientes Studium sowie eine hohe Forschungsleistung an den Universitäten zu garantieren.
Noch ein Wort seitens unserer Fraktion zu den immer wieder diskutierten direkten, aber mehr noch indirekten Studiengebühren: Wir sind gegen alle Modelle zur Finanzierung des Studiums durch Gebühren, weil sie unsozial sind und das Geld ausschließlich zum Stopfen von Haushaltslöchern missbraucht werden kann. Damit tragen die Modelle zu keiner Lösung der finanziellen Problematik der Hochschulen bei. Auch Professoren und wissenschaftliche Mitarbeiter, Frau Ministerin Wanka, sind in erster Linie dazu da, Spitzenleistung in Lehre und Forschung zu erbringen, und nur in zweiter Linie, wenn überhaupt, dazu, Fremdmittel einzuwerben.
Was die Brandenburger Hochschulen jedoch brauchen - da stimmen wir mit Ihnen, Frau Ministerin, durchaus überein -, ist die Unterstützung der Wirtschaft, um die Verbindung von Theorie und Praxis zu vertiefen. Nur wenn das Wissen, das sich an den Hochschulen befindet, in die Wirtschaft transportiert wird, werden Arbeitsplätze geschaffen. Ziel der Zusammenarbeit zwischen Hochschulen und Wirtschaft muss es insbesondere sein, talentierten wissenschaftlichen Nachwuchs und modernen Unternehmergeist für die Bearbeitung von Zukunftsthemen zu bündeln.
Es ist eine enge Verflechtung von Hochschulen, außeruniversitären Forschungseinrichtungen sowie Unternehmen anzustreben. Ansätze dazu existieren bereits seit Jahren. Denken Sie nur an die Kooperation mit den Max-Planck- und den Fraunhofer-Instituten. Die Kooperation mit kleinen und mittelständischen Betrieben muss jedoch verstärkt werden; denn wenn Wissenschaft und Wirtschaft als Partner in einer Region Netzwerke knüpfen, profitieren alle Beteiligten davon. Unternehmen erhalten hervorragend ausgebildete junge Menschen und können neueste wissenschaftliche Entwicklungen nutzen. Absolventen finden in der Region einen Arbeitsplatz und bleiben dem Land Brandenburg als Leistungsträger erhalten, statt abzuwandern.
Genau dem, meine Damen und Herren, dienen auch drei unserer vorliegenden Anträge. So wollen wir den Titel 685 17 in Kapitel 06 020 - „Jugend forscht“ - von 8 100 Euro auf 39 500 Euro aufstocken, um bereits bei Jugendlichen über den Landeswettbewerb „Jugend forscht“ Forscher- und Unternehmergeist zu wecken und sie auf ein späteres Studium vorzubereiten. Die leider seit Jahren nicht mehr im Einzelplan 06 existenten Titel „Verbundforschung“ sowie „Unternehmensgründungen“ - gemeint sind solche aus dem universitären Bereich - wollen wir als DVU-Fraktion wieder in den Einzelplan 06 aufnehmen und dafür 55 000 Euro bzw. 250 000 Euro bereitstellen, und zwar zur Förderung interdisziplinärer Forschung in Zusammenarbeit mit insbesondere kleinen und mittelständischen Unternehmen
einerseits sowie von Unternehmensgründungen von Akademikern andererseits. Die DVU-Fraktion ist der Meinung, dass in diesen zukunftsrelevanten Bereichen das Geld mit Sicherheit sinnvoller eingesetzt ist als im Bereich politischer Indoktrination oder Förderung von teils gewalttätigen Linksextremisten durch Ihr famoses Handlungskonzept „Tolerantes Brandenburg“.
Noch einige Worte zum Kulturbereich. Zunächst einmal begrüßen wir, dass es in diesem Bereich, anders als in den Vorjahren, keine weiteren Kürzungen geben soll. Andererseits sind die bereitgestellten Mittel teilweise viel zu gering, um nicht zu sagen: dürftig. Dies betrifft insbesondere den Titel 684 40 in Kapitel 06 810 - Förderung des Kulturgutes der Vertriebenen. Wenn man bedenkt, dass jeder dritte Brandenburger entweder selbst Vertriebener oder Nachkomme deutscher Heimatvertriebener ist, und wenn man weiter bedenkt, welche wichtige, verantwortungsvolle, friedenssichernde und völkerverbindende Tätigkeit gerade der Bund der Vertriebenen und seine ihm angeschlossenen Landsmannschaften betreiben - hier möchte ich unter anderem die Spätaussiedlerbetreuung nennen -, sind die laut Haushaltsplan der Landesregierung für diesen Bereich veranschlagten 35 000 Euro geradezu lächerlich. Daher fordern wir als neuen Ansatz mit unserem Änderungsantrag, für die Förderung des Kulturgutes der Vertriebenen 1 Million Euro einzustellen.
Nach gründlicher Abwägung von allem Für und Wider wird die DVU-Fraktion den Einzelplan des Ministeriums für Wissenschaft, Forschung und Kultur trotz mancher guter Ansätze ablehnen. - Danke.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wie kann man überhaupt noch das Gehör des Hauses finden bzw. Ihre Aufmerksamkeit wecken? - Vielleicht wenn ich Ihnen sage, dass ich morgen oder übermorgen gegen den Haushaltsplan der Koalition stimme? - Dann würden sich sicherlich alle wundern. Aber ich kann Sie beruhigen; das würde ich schon wegen des Haushaltsplans 06 nicht tun. - Oder ich könnte den jüngsten Mitgliedern der Fraktion der Linkspartei.PDS zum Pioniergeburtstag gratulieren, denn heute ist der 13. Dezember. Ich weiß jedoch nicht, ob sich Herr Krause und Herr Jürgens an diese Zeit erinnern.
Dass der Haushalt nicht nur passabel und vernünftig, sondern gut ist, haben die Finanzpolitiker und der Finanzminister bereits gesagt. Mit dem Einzelplan 06 - da will ich nicht bescheiden sein - kommen wir zu einem der Glanz- und Höhepunkte des Haushalts für das Jahr 2007; denn an diesem Teil des Haus
haltsplans können Sie gut nachvollziehen, dass die Koalitionsparteien von SPD und CDU ihre im Wahlkampf 2004 gegebenen Versprechen, dass sie im Bereich Wissenschaft, Forschung und Kultur nicht kürzen, sondern Schwerpunkte setzen werden, einhalten. Das ist im Koalitionsvertrag verankert und kann Jahr für Jahr bei den Haushaltsberatungen nachvollzogen werden.