Protokoll der Sitzung vom 13.12.2006

Sechstens: Wir werden weiterhin Existenzgründungen fördern.

Meine Damen und Herren! Die Frage der Fachkräftesicherung ist mittlerweile so existenziell, dass wir sie nur im engen Schulterschluss mit allen wichtigen Akteuren auf dem Arbeitsmarkt angehen können: mit den Kammern, den Sozialpartnern, der Bundesagentur für Arbeit, den Hochschulen, den Schulen und auch der Bundesregierung.

Sechs Regionalbüros für Fachkräftesicherung bei der Landesagentur für Struktur und Arbeit Brandenburg haben in diesem Jahr ihre Arbeit aufgenommen. Sie sollen gerade für kleine und mittelständische Unternehmen die Kompetenzen zur Fachkräftesicherung bündeln und für qualifizierte Beratung sorgen. Zugleich bieten diese Regionalbüros wichtige Unterstützungsleistungen für die regionalen Wachstumskerne an.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der eingeschlagene Weg kann und wird nur erfolgreich sein, wenn wir ihn gemeinsam mit Berlin gehen. Die Ausrichtung auf die Gesamtmetropolregion Brandenburg-Berlin macht deutlich, dass es keine abgehängten Regionen geben wird. Das ist auch der tiefere Sinn des neuen Leitbildes. Es ist übrigens ein Unikum, dass sich zwei Bundesländer per Beschluss auf ein Leitbild verständigt haben. Erstmals dokumentieren Brandenburg und Berlin verbindlich, dass sie sich als gemeinsame Metropol- und Wirtschaftsregion begreifen. Nach diesem Startschuss wird im jetzt folgenden Prozess das Leitbild mit Leben erfüllt. Hier ist noch eine ganze Menge guter Ideen gefragt.

Die gemeinsamen Kabinettssitzungen der Landesregierungen von Brandenburg und Berlin legen jeweils ganz konkrete Schritte der Zusammenarbeit fest. Wir setzen auf die gemeinsame Vermarktung der Region, auf gemeinsame Investorenwerbung, auf gemeinsame Außenwirtschaftsaktivitäten. Die beiden Wirtschaftsfördergesellschaften - ZAB und Berlin Partner GmbH - sollen bis 2008 zusammengeführt werden. Die Entwicklung einer Business-Marke für die Hauptstadtregion Berlin-Brandenburg ist fortgeschritten. Die Ausarbeitung einer länderübergreifenden Akquisitionsstrategie durch ZAB und Berlin Partner geht mit der Bildung gemeinsamer Teams für die Investoren in Europa und darüber hinaus einher. Die Förderrichtlinien für die Außenwirtschaft und die Messeförderung werden harmonisiert. In der Summe tragen die genannten Einzelmaßnahmen dazu bei, uns in Europa als die eine Metropolregion Berlin-Brandenburg zu präsentieren.

Was für Brandenburg gilt, gilt unter den Bedingungen globalisierter Märkte auch für Europa insgesamt. Wir müssen uns in der Welt behaupten. Das darf aber nicht heißen, soziale Errungenschaften in Europa über Bord zu werfen, ganz im Gegenteil: Die eigentliche Herausforderung besteht darin, dieses soziale Europa, das auch eine Kultur auf unserem Kontinent darstellt, wenn auch in unterschiedlichen Ausprägungen - mit angelsächsischen, mit skandinavischen und mit anderen Modellen - im globalisierten Wettbewerb weiter auszubauen, zu bewahren und zu einem Standortvorteil zu formen.

Wir müssen heute in globalen Maßstäben denken und gleichzeitig die europäische Wirtschaftspolitik im Land, aber auch in den Regionen, in den kleinsten Einheiten, umsetzen. Es kommt darauf an, europäische, nationale und Landespolitik für Wachstum, Beschäftigung und Innovation noch viel besser als bisher miteinander zu verzahnen.

Europa spielt heute nun einmal in fast allen Lebensbereichen eine wichtige, in vielen Fällen sogar mittlerweile, gewollt oder nicht gewollt, die entscheidende Rolle. Beschlüsse aus Brüssel und Straßburg - wir spüren es immer öfter - betreffen längst jeden Einzelnen. Daher müssen wir dringender denn je sicherstellen, dass die regionalen und Landesinteressen frühzeitig und wirksam in den Brüsseler Entscheidungsprozess eingebracht werden. Die EU ist ihrerseits in vielen Schlüsselbe

reichen, wie zum Beispiel der erneuerten Partnerschaft für Wachstum und Beschäftigung, auf die aktive Mitwirkung und die dauerhafte Umsetzung ihrer Entscheidungen durch die Mitgliedsstaaten, die Länder und die Regionen angewiesen. Bei der Förderpolitik, der Programmierung der Strukturfondsmittel, der Erhöhung entsprechend der Forschungsaufgaben, der Bildungs-, Innovations- und Wissenschaftspolitik ist das Ineinandergreifen europäischer, nationaler und Landespolitiken der Schlüssel zum Erfolg.

Mit der Neuausrichtung der Förderstrategie haben wir uns entsprechend den Lissabon-Zielen auf Zukunftsfelder konzentriert. Wir haben außerdem Maßnahmen eingeleitet, um die Fördermittel der neuen Periode 2007 bis 2013 im Sinne der Lissabon-Strategie zu strukturieren.

Wir haben weitere in die Zukunft weisende Schritte eingeleitet. Dies gilt für die Erschließung und Förderung von Unternehmenspotenzialen, insbesondere bei kleineren Unternehmen, ebenso wie für die Stärkung von Humanressourcen. Gerade bei Innovation und Forschung hat sich die Strategie eines zupackenden Landes bewährt. Die Mittelstandsförderung wird verstärkt, Forschungsausgaben werden erhöht.

Wie geht es weiter? Das Ziel, die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen in den regionalen Wachstumskernen zu stärken, um dadurch höhere Wachstumseffekte zu erzielen und so ein Plus an Arbeitsplätzen zu erreichen, kann nur durch eine langjährige Unterstützung erreicht werden; wir brauchen langen Atem. Die Neuausrichtung der Förderpolitik ist deshalb auf Dauer angelegt. Darin ist sich die Landesregierung einig und daran wirken alle Ressorts mit. Das Kabinett hat die interministerielle Arbeitsgruppe deshalb darum gebeten, den Dialog mit den Wachstumskernen fortzusetzen und im Herbst 2007 über den Stand der Umsetzung zu berichten sowie weitere Vorschläge für zusätzliche Unterstützungsmaßnahmen zu unterbreiten. Dies werden wir auch in den Folgejahren fortführen.

Eine Evaluation der Wirkungen ist erst zu einem Zeitpunkt sinnvoll, zu dem die Maßnahmen wirklich greifen. Wir beabsichtigen aber, im kommenden Jahr genau dafür Kriterien zu erarbeiten. Den interministeriellen Koordinierungsprozess und die Kooperation mit den regionalen Wachstumskernen werden wir bis Ende des Jahres 2008 überprüfen. Wir sind überzeugt: Der eingeschlagene Weg ist richtig. Die Zwischenbilanz berechtigt uns zu realistischen Hoffnungen, wenn wir jetzt nicht die Hände in den Schoß legen. Das alles ist der Anfang. Mit dieser Förderpolitik stehen wir in Ostdeutschland heute nicht schlecht da. Im Jahresbericht der Bundesregierung wird der Brandenburger Ansatz „Stärken stärken“ ausdrücklich als Zukunftskonzept hervorgehoben. Dasselbe gilt für die Strategie, sektorale und regionale Schwerpunkte der Förderung zu bilden.

Zugleich wird in dem Bericht hervorgehoben - auch das ist eine wichtige Facette -, dass dabei die ländlichen Räume eben nicht vernachlässigt werden. Dieser Aspekt ist der Landesregierung wichtig. Konzentration von Förderung heißt eben nicht, dass in der Fläche gar nichts mehr passiert. Die Wachstumskerne sind von Schwedt bis Spremberg über ganz Brandenburg verteilt, auch im ländlichen Raum. Dort sollen sie ihre Strahlkraft ins Umland entfalten und Perspektiven bieten. Im ländlichen Raum wird es auch weiterhin Fördermöglichkeiten geben, denken wir nur an die Förderprogramme des MLUV zur ländlichen Entwicklung, die wir übrigens künftig noch

stärker unter dem Aspekt der Schaffung von Arbeitsplätzen einsetzen werden. Ich denke auch an die Förderung von Branchenkompetenzfeldern wie Holz- und Ernährungswirtschaft sowie Energie und Tourismus, für die der ländliche Raum ganz besondere Potenziale bietet.

Klar muss aber auch sein, dass sich der Ausbau der Infrastruktur künftig auf die Regionen konzentrieren muss, in denen Wachstum und Beschäftigung für unser Land zu erwarten sind. Hier wird es in Zukunft eine noch engere Verzahnung von Wirtschafts-, Bildungs- und Stadtentwicklungspolitik geben. Der vom Kabinett beschlossene Masterplan Stadtumbau ist uns hierbei ein Wegweiser.

Der sorgsame Umgang mit immer knapper werdenden Haushaltsmitteln, die Anstrengungen, das Beste aus dem immer weniger werdenden Geld zu machen, dies ist auch unsere Verpflichtung gegenüber den kommenden Generationen. Dieser Verpflichtung werden wir mit der neuen Förderpolitik besser gerecht. Der Grundstein ist gelegt; jetzt kommt es darauf an, das Begonnene auch zielstrebig zu gestalten.

Meine Damen und Herren, wir werden nicht erfolgreich sein, wenn wir nicht gleichzeitig unsere Anstrengungen in Wissenschaft und Bildung ausbauen. In Forschung und Bildung der ostdeutschen Länder stecken mittlerweile Investitionen in Milliardenhöhe, gut getätigte Investitionen, weil sie dazu geführt haben, dass mittlerweile auch hier Zentren der Spitzenforschung entstanden. Erneut ist beispielsweise der wichtigste und mit 2,5 Millionen Euro dotierte Leibniz-Preis an einen Brandenburger Wissenschaftler, an Herrn Prof. Dr. Haug, verliehen worden. Genau hieran müssen wir anknüpfen, denn in die Köpfe zu investieren ist und bleibt die wichtigste Investition für die Zukunft. Nur bestens ausgebildete Menschen sind die Garantie für den Bestand und die Weiterentwicklung sowohl der demokratischen Gesellschaft als auch für den wirtschaftlichen Fortschritt. In Zukunft wird noch viel mehr als bereits heute gelten: Qualifikation, Kreativität und Bildung sind die Hauptanforderungen für eine vernünftige Gesellschaftsentwicklung.

Wachstum und Wissenschaft, Bildung und Beschäftigung werden in Zukunft ausschließlich miteinander zu haben sein. Wir brauchen eine enge Verzahnung und ein gutes Miteinander von Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft, um den Technologietransfer deutlich zu stärken. Im Zeitalter des Lernens sind und bleiben qualifizierte Arbeitskräfte ein entscheidender Standortfaktor. Wir müssen dafür sorgen, dass dieser Standortfaktor „hohes Qualifikationsniveau“ für uns erhalten bleibt. Er wird zunehmend Attraktivität entfalten.

Die Zukunft Deutschlands liegt in wissensintensiven Produkten und Dienstleistungen. Es gibt keine Alternativen zu einer auf modernem Human- und Sachkapital beruhenden Wirtschaftsstruktur, die auch noch stärker exportfähig sein muss, als es heute der Fall ist. Nur so kann es uns gelingen, Arbeitslosigkeit abzubauen und der Abwanderung entgegenzuwirken.

Meine Damen und Herren, lassen Sie mich zum Schluss aus der gestrigen Meldung einer großen Nachrichtenagentur zitieren, die das Jahr 2006 in Brandenburg beschreibt:

„Das Jahr 2006 bringt viele gute Nachrichten. Die Arbeitslosigkeit sinkt auf den niedrigsten Stand seit Beginn

des Jahrzehnts. Die Zahl der Jobs steigt. Im ersten Halbjahr führen brandenburgische Unternehmen Waren im Wert von fast 4 Milliarden Euro aus, so viel wie im gesamten Jahr 2000. Frankfurt entwickelt sich zur Hauptstadt der Solarindustrie. In Potsdam wird eine Fabrik gebaut und das neue Theater eröffnet. Das Bundesverwaltungsgericht genehmigt den Ausbau des Airports Schönefeld zum Großflughafen Berlin-Brandenburg; die ersten Bagger sind angerollt. Der Triebwerksspezialist MTU Ludwigsfelde sichert sich einen Großauftrag über eine Viertelmilliarde Euro. Der Schienenfahrzeughersteller Bombardier erhält die Option zum Bau von mehr als 200 Straßenbahnen.“

Und dann setzt die Meldung fort:

„Was macht die rot-schwarze Regierung mit so vielen guten Nachrichten? Sie vermasselt die Bilanz durch interne Affären, erst die CDU, dann die SPD.“

Meine Damen und Herren, das stimmt leider; das kann man nicht anders beschreiben. Dafür tragen meine Mannschaft und ich selber auch Mitverantwortung. Bei den Menschen, die dadurch Zweifel an der Seriosität und der Integrität unserer Politik bekommen haben, entschuldige ich mich ausdrücklich. Wir haben aus den Vorgängen gelernt, und ich verspreche Ihnen, dass wir im Jahr 2007 mit aller Kraft nur an einem arbeiten werden: ihr Vertrauen wiederzugewinnen und unser Land auf dem eingeschlagenen und, wie gerade noch einmal anhand der Meldung beschrieben wurde, erfolgreichen Weg weiter voranzubringen. 2006 war ein gutes Jahr, 2007 soll ein noch besseres werden. Dafür werden wir arbeiten. - Herzlichen Dank.

(Beifall bei SPD und CDU)

Vielen Dank, Herr Ministerpräsident. - Die Debatte wird mit dem Redebeitrag der Fraktion der Linkspartei.PDS fortgesetzt. Es spricht die Abgeordnete Kaiser.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Ministerpräsident! In elf Tagen ist Weihnachten, man sieht es auf den Regierungstischen; Sie haben sich selbst beschenkt. Und pünktlich zum Fest bekommen auch die Abgeordneten und andere Landeskinder ein Geschenk präsentiert - mit Glanzpapier und Schleife: die Regierungserklärung 2006, „Die neue Wirtschaftsstrategie - Anstoß zum Wachstum aus eigener Kraft“. Aber wie beim Julklapp kommen unter der schönen Hülle andere Geschenke zum Vorschein, allerdings schon ein bisschen abgegriffen: die neue Förderstrategie von 2005 und darangebunden die Regierungserklärung „Erneuerung aus eigener Kraft“ 2004.

Grundsteine, Herr Ministerpräsident, von denen Sie heute gesprochen haben, legt man aber nur einmal. Wie wahr, Herr Ministerpräsident: Ein Politikwechsel, eine neue Politik im Sinne der Brandenburgerinnen und Brandenburger wäre dringend nötig. Erst vor einem Monat haben Sie in der Aktuellen Stunde Fragen gestellt, Probleme aneinandergereiht. Die politischen Antworten auf Massenarbeitslosigkeit, Strukturschwäche, auf

Abwanderung und leere öffentliche Kassen, besonders in den Kommunen, sind Sie uns aber schuldig geblieben, auch heute wieder. Dabei muss man von einem Mann Ihrer Statur ernsthaft erwarten dürfen, dass Sie die politischen Grundsätze, Pläne und Absichten der Regierung ordnen, überprüfen und mit dem Parlament und der Öffentlichkeit diskutieren.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)

Doch auf diesen großen Ansatz einer Regierungserklärung verzichten Sie, Herr Ministerpräsident. Sie bleiben im Kleinen stecken: Sie erklären uns einen Kabinettsbeschluss aus der vergangenen Woche. Mit diesem Vehikel verschaffen Sie sich noch einmal einen Auftritt, damit Sie sich hier im Parlament während der Haushaltswoche wenige Tage vor Weihnachten als Regierungschef mit einer positiven Botschaft präsentieren können. Ich habe dafür ein gewisses Verständnis.

(Zuruf von der SPD: Na also!)

Herr Ministerpräsident, Sie haben damals, als Sie Ihr Leitbild für die künftige Landesentwicklung bis 2020 vorgelegt haben, keine Regierungserklärung abgegeben. Da wollten Sie nicht einmal eine Debatte hier im Parlament. Verraten Sie uns noch, warum diese Erklärung hier und jetzt?

Die Grundsätze der neuen Förderstrategie haben Sie uns bereits fast auf den Tag genau vor einem Jahr hier im Parlament dargelegt. Ich sage Ihnen: Die heutige Weihnachtsbotschaft sollte sich wohl gut anhören, aber nicht nur meiner Fraktion fehlt der Glaube an das ausschließlich segensreiche Tun dieser Landesregierung, das Sie uns hier beschrieben haben.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)

Herr Ministerpräsident, selbst die Ihnen sonst recht gewogene Presse meint schon, dass Ihnen das Maß verloren gegangen ist. Die Überschriften der letzten Tage: „Was ist nur mit Ministerpräsident Platzeck los?“ oder „Die Patzer des Ministerpräsidenten Platzeck sorgen für Kopfschütteln“, „Pleiten und Pannen bei der Brandenburger SPD“, „Die Politik der Hinterzimmer Brandenburgs“ oder „Der einstige Deichgraf steckt im Morast der Landespolitik“. Verloren, Herr Ministerpräsident, ging Ihnen wohl nicht nur der rechte Blick auf das, was Sie tun und lassen, auf das tatsächliche Gewicht Ihrer Entscheidungen, deren Folgen und Wirkungen. Es scheint, Sie haben das politische Handwerkszeug verlegt, die Regularien vergessen, Sie übergehen Institutionen und haben dabei das Gefühl für die Führung demokratischer Entscheidungsprozesse und auch das Gefühl für die Menschen in diesem Land verloren. Das belegen die Sonderzahlungsgesetzdebatten und die Diskussionen über Versorgungsleistungen für Ex-Minister. Die Risse im Vertrauen lassen sich, meine ich, mit einer schön verpackten Regierungserklärung nicht verdecken. Dennoch, Sie haben sich hier heute entschuldigt, haben die Verantwortung übernommen. Wir nehmen das mit dem nötigen Respekt zur Kenntnis.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)

Sehr geehrter Herr Ministerpräsident, das wichtige Ereignis im Zentrum der heutigen Debatte sollen Ihre Umsetzungsbeschlüsse zu einzelnen regionalen Wachstumskernen sein. Die klingen ganz gut, und man hofft vor Ort natürlich erst einmal auf die Unterstützung der Landesregierung. Zwischen Ihrem

Beschluss und einem Fördermittelbescheid aber - das wissen Sie - liegt ein langer Weg. Sie und wir wissen: Das Hauptproblem der brandenburgischen Förderpolitik liegt im tatsächlichen Mittelabfluss. Das heißt: Solange Sie da nicht ansetzen, solange bewilligte Gelder bis zu einer Milliarde Euro wie in den letzten drei Jahren nicht investiert werden, so lange geht nichts. Ändern Sie das! Ändern Sie bitte die Förderkonditionen zugunsten der Kommunen! Passen Sie die Förderinstrumente den Kleinst- und Familienbetrieben im Land an!

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)

Weiter zur Sache: Der größte Teil Ihrer Vorhaben bezieht sich auf Infrastrukturmaßnahmen, wie sie zum Beispiel für den regionalen Wachstumskern Perleberg/Wittenberge/Karstädt nicht erst seit heute diskutiert werden. Eine Autobahnverbindung zwischen Magdeburg und Schwerin, also der jetzt als prioritär eingestufte Bau der A 14, wurde schon zu den Zeiten diskutiert, als Sie, Herr Ministerpräsident, noch im Trabbi über die Autobahn fuhren. Auch der Ausbau der B 189 und die Sanierung des Abschnitts Wittstock-Pritzwalk des PrignitzExpresses wurde schon in der letzten Wahlperiode debattiert.

Ähnlich sieht es für die anderen regionalen Wachstumskerne aus: In Cottbus ist es der Ausbau der Eisenbahntrasse CottbusBerlin und der Bundesstraße in Richtung Leipzig. In Schwedt geht es um den Gleisanschluss des Hafens, um die Verbesserung der Anbindung an die A 11 und die A 20, in Frankfurt (Oder) und Eisenhüttenstadt um den weiteren Ausbau der Lausitz-Straße und auch in der Westlausitz um die Verbesserung der Straßenanbindung.

Das alles ist nicht neu. Planungs- bzw. Realisierungsstände lassen sich bis weit vor den Kabinettsbeschluss vom vergangenen November zurückverfolgen. Nur, damit wir uns nicht missverstehen: Deshalb müssen ja diese Vorhaben nicht falsch sein. Es ist nur unredlich, sie jetzt als etwas Neues, Tolles zu verkaufen. Schließlich freut sich auch kein Mensch zu Weihnachten, wenn er alte Kekse, taube Nüsse oder die Kuckucksuhr von vor drei Jahren unterm Weihnachtsbaum findet.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)

Herr Ministerpräsident, in Ihrem eigenen Bericht vom 5. Dezember 2006 heißt es dazu:

„Eine Evaluierung der Wirkungen der verstärkten Förderung der regionalen Wachstumskerne ist erst zu einem Zeitpunkt sinnvoll, zu dem die aus heutiger Sicht erst noch zu ergreifenden Maßnahmen auch eine Wirkung gezeigt haben können. Das dürfte in dieser Legislaturperiode schwerlich der Fall sein.“

Abgesehen davon, dass man von dieser Sprache eine Gänsehaut bekommt, meine ich, das spricht für sich. Ein Umbau der Förderlogik, der nicht bereits in drei Jahren Wirkung zeigt, verschiebt doch die Auseinandersetzung über die Zukunft des Landes auf die nächste Legislaturperiode. Die Folge: Sie verschenken weitere Jahre, meine Damen und Herren.

Als geradezu abenteuerlich empfinden wir, was Sie sich für den regionalen Wachstumskern Potsdam im Infrastrukturbereich als wichtigste Maßnahme ausgedacht haben: die ÖPNVBrücke für die separate Trassenführung der Tram.

Meine Damen und Herren, jeder hier im Saal und jeder einigermaßen politisch Informierte in Brandenburg ist sich bewusst, wie sensibel und wie problematisch die Entscheidungen über den Ausbau der Potsdamer Innenstadt sind. Jeder weiß, dass die Schloss-Koalition in Potsdam zweimal eine Niederlage hat einstecken müssen. Parteiübergreifend hat man sich nun endlich darauf verständigt, den Bürgerinnen und Bürgern das letzte Wort zu lassen - was die Linkspartei als einzige in der Stadt seit Jahren gefordert hat. Nur die Landesregierung schert sich offenbar nicht um das zu erwartende Votum. Wie anders ist es zu erklären, wenn nun unabhängig von der Bürgerbefragung die neue Brücke gebaut werden soll, die man genau nur für den Fall braucht, dass es doch zum neuen Landtag im alten Schloss kommt? Soll das nun noch ein Schildbürgerstreich werden?