Protokoll der Sitzung vom 24.01.2007

(Vereinzelt Beifall bei der Linkspartei.PDS)

Er ist nur ein wesentlicher Schritt, der den bis dahin Bleibeberechtigten einen großen psychischen Druck nimmt, sie von Ungewissheit und Unsicherheit befreit, ihnen das Gefühl gibt, endlich angekommen zu sein. Jetzt kann der eigentliche Integrationsprozess beginnen. Und Integration ist mehr als das Beherrschen der Sprache. Zweifellos spielt sie in diesem Prozess eine tragende Rolle, ist sie Vorbedingung für Integration. Aber echte Integration bedeutet Teilhabe, Teilhabe an allen gesellschaftlichen Prozessen, in allen Lebensfeldern, Teilhabe an Erwerbstätigkeit, an Kultur, Möglichkeiten des bürgerschaftlichen Engagements und der aktiven politischen Betätigung.

Dabei darf man Integration aber nicht mit Assimilation gleichsetzen. Integration ist immer zweiseitig zu betrachten. Sie beinhaltet auch, das Neue, das andere zu akzeptieren. Sie ist als Chance zur Bereicherung nicht nur bei Hochintelligenz, sondern auch in Kultur, ja auch in Gestaltung familiärer Beziehungen und sozialer Solidarität zu begreifen. Nur am Rande bemerkt will ich einfügen: Es ist aus meiner Sicht sehr inhuman und politisch betrachtet auch gefährlich, Menschen schon wieder in wertvollere und weniger wertvolle einzuteilen.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)

Wer legt ein solches Maß an? Welche Folgen können daraus erwachsen?

Wir können hier auf Landesebene nur die Rahmenbedingungen für die Integration schaffen. Dazu gehören auch Beratungsund Hilfsstrukturen, die den Zuwanderern und Flüchtlingen die ersten Schritte in unserem Land erleichtern und den Integrationsprozess einleiten. In diesem Zusammenhang ist es nicht

zu akzeptieren, dass die Mittel für den Flüchtlingsrat derartig eingekürzt wurden, dass seine Existenz fast nicht mehr möglich ist.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)

Integration an sich findet in der Kommune, in den Städten und Gemeinden vor Ort, in der Begegnung statt. Deshalb sollte auch auf die bewährte Praxis zum Abschluss der Einbürgerungsverfahren auf kommunaler Ebene nicht verzichtet werden. In vielen Kommunen erfolgt die Übergabe der Einbürgerungsurkunden zeitnah - das möchte ich betonen - nach Ausfertigung in feierlicher Form. In diesem Rahmen werden die eingebürgerten Personen in den Kommunen willkommen geheißen, nochmals auf grundlegende gesetzliche Bestimmungen in Deutschland, auf ihre Rechte und Pflichten hingewiesen. Noch bestehende Fragen zur deutschen Staatsangehörigkeit können beantwortet werden.

Im Ergebnis einer Befragung Betroffener im Landkreis Dahme-Spreewald wurde deutlich, dass eine Mehrheit der Bürger auf diesen Akt in der Kommune nicht verzichten möchte. Begründet wurde dies mit dem individuellen Charakter der Zeremonie. Die Anwesenheit der Betreuer, die die Einbürgerungswilligen oft über Jahre in diesem Prozess partnerschaftlich betreut haben, wurde als wünschenswert genannt.

Ich möchte noch einige Gesichtspunkte zur zeitnahen Übergabe der Dokumente ausführen. Liegen die Veranstaltungen zeitlich entfernt vom Abschluss des Einbürgerungsverfahrens, sind zusätzlich aufschiebende Verwaltungsverfahren zur Verlängerung der Duldung erforderlich. In manchen Fällen entstünden den Betroffenen nochmals Kosten, weil sie ihre Reisepässe, Visa usw. erneuern bzw. verlängern müssten, was nicht selten zu zusätzlichen Reisen in das Herkunftsland führen dürfte. Auch hinsichtlich der Lebensplanung der Familien, Kinder, Ausbildung, Wohnsitz, Qualifizierung und anderes mehr könnten endlich Entscheidungen getroffen werden.

Die Fraktion der Linkspartei stimmt der Ausrichtung von Begrüßungsfesten im Grunde zu und bittet gleichzeitig um die Zustimmung zum Änderungsantrag mit der Intention, dass die Einbürgerungsurkunden nach wie vor zeitnah nach Abschluss der Bearbeitung des Antrages durch die kommunalen Behörden in feierlicher Form übergeben werden. - Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)

Vielen Dank. Wir setzen mit dem Beitrag der SPD-Fraktion fort. Es spricht die Abgeordnete Stark.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die beiden vorhergehenden Redner, Frau Weber und Herr Dr. Niekisch, haben ja klargemacht, dass es hier im Parlament einen breiten Konsens über die Idee gibt, die Integration, das Zusammenleben mit einem zentralen Einbürgerungsfest zu verknüpfen. Das halten wir für eine gute Idee.

Frau Weber, ich möchte Sie beruhigen. Wir haben nicht vor, die vor Ort recht gut und würdig stattfindenden kommunalen Ein

bürgerungsfeiern zum Beispiel in Potsdam oder in MärkischOderland zu ersetzen, sondern wir wollen sie ergänzen; denn neben der Tatsache, dass die Menschen Potsdamer oder Märkisch-Oderländer werden, werden sie natürlich in erster Linie deutsche Staatsbürger. Darum, denke ich, ist es ganz herausragend, dass auch der Landtag, die Landesregierung und die Ausländerbeauftragte in einer entsprechend würdigen Veranstaltung den Rahmen schaffen. Es sind ungefähr 300 Menschen pro Jahr, die das hier in Brandenburg betrifft, also nicht so furchtbar viele, sodass wir das miteinander feiern können.

Ich persönlich, nach rechts blickend, begrüße das auch ganz besonders als Zeichen, als demokratisches Bekenntnis für ein gemeinsames Zusammenleben und gleichzeitig auch als Zeichen gegen politischen Extremismus. So ist es in Sachsen eingeführt worden. Ich denke, vor dem Hintergrund, dass auch bei uns in den Landkreisen NPD/DVU-Geschäftsstellen versuchen, aus dem Boden zu schießen, von denen aus ja unter anderem ganz klar gegen Integration argumentiert wird, ist das hier eine sehr gute Idee und eine Möglichkeit von vielen, dagegen Flagge zu zeigen.

(Vereinzelt Beifall bei SPD und Linkspartei.PDS - Frau Lehmann [SPD]: Jawohl! )

In diesem Sinne: Stimmen Sie für diesen Antrag!

Noch ein Satz zu Ihrem Änderungsantrag. Er ist von der Idee her gut, aber ich sage: Kommunale Selbstverwaltung, nicht wahr.

(Zuruf von der Linkspartei.PDS)

Ich habe in den vergangenen Tagen gelernt, dass „soll“ von vielen Juristen als „muss“ interpretiert wird. Insofern sollten wir uns vorsehen. Wissen Sie, wenn darin „sollen“ steht, dann heißt das „müssen“, und wir haben den Kommunen nichts vorzuschreiben. Ich denke, die Kommunen, die Einbürgerungsfeste feiern wollen, die werden das tun. Wir teilen die gute Idee, dass der Präsident gebeten wird, das zu berücksichtigen - das macht er auch -, aber Ihren Antrag müssen wir leider ablehnen. - Danke schön.

(Vereinzelt Beifall bei der SPD)

Nun spricht für die DVU-Fraktion der Abgeordnete Claus.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Man soll die Feste feiern, wie sie fallen, heißt es so schön im Volksmund. Aber zum Feiern braucht man einen Grund, ansonsten macht das ganze Feiern gar keinen Spaß. Bekanntlich gibt es zum Feiern ganz allgemeine grundunterschiedliche Gründe: Da gibt es Weihnachten, Ostern, Silvester, Geburten, Geburtstage, Hochzeiten, Volksfeste, bestandene Prüfungen und dergleichen mehr, meine Damen und Herren.

Betrachten wir beispielhaft die genannten Anlässe einmal näher. Allgemein anerkannte Gründe sind etwa Weihnachten, Silvester oder Ostern. Traditionell bezogene allgemein oder regional anerkannte Gründe sind etwa Volksfeste. Beispiele sind die

Wiedervereinigung, der Karneval oder das Baumblütenfest in Werder.

Freudige Ereignisse mit familiärem Bezug sind Geburten, Geburtstage und Hochzeiten.

Natürlich, meine Damen und Herren, gibt es auch traurige Ereignisse, Beerdigungen zum Beispiel. Dort geht es üblicherweise etwas gedämpfter zu.

Schließlich gibt es erfolgsbezogene Ereignisse: Bestandene Prüfungen. Man hat etwas geleistet, man hat etwas erreicht, das wird natürlich gefeiert.

Also meine Damen und Herren von den Fraktionen der SPD und der CDU, unter welche der soeben genannten fünf Kategorien von Feiergründen soll denn nun eigentlich Ihre Einbürgerungsfeier fallen?

(Zuruf des Abgeordneten Schulze [SPD] - Weitere Zurufe von der SPD)

Das kann ich Ihren Ausführungen nicht entnehmen, meine Damen und Herren, und Herr Schulze, Ihren auch nicht. Das ist für mich nicht klar.

(Domres [Die Linkspartei.PDS]: Das ist auch nicht weiter schlimm, Herr Claus! - Heiterkeit bei der Linkspartei.PDS)

Ich versuche einmal, es Ihnen zu verdeutlichen.

Unter Einbeziehung der Gründe in Ihrem Antrag, meine Damen und Herren von SPD und CDU, versteht sich, dass es sich schon einmal nicht um Weihnachten, Ostern oder Silvester handelt.

(Jürgens [Die Linkspartei.PDS]: Ansonsten würde der Termin ja auch schon feststehen! - Weitere Zurufe von der Linkspartei.PDS)

Die haben mit Höhepunkten im Leben eines Einzelnen nichts zu tun, meine Damen und Herren von der PDS. Das soll ja aber nach Ihrer Begründung auch Anlass für Ihre Einbürgerungsfeiern sein. Im Übrigen: Ich habe noch nichts davon gehört und auch nicht gesehen, dass der Landtagspräsident etwa Omas oder Familien mit Hartz-IV-Bezügen die Weihnachtsgans oder die Ostereier bezahlt.

(Beifall bei der DVU)

Um ein traditionell bezogenes Fest handelt es sich aus den genannten Gründen offensichtlich auch nicht.

(Zuruf von der SPD)

- Noch nicht.

Um ein freudiges Ereignis wie Geburt, Geburtstage oder Hochzeiten? - Na ja, ich habe jedenfalls den Bezug zum Leben des Einzelnen dazu.

(Bochow [SPD]: Was hat denn das damit zu tun?)

Aber bezahlt der Landtagspräsident nach all den Kürzungen im Sozialbereich Bedürftige insbesondere mit Kindern Geburtstage oder Hochzeiten? - Wohl eher nicht.

(Beifall bei der DVU - Schulze [SPD]: Es heißt „Bedürf- tigen“!)

- Das habe ich gesagt, Herr Kollege Schulze.

Handelt es sich bei der Integrationsfeier um ein trauriges Ereignis? - Nach Ihrer Begründung, wie man es nimmt, meine Damen und Herren.