Protokoll der Sitzung vom 25.01.2007

dentlichen Berufungsverfahrens - ohne Ausschreibungspflicht vorgesehen. Die Hochschulen erhalten dadurch die Möglichkeit, herausragende, exzellente Wissenschaftler, die an anderer Stelle ausgezeichnet worden sind oder großartige Erfindungen gemacht haben, zu berufen, ohne dass dem ein langwieriger Prozess von Ausschreibung bzw. Bestenauslese vorangehen muss. Die Kriterien dafür, dass ein solcher Kandidat eine lebenslange Professorenstelle bekommt, sind natürlich nicht niedrig anzusetzen; ich denke, dafür haben alle Verständnis.

Der Aspekt der Frauenförderung ist mir wie vielen anderen hier im Saal außerordentlich wichtig. Ich habe es mehrfach erwähnt: In Deutschland werden ungefähr 12 % aller Professuren von Frauen besetzt; in Brandenburg sind es über 17 %. Die Einschätzung der Bund-Länder-Kommission, wie es in den einzelnen Bundesländern in den letzten zwei Jahren mit dem Berufungsgeschehen gelaufen ist, hat ergeben, dass Brandenburg das Bundesland ist, in dem der Frauenanteil an neu berufenen Professoren am höchsten ist. Wir haben insoweit einen guten Level erreicht. Das Thema der Frauen- und Familienförderung hat im Hochschulgesetz einen hohen Stellenwert. Wenn es um die Besetzung der Berufungsgremien geht, liegt der Frauenanteil bei mindestens 40 %. Wir haben ferner im Entwurf festgelegt - auch das ist völlig neu; in keinem anderen Land gibt es eine entsprechende Regelung -: Wenn in einem Fachbereich, in dem es traditionell wenige weibliche Professoren gibt, was in fast allen technischen Fachbereichen der Fall ist, eine Berufung erfolgen soll, dann ist bei gleicher Eignung eine Frau zu bevorzugen. Das ist eine sehr weit gehende Formulierung.

Des Weiteren regelt unser Gesetzentwurf, der Ihnen heute vorgelegt wird, Fragen, die mit privaten Fachhochschulen zusammenhängen: Kann der Titel Professor geführt werden, wenn jemand an einer privaten Fachhochschule tätig ist? Wie erfolgt die Anerkennung der privaten Hochschulen?

In die Ausgestaltung des Gesetzentwurfs sind die Hochschulen als Betroffene umfassend einbezogen worden. Mit einer Ausnahme haben sich alle Hochschulen geäußert - im Grundsatz zustimmend, wenn auch, wie üblich, eine Reihe von Verbesserungs- und Änderungsvorschlägen unterbreitet wurden, die wir nach unseren Erfahrungen und Möglichkeiten so weit wie möglich berücksichtigt haben.

Der vorliegende Gesetzentwurf ist ein Baustein auf dem Weg zu einer weiteren Stärkung der Autonomie der Hochschulen. Ich freue mich auf die vertiefte Diskussion in den entsprechenden Ausschüssen. - Danke schön.

(Beifall bei CDU und SPD)

Herzlichen Dank, Frau Ministerin. - Das Wort erhält der Abgeordnete Jürgens. Er spricht für die Fraktion der Linkspartei.PDS. Bitte schön.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Im Moderatorentraining und in vielen Empfehlungen für Rednerinnen und Redner gibt es eine schöne Formel: KISS - Keep it short and simple. Da Frau Ministerin Wanka Sie schon kompetent über

das Berufungsrecht informiert hat, will ich mich wirklich kurz fassen.

Müsste ich nach der KISS-Formel etwas zu dem Gesetzentwurf sagen, dann würde ich es wie folgt tun: Es geht um die Stärkung der Hochschulautonomie durch Übertragung des Berufungsrechts. Das findet die Linksfraktion gut.

(Vereinzelt Beifall bei der Linkspartei.PDS und der SPD)

Ich habe zum Glück knapp fünf Minuten Zeit und kann den Gesetzentwurf daher etwas differenzierter betrachten; das ist auch nötig.

Die Übertragung des Berufungsrechts auf die Hochschulen ist etwas, was meine Fraktion schon seit längerem fordert. Wenn man unsere Vorstellungen realisieren würde, käme es nicht nur zu einer Stärkung der Autonomie unserer Hochschulen; auch langwierige und intransparente Verfahren würden verkürzt und die Qualität der Ausbildung verbessert. In diesem Sinne sind einige Regelungen im Entwurf der Landesregierung begrüßenswert. Ich will diese positiven Regelungen erwähnen.

Wir halten es für den richtigen Weg, dass Juniorprofessorinnen und Juniorprofessoren ohne Habilitation auf einen Lehrstuhl berufen werden können. Es ist auch richtig, dass die Habilitation wieder gleichberechtigt zu diesem Weg ist. Damit erfolgt die Anpassung an Vorgaben eines Urteils des Bundesverfassungsgerichts.

Ebenso stößt die neue Pflicht zur internationalen Ausschreibung bei uns auf Zustimmung. Auch die neue Regelung zur Gleichberechtigung von Frauen im Berufungsverfahren finden wir grundsätzlich positiv. Frau Ministerin hat gesagt, dass wir insoweit eine bundesweit einzigartige Regelung planen. Sie enthält allerdings den Zusatz, dass trotz gleicher Eignung anstelle einer Frau ein Mann berufen werden kann, wenn „in seiner Person liegende Gründe“ überwiegen. Es stellt sich die Frage, ob dadurch der an sich positive Grundansatz verwässert wird. Das würden wir sehr bedauern.

Das waren kurz und knapp die positiven Regelungen des Gesetzentwurfs. Die negativen überwiegen derzeit noch nach Auffassung meiner Fraktion. Das von der Landesregierung gewählte Verfahren birgt sozusagen den Wolf im Schafspelz. Die Autonomie der Hochschulen wird mit der Übertragung des Berufungsrechts nämlich nicht so umfassend gestärkt, wie es scheint. Wollen die Hochschulen das Berufungsrecht erlangen, müssen sie zunächst eine Berufungssatzung erarbeiten, die bis ins Kleinste vom Ministerium abgesegnet werden muss. Das Berufungsrecht kann den Hochschulen - Frau Ministerin hat es gesagt - auch wieder entzogen werden, was gar nicht so schwierig sein wird.

Zusätzlich zu diesen Pflichten bestehen im Rahmen des Verfahrens umfangreiche Berichtspflichten gegenüber dem Ministerium. Das, meine Damen und Herren, steht doch etwas im Widerspruch zu der postulierten Autonomie.

Hinzu kommt, dass das vorgeschlagene Verfahren leider weder die Transparenz noch die Mitbestimmung stärkt. Vor allem die Besetzung der Berufungskommissionen sollte wesentlich demokratischer aufgebaut sein als bisher.

Ein weiterer wichtiger Punkt ist die Gefahr, dass durch die vor

gesehene Regelung die Berufungsverfahren unnötig lange dauern. Es gibt nicht nur mehrere Entscheidungsebenen und eine zum Teil erhebliche Verpflichtung zum Einholen von Gutachten, sondern der Entwurf vermeidet leider auch jegliche Fristenregelung innerhalb des Verfahrens.

Die Vorsitzende unseres Sonderausschusses für Bürokratieabbau, die Kollegin Fischer, ist bedauerlicherweise nicht anwesend. Ein Punkt des Gesetzentwurf wird wahrscheinlich auch sie interessieren: Erst muss die Hochschule ihre Berufungssatzung eng mit dem Ministerium abstimmen, und dann soll eine Evaluierungskommission das Verfahren auf der Grundlage einer bereits bekannten Satzung noch einmal überprüfen. Das erscheint mir dann doch als eine unnötige Kontrollwut.

Lassen Sie mich noch zwei grundsätzliche Anmerkungen machen. Mögen die Hochschulen nun selber berufen können oder nicht; das entscheidende Kriterium ist die Qualität der Professorin bzw. des Professors. Ein entscheidendes Hindernis für wirklich hervorragendes Lehr- und Forschungspersonal ist nun einmal der Besoldungsrahmen. Dieser ist nicht nur nach fast einhelliger Meinung der Hochschulen zu klein.

Ein zweites grundlegendes Problem ist die Rechtssicherheit. Bisher prüft eine Rechtsabteilung im Ministerium, ob Berufungen rechtlich korrekt gelaufen sind. Diese Aufgabe geht an die Hochschulen über, ohne dass den Hochschulen das dafür notwendige Personal zur Verfügung gestellt wird.

Das alles sind konkrete Probleme im Zusammenhang mit dem Gesetzentwurf. Deswegen bin ich nicht nur auf die Diskussion im Ausschuss gespannt, sondern ich hoffe in einigen Punkten auch auf Bewegungsspielraum bei der Koalition. - Vielen Dank.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)

Herzlichen Dank. - Das Wort erhält jetzt Frau Abgeordnete Geywitz. Sie spricht für die SPD-Fraktion.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Jürgens, ich habe, wie wahrscheinlich die meisten von uns, einen Rhetorikkurs besucht. Die Eingangsbemerkung des Dozenten dort lautete, man solle die Erwartungen des Publikums nicht enttäuschen. Man soll also nicht ankündigen, dass man nur kurz rede, um dann doch länger zu sprechen.

(Jürgens [Die Linkspartei.PDS]: Fünf Minuten Redezeit!)

Sie haben sich sehr darum bemüht, das Positive in dem Gesetzentwurf zu unterstreichen, haben dann aber versucht, mit der Lupe ein paar Haare in der Suppe des Gesetzentwurfs zu finden. Wir sind ja im Ausschuss in der Lage, noch über das eine oder andere zu reden, zum Beispiel über den auch mir wichtigen Punkt der Frauenförderung. Es gibt rechtliche Möglichkeiten, das zu steuern, also bei gleicher Eignung Frauen zu bevorzugen. Es gibt im Personalrecht aber auch Regelungen, die uns insofern gesetzgeberisch einschränken. Das sind Detaildiskussionen, die wir dann im Ausschuss führen können. Dort können wir erörtern, warum etwas in dem Gesetz so und nicht anders steht.

Der spannende Teil an Ihrer Kritik betraf das Verfahren. Dabei ging es darum, was wir strukturell machen. Strukturell machen wir etwas ganz Tolles, was jeder Schulleiter im Land Brandenburg sicherlich neidisch betrachten wird. Er darf sich seine Lehrer nämlich nicht aussuchen, wenn auch viele von uns wissen, dass das zur Steigerung der Qualität an unseren Schulen beitragen würde.

Das betreffende Recht geben wir jetzt den Hochschulen. Wir verzichten hier auf eine direkte Form der Steuerung. Das heißt aber nicht, dass wir auf jegliche Form der indirekten Steuerung verzichten sollen. Ich finde, dass der Gesetzentwurf der Landesregierung sehr intelligent gebastelt ist. Er enthält Vorschriften für die Qualität. Er fordert von den Hochschulen den Nachweis, dass sie die Berufungsverfahren selbst wahrnehmen können. Außerdem wird ein System der Evaluation eingesetzt, um das zu überprüfen, ohne dass es zu einer engen Begleitkontrolle kommt, wie es die Frau Wissenschaftsministerin schon ausgeführt hat. Das ist eine moderne Form von indirekter Steuerung, die ich begrüße. Viele haben gesagt: wenn ihr das Berufungsrecht an die Hochschulen gebt, dann entstehen Fachbrüderschaften. - Brüderschaften - das ist wohl auch bei der Rede von Ministerin Wanka klar geworden - wollen wir nicht. Vielmehr wollen wir den Frauenanteil an den Hochschulen erhöhen, wofür es in dem Gesetzentwurf auch Regelungen gibt.

Des Weiteren wollen wir eine Qualitätssicherung etablieren. Dazu brauchen wir auch Sanktionsmaßnahmen. Das funktioniert natürlich nicht, indem wir das Hochschulgesetz ständig ändern und den Hochschulen das Berufungsrecht gegebenenfalls wieder entziehen. Vielmehr sollte das auf dem Wege der Rechtsverordnung durch das Ministerium geschehen. Ich meine, dass das die richtige Form der Übertragung des Berufungsrechts ist. Ich halte das nicht für eine eingeschränkte Autonomie, sondern für eine sehr sinnvolle Begleitkontrolle.

Ich wünsche uns dazu eine spannende Ausschussdiskussion. Schönen Dank.

(Beifall bei SPD und CDU)

Herzlichen Dank. - Das Wort erhält der Abgeordnete Nonninger. Bitte schön.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Unsere DVU-Fraktion hält eine Stärkung der Hochschulautonomie für eine weitere Profilierung der Universitäten und Fachhochschulen für unerlässlich; denn die Hochschulen sind die Wurzeln für das Zukunftspotenzial unseres Landes. Das Berufungsverfahren ist ein wichtiges Steuerungsinstrument, welches für die Qualitätssicherung in Forschung und Lehre sowie für die Hochschulentwicklung von entscheidender Bedeutung ist.

Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf soll eine vollständige Übertragung des Berufungsrechts auf die Brandenburger Hochschulen ermöglicht werden. Des Weiteren sollen Regelungslücken zur staatlichen Anerkennung privater Hochschulen geschlossen sowie mehr Rechtssicherheit für Hochschulen und Studierende erreicht werden. Mit der Möglichkeit der Übertragung des Berufungsrechts wird das Ziel verfolgt, die Hoch

schulautonomie zu stärken sowie die Qualität und Wettbewerbsfähigkeit staatlich anerkannter privater Hochschulen zu intensivieren.

Mit dem Berufungsrecht erhalten Eigenverantwortung sowie Leistungs- und Wettbewerbsfähigkeit der staatlichen Hochschulen einen neuen Stellenwert. Die Hochschulen erhalten also mit dem Berufungsverfahren weitreichende Befugnisse. Eine Begrenzung erfolgt nur insoweit, als sie zur Qualitätssicherung erforderlich ist. Die Hochschulen entscheiden also in Zukunft selbst über die Berufung der Hochschullehrerinnen und -lehrer. Die konkrete Übertragung dieser Aufgabe soll durch eine Rechtsverordnung erfolgen.

Für uns als DVU-Fraktion ist von besonderer Bedeutung, dass entsprechende Mindeststandards zur Sicherung der Qualität der Berufungsverfahren gesetzlich verankert werden. Die Einhaltung von Qualitätsstandards, die Grundsätze der Bestenauslese sowie den gesetzmäßigen Verlauf des Berufungsverfahrens soll eine so genannte Evaluierungskommission überprüfen.

Neu ist auch, dass die Stellenausschreibung nicht nur öffentlich, sondern, wie Frau Wanka schon sagte, auch international erfolgen soll. Jedoch sollte man die Ausnahmefälle, in denen keine Ausschreibung notwendig ist, weiter beibehalten, zum Beispiel Juniorprofessoren, die auf eine unbefristete Professur derselben Hochschule berufen werden sollen.

Wie schon gesagt: Die gesetzlichen Regelungen zur Qualitätssicherung sind unabdingbar. So sind zum Beispiel von Professoren, die hohe Personalverantwortung tragen oder in einem Bereich mit hohem Drittmitteleinkommen tätig werden, ausgeprägte Fähigkeiten im Wissenschaftsmanagement Einstellungsvoraussetzung.

Auch der steigende Einfluss der Hochschulleitung auf die Zusammensetzung der Berufungskommission sei hier genannt.

Wichtig erscheint uns die Verpflichtung der Hochschulen, in Berufungsordnungen die Qualitätssicherung der Berufungsverfahren zu regeln sowie die entsprechenden Genehmigungen durch die Landesregierung.

Auf Anregung des Wissenschaftsrates ist auch ein Berufungsverfahren ohne Ausschreibungspflicht möglich, um kurzfristig Spitzenwissenschaftler zu gewinnen. Damit ist im internationalen Wettbewerb ein besseres Konkurrieren möglich, und man kann schnell und gezielt agieren.

Die DVU-Fraktion fordert nicht erst seit heute, dass freie Lehrstühle zügig zu besetzen sind, um ein effizientes Studium und eine hohe Forschungsleistung an den Universitäten zu garantieren.

Spitzenforschung allerdings wird es nicht zum Nulltarif geben. Daher setzen wir uns seit langem für eine Aufstockung der Mittel für unsere Hochschulen ein.

Nachdem bereits eine ganze Reihe von Bundesländern das Berufungsrecht den Hochschulen übertragen haben, wird sich auch unsere DVU-Fraktion dem Gesetzentwurf nicht verschließen.

Ich freue mich auf eine rege Diskussion im Ausschuss. - Ich bedanke mich.

(Beifall bei der DVU)

Herzlichen Dank. - Das Wort erhält jetzt der Abgeordnete Dr. Niekisch. Er spricht für die CDU-Fraktion. Bitte schön.