Protokoll der Sitzung vom 07.03.2007

- Ein Beispiel? - Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht!

(Unmut bei SPD, CDU und der Linkspartei.PDS)

Ich muss Sie doch bitten, Frau Fechner, das parlamentarische Hohe Haus in der Art zu respektieren, dass Sie solche Äußerungen unterlassen.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS sowie vereinzelt bei SPD und CDU)

Ich wüsste zwar nicht, warum ich es nicht respektiert haben sollte - aber das ist auch egal.

Ein weiterer kleiner Mangel Ihres Antrags: Was nützen all die schönen Bekundungen und Vorhaben, wenn die Finanzierung nicht gesichert ist? Die von Ihnen in Punkt 3 geforderten Maßnahmen, zum Beispiel der Erhalt und die Pflege authentischer Orte, setzt eine ausreichende Finanzausstattung der Kommunen voraus. Das ist in vielen Fällen leider nicht gegeben.

Meine Damen und Herren von Linksaußen! Ich kann mir durchaus vorstellen, dass Sie Schwierigkeiten haben, diesem Antrag uneingeschränkt zuzustimmen; denn schließlich geht es ja auch um Ihre Vergangenheit. Viele Genossen unter Ihnen haben ihre Vergangenheit vergessen. Sie haben vergessen, wofür Ihre Partei viele Jahre stand. Damit dies nicht in Vergessenheit gerät, wurde dieser Antrag eingebracht, den wir als DVU-Fraktion selbstverständlich unterstützen werden.

(Beifall bei der DVU)

Ich gebe Herrn Minister Rupprecht das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es gibt in unserem Land Menschen, die im Hinblick auf die Beschäftigung mit der Geschichte der DDR fragen, ob wir nichts Besseres und Dringenderes zu tun hätten, als uns um dieses Problem zu kümmern. Ich denke auch mit Blick auf den vorliegenden Antrag der Koalition, dass es um ein Thema geht, das wir auf keinen Fall aus unserem Blickfeld geraten lassen dürfen.

Bestärkt werde ich zum Beispiel durch Gespräche mit Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in Gedenkstätten. Ich habe kürzlich im ehemaligen Stasi-Gefängnis in der Lindenstraße mit einer Kollegin, die dort als Gedenkstättenlehrerin arbeitet, gesprochen. Sie hat mir ein paar Äußerungen von Kindern präsentiert, unter anderem: Meine Mutter sagt, in der DDR war alles besser als heute. - Sicherlich naiv und kindlich formuliert -, oder auch: Man musste damals in der DDR für die Stasi als IM arbeiten. - Solche Aussprüche, denke ich, zeigen, dass wir noch eine ganze Menge zu tun haben. Das sage ich in Bezug auf die Schulen in Brandenburg durchaus selbstkritisch. Wir haben weiterhin Bedarf, uns mit der Erinnerung, auch mit dem Gedenken und mit der aktiven Verarbeitung des Erbes der Deutschen Demokratischen Republik zu beschäftigen.

Ich denke, Sie wissen genauso gut wie ich, dass es da schon eine Menge gibt. Es wird eine Menge zum Thema DDR-Vergangenheit getan. Ich denke an Gedenkstätten wie jene in der Lindenstraße oder in der Leistikowstraße in Potsdam. Ich denke aber auch an die Birthler-Behörde. Mein Ministerium hat mit dieser Behörde einen Kooperationsvertrag zur Zusammenarbeit in Schulen abgeschlossen. Er funktioniert sehr gut, worüber ich sehr froh bin.

Wir haben in den Schulen eine ganz zentrale Aufgabe bei der Aufarbeitung von DDR-Geschichte, weil wir dort alle Kinder und Jugendlichen erreichen. Deshalb ist die Schule der vielleicht wichtigste Ort, um das Wissen über die wirklichen Verhältnisse in der DDR zu vermitteln. Dabei muss ein differenziertes Bild gezeichnet werden. Es geht nicht darum, Biografien zu entwerten, sondern darum, Werte im richtigen Kontext darzustellen. Es geht natürlich auch um das Gedenken an die Opfer. Es geht selbstverständlich auch um die Erinnerung an den Widerstand. Holzhammerideologie, Frau Fechner, nützt uns hier gar nichts.

(Beifall bei SPD, CDU sowie der Linkspartei. PDS)

Ich habe auch Verständnis dafür, dass im Antrag nicht nur Erwartungen an die Schulen formuliert werden, sondern auch an öffentlich geförderte Bildungsträger. Natürlich muss das Thema Auseinandersetzung mit der DDR-Geschichte auch in der politischen Erwachsenenbildung präsent sein. Ich denke, Sie sprechen mit dem vorliegenden Antrag nicht nur das Ministerium für Bildung, Jugend und Sport an, sondern ebenso zum Beispiel die Brandenburgische Landeszentrale für Politische Bildung oder auch Einrichtungen, die sich im Geschäftsbereich meiner Kollegin, der Ministerin für Wissenschaft, Forschung und Kultur, befinden.

Ich kann an der Stelle nur sagen, meine sehr verehrten Abgeordneten: Ich versichere Ihnen, wir werden Ihren Antrag in der

gebotenen Gründlichkeit umsetzen und rechtzeitig zum November ein Konzept vorlegen, das Ihren Intentionen entspricht. - Vielen Dank.

(Beifall bei SPD und CDU)

Herzlichen Dank, Herr Minister. - Wir kommen zur Abstimmung. Ich hatte durch zweimaliges Läuten darauf aufmerksam gemacht, dass wir uns jetzt vor dieser befinden.

Zur Abstimmung liegt Ihnen der Antrag in Drucksache 4/4084 - Neudruck - „Umgang mit Geschichte zur Stärkung der Demokratie“ vor. Wer diesem Antrag seine Zustimmung geben will, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. - Gibt es Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Damit ist diesem Antrag mehrheitlich zugestimmt worden. Damit ist er angenommen.

Zwei Abgeordnete haben angezeigt, dass sie den Wunsch hegen, sich zu erklären. Bitte schön, Herr Abgeordneter Krause, Sie haben das Wort.

Meine Damen und Herren! Ich habe diesem Anliegen zugestimmt. Ausschlaggebend für mich war die Debatte. Ich hätte mir gewünscht, dass Ihr Antrag ähnlich differenziert und qualifiziert gewesen wäre. - Vielen Dank.

Bitte, Herr Jürgens.

Ich habe mich bei diesem Antrag enthalten. Herr Niekisch hat am Anfang der Debatte gesagt, dass dieser Antrag der Koalition nicht spalten will, sondern pro Aufklärung gerichtet ist. Die Debatte hat auch gezeigt, dass es in die richtige Richtung ging. Leider war der Antrag nicht so ausgewogen, wie die Debatte gezeigt hat. Deswegen musste ich mich bei diesem Antrag leider enthalten.

Ich danke Ihnen für diese persönlichen Bemerkungen.

Ich schließe Tagesordnungspunkt 16 und rufe Tagesordnungspunkt 17 auf:

Ausbildung für das Lehramt für Sonderpädagogik im Land Brandenburg

Antrag der Fraktion der Linkspartei.PDS

Drucksache 4/4187

Dazu liegt in Drucksache 4/4271 ein Entschließungsantrag der Fraktionen von SPD und CDU vor. - Ich eröffne die Aussprache. Frau Große erhält das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren Abgeordnete! Das Thema Sonderpädagogik stand in den letzten Jahren wiederholt auf der Agenda der Debatten hier im Landtag wie im Ausschuss für Bildung, Jugend und Sport. Wir hatten gehaltvolle Diskussionen, bei denen die bestehenden Probleme offen angesprochen und gravierende Mängel aufgezeigt wurden. Leider blieb das trotz des Anerkennens eines Handlungsbedarfs vonseiten der Koalitionsfraktionen bisher folgenlos. Das kurz zum Hintergrund unseres Antrags.

Wir haben es mit folgender Situation zu tun: In den letzten 10 Jahren hat die Zahl der Kinder, die sonderpädagogischen Förderbedarf haben, um 60 % zugenommen. Der Bedarf an sonderpädagogischer Förderung ist kontinuierlich gestiegen. Kinder mit ungünstigen Lern- und Entwicklungsvoraussetzungen müssen so früh und effektiv wie möglich gefördert werden. Viel zu häufig gelingt das noch nicht ausreichend. Einerseits werden sich anbahnende Schwierigkeiten oft nicht rechtzeitig erkannt, andererseits wird den auftretenden Schwierigkeiten nicht angemessen begegnet.

Die sonderpädagogischen Förder- und Beratungsstellen arbeiten an ihren Kapazitätsgrenzen. Die Probleme von Kindern mit festgestelltem sonderpädagogischem Förderbedarf sind vielschichtiger und komplexer Natur. Sie sind sicher auch nur schrittweise zu lösen und erfordern Maßnahmen auf unterschiedlichen Ebenen. Eine unablässige Voraussetzung, um diese Kinder adäquat zu fördern, ist kontinuierliche sonderpädagogische Arbeit, zu der es natürlich gut ausgebildeter Sonderpädagogen bedarf. Doch wie sieht die Praxis in Brandenburg aus? In den Schulen herrscht ein außergewöhnlicher Mangel an Sonderpädagogen. Lehrerinnen und Lehrer, die an Förderschulen oder im Rahmen der sonderpädagogischen Förderung im gemeinsamen Unterricht arbeiten, sind häufig dafür nicht durch ein Studium der Sonderpädagogik qualifiziert. Einer Analyse des Verbandes Sonderpädagogik e. V. zufolge ist in Brandenburg weniger als die Hälfte der im sonderpädagogischen Bereich tätigen Lehrkräfte durch eine Ausbildung für das Lehramt tatsächlich qualifiziert. Die Lehrkräfte sind damit häufig überfordert und eben nicht in der Lage, angemessen fördern zu können.

Die Situation im Primarstufenbereich hat sich durch die flexible Eingangsphase verbessert, dennoch fehlen auch hier Fachkräfte für die Bereiche Lernen, Sprache und emotional-soziale Störungen. Wichtig wäre, dass an jeder Grundschule ein Sonderpädagoge fest beschäftigt wird. Nicht nur die flexible Eingangsphase macht das erforderlich.

In der Sekundarstufe I gibt es erhebliche Verwerfungen. Es fehlen Sonderpädagogen, es fehlt eine systematische Weiterbildung für Regelschullehrer in sonderpädagogischen Handlungsfeldern. Es fehlen Fortbildungsangebote. Auch neu ausgebildete Lehrkräfte verfügen kaum über die entsprechenden Fähigkeiten im Bereich der Sonderpädagogik. Das LISUM und die Universität Potsdam können das derzeit nicht leisten. Es fehlt die zeitliche Entlastung der Regelschullehrer für die Zusammenarbeit mit den Sonderpädagogen, sodass vieles nur zwischen Tür und Angel besprochen werden kann und die vorhandenen Sonderpädagogen nur unzureichend als Multiplikatoren tätig sein können. Hinzu kommt die nach wie vor unbefriedigende Situation, dass Sonderpädagogen als „fahrende Gesellen“ oft an mehreren Schulen tätig sind und dadurch unzureichend als Lernberater zur Verfügung stehen können.

In den letzten Jahren - dies entspricht den Zielen des Schulgesetzes, das im Dezember in diesem Haus beschlossen wurde entwickelten sich weitere sonderpädagogische Arbeitsgebiete. Sonderpädagogen werden nicht nur im Unterricht und in der Erziehung der Heranwachsenden mit sonderpädagogischem Förderbedarf und in FLEX-Klassen benötigt, sondern auch in der förderdiagnostischen Lernbeobachtung und der prophylaktischen Diagnose, Förderung und Beratung.

Die seit Jahren völlig unbefriedigende Situation in der Ausbildung von Sonderpädagogen spitzt sich aktuell zu. Die Ausbildung am Institut für Sonderpädagogik der Universität Potsdam fällt Sparmaßnahmen zum Opfer. Bereits seit 2001 hat die Universität Potsdam nicht mehr für Sonderpädagogik immatrikuliert. Noch bietet das bereits erheblich amputierte Universitätsinstitut für Sonderpädagogik gemeinsam mit dem WiB e. V. ein teilnehmerfinanziertes Studienangebot. Anerkennung den Kollegen, die dafür sehr viel Geld aufwenden, um sich selbst zu qualifizieren, und dann dem System zur Verfügung stehen!

Diese Aktivität wird zurzeit jedoch beendet, da die Hochschulstrukturplanung vorsieht, 2008 nur eine der sonderpädagogischen Professuren nachzubesetzen. Neben dem Saarland wäre Brandenburg dann das einzige Bundesland, in dem keine Sonderpädagogen ausgebildet werden. Die Ausbildung von jährlich 30 Sonderpädagogen in Berlin entspricht dem Bedarf in keiner Weise. Außerdem wird in Berlin eine verkürzte Masterausbildung angeboten, die in Brandenburg zu Recht nicht akzeptiert wird.

Der Anteil an sonderpädagogischen Modulen in der allgemeinen Lehrerbildung tendiert gegen null. Prof. Matthes formulierte die Situation bei der Anhörung zum Schulgesetz treffend folgendermaßen:

„Die Ziele des Schulgesetzes werden nicht erfüllt werden können, wenn das Land keine entschiedenen Maßnahmen ergreift, die dem Mangel an sonderpädagogischen Fachkräften wirksam und sofort entgegenwirken.“

Es besteht also ein dringender gesellschaftlicher Handlungsbedarf. Der Vorrang der Integration von Kindern mit sonderpädagogischem Förderbedarf benötigt eher mehr Sonderpädagogen. Daher bitte ich um die Annahme unseres Antrags.

Wir haben das im Ausschuss schon häufig debattiert. Demzufolge weiß ich auch, dass unter den Bildungspolitikerinnen und -politikern der Koalition hier sehr viel Verständnis vorhanden ist. Da Sie immer noch die unsinnige Regelung haben, unseren Anträgen nicht zustimmen zu können, zu dürfen, haben sie einen Entschließungsantrag eingebracht, in dem sich Wesentliches wiederfindet. Sie verlagern das Problem natürlich erst einmal auf den Ausschuss. Es fehlt in Ihrem Entschließungsantrag aber eine wichtige Geschichte: Sie artikulieren sich dort nicht für ein grundständiges Studium an der Potsdamer Universität für Sonderpädagogen. Ich hoffe sehr, dass wir Sie in dieser Richtung zumindest noch überzeugen können. Alles andere erhoffen wir von den auch in Ihrem Entschließungsantrag vorgesehenen weiteren Debatten.

(Beifall bei der Linkspartei. PDS)

Herzlichen Dank. - Als nächste Rednerin erhält die Abgeordnete Geywitz das Wort.

Frau Präsidentin! Liebe Abgeordnete! In der Tat: Wir haben einen Bedarf an ausgebildeten Sonderpädagogen. Das Bildungsministerium hat aktuelle Zahlen zur Verfügung gestellt. 560 Sonderpädagogen sind es für nur zwei Förderschwerpunkte - Lernen und geistige Entwicklung. Dasselbe Problem existiert in den Nachbarbundesländern, sodass die Frage der Ausbildung in der Tat brennt, weil man da nicht viel mit Abwerbung wird erreichen können. Wir haben eine Kooperation mit Berlin und sind in der Tat in der Lage, zu überprüfen, ob diese sinnvoll ist und die Bedarfe in Brandenburg decken kann.

Frau Große hat der Landesregierung heute mehrfach vorgeworfen, dass wir zu langsam sind, dass wir nicht schnell genug vorankommen. Insofern ist es logisch, dass wir einige Punkte unsererseits, Frau Große, als etwas zu schnell empfinden. Das betrifft beispielsweise Ihren Vorschlag, wir sollten jetzt schon die Voraussetzungen dafür schaffen, eine grundständige Ausbildung im Bereich der Sonderpädagogik an der Universität Potsdam zu etablieren. Wir sind der Meinung, das Thema ist problematisch. Wir brauchen Fachkräfte in dem Bereich, müssen uns aber ganz genau angucken - auch im Bereich der Lehrerbedarfsplanung, die dieses Haus in Auftrag gegeben hat -, wie viele in welchen Bereichen benötigt werden und auf welche Art und Weise wir sie am besten ausgebildet bekommen. Dabei sind wir als Bildungspolitiker inhaltlich in der Tat nicht weit auseinander.

Der Bedarf wird sich auch ein wenig daran orientieren, welches pädagogische Konzept wir für die individuelle Förderung der Kinder haben, Stichwort FLEX, Stichwort gemeinsamer Unterricht und Stichwort Erhalt der Allgemeinen Förderschule in den Klassen 1 bis 10. Wie das dann kombiniert wird, wird großen Einfluss darauf haben, wie hoch der tatsächliche Bedarf ist. In der Tat - das sehe auch ich so - ist es qualitativ sinnvoll, dass man, wenn man Kinder an der Grundschule integrativ unterrichtet, keinen Pro-forma-Sonderpädagogen hat, der da mal zwei Stunden vorbeikommt oder einmal mit der Grundschullehrerin telefoniert, sondern einen Sonderpädagogen, der zum Lehrerkollegium gehört. Das ist unbestritten auch für die Weiterbildung der anderen Kollegen sinnvoll, die keine Sonderpädagogen sind, in ihrer Arbeit aber auch sonderpädagogische Erkenntnisse brauchen bzw. einsetzen können. Insofern haben wir in der Tat den PDS-Antrag zum Anlass genommen, hier nicht vorschnell zu sagen, wir brauchen auf jeden Fall wieder einen eigenen Studiengang, sondern um zu sagen: Lasst uns einmal schauen, wie der Bedarf ist und wie wir ihn mit unterschiedlichen Mitteln decken können!

Dazu liegt unser Entschließungsantrag vor. Ich würde mich sehr freuen, wenn er eine Mehrheit fände. - Danke.

(Beifall bei der SPD)

Herzlichen Dank. - Nun erhält die Abgeordnete Fechner das Wort. Bitte schön.