Die Pläne der Bundesregierung werden also ihren eigenen Ansprüchen nicht gerecht. Es ist zu erwarten, dass diese soge
nannte Steuerreform weder die steuerliche Standortattraktivität noch die Bedingungen für Investitionen und Wachstum entscheidend verbessert. Im Gegenteil: Gewinner werden ohnehin allein die großen, ertragsstarken, multinationalen Konzerne sein, während verschuldete und innovative Unternehmen mit Anlaufverlusten sowie der gesamte Mittelstand zu den Verlierern zählen werden; denn bei diesen werden sich die Gegenfinanzierungsmaßnahmen - unter anderem der komplette Wegfall der degressiven Abschreibung, die Begrenzung der Sofortabschreibung für geringwertige Wirtschaftsgüter sowie die Verschlechterung bei der Gewerbesteuer - geradezu verheerend auswirken.
Dabei wäre es unserer Ansicht nach wesentlich sinnvoller, dass Deutschland den großen Dax-Unternehmen genauer auf die Finger schaute, wenn eine besonders kreative Form der doppelten Buchführung zu Verlusten bei den Finanzämtern bei gleichzeitig steigenden Dividenden bei den Aktionären führt. Mit den frei werdenden Mitteln könnte dann, wie in den Eckpunkten zu unserem heute noch zu behandelnden Antrag vorgegeben, eine echte Entlastung des deutschen Mittelstandes erfolgen.
In den letzten Tagen veröffentlichten die fünf führenden Wirtschaftsinstitute ihr Frühjahrsgutachten. Lassen Sie mich an dieser Stelle daraus zitieren:
„Im Verlauf dieses Jahres wird das reale Bruttoinlandsprodukt etwas rascher zunehmen als das Produktionspotenzial, dessen Wachstumsrate die Institute auf 1,5 % bis 2,0 % veranschlagen. Im Durchschnitt des Jahres 2007 wird das reale Bruttoinlandsprodukt um voraussichtlich 2,4 % zunehmen.“
Diese Prozentzahl wird von den Instituten auch für das Jahr 2008 prognostiziert. Das sind gute Rahmenbedingungen, die es nun weiter zu stärken gilt. Die Politik ist gehalten, praktisch als zweite Säule einen nachhaltigen Wirtschaftsaufschwung aufzubauen. Und das bedeutet nichts anderes, als die steuerlichen Bedingungen zu verbessern. Dazu zählt auch die Unternehmenssteuerreform.
Gestatten Sie mir aus Sicht des Wirtschaftspolitikers meinen Standpunkt zur geplanten Unternehmenssteuerreform darzustellen. Grundsätzlich gilt: Wir müssen endlich unser Steuersystem dem internationalen Wettbewerb anpassen. Dazu zählen auch die Unternehmensteuern. Wir können keine zusätzlichen Investoren für unser Land gewinnen, wenn die Steuern dafür im Vergleich zu anderen europäischen Ländern weit im oberen Drittel liegen. Vor allem Staaten in unserer unmittelbaren Nachbarschaft wie Polen und Tschechien bieten durch niedrige Steuersätze attraktive Bedingungen. Dem müssen wir etwas entgegensetzen. Durch diese Reform werden mehr Anreize geschaffen, Investitionen vor Ort zu tätigen und Arbeitsplätze in der Region zu schaffen und zu sichern.
Wir sollten die Unternehmenssteuerreform als einen klaren Standortvorteil für potenzielle Investoren und unsere ansässige
Wirtschaft begreifen. Dazu gehört aber auch, dass die kleineren und mittleren Unternehmen keine zusätzlichen Belastungen tragen müssen. Die brandenburgische Wirtschaft ist nun einmal von ihrer Kleinteiligkeit bestimmt. Unsere Stärke liegt im innovativen Mittelstand. Ihm gilt deswegen unsere besondere Aufmerksamkeit. Für uns ist der Mittelstand der Motor des wirtschaftlichen Wachstums und die Grundlage für Wohlstand und soziale Sicherheit. Aus diesem Grund halte ich zusätzliche Belastungen für die KMUs besonders auch in Brandenburg für schädlich. Im Gesetzesverfahren muss dies gründlich geprüft und gegebenenfalls geändert werden. Der Mittelstand in Brandenburg darf durch die steuerlichen Veränderungen nicht schlechtergestellt werden. Er müsste eigentlich der Hauptgewinner sein. Deshalb appelliere ich an dieser Stelle an die Kollegen im Bundestag, sich dafür einzusetzen.
Lassen Sie mich meine Kritik etwas untermauern: Nach den vorliegenden Eckdaten der Reform kann nur eine geringe Zahl von Personenunternehmen die zum 1. Januar 2008 geplante Thesaurierungsrücklage in Anspruch nehmen. Denn die Rücklage ist angesichts der vorgesehenen Nachbesteuerungsbelastung von rund 48 % nur für wenige Betriebe rentabel. Meiner Meinung nach ist es nur schwer verständlich, warum die Gewinnverwendungsfreiheit so eingeschränkt wird, dass Personenunternehmen laufende Entnahmen immer zuerst aus dem im Rahmen der Thesaurierungsrücklage angesammelten Kapital tätigen müssen. Denn daraus folgt eine Nachversteuerung selbst in den Jahren, in denen keine oder nur geringe Gewinne erzielt wurden. Die entsprechende sogenannte Härtefallklausel ist jedenfalls völlig unbefriedigend. Das Gros der Personenunternehmen würde von der Inanspruchnahme der Thesaurierungsrücklage faktisch ausgeschlossen.
Angesichts der geplanten Absenkung des Körperschaftssteuersatzes müssen kleine Unternehmen und Selbstständige, die in der Regel der Einkommensteuer unterliegen, jedoch ebenso entlastet werden: Die diskutierte steuerliche Begünstigung von im Unternehmen verbleibenden Gewinnen ist seit den 50er Jahren überfällig. Die Eigenkapitalquote, ein wesentlicher Schwachpunkt kleiner Unternehmen, könnte damit erhöht werden.
Ich will es noch einmal sagen: Wir begrüßen die Fortschritte bei der Diskussion hin zu einem einfacheren System mit mehr Planungssicherheit. Das wurde von den Unternehmen nach den Jahren von Schröder und Co. erwartet. Es kommt in einer vom Mittelstand geprägten Wirtschaftslandschaft nicht gut an, wenn man nur der „Genosse der Bosse“ ist.
Unsere Bundeskanzlerin steht dem Mittelstand aufgeschlossener gegenüber als ihr Vorgänger. Dies hat sie erst kürzlich auf der Europäischen Handwerkskonferenz in Stuttgart bekräftigt.
Mit der Unternehmenssteuerreform geht die Bundesregierung den ersten Schritt in die richtige Richtung und, meine Damen und Herren, sie kommt zum richtigen Zeitpunkt. Bei dem prognostiziertem Wachstum der Wirtschaft in Deutschland ist diese Steuerreform als eine wichtige Investition in den Standort Deutschland zu sehen, trotz aller Bedenken, die ich hier vorgetragen habe.
Lassen Sie mich noch ein Wort zur aktuellen Debatte in Brandenburg sagen: Ich weiß, dass wir unsere Landesfinanzen in den Griff bekommen müssen. Das heißt aber auch, dass wir uns keine Neuverschuldung leisten können. Deshalb gilt es nun, in den parlamentarischen Beratungen zur Unternehmenssteuerreform ein ausgewogenes Ergebnis zu erzielen. Grundsätzlich muss unser Ziel sein, den Mittelstand und das Handwerk mit dieser Reform zu stärken. - Herzlichen Dank.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist eine Erkenntnis der Geografie, dass Deutschland keine Insel ist. Selbst wenn es eine Insel wie Großbritannien oder Irland wäre, wäre es nicht davor gefeit, sich die Frage zu stellen, ob wir hier in Deutschland die richtigen Bedingungen für die Wirtschaft haben. Die Frage stellt sich immer wieder, und es gibt die unterschiedlichsten Antworten darauf.
Bei der Unternehmenssteuerreform handelt es sich um ein Projekt, das von vielen Experten lang vorbereitet wurde, mit dem Ziel der Vereinfachung und der besseren Handhabung. Es sind von den Experten Vorschläge aufgeschrieben worden, die nach näherer Betrachtung von den Praktikern verworfen wurden, mit der Begründung: Das funktioniert nicht, das führt zu Ungerechtigkeiten und zum Ausfall von Steuereinnahmen für das Gesamtwesen, die nicht zu verkraften sind.
Insofern ist jetzt ein Vorschlag erarbeitet worden, der zwischen diesen beiden Polen steht und dem Ziel gerecht wird, den Wirtschaftsstandort Deutschland in der Mitte zwischen den Polen bis an die russische Grenze, was Europa betrifft - stabil und Steuersubstrat in Deutschland zu halten. Es macht keinen Sinn, zu sagen, wir könnten die Steuer nicht senken, wenn diejenigen, die die Steuer zahlen, aufgrund der Möglichkeiten, die Kapital und auch die Produktion in Europa heutzutage bieten, das Land verlassen.
Insofern unterstützt die Landesregierung das Ansinnen der Reform, hier Bedingungen zu schaffen, die die Wirtschaft wettbewerbsfähig machen. Wir wissen, dass Deutschland einige Vorteile im Bereich der Bildung, der Wissenschaft und der Forschung hat. All dies muss finanziert werden, auch durch Unternehmen, die wir nicht davon freistellen können, ihren Anteil zu erbringen, damit das gesamtstaatliche Wesen finanzierbar ist. Insofern gibt es derzeit eine Diskussion über die Zahlen, Schätzungen und Prognosen, welche Entwicklung eintreten wird, wenn diese Steueränderung kommt.
Es ist entsprechend dem Koalitionsvertrag in Berlin klar beabsichtigt, die Steuerausfälle auf ein Mindestmaß zu beschränken. Im Koalitionsvertrag steht, dies sei „weitestgehend aufkommensneutral“ auf ein Mindestmaß zu beschränken. Der Bundesfinanzminister geht derzeit von 5 Milliarden Euro Steuerverlust - volle Jahreswirkung - durch die Reform aus. Die Länder führen dazu untereinander lebhafte Diskussionen, und wir streiten uns auch mit dem Bund über die Zahlen. Das ging bis in die letzten Stunden hinein. Es steht der erste Durchgang im Bundesrat an, die Ausschussberatungen laufen, morgen
wird der Finanzausschuss dazu beraten. Es gibt viele Anträge, bis hin zu einer kompletten Ablehnung durch das Land Berlin.
Das ist nicht der richtige Weg; denn erstens ist die Steuerreform sinnvoll, und zweitens wird sie entsprechend den Mehrheitsverhältnissen in der Republik kommen. Insofern ist es vernünftig, Bedenken zu einzelnen Punkten konstruktiv anzubringen und nicht zu sagen: Wir lehnen das gesamte Paket ab. - Das wird vielleicht das Gewissen beruhigen. Es wird aber nichts daran ändern, dass im Bundestag über eine Steuerreform entsprechend des Koalitionsvertrags abgestimmt wird.
Wir wollen entsprechend unseren Berechnungen einzelne Stellschrauben diskutieren. Es geht um die Abgeltungssteuer. Es geht um den Staffeltarif. Es geht darum, ob und in welcher Zeitfolge es eingeführt wird. An diesen Stellen muss man versuchen, etwas zu ändern.
Wir haben während der Entstehung des Gesetzes darauf hingewirkt, Herr Karney, dass die ostdeutsche Situation berücksichtigt und der Mittelstand weitgehend geschont wird. Es ist klar, dass es, wenn man die Bemessungsgrundlage verbreitern will, andere Teile trifft. Wenn die Steuern an einer Stelle um 30 Millionen Euro gesenkt werden sollen und an anderer Stelle 25 Millionen Euro geholt werden sollen, betrifft dies im Umfang von 25 Millionen Euro eben andere. Das ist nur zum Teil durch die Unterbindung solcher Geschäfte, wie sie hier von Herr Bischoff skizziert wurden, zu erreichen.
Wir gehen davon aus, dass es mit diesem Gesetz gelingen wird, auch sehr unangenehme Steuerschlupflöcher zu schließen. Wenn man die Finanzierung von Fremdkapital besteuern will, werden Betroffenheiten entstehen, die eigentlich nicht gewünscht sind. Es sind Schwellenwerte definiert worden, die so, wie sie jetzt formuliert sind - unserer Ansicht nach für den Osten erträglich sind.
Das Augenmerk der Landesregierung liegt insofern darauf, diese Steuerreform mitzugestalten, sie dem Grunde nach zu unterstützen und sicherzustellen, dass die Einbußen, die durch die Änderungen entstehen werden, so gering wie möglich gehalten werden. Dazu dienen die Beratungen im Bundesrat, die jetzt anlaufen, und auch die Einflussnahme auf die gestaltenden Fraktionen im Deutschen Bundestag. - Vielen Dank.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Vielen Dank für die Gelegenheit, in einer zweiten Runde - Herr Kollege Christof
fers wird auch noch einmal sprechen - die Punkte zusammenzufassen. Diese Gelegenheit will ich gern wahrnehmen. Es ist wichtig, noch einmal auf den Punkt zu bringen, worum es bei dieser Reform geht.
Problem eins ist von Herrn Kollegen Karney angesprochen worden. Wir haben in Deutschland Steuersätze von 39 %, die international an der Spitze liegen. Die Folge ist, dass Kapitalgesellschaften ständig nach Wegen suchen und leider auch Wege finden, hier in Deutschland tatsächlich nur geringe Steuersätze, also 20 oder 30 %, zu zahlen.
Ich möchte eine Zahl aufgreifen. Minister Speer hat gesagt, es sei in unserem Interesse, Steuern in Deutschland zu behalten und nicht ins Ausland zu verlagern. Das DIW ist weiß Gott nicht parteipolitisch gefärbt. Wenn aber das DIW feststellt, dass mindestens 100 Milliarden Euro nicht in Deutschland steuerlich veranlagt werden, obwohl sie hierher gehören, sondern im Ausland - und dies auch noch legal -, dann müssen wir auch im Interesse der sozialen Balance etwas dagegen tun. Es nützt nichts, dass wir hohe Steuersätze haben, diese aber steuermindernd anderswohin transferiert werden.
Darüber hinaus ist dieser Steuersatz für ausländische Investoren zunächst abschreckend. Auch dies ist ein wichtiger Punkt, denn wir wollen um ausländische Investoren werben. In Schwedt haben viele ausländische Investoren Arbeitsplätze geschaffen und gesichert.
Problem Nummer zwei: Die Kommunen sind auf eine verlässliche Einnahmebasis angewiesen, wie hier häufig gesagt worden ist. Die Haupteinnahmequelle der Gemeinden wird sich mit der Unternehmenssteuerreform 2008 deutlich verbessern.
Wenn wir diesen Reformschritt nicht gingen, hätten wir im nächsten und vielleicht auch übernächsten Jahr möglicherweise keine Steuerrückgänge. Es wird übrigens eine sehr merkwürdige Diskussion geführt. Der eine von ganz rechts sagt: Das ist ganz furchtbar. Die Unternehmen werden so stark belastet. - Jetzt überlege ich einmal rein rechnerisch: Wenn auf der anderen Seite von ganz links Steuerausfälle im nächsten und übernächsten Jahr beklagt werden - danach werden die Steuern übrigens wieder steigen, das ist ganz klar, das ist auch unabhängig überprüft worden -, kann doch irgendetwas nicht zusammenpassen. Entweder haben wir Steuerausfälle, dann haben die Unternehmen mehr in der Kasse, oder es gibt mehr Belastungen für die Unternehmen. Dann hätten wir aber im nächsten und übernächsten Jahr mehr Steuern. Beide Argumente passen nicht zusammen. Wir Sozialdemokraten sind dafür, eine vernünftige und ordentliche Lösung zu finden.
Langfristig wird sich die Gesamtsteuerbasis vergrößern. Das genau ist das Ziel der Kampagne und das Ziel dieser Reform. Sie haben bis jetzt alle Reformen abgelehnt. Es ist klar, dass man bei der Umsetzung von Reformen lernen muss. Sie wurden viel zu lange hinausgeschoben. Zum Glück hat sich immer wieder bewahrheitet, dass bei allen Reformen Ihre schlimme Plakatierung „Armut per Gesetz“, „Gesundheit: Die Menschen werden gesundheitlich nicht mehr versorgt“ in keiner Weise eingetreten ist. So wird es auch diesmal sein.
Ich stelle der Linkspartei.PDS folgende Frage, Herr Christoffers wird gleich zum Redepult gehen: Ist das noch gerecht, wenn das kurzfristige Herausziehen von Gewinnen aus einem
Unternehmen steuerlich bessergestellt ist als die Investition in das Unternehmen, in diese Arbeitsplätze und in diese Arbeitnehmer? Wir glauben, dass das nicht gerecht ist. Wir müssen genau dieses Schlupfloch schließen. Wir müssen die Steuerbasis in Deutschland auf ein normales durchschnittliches europäisches Niveau bringen, sodass die Unternehmen nicht anfangen, zu gestalten und Steuern in Billigsteuerländer wie Irland zu verlagern.
Genau das ist das Ziel. Wir wollen damit mehr Geld für Kultur, Bildung und Wissenschaft akquirieren. Genau darum geht es bei der Reform. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.