Protokoll der Sitzung vom 25.04.2007

Vielen Dank. - Die Fraktion der Linkspartei.PDS erhält nun das Wort. Es spricht der Abgeordnete Christoffers.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Meine Damen und Herren von der DVU, ich finde, Ihre Position ist nicht stringent. In Ihrem Antrag schreiben Sie, dass Verzicht auf die Erweiterung der Gewerbesteuer geplant ist. Ich gebe Ihnen Brief und Siegel: Bei der nächsten Debatte um die Kommunalfinanzierung fordern Sie genau das Gegenteil.

Zweitens: Zu den inhaltlichen Schwerpunkten haben wir heute Morgen in der Aktuellen Stunde geredet; ich glaube, damit ist abschließend alles gesagt. Wir lehnen Ihren Antrag ab. - Danke schön.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)

Die Landesregierung hat Verzicht auf einen Redebeitrag angekündigt, sodass die Abgeordnete Hesselbarth noch einmal das Wort erhält.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Christoffers, ich kann mich nicht entsinnen, dass die DVU-Fraktion in irgendeiner Haushaltsdebatte gefordert hätte, dass Gewerbesteuern zu erhöhen seien. Darüber sollten Sie vielleicht noch einmal nachdenken und hier keine Unwahrheiten in die Welt setzen. Herr Karney, von Ihnen als Handwerkskammerpräsi

dent bin ich ganz schön enttäuscht; aber das war zu erwarten. Was soll von Ihnen auch kommen?

Was der deutsche Mittelstand, gerade hier in Brandenburg, braucht, sind echte Entlastungen. Und diese sind eben nur zu erreichen, wenn Sie unseren Nachbesserungsvorschlag zu dem Entwurf annehmen. Was wird denn geschehen, wenn der von dieser famosen Bundesregierung beschlossene Gesetzentwurf Wirklichkeit werden sollte? - Darüber sollten Sie alle wirklich einmal nachdenken. Wird Deutschland als Industriestandort wie von der Bundesregierung versprochen - im internationalen Wettbewerb für Investoren wirklich attraktiver? - Ich sage klar und deutlich: Nein. Nicht ein einziges Unternehmen wird Maßnahmen zum Arbeitsplatzabbau zurücknehmen.

(Schulze [SPD]: Auf welchem Planeten leben Sie eigent- lich?)

Selbst wenn die Steuer komplett gestrichen würde, bestünde kein direkter Anreiz zur Schaffung neuer Arbeitsplätze. Arbeitsplätze gibt es nur, wenn es unattraktiver wird, sie zu vernichten. Eine Senkung der Lohnnebenkosten, wie von unserer DVU-Fraktion immer wieder gefordert, brächte den Beschäftigten mehr Geld, den Arbeitgebern eine Kostensenkung sowie höheren Gewinn und dem Staat mehr Steuern. Es kommt gegen den geplanten Gesetzentwurf selbst aus den Berliner Koalitionsparteien teilweise deutliche Kritik, Herr Schulze. SPD-Politiker wie Ottmar Schreiner, Niels Annen und Björn Böning sowie der Parteiratsvorsitzende Claus Möller erklärten gegenüber der Presse, dieses Regierungsmachwerk ablehnen zu wollen, da es unsozial und haushaltspolitisch unsolide sei. Die FDP kritisierte, dass das neue Gesetz statt einer Vereinfachung des Steuersystems einen erheblichen Kontrollaufwand produziere, was das Steuerrecht verkompliziere. Der Präsident des CDU-Wirtschaftsrates betonte, dass der Mittelstand durch die Gegenfinanzierungsmaßnahmen zu hoch belastet werde, während der Präsident des Bundesverbandes des Deutschen Großund Außenhandels kritisierte, dass die niedrigen Steuersätze mit erheblichem bürokratischem Mehraufwand erkauft würden. Der Deutsche Städte- und Gemeindebund schließlich fordert eine echte Aufkommensneutralität für die Kommunen, was bei den inzwischen zu erwartenden 12 Millionen Euro an Steuermindereinnahmen natürlich völlig illusorisch ist.

Anstatt die Steuerschlupflöcher im Blick zu haben, die die effektive Steuerlast, vor allem der großen Kapitalgesellschaften in Deutschland, ohnehin weit unter die nominellen Steuersätze drücken, und damit den Mittelstand zu entlasten, wird die ohnehin geradezu minimale Körperschaftsteuer künftig weiter reduziert. Es ist unserer Auffassung nach ein steuerpolitischer Widerspruch und sozialer Hohn sondergleichen, diese Reform der kürzlich erfolgten Mehrwertsteuererhöhung folgen zu lassen. Während zum Beispiel für die Rente ab 65 das Geld fehlt, sollen für die Gewinner der großen multinationalen Dax-Konzerne weiter Steuernachlässe gewährt werden.

Nachdem keine der sogenannten Steuerreformen der vergangenen zehn Jahre zum erwünschten Wirtschaftsaufschwung führte, sollte endlich ein Umdenken erfolgen; und zwar durch eine deutliche Entlastung des Mittelstandes, wie in den Eckpunkten unseres Antrags gefordert, und einer gleichzeitig nachfrageorientierten Steuerentlastung beim Konsumenten, die durch das Schließen von Steuerschlupflöchern, gerade bei den Großkonzernen, gegenfinanziert wird. Zum Wohle unseres Landes soll

ten Sie unserem Antrag zustimmen. - Herr Schulze, auf Ihre Frage, wo wir leben würden: Im Zeitalter der Hartz-IV-Opfer!

(Beifall bei der DVU)

Damit sind wir am Ende der Debatte angelangt. Die DVUFraktion beantragt die Überweisung des Antrags in der Drucksache 4/4317 an den Ausschuss für Wirtschaft - federführend und - mitberatend - an den Ausschuss für Haushalt und Finanzen. Wer diesem Ansinnen folgen möchte, den bitte ich um sein Handzeichen. - Gibt es Gegenstimmen? - Gibt es Stimmenthaltungen? - Dem Antrag wurde ohne Enthaltungen mit übergroßer Mehrheit nicht gefolgt.

Ich lasse über den Antrag in der Sache abstimmen. Wer ihm seine Zustimmung gibt, den bitte ich um sein Handzeichen. Gibt es Gegenstimmen? - Gibt es Stimmenthaltungen? - Damit ist auch die Abstimmung in der Sache ohne Enthaltungen mit übergroßer Mehrheit negativ ausgefallen.

Ich schließe Tagesordnungspunkt 14 und rufe Tagesordnungspunkt 15 auf:

Unternehmensteuerreformgesetz 2008

Antrag der Fraktion der Linkspartei.PDS

Drucksache 4/4409

Es wurde vereinbart, hierzu keine Debatte zu führen, sodass über diesen Antrag direkt abgestimmt wird. Wer ihm zustimmen möchte, den bitte ich um sein Handzeichen. - Gibt es Gegenstimmen? - Gibt es Stimmenthaltungen? - Bei einigen Enthaltungen wurde der Antrag mehrheitlich abgelehnt.

Ich schließe Tagesordnungspunkt 15 und rufe Tagesordnungspunkt 16 auf:

Hochbegabtenförderungskonzept

Antrag der Fraktion der DVU

Drucksache 4/4339

Die Abgeordnete Fechner von der DVU-Fraktion eröffnet die Debatte.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das Brandenburger Schulsystem lässt viel zu viele gute Kinder scheitern. Genau dies wollen wir mit dem vorgelegten Antrag korrigieren bzw. abstellen. Herr Schulze, hören Sie bitte aufmerksam zu; nicht, dass Sie nachher wieder gezwungen sind, irgendwelchen Unsinn zu erzählen, weil Sie nicht wissen, worum es geht.

(Heiterkeit bei der SPD - Bischoff [SPD]: Es gibt ein Grundrecht auf Weghören!)

Frau Fechner, die Ordnungsrufe erteilt in der Regel der Präsident.

(Beifall bei der SPD)

Gut. - Also, wir möchten dies mit dem Antrag korrigieren. Doch dazu bedarf es zunächst einmal eines Hochbegabtenförderungskonzepts, das diesen Namen auch verdient. Bereits 2001 forderten wir die Landesregierung auf, ein solches Konzept zu erstellen. Doch was ist seither geschehen? - Statt Hochbegabtenförderung ein - wie die Ergebnisse der PISA-Studie bewiesen - rapides Absinken des Bildungsniveaus in Brandenburg mit der Folge, dass Brandenburg im bundesdeutschen Vergleich bildungspolitisch heute zu den Schlusslichtern zählt. 2 bis 3 % aller jungen Menschen in Brandenburg sind weit überdurchschnittlich intellektuell befähigt und gelten daher als hochbegabt. Doch wie können hochbegabte Kinder erkannt, gefördert und gefordert werden? - Auf eine Antwort des Brandenburger Bildungsministeriums auf diese entscheidende Frage wartet man in diesem Land seit 17 Jahren vergebens. Dabei heißt es in § 3 des Brandenburgischen Schulgesetzes mit dem Titel „Recht auf Bildung“ wörtlich:

„Es ist Aufgabe aller Schulen, jede Schülerin und jeden Schüler zu fördern. Begabte, sozial Benachteiligte und Menschen mit Behinderung sind besonders zu fördern. Begabte sollen besonders durch eine Zusammenarbeit mit Hochschulen, die Möglichkeit des Überspringens oder der Vorversetzung, die Berücksichtigung des besonderen Unterrichtsbedarfs und durch individuelle Hilfen gemäß... gefördert werden.“

Doch Anspruch und Wirklichkeit liegen hier in Brandenburg geradezu lichtmeilenweit auseinander und sind der allgemeinen Gleichmacherei sozialdemokratischer Prägung seit eh und je untergeordnet.

Dabei geht es doch ganz anders, meine Damen und Herren. Wir brauchen nur in andere Bundesländer zu sehen, beispielsweise nach Niedersachsen oder Nordrhein-Westfalen, wo das sogenannte Aachener Modell im Bereich der Hochbegabtenförderung inzwischen erfolgreich praktiziert wird. In Brandenburg dagegen: Fehlanzeige. Obwohl das Ministerien für Bildung, Jugend und Sport mit den sogenannten FLEX-Schulversuchen oder der Einrichtung von Leistungs- und Profilklassen durchaus immer wieder Ansätze von Begabtenförderung erkennen lässt, ist die Hochbegabtenförderung in Brandenburg im Großen und Ganzen nur noch rudimentär vorhanden und völlig ungenügend.

Das Problem beginnt schon dabei, zu erkennen, ob es sich um ein hochbegabtes Kind handelt oder nicht. Die wenigsten Lehrer verfügen über eine dementsprechende Ausbildung. Deshalb muss auch das Thema Hochbegabtenförderung Pflichtbestandteil der Ausbildung von Erziehern und Sozialpädagogen sowie Lehrern werden. Nicht nur Ausbildungsbetriebe beklagen, dass das Bildungsniveau in Brandenburg in den letzten Jahren rapide gesunken sei. Dies bekamen und bekommen auch und gerade hochbegabte Schüler leidvoll zu spüren.

Meine Damen und Herren, um diese Negativentwicklung im Bildungswesen in Brandenburg aufzuhalten und umzukehren

und damit den Bildungsstandort Brandenburg im Vergleich zu den anderen Bundesländern auf hohem Niveau zu sichern, entschloss sich die DVU-Fraktion, wie bereits 2001 geschehen, die Landesregierung mit dem vorliegenden Antrag aufzufordern, endlich ein Hochbegabtenförderungskonzept zu erarbeiten und dem Landtag bis zur Plenarsitzung im September vorzulegen. Wenn Sie es, meine Damen und Herren von CDU, SPD und PDS, mit dem Bildungsstandort Brandenburg und dem bildungspolitischen Wohl und Wehe der begabten und hochbegabten Schüler hier im Land ernst meinen, können Sie dem vorliegenden Antrag eigentlich nur noch zustimmen. Dazu fordere ich Sie hiermit auf. - Zunächst bedanke ich mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der DVU)

Danke schön. - Das Wort erhält der Abgeordnete Schulze. Er spricht für die Koalitionsfraktionen.

Werte Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Die antragstellende Fraktion schreibt in ihrer Begründung, dass 2 bis 3 % aller Menschen in Brandenburg weit überdurchschnittlich intellektuell befähigt sind und als hochbegabt gelten. - Die Antragsteller gehören vermutlich nicht dazu.

(Beifall des Abgeordneten Bischoff [SPD] - Frau Fechner [DVU]: Sie auch nicht, Herr Schulze! - Zuruf von der Linkspartei.PDS: Wo er Recht hat, hat er Recht!)

Wer lesen kann, ist eindeutig im Vorteil. Hätten Sie das Schulgesetz gelesen - die Beratungen dazu, welche uns lange beschäftigt haben -, dann wüssten Sie, dass wir uns mit der Frage der Begabtenförderung intensiv auseinandergesetzt haben.

Ich will auf Ihren Antrag nicht weiter eingehen. Er ist substanzlos. Wir haben das auch bei Ihrer Darlegung gemerkt. Sie haben eingeflochten, dass sich Handwerksbetriebe über das gesunkene Niveau der Abgänger beschweren. Sie müssen sich schon einmal festlegen, ob Sie über das allgemeine Bildungsniveau, über die Begabtenförderung oder über Elitenbildung reden. Sei es, wie es sei. An dem Antrag ist nichts dran, deshalb ist er abzulehnen. Es wäre schade um die Zeit. - Ich bedanke mich.

(Beifall bei der SPD)

Herzlichen Dank. - Das Wort erhält die Abgeordnete Wöllert. Sie spricht für die Fraktion der Linkspartei.PDS.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren!

„Hochbegabung ist kein statistischer Begriff, sondern eine Veranlagung, die entdeckt bzw. erkannt werden kann. Hochbegabte werden nicht dadurch gefördert, dass man sie herausnimmt, mit anderen Hochbegabten in möglichst homogene Gruppen steckt und dann hofft, sie würden sich zu hervorragenden Wissenschaftlern, Musikern oder sonstigen Menschen, die für die Gesellschaft eine herausragende Funktion haben, entwickeln.“

Dieses Zitat stammt aus dem Protokoll der Bildungsausschusssitzung vom 19.10.2006, Anhörung Herr Domisch, Zentralinstitut für Unterricht Finnland, und ist die Antwort auf die Anfrage von Frau Fechner. Um sich zu erinnern, was in einer Ausschusssitzung gewesen ist, muss man nicht hochbegabt sein. Das Gleiche trifft auf folgenden Sachverhalt zu: Frau Fechner erwähnte die individuelle Förderung eines Schülers und sagte im gleichen Atemzug: Wir brauchen keine Gleichmacherei. Individuelle Förderung ist genau das Gegenteil von Gleichmacherei. - Auch um das festzustellen, muss man keine Hochbegabung haben.

Des Weiteren sage ich nur noch: Ich weiß nicht, ob die DVU jetzt Internate für Kindergartenkinder einrichten will. Schauen Sie einmal in Ihren Antrag. Das müsste man daraus schlussfolgern.

Herzlichen Dank. - Die Landesregierung verzichtet. Das Wort erhält noch einmal die Abgeordnete Fechner.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Frau Wöllert, das müssen Sie mir einmal erklären, wieso individuelle Förderung etwas mit Gleichmacherei zu tun hat. Das erschließt sich mir nicht.