Protokoll der Sitzung vom 26.04.2007

Wir können es uns zurzeit nicht leisten, den Takt bei der Linie RE 1 zu verdichten. Gerade in Hauptverkehrszeiten ist eine Überlastung zu beobachten. Das geht sogar so weit, dass potenzielle Fahrgäste sagen, sie würden ja gern mit dem RE 1 fahren, aber die Züge seien ihnen schlicht und einfach zu voll, und deshalb benutzten sie das Auto.

Es geht insgesamt darum, keine Fahrgäste zu verlieren.

Herr Minister, lassen Sie eine Zwischenfrage zu?

Ich möchte meine Ausführungen zunächst beenden. Im Anschluss daran lasse ich eine Zwischenfrage gern zu.

Gut.

Natürlich kann auch derjenige, der in Potsdam studiert und in Berlin wohnt, die S-Bahn benutzen und auch sein Fahrrad mitnehmen. Nach der neuen Regelung kann er dann, wenn er das Fahrrad nicht mitnimmt, auch die Züge der Linie RE 1 benutzen. Das ist überhaupt kein Widerspruch. Der Zeitunterschied beträgt übrigens nur zehn Minuten pro Richtung. Da ist doch zu fragen, ob dies zumutbar ist, und wir beantworten diese Frage mit einem Ja.

Ich will noch ergänzen, wie die Situation war. Die DB Regio kam mit dem Vorschlag, die Möglichkeit der Fahrradmitnahme komplett aus dem Semesterticket zu streichen. Das hätte bedeutet, dass für Studenten die Fahrradmitnahme auch in der SBahn nicht mehr möglich gewesen wäre. Ich habe mich persönlich dafür eingesetzt, dass dies nicht geschieht. Ich glaube,

es ist ein deutlicher Kompromiss, den wir erzielt haben. Die Überlastungssituation in den Zügen des RE 1 müssen Sie bitte im Hinterkopf haben, und da gilt es dann wirklich abzuwägen. Ansonsten ist es ein hervorragendes Angebot.

Bitte, Herr Jürgens.

Herr Minister, wenn Sie von einem Parallelangebot der S 7 und dem RE 1 sprechen, ist Ihnen erstens bekannt, dass die Fahrzeit der S-Bahn von Berlin Alexanderplatz bis Potsdam Hauptbahnhof 16 Minuten länger dauert als die des RE 1, und ist Ihnen zweitens bekannt, dass der RE 1 auch in Potsdam „Park Sanssouci“, also in der Nähe des Standortes „Am Neuen Palais“, hält und die S 7 Potsdam Hauptbahnhof endet?

Das ist mir selbstverständlich bekannt, ich selbst bin auch intensiver Radfahrer und fahre relativ häufig mit der Bahn. Natürlich ist es so, dass die Fahrzeitunterschiede, je weiter Sie in den Osten Berlins gelangen wollen, größer werden. Zwischen den 16 Stationen Potsdam Hauptbahnhof und Berlin Alexanderplatz beträgt die Fahrzeitdifferenz 16 Minuten, steigen Sie in Charlottenburg, Hauptbahnhof oder Friedrichstraße aus, sind die Fahrzeitdifferenzen natürlich kleiner.

Eigentlich hätte Ihr Antrag lauten müssen: Verdichtung des Taktes des RE 1, und diesen hätten Sie gleich mit einem Vorschlag, woraus diese Taktverdichtung bezahlt werden soll, versehen müssen. Das wäre tatsächlich ein ehrlicher Antrag gewesen.

(Zuruf der Abgeordneten Tack [Die Linkspartei.PDS])

Wir werden diesen tragfähigen Kompromiss aufrechterhalten.

Ich will zur Formalie noch eines deutlich sagen und das unterstützen, was Herr Dr. Klocksin gesagt hat: Die Studentenvertreter haben Anfang des Jahres die Zusatzvereinbarung unterschrieben, und es gab intensive Verhandlungen. Ich glaube, das muss man auch zur Kenntnis nehmen. Jetzt wird im Nachgang aufgesattelt. Es wäre ehrlich gewesen, wenn Sie das Thema zum Beispiel im Januar aufgerufen und dann noch einen finanzierbaren Vorschlag unterbreitet hätten, wie wir das ganze Problem hätten lösen können.

Ich hoffe, dass möglichst viele Studenten, die in Potsdam studieren, auf Dauer auch in Potsdam wohnen und nicht unbedingt in Berlin, denn das wäre für die Landeshauptstadt die beste Lösung. - Vielen Dank.

(Beifall bei SPD und CDU)

Herzlichen Dank. - Das Wort erhält die Abgeordnete Tack.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Auf ausdrück

lichen Wunsch von Herrn Dr. Klocksin will ich mich in die Debatte einbringen und daran erinnern, dass es vor ihm ein Leben im Parlament gab. 1999 hatten wir den Glücksumstand, dass die DVU noch nicht im Parlament saß.

(Unruhe bei der DVU)

Zu dieser Zeit hatten wir gemeinsam das Semesterticket ausgehandelt und den Vertrag im Frühjahr 1999 auch unterschrieben. Ich kann mich noch sehr gut daran erinnern, dass die Studenten, der Verkehrsverbund und die Landesregierung sehr glücklich waren, dass es das Semesterticket gibt, weil es eine sehr gute Lösung ist; es war ein Einstiegsargument, bei den Studenten für einen kombinierten Verkehr zwischen Fahrrad und dem öffentlichen Nahverkehr zu werben. Das war sozusagen ein Qualitätsmerkmal, das viele Studenten überzeugt hat, in der Urabstimmung für das Semesterticket zu stimmen.

Weil es ein so gutes Produkt ist, und viel Zuspruch erfahren hat, Herr Minister, sind wir der Meinung, dass es in derselben Qualität fortgeführt werden sollte. Deshalb engagieren wir uns dafür und sagen: Verschlechtern Sie die Bedingungen nicht so, dass es möglicherweise zu einer Ablehnung des Semestertickets kommt! - Natürlich nehmen die Studenten das beste Angebot an - das ist doch logisch -: die kürzeste Fahrzeit, die bequemsten Bedingungen. Deshalb haben wir gesagt, wir wollen, dass die Landesregierung handelt. Das Land muss bestellen und natürlich auch bezahlen. Deshalb geht der Auftrag, eine Lösung zu finden, an Ihre Adresse. Wir sind der Meinung, dass es Spielraum gibt, in den Spitzenzeiten mehr Wagen zu bestellen, die Taktfolge zu verdichten - wäre eine Variante -, die Bahnsteige, die angeblich zu kurz sind, zu verlängern, damit die längeren Züge halten können. Ich erfahre das immer nur als eine Art Schutzbehauptung, ich habe noch von niemandem konkret die Antwort gehört, dort und dort sei der Bahnsteig zu kurz. - Also, Sie haben Spielraum.

(Zuruf des Abgeordneten Dr. Klocksin [SPD])

- Ich habe Ihnen das schon letztens erklärt.

Wir hatten mit dem Konzernbeauftragten ein Gespräch, der sagte: Jawohl, in den Spitzenzeiten könne man Wagen anhängen bzw. die Taktzeit verdichten, nur, der Besteller sei das Land Brandenburg - was Ihnen ja bisher nicht entgangen ist. Hier müsste gehandelt werden, weil wir wollen, dass das gute Produkt Semesterticket fortgeführt wird. Deshalb sind wir der Meinung, dass der Konkurrenzkampf zwischen beiden Töchtern der Bahn AG, der Regionalbahn bzw. des Regionalexpresses und der S-Bahn, nicht auf den Schultern der Studenten ausgetragen, sondern das gute Produkt fortgeführt werden sollte. Mit der eingeschränkten Fahrradmitnahmemöglichkeit, die Sie jetzt ins Auge fassen und sich dann auch noch von den Studenten finanzieren lassen, wird die Zufriedenheit der Fahrgäste in den Spitzenzeiten nicht wesentlich erhöht. Die Züge sind nicht nur durch die Studenten, sondern generell überfüllt. Sie sollten sich freuen, dass der RE 1 so gut angenommen wird - wodurch Einnahmen erzielt werden können - und nach einer Lösung suchen, dass die Fahrgäste nicht verprellt werden; damit künftig sogar noch mehr Fahrgäste gewonnen werden können, ist es notwendig, eine zeitgerechte Lösung zu finden, den Umweltverbund von Fußgängern, Radfahrern und ÖPNV-Nutzern zu stärken.

Angesichts der gestrigen Debatte zum Klimamanagement im

Land Brandenburg wäre es ein gutes Zeichen, das Semesterticket auch künftig unter den Bedingungen der Fahrradmitnahme auszugestalten und nicht die Studierenden zur Kasse zu bitten. Das ist der falsche Weg, und das lehnen wir demzufolge ab.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)

Herzlichen Dank. - Die Aussprache ist beendet, und wir kommen zur Abstimmung. Zur Abstimmung liegt der Antrag der Fraktion der Linkspartei.PDS in der Drucksache 4/4449 vor. Wer diesem Antrag seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Gibt es Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Bei einer Stimmenthaltung ist dieser Antrag mehrheitlich abgelehnt.

Ich schließe Tagesordnungspunkt 17 und rufe Tagesordnungspunkt 18 auf:

Information über Opferrechte verbessern

Antrag der Fraktion der Linkspartei.PDS

Drucksache 4/4450

Ich eröffne die Aussprache mit dem Beitrag der Fraktion der Linkspartei.PDS. Es spricht der Abgeordnete Sarrach.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Opfer bleiben zu oft auf sich allein gestellt, beklagt der Weiße Ring seit Jahren und fordert eine bessere Information über Opferrechte; denn es ist in der Tat eine beschämende Bilanz, dass eine Vielzahl von Hilfebedürftigen von Kriminalitätsopfern durch inkonsequentes Handeln staatlicher Stellen zu oft ein zweites Mal zum Opfer wird.

Falls Sie in dieser Frage nicht meiner Einschätzung folgen möchten, so nehmen Sie bitte die Ausführungen des Weißen Rings zur Kenntnis:

„Beispiele für mangelnde Information gibt es genug. So weiß kaum ein schwer geschädigtes Opfer, dass ihm gesetzlich verbriefte Entschädigungsleistungen durch Übernahme der Heilbehandlungskosten und bei dauerhaften gesundheitlichen Beeinträchtigungen auch durch Rentenzahlungen zustehen. Rund 90 % der jährlich potenziell anspruchsberechtigten Gewaltopfer stellen meist aus Unwissenheit gar keinen Antrag beim örtlichen Versorgungsamt. Da verfehlt das seit 1976 in Kraft getretene Opferentschädigungsgesetz vielfach seine wichtige Aufgabe. Wer als Opfer seiner Zeugenpflicht im Strafverfahren nachkommen muss, ist in aller Regel großen psychischen Belastungen ausgesetzt. Auch hier hat der Gesetzgeber im Laufe der letzten Jahre auf Wunsch steter Forderungen des Weißen Rings Regelungen geschaffen, um den Schutz der Persönlichkeitsrechte schwerbetroffener Opfer zu gewährleisten. Die Praxis sieht jedoch meistens anders aus, weil selbst Polizeibeamten, Richtern und Rechtsanwälten aktuelle Opferrechtsbestimmungen nicht hinreichend oder überhaupt nicht bekannt sind.“

Dieser Befund der Situation von Opfern fordert in der Tat dazu heraus, eine übergreifende Verpflichtung staatlicher Stellen zur Information über Opferansprüche und Opferrechte zu diskutieren. Zu einem erleichterten Zugang zur aktiven Vermittlung von Opferhilfe ist das Land Brandenburg verfassungsrechtlich verpflichtet. Wir meinen, grundrechtliche Ansprüche aus staatlicher Schutzpflicht vor Leib, Leben und Freiheit beeinträchtigenden Übergriffen Dritter sind die notwendige Kehrseite des staatlichen Gewaltmonopols. Um dieser Verpflichtung nachzukommen, ist es notwendig, staatliche Stellen zu einer übergreifenden, umfassenden und verständlichen Information zu verpflichten.

Ich will nicht den Eindruck vermitteln, dass es gar keine wirkungsvolle staatliche Hilfe für Opfer und gar kein Bemühen um die Opfer gäbe. Das Thema Opferschutz kommt in spezifischen Zusammenhängen immer wieder vor und ist übergreifend in allen Ressorts zu finden. Es wird teils vollständig auf bundesgesetzliche Inhalte verwiesen, und es dominieren lexikalische Einträge, etwa Ausführungen zu Arten verfahrensrechtlicher Sicherung von Opferrechten, von Adhäsionsverfahren bis zur strafrechtlichen Rehabilitierung.

Freilich gibt es auch Hinweise auf Faltblätter unter www.Brandenburg.de unter der Überschrift „Praktischer Rat“, ohne dass diese konsequent verlinkt wären. Beim Ministerium der Justiz werden unter der Rubrik „Opferschutz und Opferhilfe“ Themen - besser: schlagwortbezogene Inhalte - unsystematisch aneinandergereiht. Immerhin wird auch - wenn auch ungebündelt - auf externe zivilgesellschaftliche Hilfsangebote von Opferhilfeeinrichtungen im Land Brandenburg hingewiesen.

Es gibt auch unverbindliche rechtspolitische Schwüre der Verbesserung und Effektivierung von Opferschutz und Opferhilfe als wesentlichen Teil der Kriminalitätsbekämpfung.

Das MASGF bietet im Internet eine Seite zum Opferentschädigungsgesetz mit kostenloser Rufnummer und Kontaktadressen an, die auch unter www.service.brandenburg.de verlinkt sind.

Das Ministerium des Innern verkündet ein erweitertes Opferschutzkonzept, präsentierte Aktivitäten in Präventionsräten und Aktionspläne. Das alles erkennen wir an, und doch bleibt es dabei: Aktuelle politische Debatten zum Thema Opferschutz und Opferhilfe habe letztlich doch immer einen täterorientierten Blick. Der Bezug zur Realität der Viel- und Mehrzahl der Kriminalitätsopfer muss verstärkt hergestellt werden. Es muss der Personenkreis der wahrgenommenen Opfer erweitert werden. Es muss die unzulängliche institutionelle Untersetzung eigener staatlicher Aktivität und die Gefährdung der Arbeit zivilgesellschaftlicher Akteure durch Mittelkürzung thematisiert werden. Schließlich muss es um den erleichterten Zugang zu Opferhilfe und eine aktive Vermittlung gehen. Deshalb unser Antrag, der das Anliegen des Weißen Rings aufgreift.

Vielleicht können die Sozialen Dienste der Justiz im Land Brandenburg im Zuge der politischen Diskussion um die Resozialisierung von Straftätern auch befähigt und beauftragt werden, bei Opfern stärker mit aufsuchendem Auftrag und Charakter tätig zu werden, förmlich einem Seitenstück zu einer Bewährungshilfe in Form der Opferhilfe mit Lotsenfunktion.

Aber lassen Sie uns zunächst den ersten Schritt gehen und im

Sinne des Antrags im Rechtsausschuss einen guten Lösungsansatz suchen. - Ich bitte um Ihre Zustimmung.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)

Herzlichen Dank. - Als nächster Redner erhält der Abgeordnete Holzschuher für die SPD-Fraktion das Wort. Bitte schön.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Es gibt Anträge der Linkspartei, die gut gemeint sind, aber zu kurz greifen; das haben wir vorhin gehört.

(Vietze [Die Linkspartei.PDS]: Nein, das hat damit nichts zu tun!)