Ein Blick in Ihren Antrag macht den gesamten fremdenfeindlichen und inhumanistischen Ansatz Ihrer Fraktion deutlich. So wird in der Begründung zum Antrag ausgeführt, dass es keine sachliche und sonstige Notwendigkeit gebe.
Das ist Ausdruck von Ignoranz und von Ablehnung völkerrechtlicher Konventionen: der UN-Menschenrechtscharta, der UN-Flüchtlingscharta, der Genfer Flüchtlingskonvention und vieler anderer internationaler Vereinbarungen. Es ist nämlich festzustellen: Weit über die Hälfte der ausländischen Bürgerinnen und Bürger, die sich in unserem Land aufhalten und deren Asylantrag vielleicht abgelehnt worden ist, können aufgrund internationalen Rechts bzw. internationaler Abkommen - die Genfer Flüchtlingskonvention und andere rechtliche Bestimmungen habe ich schon genannt -, denen die Bundesrepublik Deutschland beigetreten ist und die sie anerkannt hat, nicht in Bürgerkriegsgebiete oder in Länder abgeschoben werden, in denen Menschen aus rassischen, politischen oder religiösen Gründen verfolgt werden. Deshalb ist dieser Antrag der DVU mehr als nur verfehlt.
An dieser Stelle zeigt sich ein großer Unterschied: Wir sprechen uns politisch dafür aus, mit einem Gesetz, das übrigens im Bundestag und nicht hier verhandelt wird, Menschen ein Aufenthaltsrecht zu gewähren, auch wenn sie nicht direkt unter das Asylrecht fallen. Es sind nämlich Menschen! Wir sprechen uns auch deshalb dafür aus, diesen Menschen Aufenthaltsrechte zu gewähren, weil wir Menschen sind. Daran wird deutlich, ob man Humanität in sich trägt oder nicht. Das ist der kleine, aber doch unverwischbare Unterschied zwischen uns. Ich hoffe, dass diese Grenze von keinem der anderen Kollegen überschritten wird.
(Beifall bei der SPD und der Linkspartei.PDS - Schuldt [DVU]: Herr Schulze, unsere Großeltern und Eltern ha- ben auch unser Land wieder aufgebaut! Dann können diese Menschen auch ihr Heimatland wieder aufbauen!)
Herzlichen Dank, Herr Schulze. - Das Wort erhält die Abgeordnete Weber. Sie spricht für die Linkspartei.PDS.
Bevor sie am Pult ist, begrüße ich ganz herzlich die Teilnehmer eines Angestelltenlehrgangs an der Landesakademie für öffentliche Verwaltung Neu Fahrland, die soeben Platz genommen haben. - Herzlich willkommen!
Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Zu keiner Zeit hätte ich geglaubt, dass ich als Mitglied der Linkspartei.PDS die angekündigten Änderungen des Aufenthaltsgesetzes für geduldete Ausländer einmal verteidigen müsste,
eine Bleiberechtsregelung, die nicht den gegenwärtigen Erfordernissen Deutschlands als Zuwanderungsland entspricht sowie stark restriktiv und einschränkend ist.
Der restriktive Ansatz wird mit Zahlen belegt: Von den 3 700 hier lebenden Menschen mit Kettenduldungen konnten bis jetzt 87 eine Aufenthaltserlaubnis erhalten; für 191 wurden Duldungen zum Zweck der Arbeitssuche verlängert.
Nun muss ich diese ungenügende Bleiberechtsregelung gegenüber einem zynischen und zudem falschen Antrag der DVU in Schutz nehmen. Dessen Grundausrichtung verlangt, auch den wenigen Berechtigten ein Bleiberecht zu versagen. Hier wird mit falschen Behauptungen ein Antrag begründet, der nur abgelehnt werden kann.
Zu den Fakten: Erstens wird die Rechtmäßigkeit des Aufenthalts der Ausländer infrage gestellt. Diese Herangehensweise ist nicht neu. Ich verweise ausdrücklich auf die geltende Gesetzeslage. Das Aufenthaltsgesetz regelt in § 60 a: Ein ausreisepflichtiger Ausländer erhält eine Duldung, solange die Abschiebung aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen unmöglich ist und keine Aufenthaltserlaubnis erteilt wird.
Darüber hinaus kann die oberste Landesbehörde aus völkerrechtlichen und humanitären Gründen oder zur Wahrung politischer Interessen der Bundesrepublik Deutschland anordnen, dass die Abschiebung von Ausländern aus bestimmten Staaten oder von in sonstiger Weise bestimmten Ausländergruppen allgemein oder in bestimmte Staaten für längstens sechs Monate ausgesetzt wird.
Für einen Zeitraum länger als sechs Monate gilt § 23 Abs. 1. Dort heißt es: Die oberste Landesbehörde kann aus völkerrechtlichen oder humanitären Gründen oder zur Wahrung politischer Interessen der Bundesrepublik Deutschland anordnen,
dass Ausländern aus bestimmten Staaten oder in sonstiger Weise bestimmten Ausländergruppen eine Aufenthaltserlaubnis - nicht nur eine Duldung! - erteilt wird. - Die Rechtslage wird durch die Bleiberechtsregelung also nicht, wie die DVU behauptet, ins Gegenteil verkehrt, wohl aber verschärft. Diese Verschärfung wird die Linkspartei auch weiterhin kritisieren.
Im Übrigen möchte ich anführen: Recht fällt nicht vom Himmel. Recht wird von Menschen gemacht - von uns für das Land Brandenburg, im Bundestag für die Bundesrepublik Deutschland. Kollege Schulze sagte es: Was Recht ist, bestimmen nicht einzelne kleine Gruppen, sondern die Mehrheit der Volksvertreter.
Zum zweiten Fakt: Im Kampf um die Köpfe wird durch Sie, die DVU-Fraktion, das verstaubte Klischee der leeren Sozialkassen durch geduldete Ausländer bedient. Dabei kann man bei ernsthafter Evaluierung der Aufenthaltsmöglichkeiten nur feststellen, dass Arbeitsrecht, Teilhabe und eine gesicherte Perspektive geduldeter Menschen die Sozialkassen stärken sowie selbstbestimmtes und selbstversorgtes Leben erst ermöglichen.
Drittens: Die DVU-Fraktion arbeitet in der Begründung ihres Antrags mit gezielten Unterstellungen, Vorverurteilungen und der Stigmatisierung von Ausländern. Aber auch Ihnen von der DVU im Landtag Brandenburg wird nicht gelingen, was schon die NPD in anderen Landtagen nicht erreicht hat, nämlich den Nachweis zu führen, dass Asylantragsteller angeblich per se kriminelle Methoden anwendeten oder dass es sich bei ihnen um Menschen handele, die im Vergleich zur deutschen Bevölkerung besonders straffällig seien.
In Ihrem Antrag findet sich kein Wort zu Kindern, die hier geboren sind, hier in den Kindergarten und in die Schule gehen und hier in Brandenburg deutsche Freunde haben. Menschen, deren einziges Vergehen darin besteht, für sich die große Freiheit in Anspruch zu nehmen, auf dieser Welt zu leben, wo immer sie wollen; Menschen, die bereit sind, dafür auch zu arbeiten und ihren Beitrag zum Solidarpakt unserer Gesellschaft zu leisten, werden in Ihrem Antrag nirgendwo erwähnt. Alle demokratischen Parteien im Landtag Brandenburg sollten sich dafür einsetzen, den in Brandenburg geduldeten Menschen eine gesicherte Perspektive zu eröffnen.
Der Antrag der DVU macht wieder einmal sehr deutlich, dass ihr politisches Handeln von Nationalismus und Fremdenfeindlichkeit bestimmt wird. Er ist abzulehnen.
(Schulze [SPD]: Herr Claus, machen Sie es nicht noch schlimmer! - Dr. Klocksin [SPD]: Sie haben jetzt die Ge- legenheit, sich zu entschuldigen!)
des Grundgesetzes steht: Die Bundesrepublik Deutschland ist ein freiheitlicher, demokratischer Rechtsstaat.
„Die Bundesrepublik Deutschland ist ein Einwanderungs- und Multikulti-Land“ steht dort nicht; das habe ich nicht gelesen.
Insofern können auch Sie, Herr Kollege Schulze, das Grundgesetz nicht ändern - nicht einmal mit Zweidrittelmehrheit -, auch wenn Sie es möchten. Dem steht nämlich die Ewigkeitsgarantie in Artikel 79 Abs. 3 im Wege. Das heißt, wenn eine politische Kraft, wie auch wir, die DVU-Fraktion, fordert: „Was Recht ist, muss Recht bleiben!“, dann ist das rechtens und nicht rechtsradikal - oder wie immer Sie es genannt haben möchten.
(Beifall bei der DVU - Schulze [SPD]: Herr Claus, das Grundgesetz stellt aber auf Menschen ab, nicht auf Deut- sche!)
Erstens: Beim Ehegattennachzug muss der Missbrauch bekämpft werden. Das ist richtig und schreiben Sie auch selbst hinein. Gegen das, was Sie bezüglich der Erscheinung Zwangs- und Scheinehe hineingeschrieben haben, sind wir nicht. Der Gesetzentwurf leistet das jedoch nicht. Hierbei wird auch eine Heraufsetzung des Alters des Zuziehenden nicht helfen, was ohnehin verfassungsrechtlich bedenklich ist. Helfen werden einzig und allein Überprüfungen der ernsthaften Eheführungsabsichten und die Anforderung an den bereits hier im Inland lebenden Teil. Zwangs- und Scheinehen begründen kein Aufenthaltsrecht. Sie stehen nicht unter dem Schutz des Artikels 6 des Grundgesetzes.
Wie bekommen wir dieses Problem - anders als der vorliegende Gesetzentwurf - in den Griff? - Erstens dadurch, dass wir den bereits hier lebenden Ehegatten eine vollständige sprachliche und soziale Integration abverlangen. Dazu ist er nach Auffassung unserer Fraktion verpflichtet. Zweitens dadurch, dass der bereits hier lebende Ehegatte - und nicht die Allgemeinheit - als Nutznießer vorrangig für die Integration des zuziehenden Ehegatten aufkommen muss. Drittens durch konsequente Ehegattenbefragung seitens der Behörde bei der ersten Erteilung sowie bei der Verlängerung des Aufenthaltsrechts.
Zweitens: Integration ist für diejenigen, die in Deutschland leben wollen, kein Recht, sondern eine Pflicht. Kurzum: Ohne Integration gibt es kein Recht, hier zu leben, und ohne ein Recht, hier zu leben, kann es auch kein Recht auf Integration geben. So läuft der Hase, meine Damen und Herren.
Was gehört zur Integration? - Ich nehme an, es wird hier nun etwas lauter werden. Das Stichwort ist Leitkultur.
Innenminister Schönbohm kennt sich diesbezüglich besonders gut aus. Alles, was zu dieser Leitkultur gehört, muss - wie in der Schule - prüfungs- und erfolgsbezogen vermittelt werden. Unter anderem könnten dann Fächer wie Deutsch, Geschichte, Gesellschaftskunde und Kultur gelehrt werden. Auch uns ist klar, dass das natürlich nicht nach sechs Wochen möglich ist, sondern - wie in der Schule - einer längeren Zeit bedarf. Aufgrund dessen müssen die Kurse auf drei Jahre bzw. sechs Semester Abendschule für Berufstätige eingerichtet werden. Die Kosten muss - wie im übrigen Sozialrecht - derjenige tragen, der davon profitiert. Das sind die Betroffenen selbst und nicht die Gesellschaft. Schließlich wird ihnen dafür ein Aufenthaltsrecht zugesprochen.
Drittens: Bleiberecht für geduldete und abgelehnte Ausländer. Bereits im ersten Teil meiner Rede erwähnte ich, dass bei ihnen rechtzeitig feststeht, dass sie kein Recht haben, hierzubleiben. Das Recht wird also noch einmal auf den Kopf gestellt. Dies führt konkret dazu, dass letztlich diejenigen belohnt werden, die sich der Ausreisepflicht am geschicktesten entzogen haben. Das zieht eklatante Folgen nach sich. Erstens hat dies eine verheerende Signalwirkung für weitere illegale Zuwanderungen, zweitens verschärft es Einwanderungs- und Parallelgesellschaften, denen eine vollständige Integration - wie dieser Person - trotz der sechs oder acht Jahre Mindestaufenthalt in Deutschland nicht abverlangt wird, und drittens werden die Sozialkassen durch den Inlandsaufenthalt über Jahre hinweg belastet. Das bestreiten Sie, meine Damen und Herren von der Linkspartei.PDSFraktion, vehement. Bleibt die Suche nach Arbeit erfolglos, bedarf es eines neuen Verfahrens, um die Ausreise durchzusetzen. Dagegen kann wieder jahrelang prozessiert werden, was wiederum sehr kostspielig ist. Also: Stimmen Sie unserem Antrag zu!
Meine Damen und Herren, da Sie gewissenhafte Leser von verschiedenen Zeitungen - unter anderem „Fokus“ und „Spiegel“ sind, möchte ich Ihnen folgenden Artikel aus dem „Spiegel“ Nr. 12/2007 - diesen kann ich Ihnen auch zur Verfügung stellen - nicht vorenthalten: „Ticket nach Deutschland“. Dieser ist auf Seite 51 zu finden: “Der Berliner Kompromiss beim Bleiberecht wird gefeiert - in Wahrheit vertagt er viele Probleme nur auf 2010.“
Eine Ausstellung für die Innenministertreffen im vergangenen Jahr zeigte erhebliche Probleme auf. Das, meine Damen und Herren, bestreiten Sie vehement. Dort konnte man unter anderem lesen: „Betroffene ließen Pässe verschwinden, geben falsche Namen an, täuschen Reiseuntauglichkeit oder gar Misshandlung vor und behaupten, Staatsangehörige eines anderen Landes zu sein.“ - Das alles ist nachzulesen. Die meisten Zitate, die ich verwendet habe, waren hieraus.
Meine Damen und Herren, nach Ihren Erkenntnissen oder nach dem, was Sie hier gesagt haben, ist der „Spiegel“ im Prinzip eine rechtsradikale Zeitung. Wir werden uns eventuell - mittlerweile habe auch ich Kontakte zu einigen Reportern des „Spiegel“ - mit den betreffenden Reportern bezüglich dieses Themas in Verbindung setzen und sie darüber aufklären. Danke schön.
Die Fraktion der DVU hat zu diesem Tagesordnungspunkt namentliche Abstimmung beantragt. Wir kommen damit zur Abstimmung über den Antrag der Fraktion der DVU in Drucksache 4/4356.