Protokoll der Sitzung vom 07.06.2007

(Zuruf des Abgeordneten Schulze [SPD])

„Das Gericht hat sich mit diesem Urteil gegen den konsequenten Tierschutz ausgesprochen und lässt damit die Abwägung mit dem Staatsziel und anderen Verfassungsbestandteilen außer Acht.“

Doch genau dieses neuerliche faktische „Recht auf Tierquälerei“ muss nunmehr umgehend im Hinblick auf den Schutz der Tiere auf gesetzgeberischem Wege beseitigt werden, so wie das Bundesverwaltungsgericht in seiner eigenen Begründung zum genannten Urteil selbst ausführte. Daher nochmals: Wer in diesem Hause gegen Tierquälerei ist, der stimmt unserem Antrag zu. - Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der DVU)

Wir sind damit am Ende der Aussprache, und ich komme zur Abstimmung. Die Fraktion der DVU beantragt die Überweisung des Antrags in Drucksache 4/4604 - Verbot des Schächtens - an den Rechtsausschuss - federführend - und an den Ausschuss für Ländliche Entwicklung, Umwelt und Verbraucherschutz. Wer dieser Überweisung zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Wer stimmt dagegen? - Enthält sich jemand? - Mit großer Mehrheit ist dieser Überweisung widersprochen worden.

Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag in der Sache. Wer diesem Antrag seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Wer stimmt gegen diesen Antrag? Gibt es Stimmenthaltungen? - Mit großer Mehrheit ist gegen diesen Antrag gestimmt worden, er ist somit abgelehnt.

Ich schließe Tagesordnungspunkt 4 und rufe Tagesordnungspunkt 5 auf:

Bundesratsinitiative zur Änderung des Erbschaftsteuergesetzes sowie des Bewertungsrechts

Antrag der Fraktion der DVU

Drucksache 4/4608

Ich eröffne die Aussprache. Frau Abgeordnete Hesselbarth, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Das deutsche Erbschaftsteuerrecht ist dringend reformbedürftig. Brandenburg sollte hier Vorreiter sein; denn einerseits tritt die sogenannte Erbschaftsteuerreform der schwarz-roten Bundesregierung buchstäblich auf der Stelle. Man kann sich bereits jetzt ausrechnen, welch magerer Kompromiss dabei herauskommt. Andererseits jedoch stehen gerade in Brandenburg in den nächsten Jahren bis zu 10 000 Unternehmensnachfolgen im Bereich kleiner und mittelständischer Unternehmen unseres Landes an. Diese Unternehmen gilt es zu erhalten.

Worum geht es? Laut Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 7. November 2006, veröffentlicht am 31. Januar 2007, ist die durch § 19 Abs. 1 des Erbschaft- und Schenkungssteuergesetzes angeordnete Erhebung der Erbschaftssteuer mit einheitlichen Steuersätzen auf dem Weg des Erwerbs mit dem

Grundgesetz unvereinbar; denn sie knüpft an Werte an, deren Ermittlungen bei wesentlichen Gruppen von Vermögensgegenständen, zum Beispiel Betriebsvermögen, Grundvermögen, Anteilen an Kapitalgesellschaften und land- und forstwirtschaftlichen Betrieben, den Anforderungen des Gleichheitssatzes des Grundgesetzes nicht genügen.

Der Gesetzgeber wurde daher vom Bundesverfassungsgericht verpflichtet, bis zum 31. Dezember 2008 eine Neuregelung zu treffen.

Darüber hinaus ist die derzeitige Freibetragsregelung für Betriebsvermögen in § 13a des Erbschaft- und Schenkungssteuergesetzes völlig ungenügend. Diese stellt Betriebsvermögen nur bis zu einer Summe von 225 000 Euro von der Erbschaftsteuer frei. Das ist selbst bei der geringen Eigenkapitaldecke des Brandenburger Mittelstands buchstäblich ein Tropfen auf den heißen Stein. Gerade bei kapitalintensiven Unternehmen, die eine umfangreiche Ausstattung mit Betriebsmitteln wie Maschinen, Fuhrpark, Warenlager usw. brauchen, ist die Summe von 225 000 Euro zum Teil bereits mit der Anschaffung einer einzigen Maschine erreicht. Denken Sie an Hoch- und Tiefbaufirmen, Speditionen und Ähnliches. Gerade sie sind wichtige Bestandteile des Brandenburger Wirtschaftslebens und in der Regel Familienunternehmen. Wenn angesichts der von mir bereits erwähnten voraussichtlich ca. 10 000 Unternehmensübergänge in den nächsten zehn Jahren keine Änderung im Hinblick auf eine deutliche Anhebung des Freibetrags für Betriebsvermögen erfolgt, wird dies zu weiteren massenhaften Unternehmensschließungen im Land führen.

Daher fordern wir in unserem Antrag, den Freibetrag auf 2,5 Millionen Euro anzuheben und darüber hinaus den Ansatz auf Betriebsvermögen von bisher 65 % auf 30 % festzulegen. Es ist unsere Intention, die unübersichtliche Regelung des § 19 Abs. 1 mit verschiedensten Vermögensklassen steuerrechtlich dergestalt zu vereinfachen, dass es nur noch zwei Vermögensklassen gibt, und zwar bis 2,5 Millionen Euro und über 2,5 Millionen Euro. Auf diese sollen linear bemessene Steuersätze entsprechend der Steuerklasseneinteilung in § 15 Abs. 1 mit deutlich abgesenkten Steuersätzen bis zu 2,5 Millionen Euro zu vererbendes Vermögen sowie einem Höchststeuersatz von 40 % statt bisher 50 % in der Vermögensklasse über 2,5 Millionen Euro zu vererbendes Vermögen Anwendung finden.

Die Forderung einer Bundesratsinitiative zur Änderung des Bewertungsgesetzes dient dazu, die Forderung des Bundesverfassungsgerichts nach Ansatz des gemeinen Wertes bei allen Vermögensgegenständen für die Zwecke der Erbschafts- und Schenkungssteuer umzusetzen und damit das Gesetz wieder grundgesetzkonform zu machen. Dies ist auch deshalb notwendig, weil der Referentenentwurf des Bundeskabinetts entgegen der Intention des Bundesverfassungsgerichtsurteils auch für die Zukunft wieder Vereinfachungsverfahren wie das Stuttgarter Verfahren vorsieht, die vermutlich ebenfalls wieder nicht grundgesetzkonform sein dürften. - Ich bitte um Zustimmung zu unserem Antrag.

(Beifall bei der DVU)

Das Wort erhält Herr Schulze. Er spricht für die Koalitionsfraktionen.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Am 7. November 2006 wurde in einer mündlichen Verhandlung durch das Bundesverfassungsgericht festgestellt, dass im Erbschaftsteuerrecht einiges geändert werden müsse. Das Urteil wurde am 31. Januar 2007, also von weniger als fünf Monaten, veröffentlicht. Bundestag und Bundesregierung sind in Absprache mit den Ländern in dieser Sache seither weiter vorangekommen, als es bei solchen Dingen üblich ist.

Die von Bundestag und Bundesrat behandelte und vorangetriebene Erbschaftsteuerreform braucht ganz bestimmt keinen Sand der DVU im Getriebe. Die Bundesregierung, der Bundestag und der Bundesrat, der zu beteiligen ist, sind sich ihrer Verantwortung bewusst und handeln.

Der vorliegende Antrag ist genauso unnötig und fehl am Platze wie die anderen 37 Aufforderungen der DVU zu einer Bundesratsinitiative. Die Begründung des Antrags, der sage und schreibe zehn Gesetzesbefehle enthält, passt auf weniger als eine halbe DIN-A4-Seite und enthält nicht eine einzige substanzielle Untermauerung des Antragstextes. Die Abgeordnete Hesselbarth hat hier einige Dinge vorgetragen; die findet man im Antrag unter „Begründung“ jedoch nicht.

(Zurufe von der DVU: Das muss auch nicht unbedingt so sein!)

- Es ist Ihre Pflicht als Antragssteller, den Antrag ordentlich zu begründen.

Die Unternehmensnachfolge und all solche Fragen sind regelungsbedürftig; es wird aber, wie ich schon ausführte, bereits daran gearbeitet. Wichtiger als die Forderung, die hier von der DVU in den Raum gestellt, aber weder begründet noch untermauert wird, ist die Forderung der SPD nach dem Abschmelzmodell und die gezielte Förderung von qualifizierten Nachwuchskräften, um die Unternehmensnachfolge nicht nur steuerlich, sondern auch personell zu sichern. Der Antrag ist überflüssig. Die Welt wartet nicht auf diesen Antrag und braucht ihn auch nicht. Er ist abzulehnen.

(Beifall bei SPD und CDU)

Herzlichen Dank, Herr Schulze. - Das Wort erhält Frau Abgeordnete Osten. Sie spricht für die Fraktion der Linkspartei.PDS. Bitte schön.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Auch ich mache es kurz, denn wir stimmen mit der Koalition in der Grundaussage überein. Es ist eine unumstößliche Tatsache: Am Sterben lässt sich nicht rütteln, am Erben jedoch schon. Erben ist kein Verdienst, es kann ein Glücksfall sein. Selbst Peter Krämer, Reeder und Millionär aus Hamburg, sagt:

„Der Erbfall ist der reine Zufall. Es ist völliger Zufall, ob Sie jetzt Erbe eines reichen Mannes oder eines armen Mannes sind.“

Das heißt, ein Erbe ist im Grunde ein Geschenk. Wir haben eine Schenkungssteuer, und insofern brauchen wir auch eine Erbschaftsteuer. Genau das hat das Gericht schon beschlossen; das Verfassungsgerichtsurteil ist bereits veröffentlicht. Aufgrund des Beschlusses der Finanzministerkonferenz ist eine Arbeitsgruppe gebildet worden, die sich bis zum Herbst auf Eckpunkte dieser Steuer einigt. Natürlich geht uns das Gerichtsurteil nicht weit genug; denn wir meinen eine tatsächliche Gleichstellung der Vermögensarten. Wir werden, wenn die Arbeitsgruppe die Eckpunkte vorgelegt hat, im Landtag gern darüber diskutieren und der Landesregierung bei ihrer Meinungsbildung helfen.

Abschließend: Erstens: Ihr Antrag ist Flickschusterei, denn er bringt nicht das, was Sie mündlich gefordert haben. Zweitens: Eine Vereinfachung wird damit nicht erzielt. Drittens: Es gibt bereits ein Gerichtsurteil. Wir können uns gern im Landtag dazu verständigen, aber des DVU-Antrags bedarf es dazu nicht. - Danke schön.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS und der SPD)

Herzlichen Dank. - Die Landesregierung verzichtet, und ich erteile der Abgeordneten Frau Hesselbarth noch einmal das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Das Ringen um die Erbschaftsteuerreform geht weiter; das wissen Herr Schulze und Frau Osten genauso gut wie ich. Herr Schulze kann sich seine unqualifizierten Bemerkungen nach dem Motto „Die Bundesregierung wird es schon richten“ schlicht und ergreifend abschminken.

(Beifall bei der DVU)

Wesentliche Komponenten des Berliner Regierungsentwurfs sind - gelinde gesagt - weiterhin umstritten. Auch die Neiddebatte, Frau Osten, führt uns nicht weiter; denn diese sind zwar mittelstandsfeindlich - das ist richtig -, aber deswegen noch lange nicht arbeitnehmerfreundlich. Vielmehr sichert ein fachlich sauberes Konzept, das die Unternehmen entlastet und dadurch für Kontinuität sorgt, zukünftig die Einnahme von Unternehmenssteuern, Arbeitnehmersteuern und Sozialversicherungsbeiträgen. Diese mittelbaren Finanzierungseffekte blenden Sie offensichtlich komplett aus. Schlimmer noch: Durch die vom Bundesverfassungsgericht geforderte Bewertung aller Vermögenswerte mit dem gemeinen Wert, die aus Gründen der Grundgesetzkonformität natürlich umgesetzt werden muss, erfolgt eine höhere Bewertung des Betriebsvermögens, was ohne die vom Bundesverfassungsgericht ausdrücklich erwähnte Möglichkeit einer Gegensteuerung durch höhere Freibeträge zu einer höheren Steuer führt und dem Unternehmen ein am Markt orientiertes erfolgreiches Wirtschaften erheblich erschwert.

Bei der Reform geht es jedoch gerade um die Sicherung der Unternehmensfortführung in der Generationenfolge. Dazu müssen bei weit über 90 % aller Unternehmen in Brandenburg eine deutliche Anhebung des Freibetrags für Betriebsvermögen auf wenigstens 2,5 Millionen Euro und eine Absenkung des darüber hinausgehenden Ansatzes von 65 auf 30 % erfolgen.

Ebenso müssen, wie in unserem Antrag dargelegt, die Steuersätze deutlich gesenkt werden; denn das ist der einzig gangbare Mittelweg zwischen ultraliberalen Forderungen nach gänzlicher Abschaffung der Erbschaftsteuer, das gilt auch für Aktionspakete, und dem unausgegorenen Entwurf der Bundesregierung. Nach diesem Entwurf ist, um ein Beispiel zu nennen, noch nicht einmal die Frage der Abgrenzung des begünstigten betriebsnotwendigen Vermögens abschließend geklärt. So sollen Bargeld, Wertpapiere, Beteiligungen von 25 % oder weniger an fremdvermieteten Grundstücken usw. nicht in die Entlastung einbezogen werden.

(Schulze [SPD]: Und Sie wollen mir sagen, dass Sie das alles verstanden haben?)

Damit wird aber der Willkür Tür und Tor geöffnet, Frau Osten.

(Zurufe des Abgeordneten Schulze [SPD] und der Abge- ordneten Osten [Die Linkspartei.PDS])

Auch die bereits geltende Regelung einer Zehnjahresfrist der Nichterhebung von Erbschaftsteuer beim Übergang von Familienunternehmen ist zwar gut gemeint, aber angesichts der prekären wirtschaftlichen Lage von Familienunternehmen, besonders hier in Brandenburg, nicht gerade zielführend. Deshalb führt an der von uns geforderten Regelung buchstäblich kein Weg vorbei. Sie, Herr Schulze, haben sich hier entlarvt, denn Sie haben deutlich zum Ausdruck gebracht, dass Sie gewillt sind, dem kleinen Mann weiter in die Tasche zu greifen.

(Beifall bei der DVU)

Die Aussprache ist damit beendet; wir kommen zur Abstimmung.

Die Fraktion der DVU beantragt die Überweisung des Antrags in der Drucksache 4/4608 an den Ausschuss für Haushalt und Finanzen - federführend - sowie an den Ausschuss für Wirtschaft. Wer dieser Überweisung zustimmt, den bitte ich um sein Handzeichen. - Gibt es Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Damit ist diese Überweisung mehrheitlich abgelehnt.

Ich komme damit zur Abstimmung über den Antrag in der Sache. Wer diesem Antrag zustimmt, den bitte ich um sein Handzeichen. - Gibt es Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Mit großer Mehrheit ist gegen diesen Antrag gestimmt; er ist somit abgelehnt.

Ich schließe Tagesordnungspunkt 5 und rufe Tagesordnungspunkt 6 auf:

Klimaschutzpolitik in Brandenburg

Antrag der Fraktion der SPD der Fraktion der CDU

Drucksache 4/4639