Protokoll der Sitzung vom 12.09.2007

Jetzt möchte ich noch einige Worte zu den Ereignissen in Neuruppin sagen. Herr Scharfenberg hat sie heute früh in einer mündlichen Anfrage angesprochen. Wir haben eine gut ausgebildete und motivierte Polizei. Die Polizei hat eine schwere, gefahrvolle Aufgabe, wenn sie Extremisten verfolgt und Menschen zum Beispiel vor Rechtsextremisten schützt, aber auch dann, wenn sie das grundgesetzlich garantierte Demonstrationsrecht gewährleistet, was sie tun muss, und Zusammenstöße gewaltbereiter Demonstranten verhindert. Wenn Rechtsextremisten demonstrieren, ist das für die Polizei auch psychologisch eine sehr schwere Aufgabe. Ich denke, meine Damen und Herren, in dieser Situation hat die Polizei unsererseits einen Anspruch auf ein Mindestmaß an Grundvertrauen.

(Beifall bei der CDU)

Wenn Polizisten falsch handeln sollten, dann muss das untersucht und gegebenenfalls auch geahndet werden. Aber erst müssen entsprechende Belege vorliegen, dann können wir kritisieren, und nicht andersherum: erst kritisieren und dann schauen, ob es wirklich so war. Das geht nicht an, meine Damen und Herren!

(Beifall bei der CDU)

Es ist mir auf der anderen Seite unverständlich, wie sich ein Mitglied des Deutschen Bundestages - der Lafontaine-Linkspartei - trotz des Bestrebens der Polizei, das Gelände zu räumen, weiter in einer Gruppe aufhält, von der ein Gerangel mit der Polizei ausgeht. Das wirft ein bezeichnendes Licht auf das mangelnde Rechtsverständnis einzelner Linksparteimitglieder.

Herr Lunacek, lassen Sie eine Zwischenfrage zu?

Diesen Gedanken möchte ich zu Ende führen. - Wir kämpfen entschlossen gegen extremistische Tendenzen, zum Beispiel mithilfe der Bundesratsinitiative, die das Land Brandenburg mit Ministerin Blechinger auf den Weg gebracht hat, um härtere Strafen gegen extremistische oder menschenverachtende Gewalt durchzusetzen. Das ist aber nur glaubwürdig, wenn der Rechtsstaat von denen, die Gesetze machen, auch geachtet wird.

(Zurufe von der Fraktion DIE LINKE)

In der Landwirtschaft befinden wir uns in der Phase der Umstellung auf die EU-Förderperiode 2007 bis 2013 sowie auf den neuen europäischen Landwirtschaftsfonds ELER. Die damit verbundene Arbeit sollte Anlass sein, den Mitarbeitern insbesondere in den Ämtern für Flurneuordnung für die Arbeit in den zurückliegenden Jahren zu danken.

Die Landwirtschaft ist mehr als alle anderen Bereiche den Auswirkungen von Witterungsschwankungen und Naturereignissen ausgesetzt, ob lang anhaltende Trockenheit oder, wie in diesem Jahr, Starkniederschläge. Landwirte können dem nicht ausweichen. In diesem Jahr standen durch die auftretenden Starkniederschläge mehr als 40 000 ha allein im Rhin- und Havelluch Wochen und Monate unter Wasser. Ein Hilfsfonds wurde auf den Weg gebracht. Aber Schadensbehebung hinterher ist immer teurer und kostet den Steuerzahler weitaus mehr Geld als eine vernünftige Gewässerunterhaltung über das Jahr hinweg. Darauf müssen wir schauen. Hier gibt es auch Defizite, und das möchte ich bei dieser Gelegenheit ansprechen. Die Leidtragenden sind vornehmlich die Landwirte. Unsere Fachleute sagen, man muss prüfen, ob die Verantwortlichkeiten nicht so verändert werden können, dass diejenigen, die, was die Landwirtschaft betrifft, Fach- und Sachverstand haben, hier mehr Mitspracherecht erhalten.

(Beifall des Abgeordneten von Arnim [CDU])

Brandenburg ist in den zentralen Politikfeldern gut aufgestellt. Vor allem stimmt die Richtung: Die Neuverschuldung sinkt, die Investitionen bleiben auf hohem Niveau. Dass es damit nicht getan ist, wissen wir alle. Vor uns liegen große Aufgaben. Über das Abschmelzen des Solidarpakts habe ich bereits einiges gesagt. Selbst DIE LINKE behauptet, ihr sei das durchaus bewusst, und sie habe kein Erkenntnisproblem. Nur habe ich Vorschläge bisher noch nicht gesehen. Frau Osten hat vorhin angekündigt, es werde eine Reihe von Einsparvorschlägen geben. Ich würde mir wünschen, dass DIE LINKE auch realistischer wird, was die Bewertung unserer finanziellen Handlungsmöglichkeiten betrifft. Ob es wirklich so kommt, weiß ich nicht. Nicht zuletzt ihr Bundesvorsitzender Lafontaine, KubaVerehrer, Systemveränderer in spe, steht dem entgegen. Ich glaube, Sie sollten sich einmal ernsthaft überlegen, was dieser Mann alles so macht und ob das alles noch so vertretbar ist.

(Vietze [DIE LINKE]: Sie müssen sich überlegen, was Sie hier erzählen!)

Wir werden in den nächsten Jahren entschlossen konsolidieren müssen. Zurzeit befinden wir uns finanziell, was die Einnahmen betrifft, in einer Schönwetterphase, die nicht ewig so anhalten wird. Die wirtschaftliche Belebung kann kein Anlass sein, selbstzufrieden zu werden. Wer im Aufschwung die Ausgaben hochfährt, wird in schlechten Zeiten doppelt bestraft. Denn dann brechen die Einnahmen weg, und man hat die höheren Ausgaben am Hals. Deshalb kommt es jetzt darauf an, Kurs zu halten.

Für die Haushaltsverhandlungen wünsche ich mir, dass wir sachlich und konstruktiv streiten. Nicht der Blick auf die nächsten Wahlen, sondern das Wohl und die Zukunft des Landes Brandenburg müssen uns am Herzen liegen. - Danke schön.

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der SPD)

Herzlichen Dank. - Der Finanzminister hat noch einmal um das Wort gebeten. Bitte schön, Herr Speer.

Inzwischen begrüße ich Gäste, die vom Bezirksseniorenausschuss ver.di aus Cottbus kommen. Herzlich willkommen!

(Allgemeiner Beifall)

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Nach all dem Gehörten habe ich einen Vorschlag zur Verbesserung der Finanzsituation der DVU. Die Schrottpreise steigen. Aber liefern Sie diesen Schrott bitte beim Händler ab und nicht in diesem Hause.

(Beifall bei der SPD und der Fraktion DIE LINKE)

Ich muss noch etwas zur Diskussion über den Abfluss der Investitionsmittel klarstellen, weil es falsch rüberkam. 2006 sind die Investitionsmittel abgeflossen. Dies ging einher mit einer entsprechenden Wirtschaftsentwicklung. 2004 und 2005 waren die Mittel vollständig belegt, sie sind aber nicht abgeflossen, weil die Unternehmen nicht investiert haben. Das war nicht böswillig Arbeitsplatzverhinderung vonseiten der Landesregierung, wie von Frau Kaiser hier unterstellt, sondern das war das Verhalten von Unternehmen in diesem Land. Ich habe noch genau im Ohr, wie sie das formuliert hat. An dieser Stelle bin ich auch relativ genau.

Das Thema Bildungsausgaben ist mehrfach diskutiert worden. Auch hier bleibt noch einmal festzuhalten, dass die Ausgaben pro Schüler in den letzten Jahren kontinuierlich gestiegen sind. Was sollen wir messen? Gegenstand von Bildung ist nun einmal der Schüler. Deswegen ist die Frage: Wie viel Input gibt die öffentliche Hand in dieses System hinein? Das ist die eine entscheidende Frage. Die andere Frage ist: Was kommt dabei heraus? Herr Lunacek, wir haben im Koalitionsausschuss über eine vernünftige, die komplizierte Struktur des Landes Brandenburg berücksichtigende optimale Schulstruktur mehrfach gestritten. Es war ein sehr zähes Ringen, um dabei zu einem halbwegs vernünftigen Ergebnis zu kommen, und das lag nicht an Sozialdemokraten in diesem Land.

Herr Speer, lassen Sie eine Zwischenfrage zu?

Von Herrn Vietze? Na klar.

Herr Speer, könnten Sie mir zustimmen, dass die Ausgaben pro Schüler in einem Gymnasium schon deswegen steigen, da sich, wenn die gleiche Anzahl Lehrer die gleiche Anzahl Schüler unterrichtet, dennoch die Betriebskosten für Energie, Abwasser und anderes erhöhen?

Ja, das kann ich bestätigen.

Könnten Sie mir bestätigen...

Es ist aber so - wenn Sie mich ausreden lassen; ich glaube, Sie dürfen bloß eine Zwischenfrage stellen...

Sie haben schon wieder Angst. Das ist doch nicht nötig.

Ich habe es so verstanden, dass die Zwischenfrage noch nicht zu Ende war. Herr Speer, Sie waren zu schnell mit Ihrer Antwort.

Okay, ich war zu schnell.

Das war die erste Frage. Die zweite ist genauso leicht zu beantworten. Wenn jetzt der Anteil der Schüler in diesem Gymnasium mit der gleichen Anzahl der Lehrer, der Schulräume usw. noch zurückgeht, nimmt dann der Kostenaufwand für den einzelnen Schüler zu, ohne dass sich irgendetwas qualitativ verändert, oder?

Es sind zwei Regelkreise zu berücksichtigen. Der eine ist der Regelkreis der Kommune, das ist der Schulträger. Wir haben an dieser Stelle die Kosten, die die Schulträger übernehmen, nicht erfasst, also steigende Wasser-, Energiekosten usw.

(Vietze [DIE LINKE]: Na gut!)

Nicht „Na gut“, sondern Sie müssen schon gelten lassen, dass Sie hier ein Eigentor geschossen haben.

(Beifall bei der SPD - Vietze [DIE LINKE]: Nein, nein!)

Das andere ist die Frage nach den Kosten pro Schüler, die sich bei kleiner werdenden Klassen ergeben. Logisch wachsen diese an. Aber genau das ist die Diskussion, die wir bei der SchülerLehrer-Relation haben. Diese ist in den letzten Jahren nicht konstant geblieben, sondern hat sich aus pädagogischer Sicht verbessert und aus finanzpolitischer Sicht verschlechtert, was die Input-Output-Situation betrifft. Diese Verbesserung aus pädagogischer Sicht geht weiter weg vom Bundesdurchschnitt, der bei 17,4 Schülern pro Lehrer liegt. Davon sind wir entfernt und leisten uns mehr Lehrer pro Schüler als Länder mit einer vergleichbaren Finanzstruktur.

(Zuruf des Abgeordneten Vietze [DIE LINKE])

Ich wollte dies jetzt nicht zum Dialog ausarten lassen. Die Fragen sind gestellt.

Was ich in Bezug auf den Liedtext zu Herrn Lunacek gesagt habe, war auf den Reflex bezogen, den ich immer lese. Als wir den Haushalt in der Landesregierung beschlossen haben, gab es ein Interview mit Lunacek, und heute gab es eine Reaktion der finanzpolitischen Sprecherin der Fraktion. Darauf hat sich das bezogen. Denn das, was ich da gelesen habe, war sehr unkonkret. Deswegen dieser Text.

(Vietze [DIE LINKE]: Es ist der Wettbewerb der guten Taten!)

Frau Kaiser ist nicht anwesend. Ich nehme trotzdem Bezug auf das, was sie im Namen der PDS-Fraktion gesagt hat. Sie hat gesagt, man könne ja von Mecklenburg lernen. Nun habe ich mich gefragt: Was würde meine Kollegin Keler im Mecklenburger Landtag auf diese Rede sagen? - Sie wäre sprachlos bzw. hätte den Begriff „zynisch“ gewählt. Den würde ich an der Stelle nicht wählen, sondern sagen: von der Logik her nicht ganz seriös. - Man kann schließlich nicht sagen: „Ihr könnt früher zur Nettokreditaufnahme von null kommen“, und gleichzeitig mehr Geld fordern, und zwar: bei den Lehrern, bei der Forschung, bei den Kitas, für mehr Wachstumsstandorte im Land, bei der Zusammenarbeit mit Polen, für die Besserstellung der Kommunen; der BBI scheint unterfinanziert, Personal kann man nicht so schnell abbauen, und ein Sozialticket brauchen wir auch noch.

(Vereinzelt Beifall bei der SPD)

Das war der Katalog, den ich hier heute gehört habe. Vielleicht kann ich mich im Einzelnen mit diesem oder jenem Vorschlag vom Grunde her anfreunden, man muss jedoch immer sagen, wie er denn finanziert werden soll. Da erinnere ich an die letzte Debatte - Sie sind ja vorhin gleich aufgesprungen, Frau Osten - und daran, was Sie da für tolle Vorschläge gebracht haben. Das waren im Wesentlichen Vorschläge, die dazu dienen würden, die Einnahmeerwartungen zu erhöhen und damit die Risiken im Haushalt zu vergrößern. Wir haben das nicht getan. Wir haben dadurch den Spielraum gehabt, die Nettokreditaufnahme nicht so stark anzuheben, wie es im Plan veranschlagt war. Das vergrößert auch den Spielraum der Politik in der Zukunft. Deswegen meine Bitte auch für die Beratungen: Wenn man diesbezügliche Vorschläge hat, müssen sie seriös gegenfinanziert werden und nicht durch „Luftbuchungen“, denn damit können wir den Haushalt nicht seriös aufstellen. Es soll ja - auch nach Ihrer Vorstellung, wenn ich das richtig verstanden habe - vom Beispiel Mecklenburg-Vorpommerns gelernt werden. Ich rede manchmal mit Frau Keler und weiß, wie sie mit ihren Kollegen dort umgeht: Es herrscht ein ordentliches Verhältnis. - Meine Bitte ist, das hier auch so zu handhaben. - Vielen Dank.

Lassen Sie Frau Ostens Frage noch zu?

Wenn Sie sie zulassen.

Ja, bitte schön.

Herr Minister, darf ich Ihnen eine Freude machen? Ich würde gern die Vorschläge, die wir zum Beispiel bezüglich Steuereinnahmen in die Haushaltsdebatte 2007 eingebracht und zu denen wir gesagt haben, Sie hätten da bewusst einen Puffer gelassen, und die Ergebnisse, die dies dann nach sich zieht, einmal nebeneinander legen. Dann würden Sie das vielleicht realistischer sehen. In den Jahren 2005 und 2006 hat es genauso gestimmt, wie es die Opposition - damals die Linkspartei.PDS - vorgeschlagen hat. Sie sollten also nicht sagen, dass wir unrealistische Vorschläge machen. Sie müssen sie nur einmal diskutieren und vielleicht sogar auch beschließen.

Nein, Sie hätten das Land damit nicht reicher gemacht, sondern ärmer. Sie hätten die Mehreinnahmen, bevor sie überhaupt erzielt worden wären, bereits ausgegeben. Wir haben gesagt, der Haushalt wirkt so, dass es, wenn wir die Nettokreditaufnahme an der Stelle begrenzen, automatisch Mehreinnahmen gibt; das ist ja auch Gegenstand einer von Ihnen gestellten Anfrage, auf die hin ich ausführte, dass die Landesregierung da gar keinen Spielraum hat. Wenn Mehreinnahmen kommen, ist es automatisch so, dass wir die Nettokreditaufnahme nicht ausschöpfen dürfen, und das ist gut für das Land Brandenburg.

(Vereinzelt Beifall bei SPD und CDU)