Wie gesagt, als echte Demokraten in diesem Haus kann unsere Fraktion den Vorschlag nicht mittragen, dass es keine geheimen Abstimmungen in den Gemeindevertretungen mehr geben darf.
Gerade in Bezug auf sachliche und schwierige Beratungsmaterialien sind geheime Abstimmungen allein schon wegen der Vermeidung von Befangenheit sinnvoll und dienen dem demokratisch legitimen Status der Gemeindevertreter, die, wie Abgeordnete bei den Beschlüssen, nur ihrem Gewissen unterworfen sein sollten und nicht, wie es hier üblich ist, dem Fraktionszwang.
Unserem Demokratieverständnis entspricht es auch nicht, dass Beigeordnete in der Gemeindevertretung ein eigenes Antragsrecht haben sollen, zumal diese von den Bürgern nicht direkt gewählt werden. Es entsteht ein Rätesystem, meine Damen und Herren, und mit Rätesystemen hat Deutschland schon Erfahrungen gemacht, die bestimmt nicht die besten waren.
Zuletzt noch eine Anmerkung zur beabsichtigten Änderung des Kommunalwahlgesetzes. Hier hat die Landesregierung wieder einmal die Gelegenheit genutzt, einiges auf den insofern bestehenden Reformbedarf, also Einführung der Direktwahl der Landräte, draufzusatteln, was ebenfalls, zumindest verfassungsrechtlich, nicht unbedenklich ist.
Besonders die grundsätzliche Bündelung der Wahltermine für Europa- und Kommunalwahlen kann nicht ausschließlich mit der Begründung zunehmend niedriger Wahlbeteiligung gerechtfertigt werden, meine Damen und Herren. Das zu lösen ist dann Ihr Problem.
Bei der Bündelung von Wahlen auf Kommunal-, Landes-, Bundes- oder Europaebene besteht immer die Gefahr der Fokussierung von Wählerinnen und Wählern auf eine konkrete Wahl, meistens auf die der übergeordneten Ebene. Gerade aber die Kommunalwahlen dürfen dann ihre besondere Qualität als Personen und weniger als Parteienwahl hervorheben. Kommunalvertreter sind wegen ihrer besonderen Nähe zum Bürger eine Ebene, bei der es weniger um die Durchsetzung parteipolitischer Ziele als um die Sachebene und um die Entscheidung für die personenbezogene Kompetenz geht, die über den parteipolitischen Konnex hinausgeht.
Wie Sie sehen, meine Damen und Herren, liegt im Hinblick auf die anstehenden Reformen viel Arbeit vor uns. Der Überweisung an den Innenausschuss stimmen wir natürlich zu. - Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Kolleginnen und Kollegen! Dieses Reformvorhaben reiht sich ein
in eine ganze Anzahl von Schritten, die die Landesregierung und der Landtag seit 1999 unternommen haben, um kommunale Selbstverwaltung in Brandenburg möglich zu machen und auszubauen.
Als Erstes, Herr Kollege Scharfenberg - Sie freuen sich sicherlich darüber -, kam die Gemeindegebietsreform. Ich möchte einmal an Folgendes erinnern: Schon damals gab es in diesem Haus - aber auch darüber hinaus - Diskussionen darüber, ob diese Reform richtig, notwendig und angemessen sei. Diese Diskussionen waren notwendig, um für Akzeptanz und dafür zu sorgen, dass die Menschen wissen, worum es bei der Gemeindegebietsreform geht. Es ging darum, Einheiten zu schaffen, die kommunale Selbstverwaltung tatsächlich politisch und wirtschaftlich wahrnehmen können.
Wenn ich einmal weiterdenken darf, stellen wir uns doch einmal gemeinsam folgende Frage: Wenn die kommunale Struktur des Jahres 1998 noch heute bestünde - vor dem Hintergrund der demografischen Entwicklung -, würde dann die kommunale Selbstverwaltung in weiten Teilen des Landes funktionieren, oder würde sie nicht funktionieren? - Ich sage, sie würde viel schlechter funktionieren, als es heute der Fall ist. Insofern wird der eine oder andere Kritiker - daran glaube ich fest -, der damals gesagt hat, das Ganze sei nicht notwendig, heute - wenn er es realistisch betrachtet - zu einem anderen Ergebnis des Abwägungsprozesses gelangen.
- Verehrter Kollege Schulze, diese Diskussion hat es sowohl in der CDU-Fraktion als auch in der SPD-Fraktion gegeben.
Manches wäre uns im Jahr 1999 leichter gefallen, wenn die SPD-Fraktion vor dem Hintergrund einer absoluten Mehrheit im Landtag Brandenburg in der Legislaturperiode davor den Mut und die Kraft gehabt hätte, dieses Reformvorhaben damals nicht nur zu diskutieren - das haben sowohl die SPDFraktion als auch die anderen Fraktionen getan -, sondern einem Vorschlag des damaligen Innenministers Alwin Ziel zu folgen und die Gemeindegebietsreform zu einer Zeit durchzuführen, in der uns viel mehr finanzielle Mittel zur Verfügung standen, als es später der Fall gewesen wäre. Dann wäre manches sicherlich einfacher gewesen.
Ein zweiter wichtiger Schritt nach der Gemeindegebietsreform war die Reform der Kommunalverfassung. Wir haben das im
mer gefordert. Auch damals gab es zum Beispiel über die Frage, ob wir die investiven Schlüsselzuweisungen weiterhin über die Landkreise an die kreisangehörige Ebene ausreichen oder ob wir diese direkt den Gemeinden bzw. den Städten zur Verfügung stellen, Diskussionen innerhalb der Koalition.
Da Sie, Herr Petke, ohnehin nicht zum Thema sprechen, kann ich eine Nachfrage zu Ihren ersten Ausführungen stellen.
Herr Petke, ist Ihnen bekannt, dass die CDU-Fraktion in der 2. Legislaturperiode alles unternommen hat, um jegliche Veränderungen auf der kommunalen Ebene zu verhindern, also gegen jegliche Reformschritte hinsichtlich der Gemeindegröße war?
Herr Dr. Scharfenberg, nein, das kommt mir nicht bekannt vor und kann mir auch nicht bekannt sein, weil es nicht der Wahrheit entspricht.
Ich kann mir nicht vorstellen, dass ein rational denkender Mensch, der eventuell nicht nur hier am Mikrofon steht und Parteipolitik betreibt, dies, was Sie eben gesagt haben, ehrlicherweise behaupten kann. Wenn Sie den Vorwurf erheben, ich würde nicht zum Thema sprechen, muss ich Ihnen - der Kollege Schippel hat es bereits angesprochen - Folgendes sagen: Sie haben hier vor etwa einer Viertelstunde gesagt, die Kommunen im Land Brandenburg befänden sich am Gängelband des Landes. Wenn es darum geht, dies zu widerlegen - Sie als Opposition fordern immer zu Recht ein, dass wir uns mit Ihren Argumenten auseinander setzen -, muss ich Ihnen sagen: Wir setzen uns nicht nur - so vorhanden - mit Ihren Argumenten auseinander, sondern ich setze mich auch damit auseinander, wenn Unsinn vorgetragen wird.
Die Kommunen dieses Landes befinden sich nicht am Gängelband der Landesregierung und des Landtags. Das war nicht so, ist auch jetzt nicht der Fall und wird auch in Zukunft nicht der Fall sein, weil die Kommunen sich darauf verlassen können, dass diese Koalition das, was in der Verfassung und im Grundgesetz steht - die kommunale Selbstverwaltung ist durchzusetzen - auch entsprechend achtet. Dazu gehört, eventuell auch ihnen zu verdeutlichen, was wir getan haben, um den Kommunen kommunale Selbstverwaltung zu ermöglichen.
- Der dritte Schritt war die Einführung des Finanzausgleichsgesetzes. Schon damals gab es Diskussionen um die Frage der In
vestitionspauschale. Wir haben uns durchgesetzt. Diese Investitionspauschale wird direkt - ohne die Zwischenstation Landkreis - an die kommunale Ebene ausgereicht. Auch diesbezüglich muss man - wenn man rational herangeht - sagen: Ja, dies hat sich bewährt. Wir haben damit die kommunale Selbstverwaltung in Brandenburg gestärkt. Wir haben denjenigen, die als Stadtverordnete und Gemeindevertreter Verantwortung tragen, die Möglichkeit gegeben, ihre Angelegenheiten vor Ort zu entscheiden. Damit brauchen sie nicht mehr abzuwarten, bis es auf Kreisebene entschieden wird.
Der vierte Schritt war die Reform der Kommunalverfassung. In drei Säulen ist die Einführung der Doppik aufgeteilt. Das ist etwas, was im Wesentlichen unumstritten ist. Ich würde mir wünschen, dass das auch - wie auf Bundesebene und nun auch in Hamburg - auf Landesebene diskutiert wird. Das wird ein nicht sehr einfacher Prozess sein, aber ich glaube, wir werden in der Perspektive dorthin gelangen, die Doppik auf Landesebene einzuführen.
Als Nächstes ist die wirtschaftliche Betätigung zu erwähnen. Hierzu sage ich deutlich: Ja, wir hätten uns mehr gewünscht. An dieser Stelle wird es auch Zeit, einmal zu sagen: Es gab Unterschiede in der Koalition. Es gibt auch ein ordnungspolitisch anderes Herangehen zwischen den Kollegen der SPDFraktion und den Kollegen der CDU-Fraktion, und das lässt sich in der Koalition nicht einfach so wegwischen. Es gibt Unterschiede in der Herangehensweise der CDU-Fraktion und der Herangehensweise der Koalitionspartner. Dass wir letztlich einen Kompromiss finden werden, ist etwas, das sicherlich den einen oder anderen erstaunt, das aber dazu gehört, wenn man Verantwortung für Brandenburg wahrnimmt. Dazu wird es noch weitere Diskussionen geben.
Als weiteren Punkt nenne ich die allgemeine Reform der Kommunalverfassung. Da wir uns heute in der 1. Lesung befinden, möchte ich mich auf ein Thema beschränken, das bereits mehrfach angesprochen wurde, und zwar das Thema der Direktwahl der Landräte. Das Jahr 2008 stand in diesem Zusammenhang nie zur Debatte. Wir hatten uns in den Koalitionsverhandlungen darauf geeinigt, dass es diese Möglichkeit erst nach dieser Legislaturperiode geben soll. Der frühestmögliche Termin für die Einführung der Direktwahl ist der 01.01.2010. Ich hätte mir gewünscht, dass wir eine klare Regelung finden. Jedoch mussten wir Rücksicht nehmen. Offensichtlich bestehen bei dem einen oder anderen Ängste bzw. Befürchtungen, dass man bei einer Direktwahl durch das Volk geringere Chancen hätte, als wenn man sich dem Votum der Kreistagsabgeordneten stellte. Das ist etwas, das - genauso wie die eben vorgetragenen Argumente - für uns nicht nachvollziehbar war. Ohne die SPD-Fraktion wäre hier mehr möglich gewesen.
Um die Kollegen jedoch gleich in Schutz zu nehmen: Ich möchte mich an dieser Stelle beim Ministerium des Innern für die Zusammenarbeit bei der Erarbeitung dieses Gesetzentwurfs bedanken. Zudem möchte ich mich vor allem beim Kollegen Schippel nicht nur für die Erarbeitung bzw. die gemeinsame Arbeit hinsichtlich dieses Gesetzentwurfs, sondern für eine bereits mehr als ein halbes Jahrzehnt andauernde Zusammenarbeit im gemeinsamen Arbeitskreis, bedanken. Ich spreche diesbezüglich auch für meine Kollegen im Arbeitskreis in der CDU-Fraktion. Herzlichen Dank, dass es immer so gut funktioniert hat und wir zusammen mit dem Ministerium für Bran
denburg viel Gutes bewegt haben. Ich freue mich auf die parlamentarische Behandlung des Gesetzentwurfs.
Nachdem der Kollege Schippel das Lob mit Anstand ertragen hat, kommen wir nun zur Abstimmung. Es wird vorgeschlagen, die Gesetzentwürfe in der Drucksache 4/5053 sowie der Drucksache 4/5056 zur weiteren Beratung an den Ausschuss für Inneres zu überweisen. Wer diesem Vorschlag folgen möchte, den bitte ich um sein Handzeichen. - Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Beides ist nicht der Fall. Die Gesetzentwürfe sind somit an den Ausschuss überwiesen worden.
Gesetz zur Neuordnung der Ausbildung und des Studiums für die Laufbahn des gehobenen Polizeivollzugsdienstes